Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 16. Sept. 2015 - 3 TaBV 27/15

ECLI: ECLI:DE:LARBGSH:2015:0916.3TABV27.15.0A
published on 16/09/2015 00:00
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 16. Sept. 2015 - 3 TaBV 27/15
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 09.04.2015 – Az.: 3 BV 38 b/14 – abgeändert:

Die Anträge der Beteiligten zu 1. werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung von 21 Arbeitnehmern auf die Positionen „Manager Netze und Strukturen“ in die Bereiche Diabetes und Business Unit Hospital.

2

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) ist ein führendes Unternehmen der Pharmaindustrie mit annähernd 1000 Mitarbeitern. Neben der Produktion und dem Innendienst wird ein bundesweiter Außendienst eingesetzt, mit Mitte 2014 ca. 600 Mitarbeitern, die in drei sogenannten Linien beschäftigt werden. Eine dieser Linien ist der Bereich „Diabetes“, der im August 2014 noch ca. 300 Mitarbeiter hatte. Des Weiteren existieren die beiden Linien Klinik (Hospital) und Onkologie.

3

Bei dem Antragsgegner (Beteiligter zu 2) handelt es sich um den dort gebildeten 15-köpfigen Betriebsrat.

4

Im Juni/Juli 2014 gab es zwischen den Beteiligten Gespräche über Umstrukturierungen des Diabetes Außendienstes, die die Arbeitgeberin dann aber nicht weiterführte.

5

Am 05.08.2014 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die Schaffung 20 neuer Stellen “Manager Netze und Strukturen“ (MNS) für den Bereich Diabetes (Anlage Ast. 1, Bl. 21 d.A.), zu besetzen zum 01.09.2014 nach vorheriger interner Ausschreibung und Durchführung eines Auswahlprozesses gemäß der im Betrieb geltenden „Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien“. Diese Stellen sind dem Bereich Marketing (Brand Director Diabetes) zugeordnet. Die Mitarbeiter MNS erbringen den Großteil der Arbeit gemäß der Stellenbeschreibung jeweils in einem von 20 regional festgelegten Großräumen (Anlage Ast. 7, Bl. 84 f.). Sie sind verantwortlich für die Betreuung der größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden (Anlage Ast. 9, Bl. 273, 275 d.A.). Die Vergütung erfolgt – wie bei den Pharmareferenten – außertariflich. Die Standardwertprämie ist für einige geringfügig höher als bei der Pharmareferententätigkeit. (Anlage ASt. 3, Bl. 33 f d.A.).

6

Die BV-Auswahlrichtlinien regelt die personelle Auswahl bei Einstellungen und Versetzungen anhand einer Kombination fachlicher und sozialer Gesichtspunkte. Die Betriebsvereinbarung sieht unter Ziff. 5.3. die Berücksichtigung sozialer Kriterien (Alter, Unterhaltsverpflichtungen, Betriebszugehörigkeit) und unter Ziff. 5.2.5. die Berücksichtigung einer Behinderung vor. Ziff. 5.2.3. regelt, dass der Arbeitgeber die vergebene Punktzahl nachvollziehbar darlegen können muss (Anlage Ast. 2, Bl. 22 – 32 d. A.).

7

Am 06.08.2014 erfolgte die interne Ausschreibung dieser 20 Stellen. Es wurde auch eine weitere MNS–Position im Bereich „Business Unit Hospital“ ausgeschrieben. Es bewarben sich 54 bei der Arbeitgeberin im Bereich Diabetes Außendienst eingesetzte Pharmareferenten.

8

Im Nachgang zu der Information vom 05.08.2014 bat der Betriebsrat am 08.08.2014 die Arbeitgeberin um Beantwortung konkreter Fragen, um zu überprüfen, ob es sich bei der Neuschaffung dieser 20 MNS-Stellen um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG handele. U.a. bat er um Erläuterung, ob und wie sich die Schaffung der 20 neuen Stellen auf die bestehenden Strukturen und den Beschäftigungsbedarf für Pharmareferenten im Bereich Diabetes auswirke und ob es insoweit einen Zusammenhang mit der dem Betriebsrat zuvor im Juni/Juli bereits erläuterten angedachten, dann nicht weiter verfolgten Umstrukturierung Diabetes gebe (Anlage ASt. 9, Bl. 272, 274 d. A.). Es entspann sich eine Mail-Korrespondenz der Beteiligten zu den 18 formulierten Fragen (Anlage Ast. 9, Bl. 272 – 278 d. A.). Die Arbeitgeberin verneinte u.a. unter Ziffer 16 die Frage des Betriebsrats, ob durch die Schaffung der MNS-Stellen andere Stellen im Bereich Diabetes entfallen (Bl. 275 d. A.). Unter Ziffer 17 bat der Betriebsrat um eine Zusicherung, dass innerhalb der nächsten 12 Monate in der Business Unit „Diabetes“ keine Stellen betriebsbedingt abgebaut werden. Die Arbeitgeberin erwiderte, weitergehende Erklärungen seien nicht erforderlich. Auf die erneute konkrete Nachfrage des Betriebsrats, ob beabsichtigt sei, innerhalb der nächsten 12 Monate im Bereich „Diabetes“ Stellen betriebsbedingt abzubauen, erwiderte die Arbeitgeberin, für die hier vorzunehmende Beurteilung sei diese Frage nicht von Bedeutung (Anlage ASt. 9, Bl. 275 d. A.). Auf den vollständigen Inhalt dieser Anlage wird verwiesen.

9

Am 26.08.2014 lief die Bewerbungsfrist ab.

10

Am 27.08.2014 beantragte die Arbeitgeberin nach Durchführung des Auswahlprozesses beim Betriebsrat die Zustimmung zu den streitbefangenen geplanten Versetzungen der 20 bisher im Bereich Diabetes-Außendienst eingesetzten Pharmareferenten in den Bereich MNS Diabetes unter Hinzufügung von Kreuztabellen in Anwendung der Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien (Anlage Ast. 3, Bl. 33 ff.). Mit weiterem Schreiben vom 27.08.2014 wurde zusätzlich die Zustimmung zur Versetzung des Mitarbeiters Dr. T... aus dem Bereich Diabetes Außendienst auf die Position MNS in der Business Unit Hospital beantragt (ASt. 6, Bl. 83 - 87). 33 Bewerber wurden abgelehnt.

11

Zwei Tage später, am 29. August 2014, unterrichtete die Arbeitgeberin den Wirtschaftsausschuss und den Betriebsrat über eine geplante Betriebsänderung in Form eines Personalabbaus im Bereich Diabetes-Außendienst von 285 Stellen (Stand 29.08.2014) auf null Stellen per 01.11.2014. Sie erklärte die übergebenen Unterlagen und mitgeteilten Informationen als streng vertrauliche Geschäftsgeheimnisse und erklärte sie ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig nach § 79 BetrVG. In einem zur Klärung der Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vom Betriebsrat eingeleiteten arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde durch zwei Instanzen, letztendlich mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 20.05.2015 – 3 TaBV 35/14 – festgestellt, dass rechtlich insoweit kein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG vorlag.

12

Bei der Unterrichtung des Betriebsrats am 29.08.2014 beschrieb die Arbeitgeberin auf Seite 9 ihrer Präsentation „die vorgesehene zukünftige Struktur der BU Diabetes“. In der Zustandsbeschreibung „PC Diabetes Heute“ sind die 285 Pharmareferentenstellen Außendienst und die neu geschaffenen, noch nicht besetzten Stellen „20 AZ MNS“ bereits enthalten. Unter „PC Diabetes in Zukunft – geplant 1.11.2014“ ist die Reduzierung aller 285 Pharmareferenten Außendienststellen auf null unter Beibehaltung der 20 MNS–Stellen ausgewiesen. Weiter heißt es:

13

„Vorgesehene zukünftige Struktur:

BU Diabetes
Außendienst:
- Spezialisten für Spezialisten:
   Hochspezialisierte Beratung der Diabetologen durch AZ MNS
- Hausärzte betreut durch externen Vertrieb und somit Abbau der Funktionen bei AZ
- Externer Vertrieb durch Partner unter Vorbehalt
…….
(Anlage BR 1, Bl. 9)

14

Mit Schreiben vom 01.09.2014 erklärte der Betriebsrat in jeder der 21 eingereichten Personalien, die mit dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu den 21 Versetzungen eingereichten Auswahlunterlagen nicht nachvollziehen zu können. Er stellte eine Vielzahl von Fragen und erklärte sich ausdrücklich als nicht vollständig unterrichtet. Ferner verweigerte er am 01.09.2014 in allen 21 Fällen vorsorglich die Zustimmung mit sich wiederholenden, aber auch auf den Einzelfall bezogenen spezifischen Begründungen, gestützt auf § 99 Abs. 2 Ziffer 2, Ziffer 3 und Ziffer 5 BetrVG (Anlagen BR 9.1 bis 29.1). Er wies u.a. auf mögliche Nachteile durch diese Versetzungen für die abgelehnten Bewerber und die 285 im Bereich Diabetes Außendienst ohne soziale Auswahl von Kündigungen bedrohten Pharmareferenten hin.

15

Die Arbeitgeberin gab mit Schreiben vom 04.09.2014 unter 22 fortlaufenden Nummern Antworten auf die vom Betriebsrat gestellten Fragen (ASt. 5, Bl. 75 ff d. A.).

16

Im Anschluss daran verweigerte der Betriebsrat in allen 21 Fällen mit Schreiben vom 11.09.2014 die Zustimmung zu den Versetzungen, wiederum gestützt auf unvollständige Unterrichtung und individuell aufbereitet gestützt auf § 99 Abs. 2 Ziffer 2, Ziffer 3 und Ziffer 5 BetrVG (Anlagenkonvolut BR 9.2. bis 29.2.).

17

Am 12.09.2014 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorläufige Durchführung der 21 Versetzungen. Eine Vakanz der Positionen MNS für den Bereich Marketing Diabetes sei nicht länger hinnehmbar (Anl. ASt. 8, Bl. 90 f d.A.).

18

Am 15.09.2014 bestritt der Betriebsrat für sämtliche 21 Versetzungen die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahmen.

19

Daraufhin beantragte die Arbeitgeberin am 18.09.2014 beim Arbeitsgericht Elmshorn die Zustimmungsersetzung für 21 Versetzungen und die Feststellung der Erforderlichkeit der vorläufig durchgeführten Maßnahmen.

20

Nach Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen über den beabsichtigten Personalabbau aller Pharmareferenten im Diabetes Außendienst in der zuvor gerichtlich eingesetzten Einigungsstelle sprach die Arbeitgeberin am 30.03.2015 den verbliebenen Pharmareferenten im Bereich Diabetes Außendienst betriebsbedingte Kündigungen aus, soweit diese keinen besonderen Kündigungsschutz hatten. Nachdem zwischenzeitlich auch für Letztere, soweit beantragt, die Zustimmungserklärungen der Behörden vorliegen, erfolgte auch ihnen gegenüber zwischenzeitlich der Ausspruch von Kündigungen. Die Aufgaben wurden u.a. an die Firma S... vergeben. Die Betriebsratsmitglieder wurden versetzt.

21

Die Arbeitgeberin hat stets vorgetragen, der Betriebsrat sei gerade auch im Hinblick auf die umfängliche Beantwortung der diversen Rückfragen vollständig über die ausgewählten Bewerber und die zu besetzenden Arbeitsplätze informiert worden. Auch seien die erneute Rüge und weiteres schriftsätzliches Vorbringen dazu nicht innerhalb der Ein-Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG erhoben worden. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziff. 2 BetrVG liege nicht vor, da ein Verstoß gegen die Auswahlrichtlinien im Sinne des § 95 BetrVG nicht gegeben sei. Der Betriebsrat könne auch nicht gestützt auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG die Zustimmung wirksam verweigern. Es entstünden für die verbleibenden mehr als 200 Pharmareferenten im Bereich Diabetes Außendienst keine Nachteile „infolge“ der Versetzungen der 21 Arbeitnehmer des Diabetes Außendienstes auf die MNS-Stellen. Etwaige im Laufe des Jahres 2015 anfallende betriebsbedingte Kündigungen im Bereich Diabetes Außendienst seien nicht kausal. Es liege keine einheitliche Betriebsänderung vor. Die Besetzungen der 21 MNS-Positionen seien nicht Teil der Betriebsänderung „Schließung Außendienst Diabetes“. Beide Planungen seien unabhängig voneinander und nur zufällig zeitgleich. Es handele sich um zwei getrennte Maßnahmen. Ihnen liege keine einheitliche unternehmerische Entscheidung zugrunde. Die MNS-ler seien im Marketing und nicht im Außendienst tätig. Sie seien auch organisatorisch anders angebunden und berichteten nicht an die Regionalleiter. Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG seien ebenfalls nicht gegeben. Die in der Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien vorgesehene Ausschreibungsfrist von 2 Wochen sei eingehalten worden. Eine Verpflichtung der Beteiligten zu 1) über eine spätere Ausschreibung gäbe es nicht. Die Behauptung des Betriebsrats, bei Kenntnis des Abbaus von beabsichtigten 285 Stellen hätten sich deutlich mehr Arbeitnehmer auf die Positionen beworben, sei bloße Spekulation. Die vorläufige Besetzung der 21 Stellen sei dringend erforderlich gewesen seien.

22

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

23
1. die von dem Beteiligten zu 2) am 11. September 2014 verweigerte Zustimmung zu den Versetzungen der Arbeitnehmer … auf die Positionen „Manager Netze und Strukturen“ für den Bereich Diabetes sowie des Arbeitnehmers T... auf die Position „Manager Netze und Strukturen“ in der Business Unit Hospital zu ersetzen,
24
2. festzustellen, dass die vorläufig durchgeführten Versetzungen der Arbeitnehmer ... zum 22. September 2014 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind.
25

Der Betriebsrat hat beantragt,

26

die Anträge zurückzuweisen.

27

Er hat stets vorgebracht, er sei bereits nicht ausreichend über die personellen Einzelmaßnahmen unterrichtet worden. Gerade bei Versetzungen müssten auch die Auswirkungen der geplanten Maßnahme auf das Personalgefüge dargelegt werden. Hierzu habe er bereits in der Zeit zwischen dem 08.08.2014 und der Zustimmungsverweigerung eine Reihe von Fragen gestellt, die die Arbeitgeberin aber teils nicht, teils falsch mit „Nein“, teils unvollständig beantwortet habe. Es liege ein Verstoß gegen § 99 Abs. 2 Ziff. 2 und 5 BetrVG vor, da die im Rahmen der Auswahlverfahren vergebenen Punkte nicht ausreichend im Sinne der Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien begründet worden seien und auch die erforderliche Ausschreibung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Es hätten sich deutlich mehr Arbeitnehmer des Diabetes Außendienstes auf die in Frage kommenden Stellen beworben, wenn diese zum Zeitpunkt der Stellenausschreibung von der Gefährdung ihres eigenen Arbeitsplatzes durch den geplanten Abbau aller 285 Stellen im Bereich Diabetes Kenntnis gehabt hätten. Die Tätigkeit auf einer MNS-Stelle sei im Wesentlichen identisch, im Übrigen - das ist unstreitig – mit Ausnahme etwaiger Prämien auch gleich dotiert. Die Schaffung der neuen MNS-Struktur im Bereich Diabetes sei Teil der Betriebsänderung „Schließung des Diabetes Außendienstes“, die Aufspaltung in zwei getrennte Vorgänge künstlich, um nach der Besetzung der MNS-Stellen bei der Schließung des Diabetes Außendienstes keine soziale Auswahl durchführen zu müssen. Eine vorläufige Durchführung sei aus sachlichen Gründen nicht dringend geboten, das Produkt könne durch die Pharmareferenten bei den niedergelassenen Ärzten besprochen werden. Ein neuer Ansatz im Marketing entstehe nicht allein dadurch, dass die Mitarbeiter organisatorisch in einem Organigramm dem Außendienst weggenommen und der Marketingleitung zugeordnet würden.

28

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.04.2015 die verweigerte Zustimmung zu den Versetzungen der 21 im Antrag genannten Personen ersetzt und festgestellt, dass die vorläufige Durchführung der Versetzungen dringend erforderlich war. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.

29

Gegen diese dem Betriebsrat am 27.04.2015 zugestellte Entscheidung hat er am 06.05.2015 Beschwerde eingelegt, die nach Fristverlängerung bis zum 27.07.2015 innerhalb der Frist begründet wurde.

30

Der Betriebsrat ergänzt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

31

Der Betriebsrat beantragt,

32

den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 09.04.2015 – Az. 3 BV 38 b/14 – abzuändern und die Anträge der Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.

33

Die Arbeitgeberin beantragt,

34

die Beschwerde zurückzuweisen.

35

Sie hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.

36

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle verwiesen.

II.

37

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG) und damit zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist begründet.

38

Das Arbeitsgericht hat die beantragte Zustimmung zu den 21 Versetzungen auf die 20 Positionen MNS für den Bereich Diabetes und die Position MNS in der Business Unit Hospital zu Unrecht ersetzt und die vorläufige Durchführung der Versetzungen für dringend erforderlich gehalten.

39

A. Der Betriebsrat durfte die Zustimmung zu allen 21 Versetzungen nach § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG verweigern. Die Schaffung von MNS-Stellen für den Bereich Diabetes und den Bereich der Business Unit Hospital und deren Besetzung mittels Versetzung von 21 Pharmareferenten aus dem Bereich Diabetes Außendienst und der anschließende vollständige Abbau der 285 Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes Außendienst sind untrennbar miteinander verbunden. Es besteht ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen den Versetzungen und den auf anschließende Fremdvergabe zurückzuführenden Kündigungen der anderen Pharmareferenten, die nunmehr wegen der kompletten Schließung des Bereiches Diabetes keiner sozialen Auswahl mehr unterliegen. Das Arbeitsgericht hat die Kausalität zu Unrecht verneint.

40

1. Die Arbeitgeberin hat vor – rechtlich korrekter - Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens das erforderliche Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ordnungsgemäß eingeleitet und durchgeführt. Zu Gunsten der Arbeitgeberin kann hier unterstellt werden, dass sie den Betriebsrat – letztendlich – vollständig im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG informiert hat. Das gilt selbst unter Berücksichtigung des Vorbringens des Betriebsrats auch in Bezug auf die Auswirkungen der geplanten 21 Versetzungen auf die Tätigkeit der anderen Pharmareferenten, die die Arbeitgeberin bei der förmlichen Unterrichtung nicht genannt hat.

41

a) Die Unterrichtungs- und Vorlagepflicht dient dazu, dem Betriebsrat Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in der Lage ist, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt.

42

b) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat nicht nur am 27.08.2014 über die streitbefangenen 21 geplanten Versetzungen aus dem Bereich der im Diabetesaußendienst eingesetzten Pharmareferenten in die Bereiche MNS Diabetes und MNS Business Unit Hospital unterrichtet, vielmehr weitere Informationen nachgeschoben. Sie hat zum einen mit Schreiben vom 04.09.2014 auf alle vom Betriebsrat am 01.09.2014 auf die einzelnen personellen Maßnahmen bezogenen Fragen geantwortet. Das ist auch unter Berücksichtigung der Vorgaben der BV-Auswahlrichtlinien vom 02.06.2010 geschehen. Die Arbeitgeberin hat die Auswahlkriterien beachtet und die vergebene Punktzahl nachvollziehbar dargelegt. Damit ist sie insbesondere ihrer sich aus Ziffer 5.2 ergebenden Verpflichtung spätestens mit ihrem Schreiben vom 04.09.2014 nachgekommen.

43

Zudem hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat noch während des Laufs der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG, nämlich am 29.08.2014 jedenfalls mittelbar über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme unterrichtet. An diesem Tag hat sie dem Betriebsrat die bei Existenz von 20 MNS-Stellen vorgesehene zukünftige Struktur im Bereich Diabetes-Außendienst bekannt gegeben, indem sie bekundet hat, die 285 Außendienststellen der Pharmareferenten zum 01.11.2014 auf null reduzieren zu wollen. Damit wurde das für diesen Bereich angedachte Personalgefüge deutlich. Es werden eigene, eingearbeitete 21 MNS-ler zur Betreuung der vorhandenen Schlüsselkunden für den Bereich Diabetes und Business Unit benötigt, um dann mittels Kündigung der verbleibenden Pharmareferenten im Diabetes Außendienst die Schließung dieses Bereiches und die Fremdvergabe der Betreuung der verbleibenden Kunden umsetzen zu können.

44

c) Vor diesem Hintergrund kann hier dahingestellt bleiben, ob sich der Betriebsrat im Zustimmungsersetzungsverfahren hier – ohne erneute außergerichtliche Rügen - weiterhin auf die Unvollständigkeitsrüge berufen kann. Jedenfalls beachten weder Arbeitgeber noch das Arbeitsgericht die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 05.05.2010 – 7 ABR 70/08 -; vom 27.10.2010 – 7 ABR 36/09 – und vom 09.03.2011 – 7 ABR 127/09 -. Hierauf kommt es aber vorliegend nicht entscheidend an.

45

2. Die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrats vom 11.09.2014 sind in allen 21 Fällen auch beachtlich. Hinsichtlich der vorgebrachten Verweigerungsgründe und befürchteten Benachteiligung anderer Mitarbeiter sind sie hinreichend konkretisiert.

46

3. Dem Betriebsrat steht der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zur Seite.

47

a) Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass in ihrer Folge im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Als sonstige Nachteile im Sinne des Gesetzes sind nicht unerhebliche Verschlechterungen in der tatsächlichen oder rechtlichen Stellung des Arbeitnehmers anzusehen (BAG vom 30.08.1995 – 1 ABR 11/95 – Juris, Rz. 28 m.w.N.). Die Vorschrift des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG setzt nach ihrem Wortlaut beispielsweise voraus, dass aufgrund einer geplanten Maßnahme – in Frage kommen Einstellungen und Versetzungen anderer Arbeitnehmer – eine Kündigung ausgesprochen werden soll oder gleichzeitig ausgesprochen wird (BAG vom 15.09.1987 – 1 ABR 29/86 – zitiert nach Juris Rz. 21).

48

b) Für den Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG ist ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen der streitigen mitbestimmungspflichtigen Maßnahme und befürchteter Nachteile zu verlangen (BAG vom 30.08.1985, Rz. 29). Das ergibt sich schon aus dem Tatbestandsmerkmal „infolge“. Versetzung und Kündigung sind aber in diesem Sinne auch dann ursächlich miteinander verbunden, wenn beide Maßnahmen Folge derselben Betriebsänderung bzw. Umstrukturierungsmaßnahme sind und wenn diese eine Auswahlentscheidung nach § 1 Abs. 3 KSchG erforderlich gemacht hat (BAG vom 30.08.1995 – 1 ABR 11/95 – Leitsatz und Rz. 29, 30; LAG Brandenburg vom 02.11.2006 – 20 TaBV 14/05 – Rz. 34 m.w.N., jeweils zitiert nach Juris).

49

Fallen die Arbeitsplätze mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer weg und stehen nur für einen Teil dieser Arbeitnehmer andere Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung, so dass eine Sozialauswahl vorzunehmen ist (§ 1 Abs. 3 KSchG), begründet die Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen freien Arbeitsplatz im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG die Besorgnis, dass einem anderen Arbeitnehmer infolge dieser Maßnahme gekündigt wird. Der Betriebsrat kann – bei Vorliegen der persönlichen und fachlichen Eignung - die Zustimmung zu dieser Versetzung mit der Begründung verweigern, der Arbeitgeber habe soziale Auswahlkriterien nicht berücksichtigt (BAG a.a.O: LS 1).

50

Der Arbeitnehmer hat nach § 1 Abs. 3 KSchG Anspruch auf eine korrekte Sozialauswahl, die im Ergebnis dazu führen kann, dass er auf die umstrittene Stelle umzusetzen ist. Diese rechtliche Position wird beeinträchtigt, wenn die Stelle einem anderen Mitarbeiter übertragen wird (BAG a.a.O. Rz. 30).

51

Die (Änderungs-) Kündigung gegenüber dem nicht berücksichtigten Arbeitnehmer ist dann nicht allein durch den Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes bedingt, sondern zugleich unmittelbare Folge der Bevorzugung eines anderen Arbeitnehmers. Der kündigungsschutzrechtliche Zusammenhang zwischen Auswahlentscheidung und (Änderungs-) Kündigung ist auch im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG beachtlich, weil diese Vorschrift unnötige Kündigungen vermeiden und eine Stärkung des Kündigungsschutzgesetzes erreichen will. Der Betriebsrat soll vorbeugend mitprüfen, ob die personelle Maßnahme zu unnötigen oder unberechtigten Kündigungen anderer Arbeitnehmer des Betriebes führen würde. Der Arbeitgeber soll eine Kündigung nicht mit der Situation rechtfertigen können, die er durch seine personelle Maßnahme selbst erst geschaffen hat (BAG a.a.O., Rz. 31 m.w.N.).

52

c) Auf die zeitliche Reihenfolge kommt es nicht an. Maßgeblich ist, dass Versetzung und Entlassung auf einem einheitlichen Plan des Arbeitgebers beruhen (BAG vom 15.09.1987 – 1 ABR 29/86 – zitiert nach Juris Rz. 27). Eine Kündigung wäre nur dann keine Folge der Versetzung, wenn sie zeitlich und sachlich unabhängig von der geplanten Versetzung ausgesprochen würde. Der ursächliche Zusammenhang im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zwischen der geplanten personellen Einzelmaßnahme – wie hier der Versetzung – und der Gefährdung des Arbeitsplatzes eines anderen Arbeitnehmers erfordert keine Differenzierung zwischen beachtlichen unmittelbaren und unbeachtlichen mittelbaren Folgen der Einstellung oder Versetzung (BAG vom 15.09.1987 – 1 ABR 29/86 – Rz. 25).

53

d) Fallen beispielsweise bisherige Arbeitsabläufe nicht weg, sondern gestaltet der Arbeitgeber sie lediglich um, so dass auf dem neuen Arbeitsplatz im Wesentlichen nach wie vor die gleichen Tätigkeiten zu verrichten sind, kommt der Anwendungsbereich des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zum Zuge, denn der Betriebsrat hat gemäß § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG darauf zu achten, dass der Arbeitgeber sich nicht durch bloße Umgestaltung von Arbeitsabläufen den Pflichten des Kündigungsschutzgesetzes entzieht. Der Betriebsrat muss nur eine durch Tatsachen begründete Besorgnis vortragen. Das Gesetz verlangt nicht, dass wegen der Einstellung oder Versetzung einem im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt wird oder dieser sonstige Nachteile erleidet, sondern es lässt die Besorgnis genügen, dass es dazu kommen werde (Richardi/Thüsing, BetrVG, 14. Aufl. Rz. 211 zu § 99).

54

4. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist vorliegend von einem rechtlich relevanten Zusammenhang zwischen den 21 Versetzungen auf die MNS-Stellen im Bereich Diabetes und im Bereich Business Unit Hospital und dem anschließenden vollständigen Abbau aller Pharmareferentenstellen im Diabetes Außendienst ohne Sozialauswahl auszugehen. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die Planungen der Arbeitgeberin auf einem einheitlichen Konzept beruhen, nämlich der geplanten Schließung des Diabetes Außendienstes und Vergabe der Tätigkeit der Pharmareferenten an die Fa. S... bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Betreuung der Diabetes Schlüsselkunden durch eigene, nicht mehr Pharmareferenten genannte Arbeitnehmer, nämlich die neuen 21 MNS-ler.

55

a) Die Schaffung und Besetzung der 21 neuen MNS-Positionen ist nicht unabhängig und nur zufällig zeitgleich zur Planung der Arbeitgeberin. Vielmehr bedingt gerade die Schaffung und Besetzung der 21 MNS-Positionen für die Bereiche Diabetes und Business Unit Hospital die Möglichkeit zur Schließung des Diabetes-Außendienstes und Fremdvergabe der Tätigkeiten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Betreuung der größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden durch eigenes Personal. Unter Beachtung der von der Arbeitgeberin erarbeiteten vorgesehenen zukünftigen Struktur der BU Diabetes war das eine ohne das andere nicht möglich. Die von der Arbeitgeberin betriebene Umstrukturierungsmaßnahme kann nicht künstlich in zwei unterschiedliche Betriebsänderungen aufgespalten werden.

56

b) Ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines einheitlichen Konzepts ist das Zeitfenster. Versetzungen und Entlassungen der Pharmareferenten im Bereich Diabetes-Außendienst beruhen auf einem einheitlichen Plan der Arbeitgeberin. Das ergibt sich bereits allein aus dem Zeitablauf. Schon im Juni/Juli 2014 führten die Beteiligten Gespräche über Umstrukturierungen des Diabetes-Außendienstes, weil die Arbeitgeberin auf veränderte Marktbedingungen reagieren wollte, um wettbewerbsfähig zu bleiben bzw. wettbewerbsfähiger zu werden. Gegenstand war das Vertriebsmodell. Die Gespräche wurden dann von Arbeitgeberseite nicht weitergeführt, sie schaffte aber die 20 neuen MNS-Stellen für den Bereich Diabetes, zu besetzen zum 01.09.2014. Die Information des Betriebsrats hierüber erfolgte am 05.08.2014, in der bis zum 26.08.2014 laufenden Ausschreibungsfrist blieben viele Fragen des Betriebsrats offen. Am 27.08.2014 war bereits die Auswahl zwischen 54 aus dem Bereich des Diabetes-Außendienstes stammenden Bewerber von Arbeitgeberseite getroffen. Noch am gleichen Tag wurde um Zustimmung zur Versetzung von insgesamt 21 Pharmareferenten aus dem Bereich Diabetes auf die MNS-Stellen gebeten. Schon zwei Tage später wurde der Betriebsrat am 29.08.2014 unter bereits erfolgter struktureller Einarbeitung der im Bereich Diabetes geschaffenen 20 neuen, aber noch nicht besetzten MNS-Stellen über den beabsichtigten Abbau sämtlicher 285 Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes-Außendienst informiert, mit einem geplanten Zeitfenster zum 01.11.2014. Bereits dieser Zeitfaktor zeigt die Einheitlichkeit der Planung.

57

b) Entgegen dem Vorbringen der Arbeitgeberin ist dieser Zeitfaktor keineswegs rein zufällig. Es handelt sich auch inhaltlich bei der von der Arbeitgeberin im August 2014 begonnenen Umstrukturierungsmaßnahme im Bereich Diabetes-Außendienst um ein einheitliches Konzept. Die Darstellung als zwei getrennte Betriebsänderungen ist konstruiert. Der Vertrieb im Bereich Diabetes ist als Einheit zu betrachten. Die 20 MNS-Stellen im Bereich Diabetes wurden zur Betreuung der größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden geschaffen. Diese wurden zuvor von den Pharmareferenten im Diabetes Außendienst neben anderen Kunden betreut. Schon damit ist die Schaffung dieser 20 neuen MNS-Stellen inhaltlich ein Teil des – neuen - Vertriebsmodells der Arbeitgeberin.

58

c) Die Änderung des Vertriebsmodells im Bereich Diabetes ist die übergreifende geplante Maßnahme der Arbeitgeberin. Deren Folge sind die geplanten Versetzungen und die geplanten Entlassungen. Ausweislich der Mail vom 05.08.2014 (Anlage Antragsteller 1) war die Umstrukturierung des Diabetes-Außendienstes schon vor August zwischen den Betriebsparteien Thema. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Bereich Diabetes noch keine MNS-Stellen zur Betreuung von Diabetes-Schlüsselkunden. Diese Stellen wurden erst unmittelbar vor der Ausschreibung Anfang August geschaffen. Seite 9 der dem Betriebsrat dann zwei Tage nach den Versetzungsanträgen am 29.08.2014 bekannt gegebenen Präsentation der Arbeitgeberin aus Anlass des geplanten kompletten Abbaus aller 285 Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes-Außendienst ist zu entnehmen, dass unter dem Stand „heute“ neben den 285 Pharmareferentenstellen im Außendienst die 20 neuen, noch nicht besetzen MNS-Stellen schon aufgeführt sind. Sie sind mithin in den Diabetes Außendienst eingeplant und eingearbeitet worden. Während diese 20 MNS-Stellen nach der Präsentation beibehalten werden sollen, war zum 01.11.2014 die Streichung aller 285 Pharmareferentenstellen angedacht. Nur durch diese Verzahnung konnte das Ziel der Arbeitgeberin, im Bereich Diabetes die wichtigsten und größten Schlüsselkunden durch eigene Mitarbeiter selbst zu betreuen, weiterverfolgt werden. Erst nach der Differenzierung zwischen „größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden“ und weniger großen und nicht so wichtigen Diabetes-Kunden (Hausärzte) konnte – ohne Verlust der Möglichkeit zur unmittelbaren Einflussnahme auf Schlüsselkunden - der Bereich der Betreuung der Hausärzte ausgegliedert und damit der ursprüngliche Bereich Diabetes Außendienst vollständig abgebaut werden. Das war und ist die neue angedachte Vertriebsstruktur, das andere Vertriebsmodell. Die streitbefangenen Versetzungen und die beabsichtigten Kündigungen der Pharmareferenten stellen lediglich die Abwicklung dieser geplanten Betriebsänderung – Änderung des Vertriebsmodells im Bereich Diabetes Außendienst - dar. Sie sind mittelbare und unmittelbare Folgen derselben. Beide Folgen sind aber betriebsverfassungsrechtlich gleich zu behandeln (BAG vom 15.09.1987, 1 ABR 29/86 – Rz. 25).

59

d) Die geplante Änderung des Vertriebsmodells, - Eigenbetreuung der Diabetes-Schlüsselkunden und externe Betreuung der restlichen Kunden - hat den Abbau des gesamten Personals im Bereich Diabetes-Außendienst mittels Entlassungen einerseits und die Versetzungen auf die neuen, gleichwertigen MNS-Stellen andererseits zur Folge. Beides ist aber untrennbar zur Herbeiführung der neuen Strukturen miteinander verbunden. Das eine ist inhaltlich ohne das andere nicht denkbar. Gerade dann ist der notwendige Zusammenhang im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG gegeben. Der Gesetzgeber schreibt für die Abwicklung solcher einheitlicher Pläne die Durchführung einer sozialen Auswahl vor. Denn es fallen insgesamt die Arbeitsplätze aller Pharmareferenten weg und es stehen nur für 21 dieser Pharmareferenten andere Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung, für die alle bisherigen Pharmareferenten persönlich und fachlich geeignet sind.

60

e) Dass seitens der Arbeitgeberin hier ein an sich einheitliches Konzept – Änderung des Vertriebsmodells – vorliegt, dass zur Umgehung der gebotenen sozialen Auswahl zwischen allen 285 Pharmareferenten künstlich in zwei verschiedene unternehmerische Entscheidungen aufgespalten wird, ergibt sich auch aus der zwischen den Beteiligten in der Zeit vom 08.08.2014 bis 15.08.2014 geführten E-Mail-Korrespondenz (Anlage Ast. 9, Bl. 272 bis 278 d. A.). Die Arbeitgeberin weicht jeder Antwort auf die gezielten Fragen des Betriebsrats nach den Auswirkungen der Schaffung der MNS-Stellen für den Bereich Diabetes, nach einem Wegfall von Stellen im Bereich Diabetes durch die Schaffung der MNS-Stellen und nach etwa anstehenden betriebsbedingten Kündigungen für den Bereich Diabetes konsequent aus. Auf ihre Antworten beispielsweise besonders zu den Fragen 6, 10, 13, 16 und 17 wird verwiesen. Die Frage 6, ob durch die Schaffung der MNS-Stellen Tätigkeitsinhalte bei den Pharmareferenten oder Beschäftigungsbedarf für Pharmareferenten entfallen, hat die Arbeitgeberin nicht beantwortet (Bl. 274 d. A.). Gerade aus dem stetigen Hinweis der Arbeitgeberin, diese Fragestellungen seien für die Besetzung der ausgeschriebenen MNS-Stellen nicht von Bedeutung (Frage 16, Frage 17), weiterer Informationen bzw. Erklärungen bedürfe es nicht, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits längst einheitliche Planungen zur Änderung des Vertriebsmodells im Bereich Diabetes mittels Schaffung von MNS-Stellen für Diabetes-Schlüsselkunden und anschließendem Abbau aller Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes gab, die Arbeitgeberin diese jedoch nicht offenlegen wollte. Andernfalls hätte nichts näher gelegen, als die Fragen des Betriebsrats zu beantworten.

61

f) Auch der Hinweis der Arbeitgeberin auf die mit den Pharmareferenten nicht vergleichbare andere organisatorische Anbindung der MNS-ler lässt keinen Rückschluss darauf zu, es handele sich konzeptionell um kein einheitliches Konzept. Die organisatorische Anbindung von Stellen in einem Organigramm sagt nichts darüber aus, ob damit einhergehende oder ihnen nachfolgende Maßnahmen auf einem einheitlichen Plan beruhen.

62

5. Mithin besteht ein kündigungsrechtlich relevanter Zusammenhang zwischen der Besetzung der MNS-Stellen im September 2014 im Wege der Versetzung von 21 ehemals im Bereich Diabetes-Außendienst tätigen Pharmareferenten auf diese Stellen und den späteren betriebsbedingten Kündigungen aller noch verbliebenen Pharmareferenten, die infolge der Stilllegung dieses Bereiches dann ohne soziale Auswahl erfolgen konnte. Die für das Vorliegen eines Zustimmungsverweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG notwendige beachtliche Verknüpfung von Versetzungen und Kündigungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 30.08.1995, 1 ABR 11/95 Rz. 41) liegt vor.

63

Dass die betriebsbedingten Kündigungen letztendlich erst mit Datum vom 30.03.2015 ausgesprochen wurden, ist rechtlich unbeachtlich. Sie waren ausweislich der Präsentation der Arbeitgeberin vom 29.08.2014 bereits zum 01.11.2014 vorgesehen. Die Zeitverzögerung beruht ausschließlich auf den auf jeder Ebene durchgeführten umfassenden rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten sowie der Tatsache, dass letztendlich erst Ende März 2015 die Interessenausgleichsverhandlungen in der Einigungsstelle scheiterten.

64

6. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu den 21 Versetzungen zu Recht verweigert, da die sich schon in der Anhörungsfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG anbahnenden Kündigungen der 285 im Diabetes-Außendienst tätigen Pharmareferenten mangels durchgeführter Sozialauswahl nicht im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG „aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt gewesen wären“.

65

a) Das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG besteht in Anlehnung an § 1 Abs. 3 KSchG. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich eine Sozialauswahl durchzuführen. Voraussetzung für eine berechtigte Zustimmungsverweigerung ist, dass die Arbeitsplatzinhaber hierfür persönlich und fachlich geeignet sind (BAG vom 30.08.1995 – 1 ABR 11/95 – zitiert nach Juris, Leitsatz 2).

66

b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die im Bereich Diabetes noch im August und September 2014 eingesetzten 285 Pharmareferenten waren persönlich und fachlich für eine Tätigkeit als MNS-ler im Bereich Diabetes geeignet. Die Arbeitgeberin hätte daher eine soziale Auswahl durchführen müssen.

67

aa) Bei den MNS-Stellen handelt es sich nicht um Beförderungsstellen. Die Tätigkeit als MNS-ler und die Tätigkeit als Pharmareferent ist im Wesentlichen gleich dotiert, mit Ausnahme geringer Unterschiede im Prämienbereich für einige.

68

bb) Die Tätigkeit ist vergleichbar. Die Vergleichbarkeit zeigt sich schon daran, dass sämtliche 21 zu versetzenden Personen zuvor bei der Arbeitgeberin als Pharmareferenten im Außendienst im Bereich Diabetes tätig waren und sich ganz überwiegend hinsichtlich des Einsatzgebietes örtlich kaum verändert haben. Die Tätigkeit ist nahezu inhaltsgleich. Es werden teilweise die gleichen Ärzte besucht, soweit diese als Schlüsselkunden eingeordnet wurden. Der Einsatz erfolgt deutschlandweit, aber sowohl für die MNS-ler als auch für Pharmareferenten in zugeordneten Gebieten. Dass der Zuschnitt der Großräume eventuell etwas anders erfolgte, ist für die Frage der fachlichen und persönlichen Eignung unbeachtlich. Umschulungsmaßnahmen etc. waren nicht erforderlich, Einarbeitungszeiten ebenso wenig. Auch die Pharmareferenten mussten ihre Akquise strukturieren.

69

c) Vor diesem Hintergrund waren alle 285 im Bereich Diabetes-Außendienst tätigen Pharmareferenten persönlich und fachlich für eine Versetzung auf eine der MSN-Stellen geeignet und erfüllten das Anforderungsprofil. Es hätte daher eine Sozialauswahl zwischen sämtlichen Arbeitnehmern des Außendienstes Diabetes vor einer Versetzung stattfinden müssen. Das hat die Arbeitgeberin mittels der Vorabversetzungen versucht zu umgehen.

70

d) Dem kann – anders als die Arbeitgeberin meint – auch nicht entgegengehalten werden, die 285 von Kündigungen potentiell betroffenen Pharmareferenten des Bereiches Diabetes-Außendienst hätten sich nicht beworben. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung und des Ablaufs der Ausschreibungsfrist am 26.08.2014 war allen diesen Pharmareferenten nicht bekannt, dass ihre Stellen entfallen sollten. Vor diesem Hintergrund gab es keinerlei Veranlassung für sie, sich auf eine nicht höher dotierte MNS-Stelle zu bewerben.

71

Der Betriebsrat hat daher die Zustimmung zu den streitbefangenen 21 Versetzungen auf die Positionen MNS für den Bereich Diabetes und MNS in der Business Unit Hospital zu Recht, gestützt auf § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG, verweigert, so dass der Zustimmungsersetzungsantrag zurückzuweisen war.

72

B. Die vorläufige Durchführung der 21 Versetzungen zum 22. September war auch nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich.

73

1. Ein Recht zur vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme hat der Arbeitgeber nur, wenn ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber im Interesse des Betriebes alsbald handeln muss, die geplante Maßnahme also keinen Aufschub duldet. Das Merkmal „aus sachlichen Gründen“ deutet darauf hin, dass die Dringlichkeit auf vom Arbeitgeber nicht rechtzeitig voraussehbaren Umständen beruhen muss. Der Arbeitgeber darf sich also nicht selbst in Zugzwang setzen, um nach § 100 BetrVG handeln zu können (LAG Schleswig-Holstein, vom 26.08.2008, 5 TaBV 18/08, zitiert nach Juris, Rz. 48; Fitting BetrVG, Rz. 4 zu § 100 m.w.N.).

74

2. Diese Voraussetzungen des § 100 BetrVG sind hier nicht erfüllt. Die Arbeitgeberin hat den Zeitdruck selbst herbeigeführt. Sie wollte mit der Umsetzung ihrer geplanten Änderung der Vertriebsstruktur so schnell wie möglich beginnen. Allein vor diesem Hintergrund war für sie die Durchführung der Versetzungen dringend. Die Betreuung der Diabetes-Schlüsselkunden war aber auch ohne die Versetzungen gewährleistet. Diese Kunden wurden bisher von den Pharmareferenten betreut. Dabei hätte die Arbeitgeberin es belassen können, bis die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111,112 BetrVG sowie die individualrechtlichen Ansprüche aller Pharmareferenten auf Information über ihre Arbeitsplatzsituation, anschließende Ausschreibung und transparente Besetzung der 21 MNS-Stellen unter Beachtung der gesetzlich vorgegebenen sozialen Auswahlkriterien abgeschlossen waren.

75

3. Ungeachtet dessen kann dem Arbeitsgericht auch nicht gefolgt werden, soweit es davon ausgeht, für die Arbeitgeberin sei bei objektiver Beurteilung der Sachlage das Fehlen eines dringenden sachlichen Grundes nicht erkennbar gewesen. Die Arbeitgeberin wusste, dass ein Verlust von Marktpositionen im Bereich Diabetes nicht akut drohte, weil die Schlüsselkunden, die die MNS-ler betreuen sollten, noch von den tätigen Pharmareferenten betreut wurden.

76

C. Aus den genannten Gründen war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern. Beide Anträge der Arbeitgeberin waren zurückzuweisen.

77

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

78

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen der §§ 92, 72 ArbGG lagen nicht vor. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.


Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is
4 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 20/05/2015 00:00

Tenor Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.11.2014 – 3 BV 36 d/14 – wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Gründe A. 1 Die Beteiligten streiten darüber, ob eine d
published on 09/03/2011 00:00

Tenor Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Juli 2009 - 5 TaBV 141/07 - wird zurückgewiesen.
published on 27/10/2010 00:00

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 4. März 2009 - 9 TaBV 113/08 - wird zurückgewiesen.
published on 05/05/2010 00:00

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 10. Juli 2008 - 3 TaBV 3/08 - wird insoweit als unzulässig verworfen, als mit ih
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.

(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.