Landgericht Essen Urteil, 03. Feb. 2015 - 2 O 382/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Sonderinsolvenzverwalter über das Vermögen der B AG Feststellung einer Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle der L GmbH.
3Die Insolvenzschuldnerin, die B AG, ist die Holding-Gesellschaft des gesamten B1-Konzerns und hält sowohl mittelbare als auch unmittelbare Beteiligungen an verschiedenen anderen Unternehmen. Gegenstand der Gesellschaft war die zentrale Steuerung und Finanzierung des Konzerns mit den Hauptgeschäftsfeldern Einzelhandel, Versandhandel und Tourismus. U. a. hält die B AG 100 % der Anteile an der L1 GmbH, die wiederum alleinige Gesellschafterin der L2 GmbH. Letztgenannte Gesellschaft hält 100 % der Anteile der L GmbH. Die L GmbH ist eine reine Holding-Gesellschaft. Ihr Geschäftsbetrieb beschränkte sich auf das Halten von 26,4 % der Aktien der U plc, M.
4Der Vorstand der B AG hat am 09.06.2009 beim Amtsgericht F einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt. Am 01.09.2009 um 11:31 Uhr ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
5Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der L GmbH, die am 12.06.2009 beim Amtsgericht F ebenfalls einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt hat. Das Insolvenzverfahren wurde ebenfalls am 01.09.2009 um 9:52 Uhr eröffnet.
6Der Kläger, der als Sonderinsolvenzverwalter sowohl das Recht zur Anmeldung von Insolvenzforderungen als auch die Befugnis zu deren Durchsetzung im Falle des Bestreitens durch den Insolvenzverwalter hat, meldete am 21.10.2009 eine Forderung der B AG gegenüber der L GmbH in Höhe von 188.501.754,97 € zur Tabelle an. Der ursprüngliche Bestand dieser Forderung ist zwischen den Parteien unstreitig. Sie resultiert in Höhe von 188.500.254,97 € aus „payment factory“ und in Höhe von weiteren 1.500,00 € aus „Finanzierung“. Mit Saldenbestätigung vom 16.09.2009 wurden diese Forderungen in der angegebenen Höhe zum Stichtag der Insolvenzantragstellung festgestellt. Hinsichtlich des im B1 – Konzern praktizierten Systems des „payment factory“ wird auf die Ausführungen in der Klageschrift, Bl. 5f. d. A., verwiesen. Der Sache nach handelte es sich um ein reines Buchungssystem ohne jeglichen tatsächlichen Geldfluss.
7Mit Schreiben vom 14.08.2012 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er diese Forderung endgültig bestreite. Er erklärte die Aufrechnung gegen diese Forderung mit einer Forderung der L GmbH gegen die B AG. Dabei ist der Bestand der zur Aufrechnung gestellten Forderung zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig. Sie beruht auf folgendem Sachverhalt:
8Im Jahr 2004 schlossen die damalige L3 AG sowie die L4 GmbH mit einem Bankenkonsortium bestehend aus der C Bank, der E Bank, U1 plc und der B2 N. V. einen Darlehensvertrag über 1,75 Milliarden €. Die Banken verlangten umfangreiche Sicherheiten, darunter auch Pfandrechte an den Aktien und Geschäftsanteilen aller wesentlichen Tochtergesellschaften des damaligen L5 Konzerns. In der Folgezeit haben die damalige L3 AG und die L GmbH Anteile an der U1 AG mit Sitz in P, Deutschland erworben. Die Anteile wurden im Jahr 2005 und 2006 an das Bankenkonsortium zur Sicherung des vorgenannten Kredits verpfändet. Aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen bei U2 mussten im Jahr 2007 neue Verpfändungsverträge geschlossen werden. Mitte des Jahres 2007 wurde der Kreditvertrag mit dem Bankenkonsortium erneuert. Nach dortiger vertraglicher Regelung stellt der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensschuldnerin einen Grund für die sofortige Fälligstellung des Darlehensrückzahlungsanspruchs dar. Besichert wurde das Darlehen erneut unter anderem durch die Verpfändung der Akten an der U plc. Hierbei verpfändete die B AG (damals noch L3 AG) ihre 149.961.591 Aktien und die L GmbH ihre 254.377.423 Anteile.
9Nach Insolvenzantragstellung durch die B AG kündigte die C Bank als Konsortialführerin die Darlehen und stellte sie mit sofortiger Wirkung fällig. In der Folgezeit wurden die verpfändeten Aktien zwischen dem 10. und dem 15.09.2009 für insgesamt 1.026.371.219,42 € veräußert, wobei für die ursprünglich von der L GmbH gehaltenen Aktien 617.699.460,76 € erzielt wurden. Der Erlös wurde dann zur Ablösung der der B AG gewährten Darlehen genutzt.
10Ein Anspruch in dieser Höhe wurde nicht zur Insolvenztabelle der B AG angemeldet.
11Streitig ist zwischen den Parteien allein, ob hier wirksam aufgerechnet werden konnte. Die Parteien einigten sich aus Kostengründen darauf, dass der Kläger in hiesigem Verfahren lediglich die Feststellung einer Forderung in Höhe von 10.000.000,00 € begehren wird und dass die rechtskräftige Entscheidung dieses Verfahrens auch für die darüber hinausgehende Forderung gelten soll. Insoweit handelt es sich um eine offene Teilklage.
12Der Kläger beantragt,
13eine Forderung der B AG in Höhe von 10.000.000,00 € zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der L GmbH (Az. …) zur lfd. Nr. … festzustellen,
14Er beantragt hilfsweise,
15festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Forderung der B AG in Höhe von 10.000.000,00 € nach Aufforderung des Gerichts gemäß § 174 Abs. 3 S. 1 InsO und Anmeldung durch den Kläger zur Insolvenztabelle als nachrangige Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anzuerkennen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Hilfsweise beantragt er widerklagend,
19festzustellen, dass (sollte das Gericht dem Hauptantrag des Klägers entsprechend die streitgegenständliche Forderung der B AG i. I. über 10.000.000,00 € im Rang des § 38 InsO zur Tabelle feststellen) der Beklagte anschließend gegen diese dann festgestellte Forderung mit der ebenfalls gegenständlichen Forderung der L GmbH i. I. in gleicher Höhe aufrechnen kann.
20Weiter hilfsweise beantragt er widerklagend,
21festzustellen, dass (sollte das Gericht dem Hilfsantrag des Klägers entsprechend die streitgegenständliche Forderung der B AG i. I. über 10.000.000,00 € im Rang des § 39 InsO zur Tabelle feststellen) der Beklagte anschließend gegen diese dann festgestellte Forderung mit der ebenfalls streitgegenständlichen Forderung der L GmbH i. I. in gleicher Höhe aufrechnen kann.
22Der Kläger beantragt,
23die Widerklagen abzuweisen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
26I. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken.
27II. Jedoch ist die Klage unbegründet.
281. Der Hauptantrag des Klägers auf Feststellung des Anspruchs zur Tabelle der L6 als Forderung im Sinne des § 38 InsO ist unbegründet.
29Dem Kläger steht eine Forderung gegen den Beklagten, die zur Tabelle der L6 angemeldet werden könnte nicht zu. Ein solcher Anspruch war – unstreitig – in Höhe von jedenfalls 10.000.000,00 € entstanden. Er ist jedoch durch eine wirksame Aufrechnung erloschen.
30a) Auf die Voraussetzungen und Wirkungen der Aufrechnung ist deutsches Recht anzuwenden, da Wirkungen und Voraussetzungen der Aufrechnung sich nach dem Recht des Staates richten, dem die Forderung unterliegt, gegen die aufgerechnet wird. Dass die Forderung der B AG gegen die L7 GmbH aus irgendeinem Grund nicht deutschem Recht unterliegen könnte, ist nicht ersichtlich. Es ist die Forderung einer deutschen AG gegen eine deutsche GmbH. Anhaltspunkte dafür, dass die dem „payment factory“ zugrunde liegenden (konkludent getroffenen) Absprachen Auslandsbezug haben, bestehen nicht.
31b) Der Beklagte hat unstreitig am 14.08.2012 die Aufrechnung im Sinne des § 388 BGB gegen die hier streitgegenständliche Forderung, die zwischen der B AG und der L GmbH bestand, mit der Forderung erklärt, die der L GmbH gegen die B AG zustand.
32c) Zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung am 14.08.2012 bestand auch eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB. Denn die beiden streitgegenständlichen Forderungen standen sich als gegenseitige, gleichartige, fällige und erfüllbare Ansprüche gegenüber.
33Die B AG und die L GmbH waren gleichzeitig Gläubiger und Schuldner des jeweils anderen; die Forderungen waren gegenseitig.
34Beide Forderungen waren zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung auf Zahlung gerichtet. Im August 2012 waren die verpfändeten Aktien der U plc verwertet und der Verkaufserlös an die Gläubiger ausgezahlt. Auch war zu diesem Zeitpunkt der Saldo des „payment factory“ unstreitig bereits festgestellt worden.
35Die Aktivforderung der L GmbH war im Jahr 2012 auch fällig.
36Schließlich konnte die Passivforderung der B AG zu diesem Zeitpunkt auch bewirkt werden. Bewirkt werden kann eine Leistung, sobald die darauf gerichtete Forderung entstanden und entweder fällig oder vorzeitig erfüllbar ist, § 271 BGB.
37Soweit der BGH früher die Auffassung vertreten hatte, dass ein Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Insolvenzforderung vor ihrer Feststellung zu Tabelle nicht durch Aufrechnung befriedigen dürfe, ist er mit Urteil vom 08.05.2014 (Az. IX ZR 118/12) hiervon abgerückt. Nunmehr führt – so der BGH – die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr dazu, dass eine vom Insolvenzschuldner geschuldete Leistung nicht mehr bewirkt werden kann. Vielmehr hat der Insolvenzverwalter eine unbeschränkte Verfügungsbefugnis. Seine Verfügung – etwa durch Aufrechnung – ist nur unwirksam, wenn sie dem Insolvenzzweck der gleichmäßige Gläubigerbefriedigung klar und eindeutig zuwiderläuft, wobei eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen ist (a. a. O., Rz. 13).
38Soweit der Kläger meint, diese Entscheidung könne nur für Forderungen gelten, die im Rang des § 38 InsO stehen und nicht für solche, die im Rang des § 39 InsO stehen, konnte die Kammer dieser Ansicht nicht folgen. Der BGH selbst nimmt eine solche Einschränkung nicht vor. Sie ist vor dem Hintergrund des Schutzzwecks auch nicht erforderlich. Oberstes Ziel eines jeden Insolvenzverfahrens ist die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger. Hiervon geht die InsO aus und diesem Grundsatz hat auch der Insolvenzverwalter alle seine Entscheidungen unterzuordnen. Im Ergebnis soll das zitierte Urteil des BGH die Rolle des Insolvenzverwalters stärken und ihm die Einschätzung überlassen, welche Aufrechnungen wegen drohender Gläubigerbenachteiligung zu unterlassen sind. Diese Stärkung kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn die Entscheidung über Aufrechnung oder nicht auch für solche Forderungen gilt, die gemäß § 39 InsO nachrangig sind. Denn auch die Aufrechnung gegen solche Forderungen verstößt nicht per se dem Insolvenzzweck der Gleichbehandlung der Gläubiger.
39d) Die hier erklärte Aufrechnung ist auch nicht unwirksam. Sie lief dem Insolvenzzweck der Gläubigerbenachteiligung nicht klar und eindeutig zuwider. Sie erfolgte zunächst im Jahr 2012. Soweit der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 28.01.2015 mitgeteilt hat, dass sich die Befriedigungsquoten der nachrangigen Gläubiger der L GmbH durch Zeitablauf und damit verbundener Erhöhung vorrangiger Zinsforderungen dahingehend verschlechtert hätten, dass nun vermutlich nicht mehr alle nachrangigen Gläubiger vollständig würden befriedigt werden können, war dies zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung im Jahr 2012 noch nicht der Fall. Vielmehr war die Masse der L GmbH zur Befriedigung der Gläubiger ursprünglich nach unbestrittenem Vortrag ausreichend. Eine irgendwie geartete Gläubigerbenachteiligung – zur maßgeblichen Zeit der Aufrechnung – war durch Befriedigung einer ggf. nachrangigen Forderung nicht zu befürchten.
40Daher kann hier dahinstehen, ob die Forderung der B AG eine solche im Sinne des § 38 InsO oder § 39 InsO ist.
41e) Die Aufrechnung ist auch nicht ausgeschlossen.
42Da es sich um eine Aufrechnung im Rahmen von Insolvenzverfahren handelt, sind die §§ 94 ff. InsO zu beachten. Diese unterscheiden zunächst danach, ob die Aufrechnungslage (im Sinne des § 387 BGB) vor oder nach Eröffnungsverfahrens bestand. An dieser Stelle kann dahinstehen, wann genau beide Forderungen jeweils fällig und durchsetzbar geworden sind. Denn beide Parteien gehen unstreitig davon aus, dass jedenfalls die Forderung der B AG gegen die L GmbH nicht vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig war. Sie wurde frühestens durch die/mit der Eröffnung fällig. Da somit nach unstreitigem Vortrag eine Aufrechnungslage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bestanden hat, sind die Vorschriften der §§ 95, 96 InsO zu beachten.
43(1) Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 S. 1 InsO sind erfüllt.
44aa) Der Aufrechnende – hier der Beklagte – war Insolvenzgläubiger. Bei der Forderung der L GmbH gegen die B AG handelt es sich um eine Forderung im Sinne des § 38 InsO, denn der Anspruch war bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet. Begründet ist ein Anspruch, wenn der Rechtsgrund seiner Entstehung im Augenblick vor Verfahrenseröffnung bereits gelegt war (Ehricke, in: MüKo, § 38 InsO, Rn. 16 m. w. N.).
45Bei dem Anspruch der L GmbH gegen die B AG handelt es sich um einen Regressanspruch eines nicht (für die Darlehensforderung) mithaftenden Dritten, der eine Insolvenzforderung tilgt. Sein Regressanspruch ist selbst dann einen Insolvenzforderung, wenn die Tilgung erst nach Eröffnung des Verfahrens erfolgt ist (Lüdtke, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 38 InsO, Rn. 45). Als das Insolvenzverfahren am 01.09.2009 eröffnet wurde, waren die Darlehen bereits gekündigt worden. Den Darlehensgebern stand ein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens zu. Die Tilgung erfolgte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Verwertung der Aktien.
46bb) Jedenfalls eine der beiden Forderungen – die der B AG – war zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fällig (s. o.).
47cc) Auch die Forderung der B AG war jedoch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, d. h. der Rechtsgrund ihrer Entstehung (Leerbuchungen im „payment factory“ – Verhältnis) bereits angelegt.
48dd) Zum Zeitpunkt der Aufrechnung im August 2012 lag jedoch eine Aufrechnungslage vor (s. o.).
49(2) Die Aufrechnung ist auch nicht gemäß § 95 Abs. 1 S. 3 InsO ausgeschlossen. Es kann dabei dahinstehen, ob dessen Voraussetzungen vorliegen. Denn die Norm ist nicht anwendbar.
50aa) Dies ergibt sich zunächst nicht daraus, dass die §§ 94-96 InsO nur für solche Aufrechnungen Geltung beanspruchten, die ein Insolvenzgläubiger erklärt, und nicht für solche, die ein Insolvenzverwalter – wie der Beklagte meint – erklärt.
51Man kann an dieser Stelle nicht auf die formale Stellung des Beklagten als Insolvenzverwalter der L GmbH abstellen. Vielmehr sollen die §§ 94-96 InsO lediglich nicht für solche Aufrechnungen gelten, die von Gläubigerseite und nicht von der Seite der Insolvenzschuldnerin (also etwa durch den Kläger) erklärt werden (so auch Jacoby, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, Vorbemerkungen zu §§ 94 bis 96 InsO, Rn. 10).
52bb) § 95 Abs. 1 S. 3 InsO ist ferner nicht anwendbar, wenn die Aufrechnung synallagmatisch verbundener Forderungen aus einem Vertragsverhältnis in Rede steht (Jacoby, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 95 InsO Rn. 35 m. w. N.). Die hier streitgegenständlichen Forderungen stehen nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Während die Forderung des Klägers aus dem Buchungs- und Verrechnungssystem zwischen der B AG einerseits und der L GmbH als Tochtergesellschaft andererseits resultiert, handelt es sich bei der Forderung der L GmbH gegen die B AG im Ergebnis um einen Regressanspruch.
53cc) Der Anwendbarkeit steht – entgegen der Auffassung des Beklagten – auch nicht das Urteil des BGH vom 09.10.2008 – IX ZR 138/06 entgegen.
54Der BGH hatte sich in der Entscheidung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Insolvenzverwalter einer Personengesellschaft ein Anfechtungsrecht für Leistungen des persönlich haftenden Gesellschafters angefochten werden können. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in der Insolvenz des persönlich haftenden Gesellschafters die Ausübung der Anfechtungsbefugnisse nur dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Gesellschafters zusteht (Rz. 13). Dies sichert die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger.
55Diese Entscheidung ist auf hiesigen Fall allerdings nicht übertragbar. Zunächst ist die Ausgangslage nicht vergleichbar. Hier handelt es sich nicht um die Doppelinsolvenz einer Personengesellschaft und dem persönlich haftenden Gesellschafter. Vielmehr sind zwei Kapitalgesellschaften in Insolvenz, die im Rahmen eines Konzernverbundes miteinander in Beziehung stehen/standen.
56Zwar werden im Ergebnis durch einen Ausschluss der Aufrechnung gemäß § 95 Abs. 1 S. 3 InsO die Gläubiger der B AG doppelt profitieren und die der L GmbH zum zweiten Mal benachteiligt. Denn die L GmbH stellte Sicherheiten für einen Kredit, der nicht ihr, sondern der B AG zugutekam. Hierdurch wurde ihr Vermögen verringert; Sicherheiten der B AG dagegen blieben unangetastet. Hierdurch war auch die Masse der B AG höher, was zu einer gestiegenen Insolvenzquote führte. Ohne die Aufrechnung würde die Forderung der B AG zur Masse der L GmbH angemeldet und auf sie entfiele eine Quote, die wiederum den Gläubigern der B AG zugutekäme. Nur durch eine Aufrechnung könnte sichergestellt werden, dass die Masse der B AG nicht zu Lasten der L GmbH begünstigt wird.
57Dieser Umstand und die Benachteiligung der Gläubiger der L GmbH sind jedoch bereits und allein aufgrund der Verflechtungen im Konzern angelegt worden. Eine Aufrechnungsmöglichkeit führt im Ergebnis dazu, dass die Gläubigerbenachteiligung im Rahmen des Insolvenzverfahrens rückgängig gemacht wird, da die L GmbH Forderungen der B AG gegen sich in Höhe der damals gestellten Sicherheiten (=Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs) zum Erlöschen bringen könnte. Dies geschähe sogar zeitlich unbegrenzt. Hierdurch könnten die Anfechtungsregelungen der InsO unterlaufen werden.
58Ein Aufrechnungsausschluss dagegen würde dazu führen, dass sich die L GmbH (bzw. der Beklagte) nicht bevorrechtigt aus der Masse befriedigen kann und ggf. seinerseits ihre Forderung aus Aufwendungsersatz zur Tabelle der B AG anmelden müsste. Damit wäre sie den übrigen Gläubigern der B AG gleichgestellt.
59Dies gilt unabhängig von einer gleichzeitigen Insolvenz der L GmbH. Diese Doppelinsolvenz wird jedoch im Rahmen von Konzerninsolvenzen regelmäßig auftreten. In diesem Zusammenhang würde die Übertragung der Grundsätze des Urteils dazu führen, dass in Konzernstrukturen u. U. die Insolvenzanfechtungsregelungen unterlaufen werden könnten.
60dd) Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist aber in der hier gegenständlichen Konstellation teleologisch zu reduzieren.
61Sie verfolgt das Ziel, die Aufrechnung auszuschließen, wenn ein Gläubiger eine fällige und durchsetzbare Forderung nicht bezahlt, sondern die Erfüllung hinauszögert und es infolge dessen später zum Eintritt einer Aufrechnungslage kommt (vgl. BT-DR 12/2443, S. 141). Die Norm will mithin verhindern, dass der Insolvenzgläubiger mit der Erfüllung seiner Schuld solange zuwartet, bis er mit einer Gegenforderung aufrechnen kann (BGH, Urt. v. 22.09.2005 – VII ZR 117/03, IV. 2.); also taktiert.
62Selbst wenn hier die Forderung der L GmbH nach der Forderung der B AG fällig geworden sein sollte, so beruht dies jedenfalls nicht auf einem Taktieren des Beklagten. Vielmehr hatte er auf den Eintritt der jeweiligen Fälligkeiten keinerlei Einfluss. Dass es der Forderung der B AG immanent ist, dass sie unmittelbar mit Insolvenzeröffnung oder jedenfalls kurze Zeit später durch Mitteilung des Saldos fällig wurde, ist zufällig. Die Entstehung des Anspruchs der L GmbH beruht auf der Anmeldung der Insolvenz der B AG, da erst aufgrund dieser die Darlehen gekündigt und in der Folge die verpfändeten Sicherheiten verwertet worden sind. Die Nichtzahlung der fälligen Forderung der B AG durch den Beklagten war auch nicht Folge einer abgewogenen Entscheidung. Vielmehr war ihm mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der L GmbH die Befriedigung der Forderung verwehrt – sie musste zur Tabelle angemeldet werden.
63Die Norm dient ebenfalls dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger. Denn es soll die (bevorzugte und vollständige) Befriedigung von Gläubigern durch Aufrechnung verhindert werden, die die Zahlung aufschieben, um sich eine bessere Position in der Masseverteilung zu beschaffen. Hier ist der Aufrechnungsausschluss zur Sicherung der Rechte der übrigen Insolvenzgläubiger der B AG nicht erforderlich. Denn jedenfalls im Verhältnis zum Beklagten und den Insolvenzgläubigern der L GmbH sind sie nicht schutzwürdig. Zum einen beruht die Möglichkeit der Aufrechnung nicht auf einem Taktieren des Beklagten und zum anderen waren die Gläubiger der B AG bereits einmal bei Verpfändung der Aktien der L GmbH zur Sicherung der Verbindlichkeiten der B AG gegenüber den Gläubigern der L GmbH bevorzugt worden (s. o.).
64(3) Ein Ausschluss der Aufrechnung aus anderen Gründen, etwa § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, ist nicht ersichtlich.
652. Über den Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung der Forderung gegen die L GmbH zu deren Tabelle als Forderung im Sinne des § 39 InsO ist nicht mehr zu entscheiden.
66Der Hauptantrag wurde wegen des Nichtbestehens der Forderung abgewiesen. Bedingung für den Hilfsantrag ist jedoch, dass der Hauptantrag wegen der Nachrangigkeit der klägerischen Forderung abgewiesen wird. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
673. Über die widerklagend gestellten Anträge ist ebenfalls nicht zu entscheiden. Diese wurden unter der Bedingung gestellt, dass ein Klageantrag begründet ist. Die Klage wurde abgewiesen, so dass die Bedingung nicht eingetreten ist.
68III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
69IV. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.
70Der Streitwert wird auf 10.000.000,00 EUR festgesetzt.
moreResultsText
Annotations
(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).
(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.
(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.
(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
(1) Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die §§ 41, 45 sind nicht anzuwenden. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann.
(2) Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderungen auf unterschiedliche Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, wenn diese Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist.
(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,
- 1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, - 2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, - 3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, - 4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
(1) Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die §§ 41, 45 sind nicht anzuwenden. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann.
(2) Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderungen auf unterschiedliche Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, wenn diese Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die §§ 41, 45 sind nicht anzuwenden. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann.
(2) Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderungen auf unterschiedliche Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, wenn diese Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist.
(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,
- 1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, - 2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, - 3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, - 4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.