Landgericht München I Urteil, 08. Okt. 2015 - 36 S 16283/14 WEG
Gericht
Gründe
Landgericht München I
36 S 16283/14 WEG
IM NAMEN DES VOLKES
In denn Rechtsstreit
...
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter: ...
gegen
die übrigen Wohnungseigentümer der WEG
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Verwalterin der Wohnungseigentumsgemeinschaft: ...
Prozessbevollmächtigte: ...
wegen Beschlussanfechtung
erlässt das Landgericht München I - 36. Zivilkammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und die Richterin am Landgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 08.10.2015
folgendes
Endurteil
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Sonthofen
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Sonthofen
3. Von der Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagten samtverbindlich 1/3.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Nach §§ 540 Abs. 2, 313 Abs. 1 S. 1 ZPO ist eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen entbehrlich, da gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist (Thomas/Putzo, ZPO, § 540 Rd.-Nr. 4 m. w. N.).
Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs. 2 WEG ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Wohnungseigentumssache nach § 43 Nr. 4 WEG handelt.
II.
Die Berufung ist zulässig und - nach Teilrücknahme - mit Ausnahme des Kostenantrags erfolgreich. Nach Rücknahme des Antrags auf Genehmigung der Jahresabrechnungen 2011 und 2012 durch das Gericht in der Berufungsverhandlung vom 8.10.2015, ist Gegenstand des Berufungsverfahren nur noch der Beschluss über die Jahresabrechnung 2010 TOP 4a III.
1. Die Anfechtung erfolgte fristgerecht.
2. Mit Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21.12.2013 TOP 4a III wurde die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung 2010 genehmigt. Dieser Beschluss war für ungültig zu erklären, da eine ausreichende Prüfung der Plausibilität und Schlüssigkeit der Jahresabrechnung nicht möglich war. Die Rüge der fehlenden Schlüssigkeit und der fehlenden Gesamteinnahmen wurde bereits mit der Klagebegründung, also innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG, erhoben. Unabhängig davon, ob die Klägerin die Jahresabrechnung vorliegen hatte, hat sie jedenfalls auf Seite 5 der Klage vom 16.01.2014 ausdrücklich gerügt, dass es an der Angabe sämtlicher Wohngeldzahlungen fehle. Dies trifft zu: Die Jahresabrechnung (Anlage B 1) führt unter der Rubrik „Ausgaben/Einnahmen“ zunächst die Kosten der Eigentümergemeinschaft auf, enthält aber dazwischen zwei Einnahmenpositionen, nämlich Zinseinnahmen von insgesamt 559,32 € und einen Abrechnungsrest aus dem Vorjahr von 0,04 €. Weitere Einnahmen sind nicht angegeben. Im Ergebnis sind „Gesamt Ausgaben-Einnahmen“ von 24.357,89 €, anteilig für die Klägerin 1.540,83 € ausgewiesen. Zwar werden im Folgenden in der Einzelabrechnung die Zahlungen der Klägerin aufgeführt, doch sind die Wohngeldeinnahmen insgesamt nirgends genannt. Wenn aber die Wohngeldeinnahmen, die den weitaus größten Teil der Einnahmen ausmachen, nirgends erwähnt werden, dann lässt sich die Jahresabrechnung insgesamt nicht auf ihre Plausibilität hin überprüfen (vgl. hierzu Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 33,34). Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob hinsichtlich weiterer Einzelpositionen, insbesondere dem Vermögensstatus, rechtzeitig Rügen erhoben wurden und diese durchgreifen.
Bezüglich der von der Klägerin gerügten Abrechnungsspitze der Vorjahre wäre der angefochtene Beschluss sogar nichtig, wenn er so auszulegen sein sollte, dass die Abrechnungsspitze der Vorjahre (703,11 € abzüglich 213,16 €) mitbeschlossen sein sollte. Insoweit gilt, dass die Eigentümer nicht befugt sind, dem Schuldner eines nach materieller Rechtslage bestehenden Anspruchs zusätzlich eine hiervon losgelöste weitere Leistungspflicht aufzuerlegen. Sie sind ebenso wenig befugt, originär durch Beschluss eine solche Leistungspflicht zu schaffen, wenn hierfür materiell, d. h. aufgrund Gesetzes oder Vereinbarung, keine Anspruchsgrundlage besteht. Hieran findet die Beschlusskompetenz des § 28 Abs. 5 WEG ihre Grenze. Sie bietet insbesondere keine Grundlage dafür, die Forderungen der Gemeinschaft gegen einzelne Mitglieder durch wiederholte Beschlussfassung hierüber zu vervielfachen, was aber durch eine jährliche Saldierung ohne gleichzeitige Aufhebung der alten, schon beschlossenen Jahresabrechnungen der Fall wäre (hierzu LG Nürnberg-Fürth, NZM 2010, 791), die hier nicht vorliegt. Letztlich kann hier aber offen bleiben, ob die Vorjahressalden nicht nur zur Information angefügt wurden, weil der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung in jedem Fall für ungültig zu erklären war.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92, 269 Abs. 3 ZPO. Angesichts des Teilerfolgs der Berufung war auch die Kostenentscheidung 1. Instanz entsprechend abzuändern. Die Klägerin obsiegt hier zu etwa ¼. Dies entspricht in etwa dem Verhältnis zwischen erfolgreicher Anfechtung der Jahresabrechnung, bei dem das 5- fache Klägerinteresse 8.565,80 € beträgt, zum Gesamtstreitwert von 35.595,80 €. Im Berufungsverfahren liegt die Quote aufgrund des geringeren Streitwerts von 24.595,80 € bei 1/3.
Eine Auferlegung der Kosten auf den Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 WEG, wie von der Klägerin beantragt, war nicht veranlasst. Insoweit liegt es im Ermessen des Gerichts, ob es von der Regelung Gebrauch macht. Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus den divergierenden Entscheidungen der Instanzen, dass die Sache nicht einfach gelagert ist.
2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung.
3. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 62 Abs. 2 WEG ausgeschlossen. Darum ist die Entscheidung rechtskräftig.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.
(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für
- 1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, - 2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern, - 3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie - 4.
Beschlussklagen gemäß § 44.
Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.
(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.
(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.
(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.
(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.
(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.