Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Feb. 2014 - 4 TaBV 9/13
Gericht
Tenor
1. Die Beschwerde der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stendal vom 21.03.2013 - 1 BV 1/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Im Februar 2011 wurde der Arbeitnehmer B im Betrieb der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin zur Vertrauensperson der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung gewählt.
- 2
Die Beteiligten zu 1. und 2. streiten darüber, ob die Teilnahme der Vertrauensperson B an einer Veranstaltung vom 14. Mai bis 16. Mai 2012 in B als Schulung erforderlich ist und die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung von den Schulungskosten in Höhe von 790,00 Euro freizustellen hat sowie die von der Vertrauensperson B verauslagten Hotelkosten in Höhe von 328,80 Euro und Fahrkosten in Höhe von 150,60 Euro zu erstatten hat.
- 3
Die Vertrauensperson B nahm seit ihrer Wahl im Februar 2011 an folgenden Seminaren teil:
- 4
- Schwerbehindertenvertretung Teil I vom 02.05 bis 06.05.2011 in B mit dem Inhalt:
- 5
● Arbeiten mit dem Sozialgesetzbuch IX
- 6
Õ Gesetze sicher anwenden
- 8
● Der zu betreuende Personenkreis
- 9
Õ Wann liegt eine Behinderung vor?
- 10
Õ Wer ist schwerbehindert?
- 11
Õ Was heißt Gleichstellung?
- 12
● Persönliche Rechte im Amt der Schwerbehindertenvertretung
- 13
Õ Wahl und Amtszeit
- 14
Õ Ungestörte Amtsausübung
- 15
Õ Der besondere Kündigungs- und Versetzungsschutz als Amtsträger
- 16
Õ Arbeitsbefreiung für Schwerbehindertenvertreter -Aufgaben
- 17
Õ Der Schulungsanspruch der Schwerbehindertenvertretung
- 18
Õ Zu beachtende Besonderheiten bei Stellvertretern
- 19
● Die Arbeit in der Schwerbehindertenvertretung richtig organisieren
- 20
Õ Welche Ausstattung braucht die Schwerbehindertenvertretung und was zahlt der Arbeitgeber?
- 21
Õ Die Sprechstunde und weitere wichtige Termine der Schwerbehindertenvertretung
- 22
Õ Die Schwerbehindertenversammlung
- 23
● Interne und externe Partner der Schwerbehindertenvertretung
- 24
● Die Arbeit eines Schwerbehindertenvertreters im Überblick
- 25
Õ Bei der Einstellung von schwerbehinderten Menschen mitwirken
- 26
Õ Informations- und Anhörungsrechte wahrnehmen
- 27
Õ Arbeitsplätze behinderungsgerecht gestalten
- 28
Õ Stellungnahme im Kündigungsverfahren abgeben
- 29
Õ Integrationsvereinbarungen abschließen
- 30
Õ Prävention fördern
- 31
Õ Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat / Personalrat
- 32
- Schwerbehindertenvertretung Teil II vom 15.08. bis 19.08.2011 in H mit dem Inhalt:
- 33
● Zwischen professioneller Beratung und persönlicher Betroffenheit (1 Tag)
- 34
Õ Definition der eigenen Rolle
- 35
Õ Erwartungen des Ratsuchenden klären
- 36
Õ Aktives Zuhören und Fragetechnik
- 37
Õ Eigen- und Fremdwahrnehmung
- 38
● Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und Gleichstellung
- 39
Õ Wie wird der Grad der Behinderung bestimmt?
- 40
Õ Anträge richtig stellen
- 41
Õ Der Ablauf des Feststellungs- und Gleichstellungsverfahrens
- 42
● Besondere Rechte schwerbehinderter Arbeitnehmer
- 43
Õ Verbot (fast) jeder Benachteiligung
- 44
Õ Anspruch auf einen behindertengerechten Arbeitsplatz
- 45
Õ Recht auf Beschäftigung in Teilzeit
- 46
Õ Ablehnung von Mehrarbeit
- 47
Õ Zusatzurlaub für Schwerbehinderte
- 48
● Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei personellen Maßnahmen
- 49
Õ Einsichtsrecht in Bewerbungsunterlagen
- 50
- Schwerbehindertenvertretung Teil III vom 10.10. bis 14.10.2011 in D mit dem Inhalt:
- 51
● Kompetenz für Gespräch mit betrieblichen und externen Partnern (1 Tag)
- 52
Õ Schwierige Gesprächssituationen meistern
- 53
Õ Konstruktiver Umgang mit Störungen auf der Inhalts- und Beziehungsebene
- 54
Õ Angemessen auf persönliche Angriffe reagieren
- 55
Õ Wirksames Gesprächsverhalten trainieren
- 56
● Prävention und Rehabilitation als Aufgabe von Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeber
- 57
● Die Rehabilitationsträger und ihre Zuständigkeiten
- 58
Õ Was sind Rehabilitationsträger?
- 60
Õ Den richtigen Ansprechpartner finden
- 61
● Die Rolle des Integrationsamtes
- 62
Õ Das Angebot an finanziellen Hilfen und Beratung
- 63
Õ Unterstützung durch Integrationsfachdienste
- 64
● Leistungen zur beruflichen Rehabilitation
- 65
Õ Leistungen zur behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung
- 66
Õ Förderung durch berufliche Bildungsmaßnahmen, Kraftfahrzeughilfe oder Arbeitsassistenz
- 67
Õ Medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen
- 68
● Integrationsvereinbarungen
- 69
Õ Was kann eine Integrationsvereinbarung bewirken?
- 70
Õ Mögliche Regelungsinhalte
- 71
Õ Wesentliche Umsetzungsschritte
- 72
- Psychische Belastungen am Arbeitsplatz - Neue Herausforderungen für die Schwerbehindertenvertretung! vom 23.04. bis 27.04.2012 in Dr mit dem Inhalt:
- 73
● Ursachen psychischer Belastungen
- 74
Õ Anforderungen der Arbeitsaufgabe (z.B. Zeitdruck)
- 75
Õ Arbeitsumgebung (z.B. Lärm, Arbeitsplatzgestaltung)
- 76
Õ Arbeitsorganisation (z. B. unklare Kompetenzregelungen)
- 77
Õ Individuelle Leistungsvoraussetzungen (z.B. Gesundheit)
- 78
● Folgen für die Betroffenen
- 79
Õ Stressreaktionen und Erschöpfungsspirale
- 80
Õ Körperliche Erkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf, Wirbelsäule)
- 81
Õ Psychische Krankheitsbilder (z.B. Depression, Sucht)
- 82
Õ Mobbing und Burnout
- 83
● Erkrankten Kollegen helfen
- 84
Õ Belastungen ermitteln (z.B. Gefährdungsbeurteilung, Mitarbeiterbefragung)
- 85
Õ Arbeitsbedingungen optimieren
- 86
Õ individuelle Schutzfaktoren
- 87
● Argumente gegenüber Arbeitgebern
- 88
Õ Sinkende Arbeitsleistung und Arbeitsqualität
- 89
Õ Konflikte mit Vorgesetzten und Kollegen
- 90
Õ Zunahme: Fehlzeiten, Frühverrentungen und Fluktuation
- 91
● Rolle der Schwerbehindertenvertretung und Umgang mit Betroffenen und Vorgesetzten
- 92
Õ (Negative) Emotionen und Einstellungen ausloten
- 93
Õ Zum Problemkern Vordringen: Gut zuhören, fragen, wahrnehmen
- 94
Õ Sensible Themen ansprechen
- 95
Õ Auseinandersetzung mit sozialen und persönlichen Konflikten
- 96
Õ Eigene Überforderung als Schwerbehindertenvertreter: Grenzen erkennen und setzen
- 97
Nach einem entsprechenden Beschluss meldete sich die Vertrauensperson B am 31. Januar 2012 für den „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ in B des Instituts für Fortbildung von Betriebsräten KG (ifb) an.
- 98
Das Programm lautet:
- 99
„Montag 14.05.2012
ab 12.00 Uhr
ifb-Check-in
ab 13.00 Uhr
Begrüßungssnack
13.30 - 15.00 Uhr
Begrüßung im Plenum und Eröffnungsvortrag von Herrn Dr. N zum Thema „So funktioniert Vertrauen“
15.00 - 15.30 Uhr
Kaffeepause
15.30 - 17.30 Uhr
1. Workshop
18.30 Uhr
Dinner-Buffet im Plenum mit Gastauftritt des Comedian „Lilli“
Dienstag, 15.05.2012
08.30 - 10.30 Uhr
2. Workshop
10.30 - 11.00 Uhr
Kaffeepause
11.00 - 12.00 Uhr
Vortrag von Herrn S zum Thema „Status-Spiele: Wie Sie in jeder Situation die Oberhand behalten“
12.00 - 13.30 Uhr
Mittagessen im Hotelrestaurant
13.30 - 15.30 Uhr
3. Workshop
15.30 - 17.00 Uhr
SBV-Austausch mit Fachreferenten (Kaffeepausenangebot im Plenum)
18.00 Uhr
Abfahrt zum Rahmenprogramm außer Haus Bustour mit Stadtführern
ca. 19.30 Uhr
Ritteressen in B mit verschiedenen Einlagen
ab 22.00 Uhr
Rückfahrt zum Hotel (und 22.30 Uhr und 23.00 Uhr)
Mittwoch 16.05.2012
08.30 - 10.30 Uhr
4. Workshop
10.30 - 11.00 Uhr
Kaffeepause
11.00 - 12.30 Uhr
Vortrag von F zum Thema „Lieber auf neuen Wegen stolpern, als auf ausgelatschten Pfaden auf der Stelle treten“ und Verabschiedung
ab 12.30 Uhr
Mittagessen im Hotelrestaurant oder Lunchpaket“
- 100
Der „Workshop-Plan“ für die Vertrauensperson B für den „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ vom 14. Mai 2012 bis 16. Mai 2012 in B lautet:
- 101
„Ihre gebuchten Workshops:
- 102
Themen
Referenten
Raumnamen
Tag
Uhrzeit
W5
Das professionelle Konfliktgespräch
Z
T
Mo-Nachmittag
15.30 17.30 Uhr
W1
Die erfolgreiche Anerkennung einer Schwerbehinderung
K
Di-Vormittag
08.30 - 10.30 Uhr
W6
Der souveräne Auftritt
L
E
Di-Nachmittag
13.30 - 15.30 Uhr
W3
Die gekonnte Stellungnahme der SBV im Kündigungsfall Vorträge
W
B
Mi-Vormittag
08.30 - 10.30 Uhr
Begrüßung und Eröffnungsvortrag
Plenum
Montag-Nachmittag
13.30 - 15.00 Uhr
Vortrag von S
Plenum
Dienstag-Vormittag
11.00 - 12.00 Uhr
Vortrag von F und Verabschiedung
Plenum
Mittwoch-Vormittag
11.00 - 12.30 Uhr“
- 103
Im April 2012 zeigte die Vertrauensperson B der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin seine Teilnahme am „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ in Berlin an (vgl. Bl. 13 d. A.). Die zu 2. beteiligte Arbeitgebern lehnte eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 20. April 2012 (Bl. 14 d. A.) mit der Begründung ab, es sei nicht ersichtlich, inwieweit diese Schulungsteilnahme, soweit es sich überhaupt um eine solche handele, mit den Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX im Zusammenhang stehen solle. Ebenso erschließe sich für die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin in diesem Falle die Erforderlichkeit nicht. Die Vertrauensperson B der Schwerbehindertenvertretung nahm gleichwohl an dem vorgenannten „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ in Berlin vom 14. bis 16. Mai 2012 teil. Die Verfahrensbevollmächtigte der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung erklärte im Rahmen des zweitinstanzlichen Anhörungstermins am 19. Februar 2014 auf Befragen des Vorsitzenden dazu: „Im Vorfeld hat es zwar ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegeben, aber nur betreffend Kostenübernahme, glaube ich.“
- 104
Die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung hat in erster Instanz ausgeführt, die Schulung „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ sei erforderlich im Sinne des § 96 Abs. 4 SGB IX gewesen, da diese Kenntnisse vermittelt habe, die für die Arbeit in der Schwerbehindertenvertretung erforderlich gewesen seien. Die Beteiligte zu 2. sei demnach verpflichtet, die Vertrauensperson für die Teilnahme an der streitgegenständlichen Schulung freizustellen und gemäß § 96 Abs. 8 Satz 1 i. V. m. § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX die Schulungskosten für die Teilnahme der Vertrauensperson zu tragen. Die Tagung habe Themen behandelt, die für eine sachgerechte Ausübung der Arbeit als Schwerbehindertenvertretung benötigt werden würden und die über die in den Grundlagenschulungen des Jahres 2011 behandelten Themen hinausgehen würden. So habe der Workshop W 5 zum Thema Konfliktgespräch Übungen beinhaltet, um Arbeitnehmer, die sich beschweren, zu verstehen und um auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können. Dies sei anhand konkreter Übungsgespräche erprobt worden, etwa, wie der Schwerbehindertenvertreter bestimmte Phrasen in Gesprächen einsetzen oder neutralisieren könne. Ferner sei den Teilnehmern eine gezielte Anwendung von Wörtern und Fragen sowie gezielte Fragetechniken erläutert worden. Auch sei mit ihnen praktisch geübt worden, wie mit Argumenten des Arbeitgebers umgegangen werden könne und wie diese umgekehrt werden könnten und wie mit bedingten Zustimmungen umzugehen sei. Darüber hinaus seien verschiedene Konfliktmuster und Fragen zu Konfliktklärungen erarbeitet sowie Frageraster erstellt worden, die geeignet seien, Gespräche mit dem Arbeitgeber vorzubereiten und typische Konfliktsignale bzw. Konfliktbewältigungsstrategien zu erstellen. Diese Inhalte seien in den Grundlagenseminaren Schwerbehindertenvertretung Teil I und Teil II nicht behandelt worden und auch in Teil III seien lediglich Grundlagen vermittelt und Überblicke darüber verschafft worden, wie die Schwerbehindertenvertretung angemessen auf persönliche Angriffe reagieren könne oder konstruktiv mit Störungen auf Beziehungsebene umgehen könne. Es sei nicht anhand verschiedener Fallgruppen geübt worden, wie Konfliktbewältigungsstrategien in der Arbeitspraxis am effektivsten umgesetzt werden könnten. Auch der Workshop W 1 zum Thema: „Die erfolgreiche Anerkennung einer Schwerbehinderung“ sei erforderlich gewesen. Die natürlich zu behandelnde Frage, welche sinnvollen und sinnlosen Anträge existieren würden und worin der Unterschied zu erkennen sei, damit hier die Fehlerquote der Schwerbehindertenvertretung minimiert werde, sei behandelt worden. Daneben sei auch anhand von Fallbeispielen die Berechnung des Grades der Behinderung anhand von konkreten Krankheitsbildern geprobt und insbesondere erörtert worden, wie die Schwerbehindertenvertretung auf die einzelnen Fragen des Antrages eingehen könne. Darüber hinaus habe man sich vertieft mit dem Bundesversorgungsgesetz, dem Entschädigungsgesetz, der gesetzlichen Unfallversicherung sowie den Fragen der Berufsunfähigkeit und der Erwerbsunfähigkeit beschäftigt. Solche Informationen und Übungen habe es in den Grundlagenseminaren Schwerbehindertenvertretung Teil I bis Teil III nicht gegeben.
- 105
In dem Workshop W 6 „Der souveräne Auftritt“ sei eingehender behandelt worden, was eigentlich unter Schlagfertigkeit zu verstehen sei, welche innere Haltung erforderlich sei und wie mit jeder Art von Einwänden und insbesondere provokativer Rhetorik umzugehen sei. Auch hier seien verschiedene Fallbeispiele behandelt und durch aktive Übungen die Reaktion und das Verhalten der einzelnen Teilnehmer geprobt worden. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei dem „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ um ein Fachseminar gehandelt habe, demgegenüber die Grundlagenseminare „Schwerbehindertenvertretung Teil I bis Teil III“, wie der Name schon sage, lediglich Grundlagen behandelt hätten. Auch die Tatsache, dass die Fachtagung vom ifb angeboten und durchgeführt worden sei, spreche dafür, dass es sich nicht lediglich um eine Zusammenkunft einzelner Personen gehandelt habe. Letztlich stellt die Teilnahme an einem Seminar auch dann eine erforderliche Schulungsmaßnahme dar, wenn es sich lediglich um die Auffrischung von bereits vorhandenem Wissen handele. Es sei hinlänglich bekannt, dass durch mehrfache Wiederholung bereits vermittelter Inhalte diese mit jeder Wiederholung effektiver in Wissen, insbesondere in Langzeitwissen, umgewandelt würden. Es sei daher jedem Schwerbehindertenvertreter bzw. jedem Betriebsrat zuzugestehen, in regelmäßigen Abständen ihr Wissen aufzufrischen. Im vorliegenden Fall sei zwar seit der Teilnahme an den Grundlagenseminaren lediglich ein halbes Jahr vergangen, dennoch dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Vertrauensperson der Antragstellern zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Seminars lediglich seit einem Jahr Vertrauensmann gewesen sei und es dementsprechend erforderlich gewesen sei, ihr durch vielfache Übungen ein gewisses Grundmaß an Routine nahezubringen, damit er seine Aufgaben im Rahmen der Schwerbehindertenvertretung sach- und insbesondere fachgerecht wahrnehmen könne.
- 106
Die Antragstellerin beantragt,
- 107
1. Die Beteiligten zu 2) wird verpflichtet, die Antragstellerin von der Zahlung der für die Fachtagung „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ vom 14.05.2012 bis zum 16.05.2012 in Höhe von 790,00 € freizustellen.
- 108
2. Die Beteiligten zu 2) wird verpflichtet, an die Antragstellerin Kosten für eine Schulungsmaßnahme in Höhe von 479,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.06.2012 zu zahlen.
- 109
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
- 110
die Anträge abzuweisen.
- 111
Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin hat in erster Instanz ausgeführt, bei dem Workshop, an dem die Vertrauensperson teilgenommen habe, handele es sich nicht um Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Solche seien didaktisch auf einen bestimmten, eng abgegrenzten Personenkreis abgestellt, bei dem noch eine individuelle Beziehung zwischen Lehrperson und Teilnehmern möglich sei. Sie würden planmäßig mit dem Ziel durchgeführt, bei den Teilnehmern einen bestimmten Wissensstand herbeizuführen. Kongresse mit einem individuellen nicht mehr ansprechbaren Teilnehmerkreis seien deshalb keine Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Sie würden sich an Personen mit unterschiedlichen Bildungsständen wenden und überwiegend dem Erfahrungsaustausch dienen. Es fehle daher an der didaktischen Ausgestaltung sowie an dem Ziel der Vermittlung eines bestimmten Wissens. Selbst wenn es sich um eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX gehandelt hätte, wäre die Teilnahme der Vertrauensperson nicht erforderlich im Sinne der Norm gewesen. Bereits in der von der Vertrauensperson besuchten Schulungsveranstaltung Schwerbehindertenvertretung Teil I sei ihr vermittelt worden, wie sie Stellungnahmen in Kündigungsverfahren abzugeben habe. Schon in dem Seminar Schwerbehindertenvertretung Teil II sei die Vertrauensperson ebenfalls zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei personellen Maßnahmen geschult worden. Der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte sei auch Gegenstand dieses Seminars gewesen. Ähnliches gelte beim Themenkreis Anerkennung einer Schwerbehinderung. In der Schulung Schwerbehindertenvertretung Teil II sei beispielsweise ausführlich die Frage der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und der Gleichstellung erörtert worden. Konfliktgespräche seien ebenfalls ausführlicher Gegenstand der einwöchigen Schulungsveranstaltung Schwerbehindertenvertretung Teil III gewesen. Auch die von der Antragstellerin vorgelegte Darstellung des Programmes könne die Erforderlichkeit der Teilnahme keinesfalls begründen. Die Vortragsthemen „So funktioniert Vertrauen“, „Statusspiele“, Wie Sie in jeder Situation die Oberhand behalten“, „Lieber auf neuen Wegen stolpern, als auf ausgelatschten Pfaden auf der Stelle treten“, seien sehr allgemein gehalten und könnten die Erforderlichkeit nicht begründen. Dass der Gastauftritt des Comedian Lilli ebenso wenig erforderlich sei wie ein Ritteressen in B. mit verschiedenen Einlagen, bedürfe keiner weiteren Erwähnung.
- 112
Zunächst hat die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung „Klage“ beim Arbeitsgericht Stendal gegen die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin erhoben. Mit Beschluss vom 10. Januar 2013 ist dieser Rechtsstreit dort in das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren verwiesen worden.
- 113
Durch Beschluss vom 21. März 2013 hat das Arbeitsgericht Stendal die Anträge der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen und unter II. der Gründe dieses Beschlusses auf den Seiten 9 bis 12 (Bl. 156 - 159 d. A.) ausgeführt, die Anträge zu 1. und 2. der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung seien insgesamt zulässig. Sowohl der Freistellungs- als auch der Zahlungsantrag seien jedoch unbegründet.
1.
- 114
Die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung mache gegen die zu 2. beteiligte Arbeitgebern Ansprüche auf Ersatz von Schulungskosten gemäß § 96 Abs. 8 Satz 1 i. V. m. § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX geltend, und zwar einerseits einen Freistellungsanspruch wegen der Schulungskosten und andererseits einen Kostenerstattungsanspruch wegen der Kosten für das Tagungshotel und wegen der Aufwendungen für An- und Abfahrt zu der Tagung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 30.03.2010 - 7 AZB 32/09, Juris) seien Streitigkeiten über die nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX bestehende Pflicht des Arbeitgebers, die Kosten der Schwerbehindertenvertretung zu tragen, in entsprechender Anwendung von § 2 a Abs.1 Nr. 3 a Abs. 2 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden... Da im Übrigen weder gegen den Freistellungsantrag noch gegen den Zahlungsantrag Zulässigkeitsbedenken bestehen würden, seien diese insgesamt zulässig.
2.
- 115
Sowohl der Freistellungs- als auch der Zahlungsantrag seien jedoch unbegründet. Dazu heißt es auf den Seiten 10 bis 12 des vorgenannten Beschlusses des Arbeitsgerichts Stendal vom 21.03.2013 (Bl. 157 - 159 d. A.):
- 116
„Gemäß § 96 Abs. 8 SGB IX trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten. Hierzu zählen auch Kosten, die gemäß § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX durch die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind. Diese Vorschrift entspricht ihrem Wortlaut nach dem § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG, wo ein entsprechender Anspruch auf Freistellung nicht nur für Betriebsratstätigkeit, sondern auch für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für Betriebsräte geregelt ist und wozu es umfassende Rechtsprechung gibt. Diese Rechtsprechung wendet die erkennende Kammer entsprechend bei Schulungen von Vertrauenspersonen der behinderten Menschen entsprechend an.
- 117
Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb oder im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu muss ein aktueller oder absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden.
- 118
Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts unterscheidet damit zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderer Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder nahezu von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (BAG, Beschluss vom 12.01.2011, 7 ABR 94/09, Rn. 19, Juris).
- 119
Auch hinsichtlich des Schulungsbedarfs für Vertrauenspersonen ist entsprechend zu unterscheiden zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderer Schulungsveranstaltungen. Bei der von der Vertrauensperson wahrgenommenen Schulung vom 14. bis 16.05.2012 handelte es sich selbst nach dem Vortrag der Antragstellerin um eine Fachtagung und nicht um die Vermittlung von Grundkenntnissen, diese hat die erstmals im Februar 2011 gewählte Vertrauensperson bereits in den Seminaren Schwerbehindertenvertretung Teil I bis Teil III in insgesamt drei vollen Arbeitswochen umfassend erworben. Durch diese Vermittlung des Grundwissens innerhalb von drei Wochen ist die Vertrauensperson in die Lage versetzt worden, ihre sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen.
- 120
Bei dem von der Vertrauensperson besuchten Workshop handelte es sich somit um eine „andere Schulungsveranstaltung“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, es muss daher ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von der zu schulenden Vertrauensperson benötigt werden, damit diese ihre Beteiligungsrechte sachgerecht ausüben kann.
- 121
Von einem aktuellen, betriebsbezogenen Anlass ist den Darlegungen der Antragstellerin nichts zu entnehmen. Allenfalls hält die Antragstellerin Vortrag dazu, dass etwa im Workshop W 5, „Das professionelle Konfliktgespräch“, anders als etwa im Grundlagenseminar Schwerbehindertenvertretung Teil III nicht nur Grundlagen zum Konfliktgespräch vermittelt worden seien, sondern dieses Thema viel weitgehender behandelt worden ist. Gleichwohl fehlt jeglicher Vortrag dazu, worin ein betriebsbezogener Anlass bestehen soll, die Vertrauensperson zum Thema Konfliktgespräch weiter zu schulen, als dies in den Grundlagenseminaren in dreiwöchigem Rahmen erfolgt ist. Bestand etwa im Betrieb der Beteiligten zu 2 ein bestimmter Anlass? Welche Defizite bestanden bei der Vertrauensperson, dass sie sich hierin weiter üben musste?
- 122
Ebenso verhält es sich bei den weiteren in den Workshops behandelten Themen, etwa das bereits im Seminar Schwerbehindertenvertretung Teil II behandelte Thema „Anerkennung einer Schwerbehinderung“. Welche Defizite bestanden hier bei der Vertrauensperson? Hierzu fehlt jeglicher Vortrag. Auch der von der Antragstellerin gehaltene Vortrag zum Thema „Der souveräne Auftritt“ lässt jede Auseinandersetzung der Antragstellerin mit der konkreten Situation vermissen. Besitzt etwa die Vertrauensperson keinen souveränen Auftritt? Dies ist jedenfalls in der Anhörung vor der Kammer nicht aufgefallen. Vielmehr konnte sich die Vertrauensperson ohne Weiteres argumentativ mit der Kammer auseinandersetzen und hat freundlich aber bestimmt ihren Standpunkt vertreten.
- 123
Letztlich erschöpft sich der gesamte Sachvortrag der Antragstellerin zur Begründung der Erforderlichkeit des Seminars „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ darin, mitzuteilen, worin ein „Mehr“ im Verhältnis zu den bereits belegten dreiwöchigen Grundlagenseminaren Schwerbehindertenvertretung Teil I bis III besteht. Ein solcher Vortrag genügt jedoch keinesfalls zur Begründung der Erforderlichkeit eines Seminarbesuchs, jedes Fachseminar wird zwangsläufig Themen behandeln, die nicht Gegenstand der Grundlagenseminare waren. Zusätzlich ist deshalb immer ist noch auszuführen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von der zu schulenden Vertrauensperson benötigt werden, damit diese ihre Beteiligungsrechte sachgerecht ausüben kann. Zu diesem Bereich ist keinesfalls ein Vortrag zu erkennen.
- 124
Zur Erforderlichkeit trägt die Antragstellerin lediglich vor, es sei eine Auffrischung des in den Grundlagenseminaren I - III erworbenen Wissens der Vertrauensperson erforderlich gewesen, obwohl zwischen dem Besuch der Grundlagenseminare und dem hier streitgegenständlichen Seminar „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ lediglich ein halbes Jahr vergangen war. Letztlich fehlt jedoch auch hier eine Auseinandersetzung mit der konkreten Situation. Generell kann jedenfalls ein halbes Jahr nach Abschluss eines insgesamt dreiwöchigen Schulungsblocks nicht eine Erforderlichkeit gesehen werden, durch weitere Seminare eine Wiederholung und damit Vertiefung des Seminarstoffs zu erreichen.
- 125
Insgesamt kann daher die Teilnahme an dem Seminar „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ nicht als erforderliche Schulung im Sinne des § 96 Abs. 8 i. V. m. § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX angesehen werden.
- 126
Die Kammer sieht in der Tatsache, dass die Beteiligte zu 2) offensichtlich innerhalb eines guten Jahres für vier Seminare der Vertrauensperson deren Erforderlichkeit bejahte und die Kosten übernahm, als gutes Zeichen der vertrauensvollen Zusammenarbeit an. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Schwerbehindertenvertretung sollte die Antragstellerin nicht gefährden.“
- 127
Dieser Beschluss des Arbeitsgerichts Stendal vom 21. März 2013 ist der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung am 16. April 2013 zugestellt worden. Am 16. Mai 2013 ist die Beschwerde und am Montag, den 17. Juni 2013 die Beschwerdebegründung der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingegangen.
- 128
Wegen des genauen Inhalts dieser Beschwerdebegründung vom 17. Juni 2013 wird auf Blatt 179 - 185 der Akte Bezug genommen.
- 129
Hinsichtlich der zweitinstanzlichen Anträge der Beteiligten zu 1. und 2. wird auf die Seite 2 des Protokolls über den zweitinstanzlichen Termin zur mündlichen Verhandlung der Beteiligten vor der Kammer am 19. Februar 2014 (Bl. 215 d. A.) Bezug genommen.
- 130
Wegen des Inhalts der Beschwerdeerwiderung der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin vom 26. August 2013 wird auf Blatt 198 - 202 der Akte verwiesen. Zu diesem Schriftsatz der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin vom 26. August 2013 hat die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2013 (Bl. 206 - 207 d. A.) Stellung genommen.
- 131
Im vorgenannten Protokoll über den zweitinstanzlichen Anhörungstermin vom 19. Februar 2014 (Bl. 215 - Bl. 216 d. A.) heißt es auf den Seiten 2 und 3 u. a.:
- 132
„Der Vorsitzende trägt zu verschiedenen Aspekten vor. Beide Seiten erhalten Gelegenheit, die Angelegenheit intern zu erörtern.
- 133
Die Sitzung wird kurz unterbrochen. Danach wird die Sitzung fortgesetzt.
- 134
Rechtsanwältin W erklärt: Im Rahmen dieser drei Tage gab es 22 Stunden für Vorträge und Workshops (ohne Pausen).
v.u.g.
- 135
Bezogen auf Herrn B hat dieser an den drei Tagen im Umfang von 13,5 Stunden an Vorträgen und Workshops teilgenommen.
v.u.g.
- 136
Verbandsjurist Br erklärt: Aus unserer Sicht waren dies nur rund 9,5 Stunden.
I.v.u.g.
- 137
Rechtsanwältin W überreicht den Workshop-Plan für den Vorsitzenden B nebst Programm zu den Akten.
I.v.u.g.
- 138
Herr B erklärt: In diesen Workshops waren kleinere Gruppen, jeweils 6 - 7 Personen. In diesem kleineren Kreis hatte ich eine bessere Lernfähigkeit.
- 139
Verbandsjurist Br bestreitet dieses mit Nichtwissen.
- 140
Auf Befragen des Vorsitzenden erklärt Rechtsanwältin W: Im Vorfeld hat es zwar ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegeben, aber nur betreffend Kostenübernahme, glaube ich.“
- 141
Wegen des überreichten Workshop-Plans nebst Programm wird auf Blatt 219 - 220 d. A. verwiesen.
II.
- 142
Die Beschwerde der zu 1. beteiligten Sch werbe hinderten Vertretung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stendal vom 21. März 2013 - 1 BV 1/13 - ist an sich statthaft sowie an sich zulässig. Sie ist jedoch unbegründet und war deshalb zurückzuweisen.
- 143
Im Einzelnen:
1.
- 144
Der sorgfältig begründete Beschluss des Arbeitsgerichts Stendal vom 21. März 2013 ist zutreffend. Die Beschwerdekammer macht sich die Gründe dieses Beschlusses ausdrücklich zu Eigen und schließt sich ihnen auch zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang an.
2.
- 145
Auch unter Berücksichtigung des in der Beschwerdeinstanz von den Beteiligten zu 1. und 2. noch ergänzten und von der Beschwerdekammer noch weiter ermittelten Sachverhalts ergibt sich kein anderer Befund:
a)
- 146
Die Schwerbehindertenvertretung ist gewählte Vertretung für die besonderen Interessen der Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen in den Betrieben der Privatwirtschaft sowie in den Verwaltungen des öffentlichen Dienstes. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit hat sie zwei Aufgaben. Einerseits soll sie die besonderen Interessen der Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen gegenüber der Arbeitgeberin vertreten. Andererseits hat sie diesem Personenkreis gemeinsam mit der Arbeitgeberin sowohl helfend als auch beratend zur Seite zu stehen. Die gesetzlichen Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sind (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB IX) insbesondere,
- 147
- darüber zu wachen, dass die zugunsten der schwerbehinderten Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt werden sowie insbesondere die der Arbeitgeberin nach den §§ 71, 72 SGB IX obliegende Mindestbeschäftigung von schwerbehinderten Menschen und die nach § 81 SGB IX bestehenden besonderen arbeitsrechtlichen Pflichten erfüllt werden,
- 148
- Maßnahmen zu beantragen, die den schwerbehinderten Menschen dienen, also etwa bei den zuständigen Stellen - z. B. beim zuständigen Integrationsamt - auf eine behindertengerechte Ausstattung der Arbeitsplätze hinzuwirken,
- 149
- Anregungen und Beschwerden von behinderten Menschen entgegenzunehmen und auf ihre Erledigung durch Verhandlung mit der Arbeitgeberin hinzuwirken sowie
- 150
- Beschäftigte bei den entsprechenden Anträgen - z. B. auf Gleichstellung - zu unterstützen.
- 151
Dabei ist die Schwerbehindertenvertretung - unabhängig vom Betriebsrat - eine Sondervertretung aller im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten Menschen (einschließlich der leitenden Angestellten). Sie kann deshalb auch unabhängig vom Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin Ansprüche - gegebenenfalls auch gerichtlich - geltend machen (vgl. § 2 a Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG). Demgemäß hat das Arbeitsgericht Stendal zu Recht und mit zutreffender Begründung am 10. Januar 2013 beschlossen, den Rechtsstreit in das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren zu verweisen. Die Zulässigkeit der gestellten Anträge begegnet nach Auffassung der Beschwerdekammer ebenfalls keinen Bedenken.
b)
- 152
Im Allgemeinen ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Schulungsveranstaltungen dann erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt wird, um die derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses, um annehmen zu können, dass die auf der betreffenden Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von der zu schulenden Person benötigt werden, damit diese ihre Aufgaben sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 16.05.2012 -10 TaBV 11/12. Dementsprechend führt das Landesarbeitsgericht Hamm aus, die Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme setze voraus, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten notwendig seien, damit die zu schulende Person ihre gegenwärtige oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Weiter hat das LAG Hamm ausgeführt, den betrieblichen oder betriebsbezogenen Anlass, aus dem sich der Schulungsbedarf ergebe, müsse der Betriebsrat (Anmerkung: hier also die Schwerbehindertenvertretung) darlegen. Einer solchen Darlegung bedürfe es jedoch nicht, wenn ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied (hier also die erstmals gewählte Vertrauensperson) zu einer Schulung entsandt wird, bei der Grundkenntnisse ... vermittelt werden. Zusammengefasst ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb notwendig sind, damit die Schulungsperson ihre Aufgaben in naher Zukunft sach- und fachgerecht erfüllen kann (vgl. BAG vom 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 = NZA 2011, Seite 816 f). Demgemäß sind beispielsweise Seminare für Betriebsräte, die weder der Spezialisierung noch der Vertiefung vorhandenen Wissens dienen, sog. Grundschulungen, für deren Notwendigkeit keine besondere Erforderlichkeit gegeben sein muss (LAG Berlin/Brandenburg, Beschluss vom 03. Mai 2013 - 10 TaBV 88/13 und vom 07. September 2012 - 10 TaBV 1297/12). Bei alledem besteht bei der Auswahl geeigneter Schulungsveranstaltungen ein Beurteilungsspielraum und auch keine Verpflichtung, eine Marktanalyse anzustellen und den günstigsten Anbieter auszuwählen (Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 16 TaBV 226/11 = NZA - RR 2012, 475, 476). In seiner Entscheidung vom 25. November 2008 - 14 Ca 6811/07 = AiB 2009, 452, 455 hat das Arbeitsgericht Köln ausgeführt, der Begriff „Tätigkeit“ i. S. v. § 96 Abs. 6 SGB IX sei sehr weit und erfasse als Oberbegriff sowohl die „Durchführung von Aufgaben“ als auch die „Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen“.
- 153
Der Erforderlichkeit eines Seminars i. S. v. § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX stehe nicht entgegen, dass auch Betriebsräte an einem solchen Seminar teilnehmen können und auch nicht der Umstand, dass im Betrieb lediglich 5 schwerbehinderte Menschen tätig sind. Demgemäß ist der Erwerb von „Grundkenntnissen“ in der Regel erforderlich. Dies gilt aber nicht, wenn es sich um Schulungen kurz vor dem Ende der Amtszeit oder es sich um Schulungen handelt, in denen bereits erworbene Kenntnisse erneut vermittelt werden sollen.
- 154
Soweit es um das „technische Handwerkszeug“ geht, können auch sog. „Rhetorikseminare“ als erforderliche Schulung zu qualifizieren sein, und zwar jedenfalls dann, wenn der betreffende Betrieb eine bestimmte Größe hat (vgl. Fuhlrott/Reis, Freistellungs- und Kostenübernahmepflicht für Betriebsratsschulungen in ArbR aktuell, 2013, 410).
c)
- 155
Die Vertrauensperson B hat nach ihrer Wahl zur Vertrauensperson im Februar 2011 bereits vor der Teilnahme am „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ in Berlin vom 14. bis 16. Mai 2012 an vier Seminaren teilgenommen, nämlich
- 156
Schwerbehindertenvertretung Teil I vom 02. Mai bis 06. Mai 2011 in Berlin und Schwerbehindertenvertretung Teil II vom 15. August bis 19. August 2011 in Hamburg sowie
Schwerbehindertenvertretung Teil III vom 10. Oktober bis 14. Oktober 2011 in Düsseldorf und
an dem Seminar psychische Belastung am Arbeitsplatz - Neue Herausforderungen für die Schwerbehindertenvertretung vom 23. April bis 27. April 2012 in Dresden.
- 157
Im Rahmen des zweitinstanzlichen Termins zur Anhörung der Beteiligten vor der Kammer am 09. Februar 2014 haben die Beteiligten zu 1. und 2. insbesondere über die Erforderlichkeit der Teilnahme der Vertrauensperson B an der hier im Streit stehenden Veranstaltung in Berlin vom 14. bis 16. Mai 2012 gestritten. Die Verfahrensbevollmächtigte der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung hat darauf hingewiesen, dass im Rahmen dieser Veranstaltungen 22 Stunden für Vorträge und Workshops (ohne Pausen) vorgesehen gewesen seien und die Vertrauensperson B an drei Tagen im Umfang von 13,5 Stunden an Vorträgen und Workshops teilgenommen habe. Demgegenüber hat sich die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin auf den Standpunkt gestellt, aus ihrer Sicht seien dies nur 9,5 Stunden gewesen. Die Vertrauensperson B hat hinsichtlich der von ihr gebuchten Workshops (Das professionelle Konfliktgespräch, die erfolgreiche Anerkennung einer Schwerbehinderung, der souveräne Auftritt, die gekonnte Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung im Kündigungsfall) im Rahmen der mündlichen Anhörung am 19. Februar 2014 darauf hingewiesen, in diesen Workshops mit kleineren Gruppen von jeweils 6 - 7 Personen und damit im kleineren Kreis habe er eine bessere Lernfähigkeit gehabt. Zwar hat die zu 2. beteiligte Arbeitgebern dies bestritten. Die Beschwerdekammer unterstellt jedoch die vorgenannte Erklärung der Vertrauensperson B in vollem Umfang als richtig und geht auch nach Inhalt und Verlauf des Termins zur Anhörung am 19. Februar 2014 davon aus, dass die Vertrauensperson B für sich Schulungen im Zusammenhang mit Konfliktgesprächen, der Anerkennung der Schwerbehindertenvertretung, deren Auftritt und deren Stellungnahme im Kündigungsfall jeweils für erforderlich hält. Demgemäß kommt es auch nicht auf das Vorbringen der zu 2. beteiligten Arbeitgebern in ihrem Schriftsatz vom 26. August 2013 auf Seite (Bl. 199 d. A.) an. Dort setzt diese sich mit „gewisser Lernschwäche und permanentem Wiederholungsbedarf in kurzzeitigem Rhythmus“ auseinander. Die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung meint offenbar bei lebensnaher Betrachtung, für die Vertrauensperson B sei eine weitere Schulung im Zusammenhang mit Gesprächsführung, Kommunikation und Rhetorik sowie Auftritt erforderlich.
- 158
Die Beschwerdekammer geht nach dem Besuch von bereits 4 Seminaren durch die Vertrauensperson B nach dessen Wahl im Februar 2011 im Zeitraum von Anfang Mai 2011 bis Ende April 2012 davon aus, dass für den Erwerb solcher Fähigkeiten und Kenntnisse, wenn dies tatsächlich erforderlich ist, ein darauf ausgerichtetes spezielles Seminar besser als der „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ in Berlin vom 14. bis 16. Mai 2012 geeignet ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend, zeitnah bereits 4 verschiedene Veranstaltungen bzw. Seminare von der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung besucht worden sind. Ein etwaiger weiterer bzw. zusätzlicher Schulungsbedarf der Vertrauensperson B hätte effektiver in einer anderen Spezialveranstaltung bearbeitet werden können, die sich etwa mit Rhetorik und Verhandlungs- bzw. Gesprächsführung auseinandersetzt. Bei üblicher Dauer solcher Seminare hätten dann mindestens 20 Stunden zur Verfügung gestanden, um die Vertrauensperson B zusätzlich im Bereich von Auftritt, Argumentation, Rhetorik und Verhandlung zu schulen oder ihre Fähigkeiten im Rahmen der Doppelrolle als Interessenvertreter und Berater im Bereich von Beratungs- und Konfliktgesprächen zu erweitern, mit betroffenen Arbeitnehmern und der Personalabteilung bzw. Geschäftsführung der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin Gespräche und Verhandlungen mit dem Ziel zu führen, im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit für die Wahrung der berechtigten Interessen der betroffenen Arbeitnehmer zu sorgen.
- 159
Zusammenfassend ist die Beschwerdekammer der Auffassung, dass der „Tag der Schwerbehindertenvertretung“ nicht hinreichend erforderlich war, um die Vertrauensperson B mit den Themen besonders zu schulen, die aus der Sicht der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung für diesen im besonderen Maße trotz des Besuchs der vorgenannten 4 Veranstaltungen im Zeitraum von Anfang Mai 2011 bis Ende April 2012 gleichwohl noch erforderlich sind.
- 160
Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.
III.
- 161
Gegen den das Verfahren beendenden Beschluss eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nur statt, wenn sie in dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts zugelassen wird. Zuzulassen ist die Rechtsbeschwerde nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Beschluss von einer Entscheidung der in § 72 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Entscheidung beruht (vgl. §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 1 ArbGG). Liegen diese Voraussetzungen (grundsätzliche Bedeutung oder Abweichung) vor, so ist das Landesarbeitsgericht zur Zulassung verpflichtet. Das vorliegende Verfahren hat nicht nur für die hier Beteiligten, sondern wegen seiner Inhalte grundsätzliche Bedeutung.
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Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.
(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.
(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.
(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.
(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.
(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.
(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.
(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.
(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.
(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.
(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.
(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.
(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.
Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.
(1) Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und können diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden, werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass
- 1.
die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder - 2.
den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.
(2) Leistungsempfänger haben die Verzögerung von Weiterzahlungen insbesondere dann zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur deshalb ablehnen, weil die Leistungen in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten angeboten werden. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Absatz 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden.
(3) Können Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, höchstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt.
(4) Sind die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos, werden Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können; die Anspruchsdauer von drei Monaten vermindert sich um die Anzahl von Tagen, für die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen können. In diesem Fall beträgt das Übergangsgeld
- 1.
67 Prozent bei Leistungsempfängern, bei denen die Voraussetzungen des erhöhten Bemessungssatzes nach § 66 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 vorliegen und - 2.
60 Prozent bei den übrigen Leistungsempfängern,
(5) Ist im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 44) erforderlich, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt.
(1) Auf das Übergangsgeld der Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2, 4 und 5 wird Folgendes angerechnet:
- 1.
Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung oder einer während des Anspruchs auf Übergangsgeld ausgeübten Tätigkeit, das bei Beschäftigten um die gesetzlichen Abzüge und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt und bei sonstigen Leistungsempfängern um 20 Prozent zu vermindern ist, - 2.
Leistungen des Arbeitgebers zum Übergangsgeld, soweit sie zusammen mit dem Übergangsgeld das vor Beginn der Leistung erzielte, um die gesetzlichen Abzüge verminderte Arbeitsentgelt übersteigen, - 3.
Geldleistungen, die eine öffentlich-rechtliche Stelle im Zusammenhang mit einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringt, - 4.
Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Verletztenrenten in Höhe des sich aus § 18a Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches ergebenden Betrages, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf die Höhe der Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld nicht ausgewirkt hat, - 5.
Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die aus demselben Anlass wie die Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, wenn durch die Anrechnung eine unbillige Doppelleistung vermieden wird, - 6.
Renten wegen Alters, die bei der Berechnung des Übergangsgeldes aus einem Teilarbeitsentgelt nicht berücksichtigt wurden, - 7.
Verletztengeld nach den Vorschriften des Siebten Buches und - 8.
vergleichbare Leistungen nach den Nummern 1 bis 7, die von einer Stelle außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs erbracht werden.
(2) Bei der Anrechnung von Verletztenrenten mit Kinderzulage und von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit Kinderzuschuss auf das Übergangsgeld bleibt ein Betrag in Höhe des Kindergeldes nach § 66 des Einkommensteuergesetzes oder § 6 des Bundeskindergeldgesetzes außer Ansatz.
(3) Wird ein Anspruch auf Leistungen, um die das Übergangsgeld nach Absatz 1 Nummer 3 zu kürzen wäre, nicht erfüllt, geht der Anspruch insoweit mit Zahlung des Übergangsgeldes auf den Rehabilitationsträger über; die §§ 104 und 115 des Zehnten Buches bleiben unberührt.
Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.
(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.
(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.
(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.
(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.