Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 11. Mai 2017 - 6 OH 7295/07

published on 11/05/2017 00:00
Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 11. Mai 2017 - 6 OH 7295/07
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Tenor

Die Anträge der Streithelferinnen ... AG vom ....03.2017 und ... GmbH vom ....04.2017, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen, werden zurückgewiesen.

Gründe

Die Anträge der Streithelferinnen sind zumindest unbegründet.

I.

Mit Schriftsatz vom ....08.2007 beantragte die Antragstellerin die Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens. Mit Schriftsatz vom ....08.2007 (Bl. .... d.A.) verkündete die Antragsgegnerin – noch vor Zustellung des Antrages vom ....08.2007 durch das Gericht – insgesamt 29 Parteien den Streit.

Die Streithelferin ... AG trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom ....10.2007 (Bl. ... d.A.) bei, die Streithelferin ... GmbH, damals firmierend unter ... GmbH, mit Schriftsatz vom ....10.2007 (Bl. ... d.A.).

Mit Schriftsatz vom ....02.2017 (Bl. ... d.A.) teilte die Antragstellerin mit, dass Antragstellerin und Antragsgegnerin sich außergerichtlich geeinigt hätten und das selbständige Beweisverfahren daher für beendet erklärten. Hinsichtlich der Kosten sei Kostenaufhebung vereinbart worden. Denselben Inhalt teilte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom ....02.2017 (Bl. ... d.A.) dem Gericht gegenüber mit.

Mit Beschluss vom ....03.2017 (Bl. ... d.A.) wurde der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens auf 150.000,– € festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom ....03.2017 (Bl. ... d.A.) und vom ....04.2017 (Bl. ... d.A.) beantragten die Streithelferinnen ... AG und ... GmbH jeweils, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Schriftsatz der Antragstellerin vom ....02.2017 als Antragsrücknahme auszulegen sei. In entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO habe deshalb die Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits und damit auch der Streithelferinnen der Antragsgegnerin zu tragen. Ein außergerichtlicher Vergleich zwischen den Parteien ändere daran nichts.

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin wenden sich hiergegen mit der Begründung, dass es sich nicht um eine einseitige Erledigterklärung der Antragstellerin gehandelt habe, die in eine Antragsrücknahme umzudeuten sei. Vielmehr hätten übereinstimmende Erklärungen hinsichtlich der Beendigung des Verfahrens vorgelegen.

II.

Die Anträge der Streithelferinnen sind jedenfalls unbegründet.

Ein Anspruch auf Auferlegung der Kosten auf Seiten der Antragstellerin ist weder nach § 494 a Abs. 2 ZPO (dazu 3.) noch entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (dazu 1.) oder entsprechend § 91 a ZPO (dazu 2.) gegeben.

Nach der Rechtsprechung des Buhdesgerichtshofs kommt im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung nur nach Maßgabe des § 494 a Abs. 2 ZPO oder entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO in Betracht. Für eine Anwendung von § 91 a ZPO ist kein Raum (vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.2007, IV ZB 26/06, NJW 2007, 3721).

1. Eine entsprechende Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist vorliegend nicht möglich.

Eine einseitige Erledigterklärung der Antragstellerin, die im selbständigen Beweisverfahren unzulässig ist und in eine Antragsrücknahme umzudeuten wäre mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2004, VII ZB 23/03, juris Rn. 11), liegt nicht vor.

Wie sowohl Antragstellerin als auch Antragsgegnerin zutreffend ausführen, haben beide Parteien übereinstimmende Erklärungen hinsichtlich der Beendigung des Rechtsstreits abgegeben. Wortgleich haben Antragstellerin und Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie „das selbständige Beweisverfahren hiermit für beendet erklären“ (Bl. ... d.A.). Nachdem eindeutig keine einseitige Erklärung der Antragstellerin vorliegt, bleibt für eine Umdeutung in eine Antragsrücknahme kein Raum.

2. Eine Kostenentscheidung entsprechend § 91 a ZPO bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen kommt im selbständigen Beweisverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2011, VII ZB 108/08, NJW-RR 2011, 931).

Vorliegend sind die Erklärung der Parteien, man erkläre das selbständige Beweisverfahren für beendet, als übereinstimmende Erledigterklärungen auszulegen. Aufgrund der außergerichtlichen Einigung mit Kostenregelung sollte ersichtlich keine weitere Begutachtung mehr erfolgen. Beide Parteien wollten eine Beendigung des Rechtsstreits herbeiführen.

Damit verbleibt es bei dem vom BGH aufgestellten Grundsatz, dass im selbstständigen Beweisverfahren außerhalb des § 494 a ZPO und abgesehen von den Fällen einer Antragsrücknahme kein Raum für eine Kostenentscheidung bleibe (BGH, Beschluss vom 09.05.2007, IV ZB 26/06, NJW 2007, 3721).

3. Ein Antrag nach § 494 a Abs. 1 ZPO ist nicht gestellt worden und durch die Streithelferinnen der Antragsgegnerin gegen deren Willen auch nicht möglich (Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 494 a Rn. 2). Eine Auferlegung der Kosten nach § 494 a Abs. 2 ZPO scheidet daher ebenfalls aus.

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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a
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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.