Landgericht München I Endurteil, 03. Juni 2016 - 6 O 46/16

published on 03/06/2016 00:00
Landgericht München I Endurteil, 03. Juni 2016 - 6 O 46/16
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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 43.513,78 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.02.2016 zu bezahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird bis 22.04.2016 auf 48.663,78 € und ab 23.04.2016 auf 43.513,78 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses in Anspruch.

Die Beklagte hatte auf dem Grundstück … in ... ein Gebäude zum Betrieb eines Autohauses errichtet, welches sie zunächst an die Autohaus ... (nachfolgend: Schuldnerin) als ... Vertragshändlerin vermietete. Der Mietvertrag vom 30.6./4.7.2000 (Anlage K4) enthält unter Ziffer 9.1 folgende Regelung:

„Der Mieter darf bauliche Veränderungen nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Vermieters vornehmen. Der Vermieter wird seine Zustimmung erteilen, wenn dies für ihn zumutbar ist. Die Beschaffung behördlicher Genehmigungen ist Sache des Mieters.“

Dem Vermieter steht ein Wahlrecht dahin zu, vom Mieter zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses die Beseitigung der von diesem eingebrachten Einbauten oder baulichen Veränderungen und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes oder die ganze oder teilweise Belassung der Einbauten und/oder baulichen Veränderungen zu verlangen. In letzterem Falle leistet der Vermieter dem Mieter eine Abfindung zum Verkehrswert, der unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Abnutzung sowie der technischen Veralterung zu ermitteln ist. Können sich die Vertragsteile über die Höhe der Entschädigung nicht einigen, wird diese durch einen vom Präsidenten der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern zu benennenden amtlichen Sachverständigen mit für beide Vertragsteile verbindlicher Wirkung festgelegt. Die Kosten des Sachverständigen tragen beide Vertragsteile je zur Hälfte.

Die Klägerin war für die Schuldnerin in deren rechtlichen Angelegenheiten tätig.

Im Dezember 2006 stellte die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb in ... wegen wirtschaftlicher Probleme ein.

Mit Mietvertrag vom 19.3.2007 (Anlage K5) vermietete die Beklagte das Objekt an die Autohaus … In § 4 (3) des Vertrages wird dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht zum 31.3.2010 eingeräumt, das mit einer Frist von sechs Monaten auszuüben ist. In § 6 (2) ist folgende Regelung enthalten:

Der Mieter erbringt seine Betriebstechnik und Einrichtung auf eigene Kosten. Nicht mitvermietet sind die in Anlage 3 aufgeführten Gegenstände, insbesondere Einbauten des Vormieters, die bis zum Beginn des Mietverhältnisses vom Vermieter zu entfernen sind, falls die Parteien bis zu diesem Zeitpunkt keine andere Regelung treffen.

Eine andere Regelung in diesem Sinne ist getroffen, wenn der Mieter nach Unterzeichnung des Mietvertrages durch ihn, jedoch vor Zugang des vom Vermieter gegengezeichneten Mietvertrages, diesem eine schriftliche Aufstellung über diejenigen in Anlage 3 aufgeführten Einbauten des Vormieters übergibt, die im Mietobjekt belassen werden sollen. In diesem Falle ist der Vermieter verpflichtet gegenüber dem Vormieter von seinem Wahlrecht gebrauch zu machen, die Belassung der betreffenden Einbauten vom Vermieter zu verlangen. Im Gegenzug stellt der Mieter den Vermieter von sämtlichen diesbezüglichen Kosten und Abfindungsansprüchen des Vormieters frei. Die diesbezügliche Vereinbarung in § 9 des Vertrages mit dem Vormieter ist dem Mieter bekannt.

Am 20.3.2007 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis mit der Schuldnerin fristlos.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.3.2007 (Anlage K6) teilte die Beklagte mit, dass sämtliche eingebauten und beweglichen Gegenstände in dem Mietobjekt verbleiben.

Der von beiden Vertragsparteien beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. ... ermittelte in seinem Gutachten vom 9.5.2007 (Anlage K7) einen Gesamt-FortführungsVerkehrswert von 250.000,00 €.

Am 29.5.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und Rechtsanwalt … zum Insolvenzverwalter bestellt.

Im Jahr 2008 machte die Klägerin aus abgetretenem Recht auf der Grundlage der Abtretungsvereinbarung vom 6.11.2006 (Anlage K8), mit der die Schuldnerin ihre Zahlungsansprüche aus einer Ablösevereinbarung oder dem freihändigen Verkauf der von ihr in das Mietobjekt eingebrachten Sachen zur Erfüllung von Honoraransprüchen an die Klägerin abgetreten hatte, einen Zahlungsanspruch in Höhe von 250.000,00 € vor dem Landgericht München II, Az. 4 O 2299/08, gegen die Beklagte geltend. Die Beklagte rügte die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin mit der Begründung, dass nach § 166 Abs. 2 InsO das Verwertungsrecht hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung allein dem Insolvenzverwalter zustehe. Mit Beschluss vom 11.11.2008 (Anlage K9) wies das Landgericht München II darauf hin, dass nach vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage § 166 Abs. 2 InsO nicht einschlägig sein dürfte, da es sich ausweislich der vorgelegten Abtretungsvereinbarung um keine Sicherungsabtretung handele.

Mit Schreiben vom 16.1.2009 (Anlage K10) erklärte der Insolvenzverwalter gegenüber der Beklagten die Wahl der Nichterfüllung gemäß § 103 InsO hinsichtlich der Regelung in Ziffer 9.1 des Mietvertrages. Zur Begründung wird in der Stellungnahme des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren (Anlage K11) ausgeführt, dass die Verhandlungen mit dem Vermieter nicht erfolgversprechend verlaufen seien, namentlich eine Einigung auf einen Übernahmepreis nicht zeitnah zustande gekommen sei. Durch die Erfüllungsablehnung habe die Verfügbarkeit der Einrichtung für eine Drittveräußerung hergestellt werden können.

Durch Kaufvertrag vom 19.1.2009 (Anlage K14) veräußerte der Insolvenzverwalter die Einrichtung zu einem Kaufpreis von 80.000,00 € zzgl. USt. an die ... Autohaus GmbH.

Mit Abwicklungsvereinbarung vom 19./23.1.2009 (Anlage K15) vereinbarten der Insolvenzverwalter und die Beklagte, dass sie nach Inanspruchnahme der bestehenden Sicherheiten keine Forderungen zur Tabelle anmeldet und sich verpflichtet, sich wegen einer etwaigen Inanspruchnahme der Masse aus Sicherungszession zugunsten der Klägerin bis 20.000,00 € an der Befriedigung etwaiger Absonderungsrechte zu beteiligen.

Mit E-Mail vom 30.1.2009 (Anlage K16) führten die anwaltlichen Vertreter der Autohaus ... aus, dass nach Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten der Insolvenzverwalter die Gegenstände an einen Dritten verkauft habe und dieser dann an die Beklagte.

Mit E-Mail vom 13.3.2009 (Anlage K12) führten die anwaltlichen Vertreter der Autohaus … aus, dass nach Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Absprache mit dem Insolvenzverwalter „in trockenen Tüchern“ sei und man für die Einrichtungsgegenstände 80.000,00 € sowie eine Abstandssumme an den Insolvenzverwalter in Höhe von 20.000,00 € bezahlt habe.

Mit Endurteil des Landgerichts München II vom 30.4.2009, Az. 4 O 2299/08, wurde die Zahlungsklage der Klägerin abgewiesen mit der Begründung, dass jedenfalls aufgrund der Nichterfüllungserklärung gem. § 103 InsO die Ablöseforderung nicht mehr bestehe.

Mit Vereinbarung vom 7.7.2009 (Anlage K13) vereinbarten die Beklagte und die Autohaus …, dass diese einen Betrag von 80.000,00 € zzgl. USt. als Ablöse/Kaufpreis für sämtliche Einbauten und Einrichtungen in dem Autohaus ... an die Beklagte zahlt. Die Beklagte versicherte, lastenfreie Eigentümerin der Gegenstände zu sein.

Die Klägerin trägt vor, dass es einen Kaufvertrag zwischen dem Autohaus ... und der Beklagten nicht gegeben habe. Das Autohaus ... sei entweder als Strohmann aufgetreten, oder es sei ein Scheingeschäft geschlossen worden. Das Vorgehen der Beklagten sei allein darauf ausgerichtet gewesen, für die von der Schuldnerin eingebrachten und dem Autohaus ... zur Verfügung gestellten Betriebsmittel nicht doppelt zahlen zu müssen. Im Ergebnis sei es die Beklagte und nicht das Autohaus ... gewesen, die den Kaufpreis von 80.000,00 € zzgl. USt. über ihre Prozessbevollmächtigten an den Insolvenzverwalter gezahlt habe. Die Beklagte habe verhindern müssen, dass sie darüber hinaus den Ablösebetrag von 250.000,00 € an die Schuldnerin bzw. nach abgetretenem Recht an die Klägerin zahlt. Nach dem Hinweis des Landgerichts München II vom 11.11.2008 sei für die Beklagte klar gewesen, dass sie den Ablösebetrag würde zahlen müssen. Um die Bezahlung zu verhindern, habe sie mit dem Insolvenzverwalter und dem Autohaus W. die Absprache getroffen, dass der Insolvenzverwalter gegen Zahlung von 80.000,00 € und Verzicht auf die Forderungsanmeldung Nichterfüllung wählt. Infolgedessen habe die betriebliche Einrichtung nicht mehr auf die Beklagte übertragen werden können, die auch nicht mehr verpflichtet gewesen sei, die Ablöse zu zahlen. Es habe dem Willen der Beklagten entsprochen, das Inventar zumindest unter Mithilfe des Autohauses ... zu erwerben, um es dem Autohaus ... zur Verfügung zu stellen, allerdings ohne den Ablöseanspruch bei der Schuldnerin bzw. der Klägerin entstehen zu lassen. In Wahrheit sei entgegen der behaupteten Nichterfüllung über das Autohaus ... doch direkt an die Beklagte verkauft und damit Erfüllung gewählt worden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr ein Schadensersatzanspruch zumindest in Höhe der im Insolvenzverfahren angemeldeten offenen Honorarforderung von 48.663,78 € zustehe. Die Beklagte habe durch kollusives Zusammenwirken mit dem Autohaus ... unter Einbeziehung des Insolvenzverwalters verhindert, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht den Ablösebetrag erhält. Das Verhalten der Beklagten erfülle den Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und verstoße jedenfalls gegen die guten Sitten (§ 826 BGB).

Die Klägerin hat folgende (Vor-) Prozesse vor dem Landgericht München I geführt:

1) Verfahren 6 O 2027/13 gegen den Insolvenzverwalter

Die Klägerin hat gegen den Insolvenzverwalter Zahlungsklage erhoben, zunächst in Höhe von 48.663,78 €, sodann erweitert auf 250.000,00 €. Die Beklagte war in dem Verfahren als Streithelferin auf Seiten des Insolvenzverwalters beteiligt. Mit Endurteil des Landgerichts München I vom 9.8.2013 wurde die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention auferlegt. Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung durch die Klägerin rechtskräftig. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.5.2014 wurden die der Streithelferin zu erstattenden Kosten auf 5.150,00 € festgesetzt. Die Beklagte hat wegen dieser Kosten die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin betrieben.

2) Verfahren 6 O 12164/14 gegen die Beklagte

Die Klägerin hat zunächst Vollstreckungsabwehrklage erhoben mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.5.2014 für unzulässig zu erklären. Nach zur Abwehr der Vollstreckung geleisteter Zahlung von 5.150,00 € hat die Klägerin Rückzahlung in dieser Höhe nach Aufrechnung mit dem behaupteten Schadensersatzanspruch verlangt. Mit Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 10.10.2014 wurde die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 5.150,00 € verurteilt. Zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil hat die Beklagte den Betrag an die Klägerin gezahlt. Mit Endurteil des Landgerichts München I vom 10.4.2015 wurde das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht München durch den Einzelrichter mit Endurteil vom 26.10.2015 (Az. 32 U 1712/15 - Anlage K1) das Versäumnisurteil vom 10.10.2014 und das Endurteil vom 10.4.2015 aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Klägerin zur Zahlung von 5.150,00 € nebst Zinsen an die Beklagte verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin auferlegt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.12.2015 (Anlage K2) hat die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung und Androhung der Zwangsvollstreckung zur Zahlung von 5.543,34 € (5.150,00 € zzgl. Zinsen) aufgefordert.

3) Verfahren 6 O 46/16 gegen die Beklagte (= vorliegendes Verfahren)

Die Klägerin hat zunächst (auch) Vollstreckungsabwehrklage erhoben mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Urteil des Oberlandesgerichts vom 26.10.2015 für unzulässig zu erklären und die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung zu verurteilen. Daneben hat die Klägerin Zahlungsklage in Höhe von 43.120,44 € (= 48.663,78 ./. 5.543,34) erhoben. In der mündlichen Verhandlung vom 22.4.2016 hat die Klägerin die Klage auf die Zahlungsklage in Höhe von 43.513,78 € (= 48.663,78 ./. 5.150,00) beschränkt. Die Beklagte hat einer etwaigen Klageänderung zugestimmt.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 43.513,78 € nebst 5% Zinsen über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erhebt hinsichtlich des behaupteten Schadensersatzanspruchs die Einrede der Verjährung. Unterbrechungs- und Hemmungsgründe würden nicht vorliegen. Die Klage sei unzulässig, da über den streitgegenständlichen Anspruch rechtskräftig durch das Landgericht München II, Az. 4 O 2299/08, entschieden worden sei. Die Klage sei auch unbegründet, da ein von der Beklagten verursachter Schaden nicht entstanden sei. Voraussetzung des behaupteten Schadensersatzanspruchs sei, dass sich die Klägerin wegen ihrer Honorarforderungen hätte befriedigen können, weil Erfüllungsansprüche auf Entschädigung für abzulösende Gegenstände der Schuldnerin gegen die Beklagte durchsetzbar gewesen wären. Dahingehende Ansprüche seien unbegründet, da der Beklagten als Vermieterin aus dem infolge Zahlungsverzugs und späterer Insolvenz gekündigten Mietverhältnis vertragliche Ansprüche in Höhe von 1.592.086,80 € (60 Monate ä 26.534,78 €) gegen die Schuldnerin als Mieterin zugestanden hätten. Ein etwaiger Anspruch auf Zahlung des Ablösebetrags sei daher mit diesen Zahlungsansprüchen stets aufrechenbar gewesen. Eine Durchsetzung von Ablöseansprüchen durch den Insolvenzverwalter oder die Klägerin sei daher zu keiner Zeit möglich gewesen. Nur deshalb habe der Insolvenzverwalter die Erfüllungsablehnung gem. § 103 InsO erklärt. Es liege auch kein sittenwidriges Handeln der Beklagten vor, da das Ausnützen einer vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen Lage nicht sittenwidrig sei.

Das Gericht hat das Urteil des Landgerichts München II vom 30.4.2009, Az. 4 O 2299/08, beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.4.2016 sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Insbesondere ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I gegeben. Es ist der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) begründet im Hinblick auf den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus §§ 823 ff BGB und den Umstand, dass die geschädigte Klägerin in München ansässig ist.

2. Das klageabweisende Endurteil des Landgerichts München II vom 30.4.2009, Az. 4 O 2299/08, begründet keine entgegenstehende Rechtskraft, § 322 ZPO, da über den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht entschieden wurde. Gegenstand des Urteils vom 30.4.2009 war der Erfüllungsanspruch der Klägerin auf Zahlung der Ablöseforderung von 250.000,00 € aus abgetretenem Recht.

II.

Die Klage ist auch begründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in der zuletzt geltend gemachten Höhe von 43.513,78 € aus § 826 BGB zu.

a) Nach unveränderter Auffassung des erkennenden Gerichts liegen ausnahmsweise die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 BGB vor, die die Beklagte zum Schadensersatz gegenüber der Klägerin verpflichten.

aa) Die Beklagte hat der Klägerin im Zusammenwirken mit dem Insolvenzverwalter unter Zuhilfenahme der Autohaus ... vorsätzlich einen Schaden zugefügt, indem sie bewusst und gewollt vereitelt hat, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht Befriedigung ihrer Honoraransprüche in Höhe von 48.663,78 € erlangt.

(1) Schädigende Handlung ist dabei die zwischen den Beteiligten getroffene Absprache, die zu dem „Gesamtpaket“ - bestehend aus der Erklärung des Insolvenzverwalters vom 16.1.2009 über die Wahl der Nichterfüllung gem. § 103 InsO (Anlage K10), der Abwicklungsvereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und der Beklagten vom 19./23.1.2009 (Anlage K15) sowie dem Kaufvertrag vom 19.1.2009 mit der Autohaus...  (Anlage K14) und dem weiteren Kaufvertrag vom 7.7.2009 mit der Autohaus ... (Anlage K13) - geführt hat.

(2) Die Absprache ist auch schadensursächlich. Nachdem sie bereits der Nichterfüllungswahl vom 16.1.2009 als zeitlich erstem Schritt des „Gesamtpakets“ vorausgegangen sein muss, wurde sie zu einem Zeitpunkt getroffen, als die Klägerin nach dem Hinweis des Landgerichts München II vom 11.11.2008 (Anlage K9) noch zur Geltendmachung von Erfüllungsansprüchen aus der Ablösevereinbarung aus abgetretenem Recht berechtigt war. Ausweislich der Urteilsgründe des Landgerichts München II vom 30.4.2009 war vielmehr die Nichterfüllungserklärung gem. § 103 InsO ursächlich dafür, dass die Ablöseforderung nicht mehr besteht.

(3) Etwaige Gegenansprüche der Beklagten aus dem Mietverhältnis mit der Schuldnerin lassen den von der Beklagten verursachten Schaden nicht entfallen. Die Nichterfüllungswahl wurde entgegen dem jetzigen Vorbringen der Beklagten nicht deshalb getroffen, weil eine Durchsetzung von Ablöseansprüchen durch den Insolvenzverwalter oder die Klägerin im Hinblick auf die der Beklagten aus dem Mietverhältnis mit der Schuldnerin zustehenden Gegenansprüche zu keiner Zeit möglich gewesen wäre. Die für den Insolvenzverwalter maßgebliche Begründung für die Nichterfüllungswahl ergibt sich vielmehr aus seinem eigenen Bericht gemäß Anlage K11, in dem von Gegenansprüchen der Beklagten keine Rede ist.

bb) Das Vorgehen der Beklagten ist nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als sittenwidrig einzustufen.

(1) Dabei soll nicht verkannt werden, dass die Verfolgung eigener Interessen bei der Ausübung von Rechten im Grundsatz auch dann legitim ist, wenn damit eine Schädigung Dritter verbunden ist. Hinzutreten muss nach der Rechtsprechung eine nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 13.12.2011 - XI ZR 51/10, NJW 2012, 1800; Urteil vom 3.12.2013 - XI ZR 295/12, NJW 2014, 1098; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 826 Rn 4). Als sittenwidrige Tatbestände kommen hiernach die bewusste Vereitelung des Vertragszwecks oder das planmäßige Hinausdrängen eines Vertragspartners in Betracht (vgl. Palandt/Sprau, aaO., § 826 Rn 22). Zur Frage der sittenwidrigen Schädigung bei Eindringen eines Dritten in die Beziehungen der Vertragspartner ist höchstrichterlich entschieden, dass eine sittenwidrige Mitwirkung des Dritten am Vertragsbruch in den Zielen seines Vorgehens, insbesondere bei kollusivem Zusammenwirken mit dem Vertragsschuldner gerade zur Vereitelung der Ansprüche des betroffenen Vertragsgläubigers liegen könne, oder in der Anwendung verwerflicher Mittel zur Umstimmung des Vertragsschuldners, oder geprägt sein durch ein Missverhältnis von Zweck und Mittel, das in der besonderen Situation, in der das Vorgehen des Dritten den Vertragsgläubiger trifft, mit Grundbedürfnissen loyaler Rechtsgesinnung unvereinbar ist (BGH, Urteil vom 2.6.1981 - VI ZR 28/80, NJW 1981, 2184).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überschreitet das Vorgehen der Beklagten im vorliegenden Fall letztlich die Grenze zur Sittenwidrigkeit.

(a) Die Ausgangssituation stellt sich für das Gericht nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivorbringen so dar, dass das Autohaus ... im Jahr 2007 als Nachmieter der Schuldnerin in das streitgegenständliche Objekt eingezogen war und die Räumlichkeiten samt dem von der Schuldnerin darin belassenen Inventar als ... Vertragshändler nutzte, zugleich jedoch die Frage der Ablöse für das Inventar nicht abschließend geklärt war. Nach den Bestimmungen des Mietvertrages zwischen der Schuldnerin und der Beklagten (Anlage K4), ihrer eigenen Wahl gemäß anwaltlichem Schreiben vom 22.3.2007 (Anlage K6) und dem Gutachten des Sachverständigen ... (Anlage K7) hätte die Beklagte einen Ablösebetrag von 250.000,00 € zahlen müssen, und zwar nach dem Hinweis des Landgerichts München II vom 11.11.2008 (Anlage K6) aufgrund der Abtretung gemäß Anlage K8 an die Klägerin. Zwar sah der Mietvertrag zwischen dem Autohaus ... und der Beklagten (Anlage K5) die Freistellung der Beklagten von sämtlichen diesbezüglichen Kosten und Abfindungsansprüchen des Vormieters vor. Die Freistellung hatte das - noch dazu anwaltlich vertretene - Autohaus ... jedoch nach dem Vorbringen der Beklagten im Hinblick auf die Höhe der Ablöse verweigert und mit der (Sonder-) Kündigung des Mietverhältnisses gedroht. Unter Berücksichtigung dessen mag es durchaus zutreffen, dass das weitere Vorgehen der Beklagten durch das Ziel der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses mit dem Autohaus ... bestimmt war und die Beklagte verhindern wollte, nach der Insolvenz der Schuldnerin weitere Mietausfälle zu erleiden. Die Beklagte befand sich hiernach in der für sie äußerst misslichen Zwangslage, dass sie - um das Mietverhältnis nicht zu gefährden - dem Autohaus ... das Inventar zur Verfügung stellen musste, aufgrund der verweigerten Freistellung aber selbst den Ablösebetrag hierfür zahlen musste.

(b) Dabei ist nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Verhandlungstermin vom 22.4.2016 davon auszugehen, dass nicht nur dem Autohaus ... sondern - im Hinblick auf die mit der Insolvenz der Schuldnerin ohnehin bereits erlittenen Ausfälle - gerade auch der Beklagten der Ablösebetrag zu hoch war, zumal es andernfalls ein Leichtes gewesen wäre, den Betrag in der geforderten Höhe zu zahlen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat hierzu in der Verhandlung vom 22.4.2016 unmissverständlich ausgeführt, dass es sowohl im Interesse des Mieters Autohaus ... als auch im langjährigen Vermietungsinteresse der Beklagten darum gegangen sei, a) wie man die 250.000,00 € niedriger bekommt und b) wie man an die Gegenstände kommt.

(c) Den Ablösebetrag konnte die Beklagte auf 80.000,00 € - und damit auf weniger als ein Drittel des Verkehrswerts laut Sachverständigengutachten - erheblich reduzieren, indem sie mit dem Insolvenzverwalter die Abwicklungsvereinbarung vom 19./23.1.2009 traf und dieser die Wahl der Nichterfüllung gemäß § 103 InsO erklärte. Mit dieser Wahl wäre es allerdings nicht zu vereinbaren gewesen, wenn der Insolvenzverwalter das Inventar direkt an die Beklagte veräußert hätte, damit diese es dem Autohaus ... zur Verfügung stellen kann, da dies einer Erfüllung gleichgekommen wäre. Dies erklärt den Zwischenerwerb durch das Autohaus ... Für die Zwischenschaltung des Autohauses ... bestand ansonsten kein vernünftiger Grund. Insbesondere lässt sich das Autohaus ... nicht im Jahr 2009 als ernsthafter Mietinteressent anstehen, wenn das Objekt bereits seit 2007 an das Autohaus ... vermietet war, das Mietverhältnis nicht gekündigt war und die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nach eigenem Vorbringen der Beklagten das alleinige Ziel ihres Vorgehens war. Im Übrigen erscheint es abwegig und lebensfremd, dass ein Mietinteressent ohne konkrete Aussicht auf den Abschluss des Mietvertrages bereits vorab das Inventar für die Mieträume erwirbt. Das Gericht geht daher davon aus, dass es sich bei dem Erwerb durch das Autohaus ... lediglich um ein Strohmanngeschäft gehandelt hat, von dem zwar mangels gegenteiliger Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass es ernstlich gewollt und daher gültig ist (vgl. Palandt/Ellenberger, aaO., § 117 Rn 6 m.w.N.), von dem jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zugleich anzunehmen ist, dass es in der Absicht vorgenommen wurde, eine Übereignung an die Beklagte unter Ausschaltung berechtigter Ansprüche der Klägerin zu ermöglichen.

(d) Insoweit mag jeder einzelne Umstand für sich genommen nicht ausreichend sein, eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten zu begründen. Dies gilt für den von der Beklagten verfolgten Zweck, die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses sicherzustellen, in gleicher Weise wie für die Erklärung der Nichterfüllung durch den Insolvenzverwalter, die Abwicklungsvereinbarung und den Zwischenerwerb durch das Autohaus ... und nicht zuletzt für das (auffällige) Missverhältnis zwischen Verkehrswert und gezahltem Ablösebetrag. In ihrer Gesamtschau lassen die vorgenannten Umstände nach ihrer Bewertung durch das Gericht jedoch nur den Schluss auf ein planmäßiges Zusammenwirken der Beklagten mit dem Insolvenzverwalter unter Zuhilfenahme des Autohauses ... zur Vereitelung der Ansprüche der Klägerin zu. Indem die Beklagte zur Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses mit dem Autohaus ... anstelle eines Ablösebetrages von 250.000,00 € an die Klägerin lediglich einen Betrag von 80.000,00 € an den Insolvenzverwalter zu zahlen hatte, der den Betrag für die Masse vereinnahmen konnte und die Insolvenztabelle um die angemeldeten Forderungen der Beklagten bereinigt hatte, haben die Beteiligten ihre jeweiligen Interessen ausschließlich auf Kosten der Klägerin durchgesetzt und deren Ansprüche systematisch vereitelt. Ein solches Verhalten ist nach Auffassung des Gerichts gerade nach den anzulegenden Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden als besonders verwerflich und damit sittenwidrig zu bewerten.

cc) Das Ausnutzen einer vom Gesetzgeber vorgesehenen Lage mag je nach den Umständen des Einzelfalls geeignet sein, den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu entkräften. Dies kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts jedoch nicht gelten, wenn - wie hier -das Ausnutzen einer vom Gesetzgeber vorgesehenen Lage gerade zum Zwecke der Schädigung eines Beteiligten - hier der Klägerin - erfolgt.

Eine Haftung des Insolvenzverwalters entfällt insoweit nur wegen des von ihm erzielten Massezuflusses. Der Insolvenzverwalter hat seine Entscheidung, ob er die Erfüllung des Vertrages wählt, allein danach auszurichten, welche der beiden Handlungsalternativen für die Masse günstiger ist. Maßstab ist also die bestmögliche Verwertung des Schuldnervermögens zum Zwecke der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger. In jedem Fall hat sich der Insolvenzverwalter ausschließlich an den Interessen der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger zu orientieren. Auf die Interessenlage des Vertragspartners muss er keine Rücksicht nehmen (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 14. Aufl., § 103 Rn 97). In gleicher Weise muss und darf der Insolvenzverwalter hiernach gerade keine Rücksicht auf die Interessen eines einzelnen Gläubigers wie hier der Klägerin nehmen. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Nichterfüllungswahl durch den Insolvenzverwalter auch nicht zu beanstanden gewesen wäre, wenn sie ausschließlich den Zweck gehabt hätte, die Rechte der Klägerin zu vereiteln, da auch in diesem Fall dem Masseabfluss kein entsprechender Massezufluss gegenübergestanden hätte und damit gerade der Zweck des § 103 InsO erfüllt worden wäre. Der vorgenannte Maßstab ist insolvenzverwalterspezifisch und daher nicht geeignet, die Haftung der Beklagten aus § 826 BGB nach den obigen Grundsätzen in Frage zu stellen.

b) Die Einrede der Verjährung greift nicht durch. Der Verjährungsbeginn ist abhängig von der Kenntnis bzw. grobfahrlässigen Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Der Schuldner muss die dahingehende Kenntnis (grobfahrlässige Unkenntnis) des Gläubigers beweisen (Palandt/Ellenberger, aaO., § 199 Rn 50 m.w.N.). Dies hat die Beklagte nicht getan, nachdem die Klägerin im Schriftsatz vom 13.4.2016 dargelegt hat, dass sie erst im Rahmen der Vorprozesse Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erhalten habe.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert war gem. § 3 ZPO festzusetzen.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di
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published on 13/12/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 51/10 Verkündet am: 13. Dezember 2011 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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Annotations

(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.