Landgericht Traunstein Beschluss, 24. Apr. 2018 - 4 T 665/18

published on 24/04/2018 00:00
Landgericht Traunstein Beschluss, 24. Apr. 2018 - 4 T 665/18
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Amtsgericht Laufen, XVII 544/17, 18/01/2018
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Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen vom 23.02.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 18.01.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Betroffene leidet seit jedenfalls 2003 an einer Schizophrenie mit hebephrener Verlaufsform. Aufgrund ihrer überwiegenden Krankheitsuneinsichtigkeit war wiederholt eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen in psychiatrischen Fachkrankenhäusern und in soziotherapeutischen Einrichtungen erforderlich. Zuletzt genehmigte das Amtsgericht Fürth mit Beschluss vom 27.06.2017, Az. XVII 552/15, die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis spätestens 08.06.2018 (Bl. U 97/99).

Nach Anordnung einer vorläufigen Betreuung durch einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 11.12.2009 (Bl. 3/6) ordnete das Amtsgericht Fürth mit Beschluss vom 31.03.2010 (Bl. 76/80) aufgrund des Gutachtens der Sachverständigen Dr. H. vom 04.03.2010 (Bl. 61/69) für die Betroffene bis zum 31.03.2013 Betreuung an.

Die Betreuung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 06.02.2013 (Bl. 345/347) aufgrund des Gutachtens der Sachverständigen K. vom 03.01.2013 (Bl. 269/278) bis zum 06.02.2020 verlängert.

Nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. R. vom 13.10.2015 (Bl. 525/531) schränkte das Amtsgericht Fürth die Betreuung mit Beschluss vom 11.11.2015 (Bl. 542/544) ein auf folgende Aufgabenkreise: Gesundheitsfürsorge einschließlich Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten, Organisation der ambulanten Versorgung, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise. Als Überprüfungstermin bestimmte es den 10.11.2016.

Auf der Grundlage des psychiatrischen Gutachtens der Sachverständigen H. vom 12.10.2016 (Bl. 614/621) erfolgte durch das Amtsgericht Fürth zunächst keine Verlängerung der Betreuung, da die Betroffene über längere Zeit unbekannten Aufenthalts war und sich danach in Frankreich aufhielt.

Am 08.01.2018 erstattete der Sachverständige Dr. med. L.-K. im Auftrag des aufgrund des Umzugs der Betroffenen nunmehr zuständigen Amtsgerichts Laufen ein psychiatrisches Gutachten zu der Frage der Verlängerung der Betreuung (Bl. 717/725).

Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen leidet die Betroffene weiterhin an einer hebephrenen Schizophrenie mit zunehmendem Residuum. Ein Betreuungsbedürfnis besteht aus Sicht des Sachverständigen jedenfalls so lange fort, bis die Betroffene konsequent ihre Medikamente über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr eingenommen hat. Erst dann wäre eine erneute Beurteilung ihrer kognitiven Leistungen möglich.

Im Rahmen der richterlichen Anhörung am 10.01.2018 (Bl. 727) erklärte sich die Betroffene mit einer Betreuung und einem Betreuerwechsel einverstanden.

Das Amtsgericht Laufen verlängerte sodann mit Beschluss vom 18.01.2018 (Bl. 729/732) die Betreuung für sämtliche bestehende Angelegenheiten und bestellte den weiteren Beteiligten zu 1) zum Betreuer. Als erneuten Prüfungstermin über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung bestimmte es den 17.01.2019.

Mit Anwaltsschreiben vom 23.01.2018, eingegangen am selben Tag, legte die Betroffene gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen Beschwerde ein, soweit die Betreuung verlängert wurde (Bl. 756/757).

Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 26.02.2018 (Bl. 758/760) nicht ab.

Die beauftragte Richterin der 4. Zivilkammer hörte die Betroffene am 12.04.2018 persönlich an.

II.

Die zulässige Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss vom 18.01.2018 ist unbegründet.

1. Für die Verlängerung der Betreuerbestellung gelten die Vorschriften für die Anordnung entsprechend (§ 295 FamFG). Die Voraussetzungen für die Errichtung einer Betreuung liegen weiterhin vor.

a) Die Voraussetzungen für die Errichtung einer Betreuung liegen vor. Gemäß § 1896 I S. 1 BGB bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer, wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Die Betroffene leidet ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. L.-K. vom 08.01.2018 an einer hebephrenen Schizophrenie mit zunehmendem Residuum und somit an einer psychischen Erkrankung im Sinne des § 1896 I BGB.

Die durch den Sachverständigen getroffene Diagnose steht im Einklang mit den medizinischen Einschätzungen der Vorgutachter Dr. Hagge vom 12.10.2016, Dr. Rauchfuß vom 13.10.2015, Küllmar vom 03.01.2013 und Dr. Hauselt vom 04.03.2010. Aufgrund der übereinstimmenden Ausführungen der zahlreichen Sachverständigen besteht aus Sicht der Kammer an dem Bestehen einer psychischen Erkrankung bei der Betroffenen kein Zweifel.

b) Die Anordnung einer Betreuung setzt voraus, dass die Betroffene ihre Angelegenheiten nicht besorgen kann. Der medizinische Befund einer Krankheit oder Behinderung rechtfertigt für sich allein noch nicht Bestellung eines Betreuers. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Krankheit oder Behinderung Ursache für die Unfähigkeit zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten ist (BayObLG NJWE-FER 01, 151; Palandt-Diederich-sen, BGB, 75. Auflage 2016, § 1896, Rn. 9).

Die Kammer geht unter Berücksichtigung und Würdigung der Ausführungen in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L.-K. davon aus, dass die Betroffene derzeit (noch) nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten vollständig alleine zu besorgen.

Zwar hat der in der gerichtlichen Anhörung am 12.04.2018 anwesende Mitarbeiter des Sozialtherapeutischen Zentrums Hallthurm, Herr Bertlein, bestätigt, dass die Betroffene im Vergleich zu anderen Bewohnern sehr selbständig ist und sich um ihre Belange kümmert, indem sie beispielsweise selbständig Kontakt zu ihrem Rechtsanwalt und Betreuer aufnimmt, ihren Lebenslauf selber verfasst und sich im Internet auf die Suche nach einer geeigneten WG gemacht hat. Aus Sicht des Sachverständigen bedarf es trotz dieser erfreulichen Entwicklung aber - für die Kammer nachvollziehbar - zu einem Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit einer weiteren Stabilisierung der gesundheitlichen Situation der Betroffenen. Diese kann nur erreicht werden, indem die Betroffene konsequent ihre Medikamente über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr einnimmt.

c) Die Betreuung kann gemäß § 1896 I a BGB auch gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet werden. Nach den Ausführungen des Dr. Landvogt-Krämer ist die Betroffene aufgrund ihrer psychischen Krankheit derzeit noch nicht in der Lage, ihren Willen frei zu bestimmen.

d) Nach § 1896 II S. 1 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in den die Betreuung erforderlich ist, d.h. in denen der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen was für jeden einzelnen Aufgabenkreis der Konkretisierung bedarf (BayObLG, NJWE-FER 01, 206).

Die Betroffene ist derzeit geschlossen untergebracht; ihre weitere gesundheitliche Entwicklung verläuft derzeit positiv, der Verlauf kann aber noch nicht abschließend bewertet werden, so dass offen ist, ob ein Umzug in eine WG stattfindet oder eine weitere Unterbringung erforderlich ist. Es bedarf daher der angeordneten Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung.

Sollte ein Umzug in eine WG stattfinden, würde dies den Abschluss eines Mietvertrages voraussetzen, und die weitere medizinische Betreuung der Betroffenen müsste gewährleistet sein, so dass die Aufgabenkreise der Wohnungsangelegenheiten und ambulanten Versorgung erforderlich sind.

Sämtliche denkbare Wohn- und Versorgungsformen der Betroffenen erfordern eine Regelung der entsprechenden Kosten, was die übrigen Aufgabenkreise der Vermögenssorge,Vertretung gegenüber Dritten und die Postkontrolle erforderlich macht.

e) Nach § 1897 I BGB bestellt das Betreuungsgericht eine natürliche Person als Betreuer. Gemäß § 1897 IV BGB soll das Gericht dem Wunsch des Betroffenen folgen, sofern der Vorschlag nicht dessen Wohl zuwider läuft. Die Betroffene ist mit dem weiteren Beteiligten einverstanden. Zweifel an dessen Eignung bestehen nicht. Sonst ist niemand bekannt, der bereit ist, die Betreuung ehrenamtlich zu übernehmen. Die Bestellung des weiteren Beteiligten zu 1) als Berufsbetreuer ist daher nicht zu beanstanden.

f) Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. L.-K. in dessen Gutachten vom 08.01.2018 erachtet die Kammer eine Überprüfung der angeordneten Betreuung nach nur einem Jahr für angemessen, da der Betreuungsbedarf bei zuverlässiger Medikamenteneinnahme entfallen kann.

2. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

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(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen w
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(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen w

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(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.