Landgericht Bamberg Beschluss, 25. Juli 2016 - 3 T 238/15

published on 25/07/2016 00:00
Landgericht Bamberg Beschluss, 25. Juli 2016 - 3 T 238/15
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Amtsgericht Bamberg, 0102 C 598/14, 16/09/2015

Gericht

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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der „Kostenfestsetzungsbeschluss II“ des Amtsgerichts Bamberg vom 16.09.2015, Az. 0102 C 598/14, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23.10.2015 wie folgt abgeändert:

Die von dem Kläger an die vormalige Beklagte ... gem. § 104 ZRO nach dem gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbaren Endurteil des Amtsgerichts Bamberg vom 13.11.2014 zu erstattenden Kosten der 1. Instanz werden auf 566,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit 19.11.2014 festgesetzt.

2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger 35 %, die vormalige Beklagte 65 %.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 521,69 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Gründe:

A.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZRO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg, weshalb der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 16.09.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23.10.2015 in Teilen abzuändern ist.

I.

Zu Recht beanstandet der Kläger, das Amtsgericht habe zugunsten der vormaligen Beklagten eine 1,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 327,60 EUR nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer festgesetzt. Seine Auffassung, der vormaligen Beklagten stehe insoweit lediglich die Hälfte einer 1,6 Verfahrensgebühr zu (Schriftsatz vom 02.12.2014, Bl. 147 f. d. A., sowie Schriftsatz vom 05.05.2015, Bl. 205 f. d. A.), ist zutreffend.

Nach der einschlägigen Rechtsprechung des BGH erhält der Rechtsanwalt der beiden wechselnden Parteien im Falle eines Parteiwechsels auf Beklagtenseite nur eine Gesamtvergütung nach § 7 RVG i. V. m. Nr. 1008 VV RVG. Ein Parteiwechsel führt nach dieser Rechtsprechung innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nie dazu, dass zwei Angelegenheiten vorliegen. Es bleibt eine Angelegenheit, die nur die einmalige Erhebung der in dem Rechtszug anfallenden Gebühren (§§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 Satz 1 RVG) rechtfertigt, und zwar unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt gleichzeitig oder nacheinander für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig wird (grundlegend BGH, Beschluss vom 19.10.2006, Az. V ZB 91/06, NJW 2007, 769, bei juris Rn. 12 ff.). Die Kammer sieht im vorliegenden Fall keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

Der gemeinsame Rechtsanwalt der beiden Beklagten kann damit insgesamt nach Nrn. 3100, 1008 VV RVG eine Verfahrensgebühr von 1,6, ausgehend von einem Gegenstandswert von 3.309,19 EUR mithin einen Betrag von 403,20 EUR, von seinen Mandanten vergütet verlangen. Hinzu kommen die Auslagenpauschale von 20,00 EUR nach Nr. 7002 VV RVG und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG, so dass sich insgesamt ein Betrag von 503,61 EUR ergibt.

Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch der vormaligen Beklagten gegen den Kläger bemisst sich hier nach deren Kopfteil, so dass der Kläger der vormaligen Beklagten nur die Hälfte des Betrags von 503,61 EUR zu erstatten hat, mithin 251,81 EUR. Die vormalige Beklagte und die (zuletzt) Beklagte müssen sich insoweit kostenrechtlich als Streitgenossen behandeln lassen; bei der Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts durch Streitgenossen kann der obsiegende Streitgenosse von dem unterlegenen Gegner aber nur in Höhe des seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteils und nicht entsprechend seinem Haftungsanteil nach § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten verlangen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 20.02.2006, Az. II ZB 3/05, NJW-RR 2006, 1508, bei juris Rn. 3; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.11.2009, Az. 8 W 459/09, AGS 2010, 7, bei juris Rn. 11 ff.; Hansens, zfs2007, 189 ff.).

Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG kann vorliegend auch Berücksichtigung finden, obgleich die vormalige Beklagte die Festsetzung insoweit in ihrem Antrag vom 18.11.2014 (Bl. 141 f. d. A.) nicht (ausdrücklich) begehrt hat. Ein Verstoß gegen den Antragsgrundsatz (§ 103 Abs. 2 Satz 1 ZRO) liegt nicht vor, da der Antrag auf Festsetzung einer Verfahrensgebühr von 1,3 sowohl betragsmäßig als auch in der Sache die (alternative) Festsetzung der Hälfte einer erhöhten Verfahrensgebühr von 1,6 beinhaltet.

Im Ergebnis hat der Kläger nach allem der vormaligen Beklagten nach Nrn. 3100, 7002, 7008 VV RVG nicht den vom Amtsgericht insoweit festgesetzten Betrag von 413,65 EUR zu erstatten, sondern lediglich einen Betrag von 251,81 EUR brutto.

II.

Aus den unter I. bereits dargestellten Gründen ist unter Berücksichtigung der insoweit ebenfalls einschlägigen Rechtsprechung des BGH auch die von der vormaligen Beklagten angemeldete 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG von dem Kläger lediglich zur Hälfe zu erstatten. Auch wenn vom Amtsgericht Bamberg am 17.07.2014 und 06.11.2014 zwei Verhandlungstermine durchgeführt wurden, bleibt es dabei, dass gebührenrechtlich nur eine einzige Angelegenheit vorliegt. Hinsichtlich der angefallenen Terminsgebühr von 302,40 EUR netto bzw. 359,86 brutto kann die vormalige Beklagte lediglich die Hälfte, mithin 179,93 EUR brutto vom Kläger erstattet verlangen.

Die Argumentation des Klägers, die Terminsgebühr habe er nicht (einmal) zur Hälfe zu tragen, diese sei allein in der Person der zuletzt Beklagten angefallen, verfängt nicht. Die vormalige Beklagte hatte bereits mit Schriftsatz vom 19.06.2014 auf ihre fehlende Passivlegitimation hingewiesen. Dieser Schriftsatz wurde dem Kläger unter dem 26.06.2014 zugestellt. Die den Parteiwechsel auf Beklagtenseite beinhaltende Klageänderung wurde erst mit Schriftsatz vom 16.07.2014, per Fax übersandt am selben Tag um 23:58 Uhr (!), vollzogen. Gleich am nächsten Morgen um 09:00 Uhr fand der Termin zur Güteverhandlung bzw. Haupttermin statt, erst dort erhielt der Beklagtenvertreter Kenntnis von dem Parteiwechsel. Bei Aufruf der Sache war der Beklagtenvertreter allein als Vertreter der vormaligen Beklagten anwesend. Auch wenn der Beklagtenvertreter in seinem Festsetzungsantrag vom 18.11.2014 selbst ausgeführt hat, dass er als „Hausanwalt“ regelmäßig von der Beklagten mit der gerichtlichen Abwicklung von vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten beauftragt werde, lässt sich hieraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, er habe im Termin vom 17.07.2014 sofort zur Sache verhandeln müssen. Tatsächlich durfte und musste er zunächst selbst mit der (neuen) Beklagten abklären, ob er von ihr ebenfalls einen Prozessvertretungsauftrag erhalten würde, mag dies auch sehr naheliegend gewesen sein.

Im Übrigen hatte der Kläger ausreichend Zeit, um die Klageänderung rechtzeitig vor dem bereits seit drei Wochen bekannten Termin gegenüber dem Gericht und der Beklagtenseite zu erklären.

III.

Nachdem sich die sofortige Beschwerde vom 22.09.2015 ausdrücklich (lediglich) gegen die Festsetzung der Terminsgebühr und der vollen Verfahrensgebühr, nicht aber gegen die weiteren mit der Terminswahrnehmung vom 17.07.2014 verbundenen Kosten richtet, ist eine Entscheidung der Beschwerdekammer insoweit nicht veranlasst. Neben der Hälfte der 1,2 Terminsgebühr hat der Kläger der vormaligen Beklagten mithin die insoweit angefallenen weiteren Positionen, nämlich die gemäß Nr. 7704 VV RVG angefallenen Fahrtkosten (66,80 EUR netto), das Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG (40,00 EUR netto) und die sonstigen Auslagen nach Nr. 7006 VV RVG (6,05 EUR netto), mithin 134,29 EUR brutto zu erstatten.

IV.

Insgesamt hat der Kläger der vormaligen Beklagten damit einen Betrag von 566,03 EUR (brutto) zu erstatten.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 i. V. m. §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZRO. Der Kläger hat mit seiner sofortigen Beschwerde insgesamt in Höhe von 341,77 EUR Erfolg (161,84 EUR als Differenzbetrag zwischen festgesetzter 1,3 Verfahrensgebühr und akzeptierter Hälfte der erhöhten 1,6 Verfahrensgebühr sowie 179,93 EUR brutto bzgl. der Hälfte der 1,2 Terminsgebühr) Erfolg. Lediglich hinsichtlich der „zweiten Hälfte“ der Terminsgebühr ist seiner Beschwerde der Erfolg versagt geblieben. Ausgehend von einem Beschwerdewert von 521,69 EUR (vgl. sogleich unter D.) ist daher eine Quotelung von 35% zu 65% zum Nachteil der vormaligen Beklagten vorzunehmen.

D.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 3 ZRO, 47 Abs. 1 GKG. Die sofortige Beschwerde wurde vom Kläger mit der Maßgabe eingelegt, dass vom festgesetzten Gesamtbetrag von 907,79 EUR die Festsetzung der Hälfte der erhöhten 1,6 Verfahrensgebühr nebst Umsatzsteuer akzeptiert werde. Ferner wurde klägerseits die Festsetzung der weiteren Kosten in Höhe von 134,29 EUR nicht beanstandet. In Höhe von insgesamt 386,10 EUR wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts mithin nicht angegriffen, was einen Beschwerdewert von 521,69 EUR zur Folge hat.

E.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

(1) Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal.

(2) Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre; die Dokumentenpauschale nach Nummer 7000 des Vergütungsverzeichnisses schuldet er auch insoweit, wie diese nur durch die Unterrichtung mehrerer Auftraggeber entstanden ist. Der Rechtsanwalt kann aber insgesamt nicht mehr als die nach Absatz 1 berechneten Gebühren und die insgesamt entstandenen Auslagen fordern.