Die Klägerin, eine Vertriebsgesellschaft für Finanzprodukte, vermittelte seit Mai 2006 insgesamt 194 Kommanditbeteiligungen an der ... GmbH & Co. ... KG, von denen 140 Stück noch aktiv sind. Für diesen Fonds wurde am 01.03.2006 ein Prospekt erstellt, der bereits auf dem Deckblatt den Hinweis auf Altersvorsorge enthält.
Am 10.05.2006 beauftragte die Klägerin die Beklagte, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, mit der Prüfung des Prospekts gemäß IDW Standard ES 4 (Anlage K 3) sowie unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anlage B 1). Bereits am 30.03.2006 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds wegen der fehlenden Fungibilität und der Risiken ohne besondere Hinweise und weitergehende Beratung nicht als Altersvorsorge geeignet ist (Az. I-6 U 84/05). Zum 10.05.2006 erstellte die Beklagte ihren Prüfbericht. Auf Seite 26 berichtete sie die Entscheicung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und führte weiter aus:
„Zur Vermeidung von Risiken kann es empfehlenswert sein, die Anleger vor dem Beitritt besonders deutlich über die Risiken der Beteiligung und eine möglicherweise negative Auswirkung auf den Aufbau ihrer Altersvorsorge hinzuweisen; gegebenenfalls sollten bereits ausreichend sichere Anlagen zur Altersversorgung vorhanden sein.“ (Anlage B 2 S. 26).
In den zusammenfassenden Schlussbemerkungen sind diese Hinweise zur Problematik bei Altersvorsorge nicht enthalten (Anlage K 4). Am 15.06.2006 fügte die Fondsgesellschaft dem Verkaufsprospekt einen „Nachtrag nach § 11 VerkProG“ bei. Unter der Überschrift „Folgende eingetretene Veränderungen“ berichtete der Nachtrag über die Entscheidung des Oterlandesgerichts Düsseldorf und enthält im Weiteren folgende Ausführungen:
„Nach Auffassung der Prospektherausgeberin kann aus dieser Entscheidung über den entschiedenen Einzelfall hinaus weder ein Rückschluss auf die fehlende Eignung von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds für die Altersvorsorge allgemein gezogen, noch eine Aussage zu einer Beteiligung an der ... GmbH & Co. ... KG abgeleitet werden.“ (Anlage K 1).
In einer Klage eines Kommanditisten gegen eine Treuhandgesellschaft entschied das Oberlandesgericht München (15 U 2919/14) in einem Urteil vom 11.03.2015 (Anlage K 5), dass durch die plakative Bezeichnung als Altersvorsorgefonds das Risiko eines teilweisen oder vollständigen Verlustes des eingesetzten Kapitals verschleiert bzw. verharmlost wird, weshalb der Prospekt widersprüchlich und irreführend ist. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof am 01.09.2016 zurückgewiesen (Anlage K 6).
Die Klägerin trägt vor,
durch Übergabe des Prüfberichtes habe die Beklagte den Vertrag zur Erstellung eines Prüfberichtes verletzt. Zwar habe sie auf Seite 26 ihres Berichtes auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf hingewiesen, in diesem Zusammenhang jedoch lediglich eine Empfehlung ausgesprochen. In der zusammenfassenden Bewertung des Fondsprospekts sei das Thema Altersvorsorge und Eignung hierfür jedoch nicht mehr angesprochen worden. Lediglich eine Empfehlung ausgesprochen zu haben genüge jedoch für die Erstellung eines Prüfberichtes nicht.
Die Klägerin habe ein Interesse an der Feststellung, dass Schäden durch die Prospektverwendung erstattet werden, denn solche Schäden seien bereits entstanden was sich an der Tatsache zeige, dass Anleger Schadensersatzansprüche geltend gemacht hätten und geltend machen würden. Ansprüche gegen die Beklagten seien nicht nach § 9 Abs. 3 der AGB wegen Versäumung einer Ausschlussfrist ausgeschlossen, da die Frist frühestens mit der Kenntnis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs begonnen habe, so dass die Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht worden seien. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. § 9 der AGB enthalte bereits keine Regelung zur Verjährung; sie wäre zudem unwirksam, da der Verjährungsbeginn nicht hinreichend deutlich definiert worden sei. Auch die zehnjährige Verjährung nach § 199 BGB sei noch nicht abgelaufen gewesen, da die Schäden für die Klägerin nicht vorhersehbar und insbesondere auch noch von anderen Umständen abhängig seien, die nicht allein mit dem Prospektinhalt zusammenhängen müssten. Streitgegenständlich seien Prospektverwendungen nach dem 23.12.2016.
Die Haftung der Beklagten sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Prospekt einen Nachtrag erhalten habe. Zwar dürfe nach Ziffer 8 der IDW ES 4 der Prospekt nach einem Nachtrag nicht mehr verwendet werden, doch handele es sich nicht um einen solchen Nachtrag i.S.v. § 11 VerkProG, denn der Prospekt habe keinen neuen Inhalt erhalten.
Schließlich könne der Klägerin kein Mitverschulden zugerechnet werden, denn dieser Einwand sei aus Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn der Vertragspartei, die sich nuf eine Auskunft verlässt, nachträglich vorgeworfen werden soll, sie habe die Unrichtigkeit der Auskunft erkennen können. Zudem könne sich ein Mitverschuldensvorwurf nicht zwischen den Parteien auswirken, denn nicht die Klägerin habe den Nachtrag zum Prospekt eingefügt, sondern der Prospektherausgeber.
Die Klägerin beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch die Verwendung des Prospekts der ... GmbH & Co. ... KG vom 01.03.2006 (Anlage K 1) im Rahmen der Vermittlung von Beteiligungen an der ... GmbH & Co. ... KG nach dem 23.12.2006 entstanden sind oder entstehen werden.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Die Beklagte trägt vor,
eine Pflichtverletzung sei ihr nicht vorzuwerfen, da der Hinweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf eindeutig sei und insbesondere einen besonderen Hinweis an die Anleger empfohlen habe. Der Klägerin stehe kein Feststellungsinteresse zur Seite, da die Behauptung der Klägerin, es seien bereits Schäden entstanden, bislang nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sei. Etwaige Ansprüche seien nach Ziffer 9 Absatz 3 der AGB ausgeschlossen, denn spätestens seit dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht München soi der Klägerin bekannt, dass der Prospekt widersprüchlich war, so dass ab diesem Zeitpunkt die einjährige Ausschlussfrist zu laufen begonnen habe. Jedenfalls sei die maximale Verjährungszeit von fünf Jahren gemäß § 9 Abs. 3 AGB abgelaufen. Zumindest die zehnjährige Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB sei abgelaufen, denn ab Mai 2006 habe die Klägerin begonnen, unter Verwendung des Prospektes Anleger zu werben. Bereits mit der ersten Vermittlung einer Kommanditeinlage unter Zuhilfenahme des Prospektes sei der Schaden entstanden und ab diesem Zeitpunkt beginne die Verjährung zu laufen. Somit habe die Klageerhebung die Verjährung nicht mehr hemmen können.
Durch den Nachtrag gemäß § 11 VerkProG sei eine Situation entstanden, in der das Prüfgutachten nicht mehr habe verwendet werden können. Dies folge zum einen aus den einbezogenen IDW ES 4 Standards und werde zum anderen ausdrücklich nochmals im Prüfgutachten erwähnt. Dass es sich um einen Nachtrag gemäß § 11 VerkProG gehandelt habe, könne nicht bestritten werden.
Schließlich sei der Klägerin überwiegendes Mitverschulden zur Last zu legen, denn sie habe die Widersprüchlichkeit des Prospektes und insbesondere den Widerspruch zwischen dem Nachtrag einerseits und der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf andererseits erkennen können und habe dies auch erkannt. Hier müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin als Vertriebsgesellschaft über eigene Fachkenntnisse verfügt habe.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Zulässigkeit
Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist zu bejahen. Diese hat vorgetragen, dass Klagen der Kommanditisten wegen des fehlerhaften Prospektes anhängig gemacht worden seien und noch anhängig seien. Zwar betrifft das Urteil des Oberlandesgerichts München eine Klage gegen einen Treuhänder, doch ist hieraus erst recht zu erwarten dass auch Klagen gegen die Vermittlungsgesellschaft selbst erhoben werden, so dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht, dass Schäden durch die Beklagte übernommen werden müssen.
II. Begründetheit
Die Klage ist jedoch aus mehreren Gründen unbegründet:
1. Verjährung
Ansprüche der Klägerin sind nicht nach § 9 der AGB verjährt, denn herbei handelt es sich bereits nicht um eine Verjährungsvorschrift sondern um Ausschlussfristen. Zudem wäre der Beginn einer Verjährung nicht hinreichend definiert worden.
Jedoch sind die Ansprüche nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB nach Ablauf der 10-jährigen Verjährungsfrist verjährt.
Unstreitig begann die Klägerin bereits im Mai 2006 mit dem Vertrieb der Kommanditanteile unter Verwendung des Prospektes. Dies ist gleichzeitig der Zeitpunkt des Entstehens des Schadens gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB, denn ein Schaden ist schon dann eingetreten, wenn die Vermögenslage des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses im Vergleich mit dem früheren Vermögensstand objektiv schlechter geworden ist (vgl. BGH IX 9 ZR 82/89). Es ist dabei nicht erforderlich, dass der Schaden auch der Höhe nach feststeht oder feststellbar ist oder sich gar konkret ausgewirkt hat. Hierbei ist der aus einem bestimmten Ereignis erwachsene Schaden verjährungsrechtlich als ein einheitliches Ganzes aufzufassen woraus folgt, dass dann, wenn aufgrund einer Vertragsverletzung einzelne Schäden in zeitlichen Abständen nach und nach entstehen, die Verjährung einheitlich mit dem Eintritt des ersten Schadens, soweit bei dessen Auftreten die später entstehenden Folgen voraussehbar waren, beginnt (BGH a.a.O.). Unter dieser Prämisse verschlechterte sich die Vermögenslage der Klägerin zu dem Zeitpunkt, als sie erstmals unter Zuhilfenahme des Prospektes Kommanditanteile vermittelte, da ab diesem Zeitpunkt damit zu rechnen war, dass Anleger mit der Begründung, dass der Prospekt pflichtwidrig erstellt wurde, Klagen erheben. Somit lief die 10-jährige Verjährung im Mai 2016 ab, so dass die Klageerhebung die Verjährung nicht mehr hemmen konnte.
2. Ausschluss der Haftung durch Nachtrag
Gemäß dem zum Vertragsgegenstand gemachten IDW Standard ES 4 Ziffer 8 entsteht mit einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt gemäß § 11 VerkProG ein neuer Verkaufsprospekt. Der Anbieter des Prospektes hat daraufhin den Wirtschaftsprüfer hierüber zu informieren und darf das bisherige Prospektgutachten nicht weiter verwenden. Diese Bestimmung hat die Beklagten auch in den Prüfbericht aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin sich nicht mehr auf den Prüfbericht der Beklagten berufen kann, denn ein solcher Nachtrag wurde zum streitgegenständlichen Verkaufsprospekt hinzugefügt. Dass es sich um einen Nachtrag im Sinne dieser Best mmung handelt, folgt bereits aus der Überschrift des Nachtrags, der ausdrücklich auf § 11 VerkProG Bezug nimmt. Auch inhaltlich handelt es sich um einen derartigen Nachtrag, denn nach § 11 VerkProG sind Veränderungen in einen Nachtrag aufzunehmen, d e für die Beurteilung der Vermögensanlagen von wesentlicher Bedeutung sind. Um eine solche Veränderung handelt es sich hier, denn mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach geschlossene Immobilienfonds zur Altersversorgung nicht geeignet sind, handelt es sich um eine Aussage, die das gesamte Fondskonzept in Frage stellte. Hierüber war wie dies auch die Fondsgesellschaft gesehen hat, der potenzielle Anleger zu informieren.
Die Fondsgesellschaft hat es jedoch nicht dabei belassen, auf dieses Urteil hinzuweisen. Vielmehr fügte sie eine eigene Einschätzung der Sach- und Rechtslage bei, die der Beurteilung des Oberlandesgerichts Düsseldorf diametral entgegenstand. Die Beklagte wiederum hatte keine Gelegenheit, ihren Prüfbericht hierauf erneut abzustimmen. Vielmehr enthielt der Prospekt nunmehr nicht nur nicht den empfohlenen deutlichen Hinweis an die Anleger sondern im Gegenteil die Einschätzung der Fondsgesellschaft, dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf keine Relevanz für die Anlage habe. Hieraus wird der Sinn des Ausschlusses der Haftung durch Nachtrag besonders deutlich, denn der Prüfbericht basierte auf einem Prospekt, der zum Thema Altersvorsorge noch eine andere, nämlich undifferenzierte, Aussage beinhaltete hatte, als der dan i durch den Nachtrag ergänzte Prospekt.
3. Mitverschulden
Schließlich muss sich die Klägerin auch ein zu 100 % überwiegendes Mitverschulden zurechnen lassen. Zwar ist der Klägerin insoweit Recht zu geben, dass grundsätzlich dem Empfänger einer Auskunft oder einer Beratungsleistung nicht vorgeworfen werden kann, auf die Beratung vertraut zu haben, § 242 BGB. Jedoch lässt die Rechtsprechung bei besonderen Umständen Ausnahmen von diesem Grundsatz zu (BGH NJW 1982, 1095, 1096), so zum Beispiel, wenn der Schaden im Bereich der Eigenverantwortung des Geschädigten entstanden ist (BGH IV ZR 153/16). Um einen vergleichbaren Fall handelt es sich hier. Aus dem Prüfbericht einerseits und dem den Prüfbericht relativierenden Nachtrag andererseits war für die Klägerin bei Verwendung des Prospektes erkennbar, dass sich die Fondsgesellschaft bei der Erstellung des Nachtrages über die Empfehlung der Beklagten hinweggesetzt hat. Offensichtlich hatte die Fondsgesellschaft die Absicht, ihr Konzept der Werbung für eine Altersvorsorge retten zu wollen. Dies war für die Klägerin erkennbar. Sie hat den Prospekt mit dem Nachtrag bei der Werbung der Anleger weiterhin verwendet, obwohl nunmehr der Prospekt gerade keinen besonders deutlichen Hinweis an die Anleger auf mögliche negative Auswirkunge i auf den Aufbau ihrer Altersvorsorge, so wie von der Beklagten empfohlen, enthielt, sondern im Gegenteil die - wie sich nachträglich herausgestellt hat falsche - Einschätzung des Prospektherausgebers, dass eine solche Gefahr nicht bestünde. Wenn die Klägerin in dieser Situation den Prospekt weiter verwendet, übernimmt sie eine eigene Veranwortung für die Richtigkeit des Prospektinhaltes, welches zu einem zu 100 % übenviegendes Mitverschulden führt.
Nach alledem ist somit die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
III. Nebenentscheidungen:
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO.