Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Apr. 2015 - 2 TaBVGa 1/15

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2015:0423.2TABVGA1.15.0A
published on 23/04/2015 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Apr. 2015 - 2 TaBVGa 1/15
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Tenor

Die Beschwerde der zu 1) - 5) beteiligten Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um den Abbruch einer Betriebsratswahl.

2

Der zu 1) beteiligte Antragsteller ist der bei der zu 6) beteiligten K. gebildete 11-köpfige Betriebsrat, der in der Wahl vom 04./05. März 2014 gewählt wurde. Diese Wahl wurde angefochten und erstinstanzlich für unwirksam erklärt; derzeit ist das Wahlanfechtungsverfahren beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz anhängig (Az.: 2 TaBV 28/14). Die zu 2) bis 5) beteiligten Antragsteller sind Fahrer der K. und Mitglieder bzw. Ersatzmitglied des zu 1) beteiligten Betriebsrates.

3

Bei der zu 8) beteiligten C. A. GmbH wurde im Jahr 2014 ein Betriebsrat gewählt, der nach dem von ihm beschlossenen Rücktritt noch geschäftsführend im Amt ist. Dieser bestellte den zu 7) beteiligten Wahlvorstand, der mit Wahlausschreiben vom 09. März 2015 "die Wahl des Betriebsrats des Gemeinschaftsbetriebs Fahrdienst der C.A. GmbH und der K." in der Zeit vom 22. bis 24. April 2015 einleitete.

4

Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehren die Antragsteller den Abbruch dieser Betriebsratswahl.

5

Sie haben erstinstanzlich vorgetragen, die von dem zu 7) beteiligten Wahlvorstand eingeleitete Wahl wäre im Falle ihrer Durchführung aus mehreren Gründen nichtig. Entgegen der Darstellung der Arbeitgeberinnen bilde das Fahrpersonal ihrer beiden Unternehmen keinen gemeinsamen Betrieb. Auch wenn die Herren L. und H. als "Fahrdienstleiter" bezeichnet würden, seien ihnen die damit zu verbindenden Kompetenzen, nämlich die eigenverantwortliche Führung des Fahrdienstes, nicht eingeräumt worden. Eine einheitliche Leitung des Fahrdienstes liege nicht vor. Vielmehr obliege die Leitung des Fahrdienstes ausweislich der vorgelegten Organigramme bei der K. der Abteilung V. und bei der C.A. der Abteilung C.A. 30. Allein der Umstand, dass Positionen innerhalb der Organisationsstrukturen in Personalunion wahrgenommen würden, bedeute nicht, dass auch eine einheitliche Leitung vorliege. Die personellen und sozialen Angelegenheiten für die Arbeitnehmer der K. würden in deren Personalreferat VPR behandelt, während dies bei der C.A. in deren Personalreferat C.A. 10 erfolge. Im Hinblick darauf, dass es keine institutionalisierte einheitliche Leitung beider Unternehmen gebe und die personellen und sozialen Angelegenheiten bei den jeweiligen Unternehmen in den voneinander unabhängigen Abteilungen entschieden würden, liege ein "Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst" nicht vor. Danach wäre die eingeleitete Wahl bereits deshalb nichtig, weil für die Fahrer der K. bereits ein weiterhin im Amt befindlicher Betriebsrat existiere, so dass für diesen Betriebsteil kein weiterer Betriebsrat gewählt werden könne. Die Wahl wäre auch deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand willkürlich Betriebsteile zu einem angeblichen Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst zusammenfasse und dabei ohne jede sachliche Rechtfertigung die Fahrer der Ks. GmbH, die von der gleichen "Fahrdienstleitung" geführt würden, nicht berücksichtige. Zudem verstoße der Wahlvorstand mit der Wahl zu einem angeblichen Gemeinschaftsbetrieb gegen den bindenden Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 -, mit welchem rechtskräftig entschieden worden sei, dass zwischen den Arbeitgeberinnen kein Gemeinschaftsbetrieb vorliege. Die Wahl sei daher wegen zu erwartender Nichtigkeit abzubrechen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Antragsteller wird auf ihre erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

6

Die Antragsteller haben erstinstanzlich beantragt,

7

1. im Wege der einstweiligen Verfügung die vom Beteiligten zu 7) mit Wahlausschreiben vom 09.03.2015 eingeleitete und auf den 22.04.2015 bis 24.04.2015 terminierte Betriebsratswahl zum "Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst" abzubrechen,

8

2. dem Beteiligten zu 7) aufzugeben, unverzüglich ein neues, ordnungsgemäßes Wahlverfahren einzuleiten,

9

3. hilfsweise:

10

den Beteiligten zu 7) zu verpflichten, das auf Grundlage des Wahlausschreibens vom 09.03.2015 eingeleitete Wahlverfahren im Betrieb der Beteiligten zu 6) und 8) einstweilen auszusetzen,

11

4. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 und 2 dem Beteiligten zu 7) bezogen auf jeden Tag der Fortsetzung des Wahlverfahrens ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,00 €, zu vollstrecken am Vorsitzenden des Wahlvorstandes, anzudrohen.

12

Die weiteren Beteiligten haben beantragt,

13

die Anträge zurückzuweisen.

14

Sie haben erwidert, die Geschäftsleitungen der C.A. und der K. hätten am 01. Juli 2014 die von ihnen dargestellte Umstrukturierung beschlossen, wonach die Fahrdienste der beiden Unternehmen unter eine einheitliche Leitung gestellt worden seien. Die in den vorgelegten Schreiben und den darin angeführten Informationsveranstaltungen beschriebene organisatorische Änderung im Fahrdienst mit der neuen Fahrdienstleitung, bestehend aus Herrn H. und Herrn L., sei gemäß den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen zum 01. Juli 2014 auch tatsächlich durchgeführt worden. Seit diesem Zeitpunkt würden die im Fahrdienst beschäftigten Arbeitnehmer der beiden Gesellschaften durch die neue Fahrdienstleitung sowohl hinsichtlich der entsprechenden arbeitsrechtlichen Weisungen als auch der personellen Maßnahmen einheitlich geführt. Hierdurch sei ein unternehmensübergreifender Gemeinschaftsbetrieb bezogen auf die im Fahrdienst beschäftigten Arbeitnehmer entstanden. Durch die zum 01. Juli 2014 erfolgte Zusammenfassung der zum Fahrpersonal gehörenden Mitarbeiter unter eine einheitliche personelle Leitung sei ein neuer Gemeinschaftsbetrieb mit den Folgen des § 21 a BetrVG gebildet worden. Das danach für den zu 1) beteiligten Betriebsrat entstandene Übergangsmandat habe mit Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 21 a Abs. 1 Satz 3 BetrVG geendet, so dass kein Betriebsrat für die von der einheitlichen Leitung betroffenen Arbeitnehmer des neu gebildeten Fahrbetriebs mehr bestehe. Im Hinblick darauf, dass für den neu gebildeten Gemeinschaftsbetrieb bislang kein Betriebsrat bestehe, finde auch keine Wahl unter Verkennung des Betriebsbegriffes statt. Unabhängig davon würde auch eine Verkennung des Betriebsbegriffs nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, sondern berechtige allein zu deren Anfechtung nach § 19 BetrVG. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten zu 6) bis 8) wird auf deren erstinstanzlich eingereichte Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

15

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Beschluss vom 17. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Gründe seines Beschlusses verwiesen.

16

Gegen den ihnen am 20. April 2015 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 21. April 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

17

Sie tragen vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass lediglich eine Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand vorliege. Vielmehr gehe es hier um die Durchführung einer Wahl in einem Betriebsteil, für den bereits ein Betriebsrat im Amt sei, was nach der dargestellten Rechtsprechung zur Nichtigkeit der Wahl führe. Für den Betriebsteil des K.-Fahrdienstes existiere bereits ein gewählter Betriebsrat, ohne dass die Voraussetzungen für eine Neuwahl gegeben seien. Das Arbeitsgericht habe die drohende Gefahr einer Doppelvertretung sowie deren gravierende Folgen verkannt. Dabei könne es keine Rolle spielen, in welchem Verfahrensstadium sich das Wahlanfechtungsverfahren befinde. Maßgeblich sei vielmehr, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine rechtskräftige Entscheidung hinsichtlich der Wahlanfechtung vorliege und damit weiterhin für den Fahrdienst der K. bereits ein Betriebsrat im Amt sei. Die Argumentation des Arbeitsgerichts würde bedeuten, dass für den Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zwei Betriebsräte für die gleiche Belegschaft zuständig wären, was vom Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehen sei und zur Nichtigkeit der Wahl führe. Weiterhin habe der Wahlvorstand in willkürlicher Entscheidung das Fahrpersonal der Ks. bei der Wahl nicht berücksichtigt. Obwohl dem Wahlvorstand ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass der "Fahrdienst" aus den Fahrern der K., der C.A. und der Ks. bestehen würde, habe dieser aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Fahrer der Ks. aus dem vermeintlichen "Gemeinschaftsbetrieb" herausgenommen. Es liege somit eine willkürliche Zusammenstellung des "Gemeinschaftsbetriebes" durch den Wahlvorstand vor, was ebenso die Nichtigkeit der angesetzten Wahl zur Folge habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens der Antragsteller wird auf ihren Schriftsatz vom 21. April 2015 verwiesen.

18

Die Antragsteller beantragen,

19

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 17. April 2015 - 8 BVGa 2/15 - abzuändern und

20

1. im Wege der einstweiligen Verfügung die vom Beteiligten zu 7) mit Wahlausschreiben vom 09. März 2015 eingeleitete und auf den 22. April 2015 bis 24. April 2015 terminierte Betriebsratswahl zum "Gemeinschaftsbetrieb Fahrdienst" abzubrechen,

21

2. dem Beteiligten zu 7) aufzugeben, unverzüglich ein neues, ordnungsgemäßes Wahlverfahren einzuleiten,

22

3. hilfsweise: den Beteiligten zu 7) zu verpflichten, das auf Grundlage des Wahlausschreibens vom 09. März 2015 eingeleitete Wahlverfahren im Betrieb der Beteiligten zu 6) und 8) einstweilen auszusetzen,

23

4. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 und 2 dem Beteiligten zu 7) bezogen auf jeden Tag der Fortsetzung des Wahlverfahrens ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,00 €, zu vollstrecken am Vorsitzenden des Wahlvorstandes, anzudrohen.

24

Die Beteiligten zu 6) bis 8) beantragen,

25

die Beschwerde zurückzuweisen.

26

Hinsichtlich ihrer Erwiderung wird auf ihre Schriftsätze vom 22. April 2015 verwiesen.

II.

27

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.

28

Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

29

Allerdings ist der geschäftsführend amtierende Betriebsrat der C.A. GmbH nicht Beteiligter des vorliegenden Beschlussverfahrens, weil er durch die von den Antragstellern begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung nicht unmittelbar betroffen wird (vgl. LAG Baden-Württemberg 13. April 1994 - 9 TaBV 4/94 - zu II. 1. der Gründe, AiB 1994, 420; Schwab/Weth ArbGG 4. Aufl. § 83 Rn. 73). Dementsprechend ist der geschäftsführend amtierende Betriebsrat der C. A. Mainz GmbH im Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt worden (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 8. Aufl. § 83 Rn. 32).

30

Ein Abbruch oder eine vorläufige Aussetzung der Wahl aufgrund einstweiliger Verfügung ist nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die Mängel des Wahlverfahrens derart schwerwiegend sind, dass sie mit Sicherheit zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Koch 15. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7). Das kann nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht angenommen werden.

31

1. Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre; die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht (BAG 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 25 und 31, NZA 2012, 345; LAG Köln 08. April 2014 - 7 Ta 101/14 - Rn. 15, juris). Eine Betriebsratswahl ist nur nichtig bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts, die so schwerwiegend sind, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Wegen der schwerwiegenden Folgen einer von Anfang unwirksamen Betriebsratswahl kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur bei besonders krassen Wahlverstößen angenommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Mangel offenkundig ist und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss "den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen". Dies ist bei einer Betriebsratswahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt würde, grundsätzlich nicht der Fall. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten, die eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung erfordern. Unterlaufen dabei Fehler, sind diese in der Regel nicht so grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55).

32

2. Nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens kann nicht angenommen werden, dass die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen ist.

33

a) Soweit die Antragsteller angeführt haben, dass der Wahlvorstand mit der von ihm eingeleiteten Wahl gegen die bindende Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - verstoße, vermag dies im Hinblick auf die bekannt gegebene Organisationsänderung zum 1. Juli 2014 keine Nichtigkeit der Wahl zu begründen.

34

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - konnte im Zeitpunkt der vom Wahlvorstand eingeleiteten Betriebsratswahl keine Bindungswirkung entfalten, weil sich die für die rechtliche Würdigung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse in der Zwischenzeit geändert hatten.

35

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass zum damaligen Entscheidungszeitpunkt nicht von einem Gemeinschaftsbetrieb der K. und der C.A. ausgegangen werden könne, weil - abweichend von der früheren Praxis einer zentralen Zuteilung von Diensten - nach der Neustrukturierung der Verantwortlichkeit im Bereich der Personalabteilung(en) institutionell die Ausübung des Direktionsrechts nicht mehr einheitlich für beide Unternehmen vorgesehen sei. Damit sei die Zuständigkeit für den Personaleinsatz und die maßgeblichen sich aus dem Direktionsrecht ergebenden Weisungsbefugnisse nicht unternehmensübergreifend angesiedelt und zur gemeinsamen Ausübung vorgesehen.

36

Die Leitungsstruktur wurde jedoch im Fahrdienst nach den vorgelegten Schreiben organisatorisch mit Wirkung zum 01. Juli 2014 dahingehend geändert, dass die Fahrdienste der beiden Unternehmen nunmehr unter eine einheitliche Leitung, bestehend aus Herrn H. und Herrn L., gestellt worden sind. Damit könnte der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - seine Bindungswirkung verloren haben (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55). Im Hinblick darauf durfte der Wahlvorstand unter Berücksichtigung der bekannt gegebenen organisatorischen Änderung darüber befinden, ob nunmehr der unter einer einheitlichen Leitung gestellte Fahrdienst als Gemeinschaftsbetrieb der beteiligten Unternehmen anzusehen ist. Selbst wenn bei dieser Beurteilung der Betriebsbegriff verkannt worden sein sollte, wäre dies jedenfalls nicht als grob fehlerhaft anzusehen.

37

b) Gleiches gilt, soweit der Wahlvorstand Mitarbeiter der Ks. GmbH bei der von ihm eingeleiteten Wahl nicht berücksichtigt haben sollte.

38

Das Arbeitsgericht Mainz hat in seinem Beschluss vom 05. August 2010 - 9 BV 61/09 - einen Gemeinschaftsbetrieb aller drei Unternehmen (K., C.A., Ks.) mit einer eigenständigen Begründung verneint. Ob und ggf. welche Arbeitnehmer der Ks. GmbH im Hinblick auf die zum 01. Juli 2014 bekannt gegebene organisatorische Änderung im Fahrdienst nunmehr im Rahmen eines neu gebildeten Gemeinschaftsbetriebes einzubeziehen und vom Wahlvorstand zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sind, ist im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden. Im Hinblick darauf, dass bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten ist, sind etwaige Fehler, die dem Wahlvorstand dabei unterlaufen sein mögen, jedenfalls nicht so grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht.

39

c) Zwar kann die Nichtigkeit einer Wahl anzunehmen sein, wenn während der Amtszeit eines ordnungsgemäß gewählten Betriebsrats, dessen Wahl nicht angefochten worden ist, für denselben Betrieb oder Betriebsteil ohne begründeten Anlass ein weiterer Betriebsrat mit dem Ziel gewählt wird, den amtierenden Betriebsrat abzuwählen (BAG 11. April 1978 - 6 ABR 22/77 - Rn. 8 ff., AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 8; BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - Rn. 35, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 5). So liegt der Fall hier aber nicht.

40

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner vorgenannten Entscheidung vom 11. April 1978, auf die es in seiner späteren Entscheidung vom 21. Juli 2004 verwiesen hat, zur Begründung des von ihm angenommenen Ausnahmefalls einer nichtigen Betriebsratswahl darauf abgestellt, dass die Wahl eines einheitlichen Betriebsrats für mehrere Betriebsteile nicht angefochten und gleichwohl dann für einen Betriebsteil ein eigener Betriebsrat gewählt worden sei, ohne dass sich an der betrieblichen Organisation etwas geändert hätte. Anders als in der vorgenannten Entscheidung ist die Wahl des zu 1) beteiligten Betriebsrats der K. angefochten und bereits erstinstanzlich für unwirksam erklärt worden. Zudem ist nach der angefochtenen Wahl vom 04./05. März 2014 auch noch die betriebliche Organisation mit Wirkung zum 01. Juli 2014 geändert worden. Die zu 6) beteiligte Arbeitgeberin hat mit den von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht, dass die von ihr dargestellte Organisationsänderung zum 01. Juli 2014 auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Dabei ist unerheblich, dass Herrn H. und Herrn L. von der K. lediglich Gesamtprokura mit einem ihrer Geschäftsführer erteilt worden ist, weil bei der K. und der C.A. Personenidentität hinsichtlich eines Geschäftsführers (Herr R.) besteht und organisatorisch eine einheitliche Leitung gleichwohl möglich ist. Auch aus den vorgelegten Organigrammen lässt sich nicht herleiten, dass im Hinblick auf die darin aufgeführten Abteilungen die von den Arbeitgeberinnen dargestellte einheitliche Leitung tatsächlich nicht besteht. Im Hinblick darauf, dass die Wahl des zu 1) beteiligten Betriebsrats angefochten und erstinstanzlich für unwirksam erklärt worden ist und sich nach der angefochtenen Wahl die betriebliche Organisation durch die Bildung einer einheitlichen Leitung für den Fahrdienst geändert hat, kann im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die vom Wahlvorstand eingeleitete Wahl nichtig ist. Vielmehr bestand angesichts der bekannt gegebenen organisatorischen Änderung zum 01. Juli 2014 für den Wahlvorstand ein hinreichender Anlass, unter Berücksichtigung der eingetretenen Änderung darüber zu befinden, ob der einheitlich geleitete Fahrdienst der beiden Unternehmen nunmehr als neu gebildeter Gemeinschaftsbetrieb anzusehen ist. Sollte bei dieser Beurteilung der Betriebsbegriff verkannt worden sein, begründet dies noch keine Nichtigkeit der vom Wahlvorstand eingeleiteten Betriebsratswahl. Nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens lässt sich nicht feststellen, dass die angeführten Mängel des Wahlverfahrens derart schwerwiegend sind, dass sie mit Sicherheit zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen, so dass ein Abbruch der eingeleiteten Wahl von den Antragstellern nicht verlangt werden kann.

41

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).

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Annotations

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Betriebsteile gelten als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und

1.
räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder
2.
durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.
Die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen; § 3 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen. Für den Widerruf des Beschlusses gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend.

(2) Betriebe, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllen, sind dem Hauptbetrieb zuzuordnen.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.