Landgericht Münster Beschluss, 24. Juli 2015 - 5 T 8/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 4) wird zurückgewiesen. Insoweit wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beteiligten zu 2) und 4) zu je ½ Anteil auferlegt.
Wert: 5.000,00 €
1
Gründe:
2I.
3Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 01.04.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt.
4Das gesamte Insolvenzverfahren war geprägt von Meinungsverschiedenheiten zwischen der Beteiligten zu 3) als Mehrheitsgläubigerin und dem Beteiligten zu 2) wegen einzelner Verwertungsmaßnahmen, wegen der Beitreibung bestimmter Forderungen der Insolvenzschuldnerin und schließlich wegen der Feststellung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung der Beteiligten zu 4).
5Ein im Jahr 2012 auf Betreiben der Beteiligten zu 3) gestellter Antrag der Gläubigerversammlung, das Gericht möge den Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter gem. § 59 InsO aus wichtigem Grund entlassen, wurde vom Amtsgericht abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 3) blieb ohne Erfolg (LG Münster, Beschluss vom 04.07.2013, Az. 5 T 450/12).
6Nachdem der Beteiligte zu 2) die Anberaumung eines Schlusstermins beantragt und seinen Schlussbericht erstattet hatte, beantragte die Beteiligte zu 3) mit Schriftsatz vom 05.11.2014, gem. § 92 InsO einen Sonderinsolvenzverwalter zwecks Prüfung von Ansprüchen gegen den Beteiligten zu 2) zu bestellen. Sofern das Amtsgericht nicht von Amts wegen tätig werden wolle, beantragte sie die Einberufung einer Gläubigerversammlung, in der über die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters befunden werden sollte. Zur weiteren Begründung führte sie wiederum die (vermeintlichen) Pflichtverletzungen und daraus (angeblich) resultierende Schadensersatzansprüche gegen den Beteiligten zu 2) an, die im Wesentlichen bereits Gegenstand des Verfahrens auf Entlassung des Insolvenzverwalters waren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag vom 05.11.2014 (Blatt 1532 ff. der Akten) und die weiteren Stellungnahmen vom 14.11.2014 (Blatt 1616 ff. der Akten) und 21.11.2014 (Blatt 1629 ff. der Akten) Bezug genommen.
7Der Beteiligte zu 2) vertrat weiterhin die Auffassung, dass keine Schadensersatzansprüche bestehen würden, diese vielmehr völlig fernliegend seien und die Voraussetzungen auch nicht substantiiert dargelegt seien. Ein Sonderinsolvenzverwalter sei nicht zu bestellen, da dies nur zu einem unnötigen Verbrauch der Insolvenzmasse führen und den gemeinsamen Interessen der übrigen Gläubigergemeinschaft widersprechen würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahmen vom 11.11.2014 (Blatt 1605 ff. der Akten), 26.11.2014 (Blatt 1660 ff. der Akten) und 27.11.2014 (Blatt 1701 ff. der Akten) Bezug genommen.
8Mit Beschluss vom 13.11.2014 berief das Amtsgericht eine Gläubigerversammlung zwecks Beschlussfassung über den Antrag der Beteiligten zu 3) für den 27.11.2014 ein.
9Zur Gläubigerversammlung am 27.11.2014 erschienen die Beteiligten zu 2) bis 4). Weitere Gläubiger waren nicht erschienen. Die einzelnen in Rede stehenden Forderungen wurden besprochen. Sodann wurde über die Frage der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters abgestimmt. Die Beteiligte zu 3) stimmte dafür, die Beteiligte zu 4) dagegen. Das Amtsgericht stellte fest, dass die Beteiligte zu 3) die Stimmenmehrheit habe und der Beschluss daher zustande gekommen sei. Im Anschluss beantragten die Beteiligten zu 2) und 4), den Beschluss der Gläubigerversammlung gem. § 78 Abs. 1 InsO wieder aufzuheben, da er den gemeinschaftlichen Interessen der Insolvenzgläubiger widerspreche. Die Vorhaltungen der Beteiligten zu 3) seien ohne substantiellen Vortrag. Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges oder fehlerhaftes Handeln des Insolvenzverwalters. Die Kosten für die Bestelllung des Sonderinsolvenzverwalters seien von allen Gläubigern zu tragen. Außerdem werde hierdurch das Verfahren unnötig verzögert.
10Mit dem angefochtenen Beschluss vom 06.12.2014 hat das Amtsgericht die Anträge der Beteiligten zu 2) und 4) gem. § 78 Abs. 1 InsO zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht u.a. ausgeführt, der Insolvenzverwalter sei gem. § 60 InsO allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft seine Pflichten nach der Insolvenzordnung verletze. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens könnten solche Schadensersatzansprüche nur von einem neu zu bestellenden Sonderinsolvenzverwalter geltend gemacht werden, vgl. § 92 InsO. Dabei habe das Insolvenzgericht das Recht und auch die Pflicht, einen Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, wenn Schadensersatzansprüche der Masse gegen den regulären Sonderinsolvenzverwalter nicht völlig fernliegend seien. Das Gericht habe im Rahmen der Gläubigerversammlung allen Beteiligten Gelegenheit gegeben, die offenen Fragestellungen zu erörtern und zu beantworten. Nach dem Eindruck des Gerichts seien zwar weiterhin keine konkreten Anhaltspunkte gegeben, die den Vorwurf eines pflichtwidrigen Handelns und eines Schadensersatzanspruches gegen den Verwalter ausreichend aktenkundig manifestieren würden. Letztlich könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Verwalter sich im Rahmen seiner getroffenen Zweckmäßigkeitsentscheidungen eines Schadensersatzanspruches auszusetzen habe. Diese Prüfungskompetenz sei letztlich dem Grundsatz der Gläubigerautonomie unterworfen. Die Aufhebung eines Gläubigerversammlungsbeschlusses durch das Gericht gem. § 78 Abs. 1 InsO stelle einen erheblichen Eingriff in den Grundsatz der Gläubigerautonomie dar. Aus Sicht des Gerichts sei hier das Interesse an der Aufklärung der weiterhin strittigen Sachverhalte höher zu bewerten als das Risiko der Masseminderung durch etwaige Kosten des Sonderinsolvenzverwalters bzw. die zeitliche Verzögerung des Verfahrensabschlusses. Dieses sei zudem der Sicherung des Rechtsfriedens und der Gewährung des Rechtsschutzes dienlich. In Abwägung der unterschiedlichen Interessen stehe die Beschlussfassung der Gläubigerversammlung nicht im Widerspruch zu den Interessen der Gläubigergemeinschaft.
11Mit einem weiteren Beschluss vom 06.12.2014, der allerdings ausweislich der Akten auf den 05.12.2014 datiert ist, hat das Amtsgericht sodann Herrn Rechtsanwalt C zum Sonderinsolvenzverwalter bestellt. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel werden unter dem Aktenzeichen 5 T 378/15 behandelt.
12Gegen die Zurückweisung des Antrages, den Beschluss der Gläubigerversammlung aufzuheben, wenden sich die Beteiligten zu 2) und 4) mit ihren sofortigen Beschwerden vom 15.12.2014. Der Beteiligte zu 2) wiederholt und vertieft zur Begründung seinen bisherigen Vortrag. Die Beteiligte zu 4) betont noch einmal, dass sie das Vorbringen der Beteiligten zu 3) für unsubstantiiert halte und die Bestellung eines Sonderverwalters zu einer Schmälerung des Massevermögens und zu einer Verzögerung der Masseausschüttung führen würde.
13Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
14Die Beteiligte zu 3) ist der Beschwerde entgegen getreten und hat ergänzend zu den (vermeintlichen) Schadensersatzansprüchen vorgetragen.
15Die Beteiligte zu 4) hat sich den Stellungnahmen des Beteiligten zu 2) angeschlossen.
16Auf einen Hinweis der Kammer, dass Bedenken gegen das Antragsrecht des Beteiligten zu 2) und auch bezüglich der Begründetheit der Beschwerde der Beteiligten zu 4) bestehen würden, habe diese ergänzend Stellung genommen und Verfahrensanträge gestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 1975 ff. der Akten Bezug genommen.
17II.
18Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist zulässig aber unbegründet.
19Der BGH hat mit Beschluss vom 20.02.2014, Az. IX ZB 16/13, ZIP 2014, Seite 627 entschieden, dass der Insolvenzverwalter schon kein Antragsrecht habe, die Aufhebung des Beschlusses der Gläubigerversammlung über die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters zu verlangen. Zur weiteren Begründung hat der BGH ausgeführt, es bestehe zwar nach § 78 Abs. 1 InsO formal ein Antragsrecht des Insolvenzverwalters. Allerdings sei der Anwendungsbereich dieser Regelung im Wege der teleologischen Reduktion dahin zu beschränken, dass das Antragsrecht entfalle, wenn der Beschluss der Gläubigerversammlung darauf gerichtet sei, einen Sonderinsolvenzverwalter mit der Aufgabe einzusetzen, einen Anspruch der Gläubiger gegen den Insolvenzverwalter auf Ersatz eines Gesamtschadens zu prüfen und ggf. durchzusetzen. Es liege eine planwidrige Regelungslücke vor, da die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters in der InsO nicht geregelt sei. Damit habe der Gesetzgeber die nähere Bestimmung der Voraussetzungen und des Verfahrens der Bestelllung eines Sonderinsolvenzverwalters sowie seiner Rechtsstellung der Rechtsprechung überlassen. Ungeregelt sei auch geblieben, inwieweit die allgemeinen Vorschriften, wie etwa die Norm des § 78 Abs. 1 InsO, anwendbar sein sollten. Die danach bestehende Regelungslücke sei nach Sinn und Zweck des Regelungszusammenhangs in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht in der Weise zu schließen, dass das in § 78 Abs. 1 InsO vorgesehene Antragsrecht des Insolvenzverwalters ausgeschlossen sei, wenn die Gläubigerversammlung beschließe, die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters zur Prüfung und Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs gegen den Insolvenzverwalter zu beantragen. Nach der im Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung noch enthaltenen Regelung wäre der Insolvenzverwalter nicht berechtigt gewesen, gegen die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters mit der Aufgabe, Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen, Beschwerde einzulegen. Der Bundesgerichtshof habe ein Beschwerderecht des Insolvenzverwalters in solchen Fällen auch für das geltende Recht verneint. Dies diene dem Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer baldigen Klärung der gegen den Insolvenzverwalter behaupteten Ansprüche, die wegen der bestehenden Interessenkollision nicht vom Insolvenzverwalter selbst, sondern nur durch einen neuen Verwalter oder einen Sonderinsolvenzverwalter geltend gemacht werden könnten (§ 92 Satz 2 InsO), sowie einer zügigen Abwicklung des Insolvenzverfahrens. Diese Gründe stünden auch einem Antragsrecht des Insolvenzverwalters nach § 78 Abs. 1 InsO entgegen, wenn die Gläubigerversammlung beschlossen habe, die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzverwalter zu fordern. Der Zweck der Regelung in § 78 Abs. 1 InsO verlange in diesem Fall ein Antragsrecht des Insolvenzverwalters nicht. Das dort normierte Recht, die Aufhebung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung zu beantragen, solle das gemeinsame Interesse der Insolvenzgläubiger schützen und dem Missbrauch einer Mehrheit in der Gläubigerversammlung entgegenwirken. Das Antragsrecht des Insolvenzverwalters im Besonderen solle die Interessen der nicht erschienenen Gläubiger wahren; im Übrigen habe der Insolvenzverwalter die gesetzeskonforme Abwicklung des Insolvenzverfahrens zu gewährleisten. Fordere die Gläubigerversammlung die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters, der einen Gesamtschaden gegen den Insolvenzverwalter geltend machen solle, liege dies regelmäßig im gemeinsamen Interesse aller Insolvenzgläubiger, auch der abwesenden, denn die erfolgreiche Durchsetzung eines solchen Anspruchs komme allen Insolvenzgläubigern zugute. Im Übrigen obliege die Entscheidung über den Antrag der Gläubigerversammlung auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters letztlich dem Insolvenzgericht. Sollte die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Insolvenzverwalter ausnahmsweise masseschädlich oder gar gesetzeswidrig sein, könne dies vom Insolvenzgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden.
20Dem schließt sich die Kammer an. Im Übrigen spricht gegen ein Antragsrecht des Insolvenzverwalters auch, dass er sich in der betreffenden Konstellation in einem Interessenkonflikt befindet, weil das Interesse der Gläubigergemeinschaft, einen Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, seinem eigenen Interesse, nicht mit Schadensersatzforderungen überzogen zu werden, naturgemäß entgegen läuft (vgl. auch Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Auflage, § 92 Rn. 56a und § 56 Rn. 42e und LG Arnsberg, Beschluss vom 06.02.2013, Az. 6 T 367/12).
21Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) war zurückzuweisen, da die mit Schriftsatz vom 09.07.2015 erklärte Rücknahme unwirksam ist. Denn der Beteiligte zu 2) hat die Rücknahme davon abhängig gemacht, dass die Kammer die Entscheidung über die Beschwerde nicht aussetzt oder dass die Entscheidung ausgesetzt wird und die Rechtspflegererinnerung gegen den weiteren Beschluss des Amtsgerichts vom 06.12.2014, mit dem ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt wurde, rechtskräftig zurückgewiesen wird. Eine Rücknahme, die vom Eintritt einer bestimmten Bedingung abhängig gemacht wird, ist unwirksam (vgl. Zöller, ZPO, Vor § 128 Rn. 20). Von der Erteilung eines weiteren Hinweises hat die Kammer im Beschleunigungsinteresse abgesehen, zumal der Hinweis der Kammer mit Verfügung vom 25.06.2015, dass die Beschwerde zurückgewiesen wird, falls keine Rücknahme erfolgt, eindeutig war.
22Die Rechtsbeschwerde war insoweit nicht zuzulassen, da der BGH über die betreffende Rechtsfrage in der zitierten Entscheidung bereits entschieden hat.
23Für eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bestand keine Veranlassung. Es trifft nicht zu, dass die Entscheidung über die Rechtspflegererinnerung vorgreiflich ist. Denn es ist für das Beschwerdeverfahren gänzlich unerheblich, wie dieses Verfahren ausgeht. Der Beteiligte zu 2) hat nach der Entscheidung des BGH kein Antragsrecht gem. § 78 Abs. 1 InsO, und zwar unabhängig davon, ob letztlich zu Recht ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt wird oder nicht. Der Beschluss der Gläubigerversammlung ist hierfür lediglich eine vorbereitende Maßnahme (vgl. LG Arnsberg, Beschluss vom 06.02.2013, Az. 6 AT 367/12).
24III.
25Die Beschwerde der Beteiligten zu 4) ist ebenfalls zulässig aber unbegründet.
26Die Beteiligte zu 4) hat als überstimmte Gläubigerin ein Antragsrecht wegen der Aufhebung des Beschlusses der Gläubigerversammlung gem. § 78 Abs. 1 InsO. Sie hat den Antrag auch, wie von § 78 Abs. 1 InsO gefordert, bereits in der Gläubigerversammlung gestellt.
27Gleichwohl hat das Amtsgericht den Aufhebungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, da der streitgegenständliche Beschluss der Gläubigerversammlung nicht dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger widerspricht.
28Wie bereits ausgeführt wurde, hat der BGH in der vorstehend zitierten Entscheidung vom 20.02.2014, Az. IX ZB 16/13 zwar nicht explizit ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen ein Aufhebungsantrag eines Gläubigers bezüglich eines Beschlusses der Gläubigerversammlung über die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters begründet sein kann, da es in jenem Verfahren auf die Frage nicht ankam. Der BGH hat aber erklärt, dass, wenn die Gläubigerversammlung die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters fordere, der einen Gesamtschaden gegen den Insolvenzverwalter geltend machen solle, dieses regelmäßig im gemeinsamen Interesse aller Insolvenzgläubiger liege, denn die erfolgreiche Durchsetzung eines solchen Anspruchs komme allen Insolvenzgläubigern zugute. Im Übrigen obliege die Entscheidung über den Antrag der Gläubigerversammlung auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters letztlich dem Insolvenzgericht. Sollte die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Insolvenzverwalter ausnahmsweise masseschädlich oder gar gesetzeswidrig sein, könne dies vom Insolvenzgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden.
29Aus diesen Ausführungen zieht die Kammer den Schluss, dass der BGH der Auffassung ist, dass die Stellung eines Antrages durch die Gläubigerversammlung an das Amtsgericht, einen Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, grundsätzlich nicht dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger widerspricht. Erst im Rahmen der Beschlussfassung über die tatsächliche Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen bzw. – wie der BGH es formuliert – ob die Bestellung ausnahmsweise masseschädlich oder gar gesetzeswidrig ist.
30Diese Rechtsprechung steht auch im Einklang mit der allgemeinen Meinung, dass Beschlüsse der Gläubigerversammlung aufgrund der Gläubigerautonomie nur ganz ausnahmsweise aufzuheben sind, wenn sie einseitig einzelne Gläubiger bevorzugen bzw. offensichtlich missbräuchlich herbeigeführt wurden. Die Verletzung des gemeinsamen Interesses muss eindeutig und nicht ganz unerheblich sein (vgl. Münchener Kommentar Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 78 Rn. 20; Görg, DZWIR 2000, Seite 364/365). Das bedeutet bezogen auf den vorliegenden Fall, dass eine Aufhebung des Beschlusses der Gläubigerversammlung ganz ausnahmsweise allenfalls dann in Betracht kommen würde, wenn das Bestehen von Gesamtschadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzverwalter von vornherein völlig ausgeschlossen wäre. Das lässt sich vorliegend anhand der Aktenlage aber nicht feststellen.
31Außerdem liegt, wie schon der BGH ausgeführt hat, die durch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters letztlich beabsichtigte Vergrößerung der Insolvenzmasse zunächst einmal im Interesse aller Gläubiger. Der Beschluss der Gläubigerversammlung, es möge eine Sonderinsolvenzverwalter bestellt werden, ist lediglich als Antrag an das Amtsgericht zu werten, die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters zu prüfen und diese ggf. vorzunehmen. Dafür spricht auch die Entscheidung des BGH vom 23.04.2015, Az. IX ZB 29/13 (ZInsO 2015, Seite 1100). Weshalb dieser Antrag bereits die Interessen der Gläubigergemeinschaft verletzen soll, ist nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil entspricht es den Interessen der Gläubigergemeinschaft, dass das Insolvenzgericht diese Frage prüft und entsprechend entscheidet. Eine eindeutige missbräuchliche Ausnutzung ihrer Stellung als Mehrheitsgläubigerin durch die Beteiligte zu 3) ist nicht ersichtlich (vgl. Görg, DZWIR 2000, Seite 364/367).
32Sämtliche Argumente, die sich mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen letztlich ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen ist und welche Anforderungen an den Vortrag des Gläubigers, welcher der Meinung ist, der Insolvenzverwalter habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, zu stellen sind, sind nicht im vorliegenden Verfahren zu prüfen und zu erörtern, sondern in dem Verfahren auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von den Beteiligten zitierten Fundstellen, insbesondere nicht aus der Entscheidung des OLG München vom 20.01.1987, Az. 25 W 3137/86, ZIP 1987, Seite 656 und dem Aufsatz von Pape, ZinsO 2005, Seite 953 ff. Hier stand nämlich überhaupt kein Beschluss der Gläubigerversammlung in Rede. Der Beschluss über die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, sondern des Verfahrens 5 T 378/15.
33Für eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bestand auch hier keine Veranlassung. Die Kammer ist auch hinsichtlich der Beschwerde der Beteiligten zu 4) der Meinung, dass die Entscheidung über die Rechtspflegererinnerung nicht vorgreiflich ist. Selbst wenn die Erinnerung Erfolg hätte, würde dadurch lediglich der Antrag der Gläubigerversammlung auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters abgelehnt. Das würde aber nicht dazu führen, dass bereits der Antrag, also der streitgegenständliche Beschluss der Gläubigerversammlung, aufzuheben wäre. Wie schon gesagt, ist der Beschluss der Gläubigerversammlung lediglich eine vorbereitende Maßnahme (vgl. LG Arnsberg, Beschluss vom 06.02.2013, Az. 6 T 367/12).
34Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde gem. § 4 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 ZPO zugelassen, da die zugrunde liegenden Rechtsfragen zum Teil grundsätzliche Bedeutung haben und hierüber höchstrichterlich noch nicht eindeutig entschieden wurde.
35IV.
36Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Da der BGH in dem Beschluss von 20.02.2014, Az. IX ZB 16/13 eine Kostenentscheidung getroffen hat, geht die Kammer davon aus, dass der BGH der Auffassung ist, dass sich die Beteiligten in der vorliegenden Konstellation durchaus wie Parteien im Zivilprozess als Gegner gegenüberstehen.
37Rechtsmittelbelehrung:
38Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 ZPO die Rechtsbeschwerde statthaft, die binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen ist. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1) die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und 2) die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit ihr soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung der angefochtenen Entscheidung zu begründen.
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(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.
(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.
Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
(1) Widerspricht ein Beschluß der Gläubigerversammlung dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, so hat das Insolvenzgericht den Beschluß aufzuheben, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger, ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter dies in der Gläubigerversammlung beantragt.
(2) Die Aufhebung des Beschlusses ist öffentlich bekanntzumachen. Gegen die Aufhebung steht jedem absonderungsberechtigten Gläubiger und jedem nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.
(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.
Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
(1) Widerspricht ein Beschluß der Gläubigerversammlung dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, so hat das Insolvenzgericht den Beschluß aufzuheben, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger, ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter dies in der Gläubigerversammlung beantragt.
(2) Die Aufhebung des Beschlusses ist öffentlich bekanntzumachen. Gegen die Aufhebung steht jedem absonderungsberechtigten Gläubiger und jedem nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
(1) Widerspricht ein Beschluß der Gläubigerversammlung dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, so hat das Insolvenzgericht den Beschluß aufzuheben, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger, ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter dies in der Gläubigerversammlung beantragt.
(2) Die Aufhebung des Beschlusses ist öffentlich bekanntzumachen. Gegen die Aufhebung steht jedem absonderungsberechtigten Gläubiger und jedem nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.