Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 11. Juni 2015 - 7 TaBV 10/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller/Beteiligten zu 1) bis 18) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 03.12.2014 in Sachen 4 BV 41/14 wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten zu 1) bis 18) streiten noch mit dem Beteiligten zu 19), dem ersten Gemeinschaftsbetriebsrat der S B V GmbH und der F B GmbH, sowie den beiden Arbeitgeberunternehmen (Beteiligte zu 20) und 21)) über die Nichtigkeit, hilfsweise die Unwirksamkeit der Wahl des Beteiligten zu 19), welche in der Zeit vom 28. bis 30.04.2014 stattgefunden hat.
4Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, die Anträge zurückzuweisen, wird auf den vollständigen Inhalt des angegriffenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Bonn vom 03.12.2014 in Sachen 4 BV 41/14 Bezug genommen.
5Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 03.12.2014 wurde den Beteiligten zu 1) bis 18) frühestens am 16.12.2014, spätestens am 18.12.2014 zugestellt. Die Beteiligten zu 1) bis 18) haben am 08.01.2015 gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und diese Beschwerde am 12.02.2015 begründet.
6Die Beteiligten zu 1) bis 18) halten im Gegensatz zu den übrigen Verfahrensbeteiligten daran fest, dass die Wahl eines Gemeinschaftsbetriebsrates für die Betriebe der Unternehmen der Beteiligten zu 20) und 21) nicht hätte erfolgen dürfen, da in Wirklichkeit die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes nicht gegeben gewesen seien. Die Beteiligten zu 1) bis 18) halten die vom 28.04. bis 30.04.2014 durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 19) daher für nichtig, hilfsweise jedenfalls für unwirksam.
7Darüber hinaus halten die Beteiligten zu 1) bis 18) auch an ihrer Auffassung fest, dass bei der Wahl des Beteiligten zu 19) gegen § 26 Abs. 1 Satz 1 WO und damit gegen eine wesentliche Wahlvorschrift verstoßen worden sei. Bei der Öffnung der Freiumschläge der Briefwähler sei nämlich die in § 26 Abs. 1 Satz 1 WO vorgeschriebene Öffentlichkeit nicht gewahrt gewesen. Zwar sei die Öffnung der Freiumschläge kurz vor Ende der Zeit für die persönliche Stimmabgabe im Wahllokal „Wahlvorstandsbüro“ erfolgt. Dies sei aber vorher nicht gekannt gegeben worden, so dass die interessierte Öffentlichkeit, die der Öffnung der Freiumschläge habe beiwohnen wollen, nicht hätte wissen können, wann und an welchem Ort die Öffnung erfolgen würde.
8Der Umstand, dass die Briefwahlunterlagen von den Briefwählern an das Wahlvorstandsbüro zu adressieren gewesen seien, reiche nicht aus, zumal ein fristwahrender Eingang auch an der Poststelle der Stadtwerke möglich gewesen sei und auch für die öffentliche Stimmauszählung nicht das Wahlvorstandsbüro, sondern der Konferenzraum I der Stadtwerke bestimmt gewesen sei. So seien diejenigen unter den Antragstellern, die der öffentlichen Stimmauszählung beigewohnt hätten, davon ausgegangen, dass die Freiumschläge der Briefwähler zu Beginn der öffentlichen Stimmauszählung geöffnet würden.
9Für ihre Argumentation berufen sich die Antragsteller zu 1) bis 18) insbesondere auf die Entscheidung des BAG vom 10.07.2013 in Sachen 7 ABR 83/11. Dort habe das BAG ausgeführt, dass die Wahrung der Öffentlichkeit und die Kontroll- und Beobachtungsmöglichkeit für interessierte Dritte nicht vom Zufall abhängen dürfe. “Zur Herstellung dieser Beobachtungsmöglichkeit ist es aber erforderlich, dass Ort und Zeit sämtlicher öffentlicher Kontrolle unterliegender Vorgänge im Wahlverfahren rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden. Es genügt nicht, dass ein Interessierter dies durch eigene Nachfrage beim Wahlvorstand erfahren kann.”
10Die Antragsteller zu 1) bis 18) beantragen,
11unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts
12Bonn vom 03.12.2014 die Betriebsratswahl des Beteiligten
13zu 19) vom 28.04.2014 bis zum 30.04.2014 für nichtig,
14hilfsweise für unwirksam zu erklären.
15Der Beteiligte zu 19) als Beschwerdegegner sowie die Beteiligten zu 20) und 21) beantragen,
16die Beschwerde der Beteiligten zu1) bis 18) zurückzu-
17weisen.
18Die Beteiligten zu 19), 20) und 21) verteidigen die arbeitsgerichtliche Entscheidung und bekräftigen, dass im Zeitpunkt der Wahl des Beteiligten zu 19) bereits alle Voraussetzungen für das Vorliegen eines von den Beteiligten zu 20) und 21) geführten Gemeinschaftsbetriebes vorgelegen hätten.
19Die Beteiligten zu 19), 20) und 21) treten auch der Auffassung der Beteiligten zu 1) bis 18) entgegen, dass bei der Durchführung der Wahl gegen § 26 Abs. 1 WO verstoßen worden sei. Eine besondere Verpflichtung, Ort und Zeit der Öffnung der Freiumschläge vorher bekannt zu geben, habe nicht bestanden. Eine solche lasse sich auch nicht der von den Antragstellern herangezogenen BAG-Entscheidung entnehmen. Gegenstand dieser Entscheidung sei die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung gewesen, bei der – zulässigerweise – für alle Wähler Briefwahl angesetzt worden sei. In dem dortigen Fall habe es somit überhaupt kein Wahllokal gegeben. Schon deshalb seien die Aussagen jener Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
20Abgesehen davon sei im vorliegenden Fall zwangsläufig von vornherein nur die Möglichkeit in Betracht gekommen, dass das Öffnen der Freiumschläge im Wahllokal „Wahlvorstandsbüro“ erfolgen würde. An dieses seien die Briefwahlunterlagen zu adressieren gewesen. In der Poststelle komme hingegen die Post für alle Gesellschaften des gesamten S -Konzerns an und werde von dort aus weitergeleitet. Es sei ausgeschlossen, dass ein Wahlvorstand an diesem Ort Briefwahlunterlagen öffnen würde. Auch der Konferenzraum I sei ausgeschieden, da dieser ausschließlich für die öffentliche Stimmauszählung bestimmt worden sei, die um 15.00 Uhr habe stattfinden sollen. Die Öffnung der Freiumschläge habe hingegen wegen § 26 Abs. 1 Satz 1 WO vor der Schließung der Wahllokale um 13.00 Uhr erfolgen müssen.
21Auf den vollständigen Inhalt der Beschwerdebegründungsschrift, der Beschwerdeerwiderungsschriften und der weiteren Stellungnahme der Antragsteller gemäß Schriftsatz vom 03.06.2015 wird ergänzend Bezug genommen.
22II.
23A. Die zulässige, insbesondere statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 18) ist unbegründet und konnte in der Sache keinen Erfolg haben.
241. Die Feststellung einer Nichtigkeit der vom 28.04. bis 30.04.2014 durchgeführten Wahl des Beteiligten zu 19) kam mit den von den Beteiligten zu 1) bis 18) hierfür angeführten Gründen von vornherein nicht in Betracht.
25a. Eine nichtige Wahl ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und allgemeiner Meinung in der arbeitsrechtlichen Literatur nur in besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, in denen gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl mehr vorliegt (so z. B. BAG vom 20.03.1955 AP Nr. 1 zu § 18 BetrAVG; BAG vom 19.11.2003, AP Nr. 54 zu § 19 BetrAVG; Fitting u. a., BetrAVG, 25. Aufl., § 19 Rn. 4). Die Verkennung des Betriebsbegriffes bei der Vorbereitung und Durchführung einer Wahl kann zwar zur Anfechtung derselben nach § 19 BetrAVG führen, stellt aber – abgesehen vielleicht von extrem gelagerten Ausnahmefällen - im allgemeinen keinen Nichtigkeitsgrund dar (vgl. LAG Köln vom 8.4.2014, 7 Ta 101/14).
26b. Dasselbe hat für einen Verstoß gegen § 26 Abs. 1 WO zu gelten.
272. Es konnte somit von vornherein nur auf den Hilfsantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl infolge einer form- und fristgerechten Anfechtung derselben nach § 19 BetrAVG ankommen. Es sind jedoch auch keine Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren festzustellen, die die Antragsteller zur Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 1 BetrAVG berechtigt hätten.
28a. Insbesondere wurde bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl des Beteiligten zu 19) der Betriebsbegriff nicht verkannt. Die Beteiligten zu 20) und 21) führten vielmehr bereits im Zeitpunkt der Vorbereitung und Durchführung der Wahl einen Gemeinschaftsbetrieb, der die Wahl eines Gemeinschaftsbetriebsrates erforderte. Bereits durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 28.10.2014 in Sachen 7 BV 35/14 wurde festgestellt, dass die Beteiligten zu 20) und 21) einen Gemeinschaftsbetrieb führten und führen. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn, der die entsprechende Feststellung enthält, ist rechtskräftig. Die hiergegen ursprünglich gerichtete Beschwerde (7 TaBV 81/14) wurde in dem Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht vom 11.06.2015 zurückgenommen.
29b. Es liegt aber auch kein zur Anfechtung berechtigender Verstoß gegen § 26 Abs. 1 WO vor.
30aa. Unstreitig wurde der in § 26 Abs. 1 WO beschriebene Vorgang, also die Öffnung der von den Briefwählern eingereichten Freiumschläge, die Prüfung der Formalien, der Vermerk in der Wählerliste und das Einlegen des Wahlumschlags in die Wahlurne, vom Wahlvorstand in dem durch Wahlausschreiben zum Wahllokal deklarierten Wahlvorstandsbüro am letzten Tag der gemäß Wahlausschreiben festgesetzten Stimmabgabe vorgenommen, und zwar in der Zeit zwischen 12.00 Uhr (Einsendeschluss für die Briefwähler) und 13.00 Uhr (Ende der Zeit für die persönliche Stimmabgabe bzw. Schließung des Wahllokals). Der Zugang der Öffentlichkeit zum Wahllokal ‚Wahlvorstandsbüro‘ war in der Zeit bis 13.00 Uhr schon deshalb gewährleistet, weil bis zu diesem Zeitpunkt noch die Wahlmöglichkeit durch persönliche Stimmabgabe gegeben war. Damit war aber auch der Vorschrift des § 26 Abs. 1 WO genüge getan.
31bb. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer konnten die Teilnehmer an der ab 15.00 Uhr stattfindenden öffentlichen Stimmauszählung schon deshalb nicht davon ausgehen, dass erst jetzt die Öffnung der von den Briefwählern eingereichten Freiumschläge stattfinden würde, da in § 26 Abs. 1 Satz 1 WO vorgesehen ist, dass diese Öffnung “unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe” zu erfolgen hat. Abschluss der Stimmabgabe war laut Wahlausschreiben 13.00 Uhr.
32cc. Die von den Beschwerdeführern herangezogenen Grundsätze der Entscheidung des BAG vom 10.07.2013 in Sachen 7 ABR 83/11 sind auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. Das BAG hatte die Wirksamkeit der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung zu beurteilen, für die für alle Wahlberechtigten Briefwahl angeordnet worden war. In einem solchen Fall existiert überhaupt kein für die interessierte Öffentlichkeit während der Wahlzeit zugängliches Wahllokal, in dem der Wahlvorstand die in § 26 Abs. 1 WO beschriebenen Vorgänge ausführen kann. Bei der Wahl eines Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz darf die Briefwahl demgegenüber nur unter den Voraussetzungen des § 24 WO gestattet werden. Es existiert somit regelmäßig mindestens ein Wahllokal für die persönliche Stimmabgabe, welches der Öffentlichkeit ohnehin zugänglich sein muss. Ort und Zeit für die persönliche Stimmabgabe, mit anderen Worten die Öffnungszeiten der öffentlich zugänglichen Wahllokale, werden im Wahlausschreiben bekannt gegeben.
33dd. Bei ihrer Argumentation verkennen die Beschwerdeführer auch den in § 26 Abs. 1 WO und den anderen die Öffentlichkeit vorschreibenden Wahlvorschriften gemeinten Begriff der Kontrollöffentlichkeit. Dieser postuliert die Transparenz der Wahldurchführung durch die Zugänglichkeit und Kontrollmöglichkeit der interessierten Öffentlichkeit, begründet aber kein Recht des einzelnen Mitglieds der Öffentlichkeit, alle öffentlichkeitswirksamen Vorgänge in eigener Person kontrollieren zu können. So kann nach § 24 WO an der Briefwahl grundsätzlich nur teilnehmen, wer an dem oder den Wahltag/en zur persönlichen Stimmabgabe verhindert ist. Gerade derjenige, um dessen Wahlstimme es geht, der Briefwähler, ist also typischerweise selbst nicht in der Lage, den in § 26 Abs. 1 WO beschriebenen Vorgängen als Teil der Öffentlichkeit beizuwohnen. Ferner entspricht die in § 26 Abs. 1 WO beschriebene Aktion von der Entgegennahme der Freiumschläge bis zum Einwerfen des eigentlichen Wahlbriefes in die Urne funktional genau dem, was auch bei der persönlichen Stimmabgabe bis zum Einwerfen des Wahlzettels in die Urne passiert. Wird eine Betriebsratswahl aber wie vorliegend und auch sonst in großen Betrieben üblich in mehreren Wahllokalen gleichzeitig durchgeführt, kann ein- und dasselbe Mitglied der interessierten Öffentlichkeit den ordnungsgemäßen Ablauf der persönlichen Stimmabgabe auch nicht in allen Wahllokalen gleichzeitig beobachten.
34ee. Zudem sind die Informationspflichten, die dem Gesetzgeber zur ordnungsgemäßen Durchführung einer Betriebsratswahl als notwendig erschienen sind, umfassend in § 3 Abs. 2 WO geregelt. Eine Information über Zeit und Ort des Öffnens der Freiumschläge im Sinne von § 26 Abs. 1 WO ist in § 3 Abs. 2 WO jedoch nicht erwähnt und gehört nicht zum notwendigen Inhalt des Wahlausschreibens.
35c. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen teilt das Beschwerdegericht aber auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass aufgrund des jedem Wahlberechtigten zugesandten Briefwahlantragsschreibens kein vernünftiger Zweifel daran aufkommen konnte, dass das in § 26 Abs. 1 WO beschriebene Verarbeiten der eingegangenen Wahlbriefe am letzten Wahltag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr im Wahllokal ‚Wahlvorstandsbüro‘ stattfinden würde.
36aa. Der Zeitpunkt ergibt sich aus der Differenz zwischen der Abgabefrist für die Briefwahlstimmen (12.00 Uhr) und dem Endzeitpunkt für die Stimmabgabe überhaupt (13.00 Uhr) in Verbindung mit der in § 26 Abs. 1 Satz 1 WO selbst enthaltenen Zeitvorschrift (“unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe”).
37bb. Der Ort ergab sich zwanglos daraus, dass die Wahlbriefe an das Wahlvorstandsbüro zu adressieren waren, dass sich dort auch ein öffentlich zugängliches Wahllokal befand, dass der Wahlvorstand im Zweifel von ihm vorzunehmende Handlungen in seinem Büro durchführen würde, dass in der Poststelle der Stadtwerke kein Wahllokal angesiedelt war und es sich hierbei auch um einen erkennbar ungeeignten Ort für die Durchführung von Wahlvorgängen handelte. Erkennbar war die Poststelle im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt, bis zu dem spätestens die Wahlbriefe einzugehen hatten, nur deshalb angegeben, weil dies der Ort ist, an dem die gesamte eingehende Post zuerst eingeht und registriert wird. Niemand hatte nach Lektüre des Schreibens mit den Briefwahlantragsunterlagen Grund zu der Annahme, dass die in § 26 Abs. 1 WO beschriebene Verarbeitung der eingehenden Wahlbriefe an einem anderen Ort stattfinden würde als im Wahlvorstandsbüro.
38d. Sonstige Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften, die zur Anfechtung der Wahl des Beteiligten zu 19) hätten führen können, sind jedenfalls in der Beschwerdeinstanz nicht mehr geltend gemacht worden.
39B. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht gegeben.
40R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
41Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen. Auf § 92 a ArbGG i.V.m. § 72 a Abs.2 bis 7 ArbGG wird vorsorglich hingewiesen.
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(1) Für Personen, die
- 1.
bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) oder einer kommunalen oder kirchlichen Zusatzversorgungseinrichtung versichert sind, oder - 2.
bei einer anderen Zusatzversorgungseinrichtung versichert sind, die mit einer der Zusatzversorgungseinrichtungen nach Nummer 1 ein Überleitungsabkommen abgeschlossen hat oder aufgrund satzungsrechtlicher Vorschriften von Zusatzversorgungseinrichtungen nach Nummer 1 ein solches Abkommen abschließen kann, oder - 3.
unter das Hamburgische Zusatzversorgungsgesetz oder unter das Bremische Ruhelohngesetz in ihren jeweiligen Fassungen fallen oder auf die diese Gesetze sonst Anwendung finden,
(2) Bei Eintritt des Versorgungsfalles vor dem 2. Januar 2002 erhalten die in Absatz 1 Nummer 1 und 2 bezeichneten Personen, deren Anwartschaft nach § 1b fortbesteht und deren Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles geendet hat, von der Zusatzversorgungseinrichtung aus der Pflichtversicherung eine Zusatzrente nach folgenden Maßgaben:
- 1.
Der monatliche Betrag der Zusatzrente beträgt für jedes Jahr der aufgrund des Arbeitsverhältnisses bestehenden Pflichtversicherung bei einer Zusatzversorgungseinrichtung 2,25 vom Hundert, höchstens jedoch 100 vom Hundert der Leistung, die bei dem höchstmöglichen Versorgungssatz zugestanden hätte (Voll-Leistung). Für die Berechnung der Voll-Leistung - a)
ist der Versicherungsfall der Regelaltersrente maßgebend, - b)
ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das nach der Versorgungsregelung für die Leistungsbemessung maßgebend wäre, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versicherungsfall im Sinne der Versorgungsregelung eingetreten wäre, - c)
findet § 2a Absatz 1 entsprechend Anwendung, - d)
ist im Rahmen einer Gesamtversorgung der im Falle einer Teilzeitbeschäftigung oder Beurlaubung nach der Versorgungsregelung für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses maßgebliche Beschäftigungsquotient nach der Versorgungsregelung als Beschäftigungsquotient auch für die übrige Zeit maßgebend, - e)
finden die Vorschriften der Versorgungsregelung über eine Mindestleistung keine Anwendung und - f)
ist eine anzurechnende Grundversorgung nach dem bei der Berechnung von Pensionsrückstellungen für die Berücksichtigung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung allgemein zulässigen Verfahren zu ermitteln. Hierbei ist das Arbeitsentgelt nach Buchstabe b zugrunde zu legen und - soweit während der Pflichtversicherung Teilzeitbeschäftigung bestand - diese nach Maßgabe der Versorgungsregelung zu berücksichtigen.
- 2.
Die Zusatzrente vermindert sich um 0,3 vom Hundert für jeden vollen Kalendermonat, den der Versorgungsfall vor Vollendung des 65. Lebensjahres eintritt, höchstens jedoch um den in der Versorgungsregelung für die Voll-Leistung vorgesehenen Vomhundertsatz. - 3.
Übersteigt die Summe der Vomhundertsätze nach Nummer 1 aus unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen 100, sind die einzelnen Leistungen im gleichen Verhältnis zu kürzen. - 4.
Die Zusatzrente muss monatlich mindestens den Betrag erreichen, der sich aufgrund des Arbeitsverhältnisses nach der Versorgungsregelung als Versicherungsrente aus den jeweils maßgeblichen Vomhundertsätzen der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte oder der gezahlten Beiträge und Erhöhungsbeträge ergibt. - 5.
Die Vorschriften der Versorgungsregelung über das Erlöschen, das Ruhen und die Nichtleistung der Versorgungsrente gelten entsprechend. Soweit die Versorgungsregelung eine Mindestleistung in Ruhensfällen vorsieht, gilt dies nur, wenn die Mindestleistung der Leistung im Sinne der Nummer 4 entspricht. - 6.
Verstirbt die in Absatz 1 genannte Person und beginnt die Hinterbliebenenrente vor dem 2. Januar 2002, erhält eine Witwe oder ein Witwer 60 vom Hundert, eine Witwe oder ein Witwer im Sinne des § 46 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch 42 vom Hundert, eine Halbwaise 12 vom Hundert und eine Vollwaise 20 vom Hundert der unter Berücksichtigung der in diesem Absatz genannten Maßgaben zu berechnenden Zusatzrente; die §§ 46, 48, 103 bis 105 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sind entsprechend anzuwenden. Die Leistungen an mehrere Hinterbliebene dürfen den Betrag der Zusatzrente nicht übersteigen; gegebenenfalls sind die Leistungen im gleichen Verhältnis zu kürzen. - 7.
Versorgungsfall ist der Versicherungsfall im Sinne der Versorgungsregelung.
(2a) Bei Eintritt des Versorgungsfalles oder bei Beginn der Hinterbliebenenrente nach dem 1. Januar 2002 erhalten die in Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Personen, deren Anwartschaft nach § 1b fortbesteht und deren Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles geendet hat, von der Zusatzversorgungseinrichtung die nach der jeweils maßgebenden Versorgungsregelung vorgesehenen Leistungen.
(3) Personen, auf die bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses die Regelungen des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes oder des Bremischen Ruhelohngesetzes in ihren jeweiligen Fassungen Anwendung gefunden haben, haben Anspruch gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber auf Leistungen in sinngemäßer Anwendung des Absatzes 2 mit Ausnahme von Absatz 2 Nummer 3 und 4 sowie Nummer 5 Satz 2; bei Anwendung des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes bestimmt sich der monatliche Betrag der Zusatzrente abweichend von Absatz 2 nach der nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz maßgebenden Berechnungsweise. An die Stelle des Stichtags 2. Januar 2002 tritt im Bereich des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes der 1. August 2003 und im Bereich des Bremischen Ruhelohngesetzes der 1. März 2007.
(4) Die Leistungen nach den Absätzen 2, 2a und 3 werden in der Pflichtversicherung jährlich zum 1. Juli um 1 Prozent erhöht. In der freiwilligen Versicherung bestimmt sich die Anpassung der Leistungen nach der jeweils maßgebenden Versorgungsregelung.
(5) Besteht bei Eintritt des Versorgungsfalles neben dem Anspruch auf Zusatzrente nach Absatz 2 oder auf die in Absatz 3 oder Absatz 7 bezeichneten Leistungen auch Anspruch auf eine Versorgungsrente oder Versicherungsrente der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Zusatzversorgungseinrichtungen oder Anspruch auf entsprechende Versorgungsleistungen der Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester oder der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen oder nach den Regelungen des Ersten Ruhegeldgesetzes, des Zweiten Ruhegeldgesetzes oder des Bremischen Ruhelohngesetzes, in deren Berechnung auch die der Zusatzrente nach Absatz 2 zugrunde liegenden Zeiten berücksichtigt sind, ist nur die im Zahlbetrag höhere Rente zu leisten.
(6) Eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen kann bei Übertritt der anwartschaftsberechtigten Person in ein Versorgungssystem einer überstaatlichen Einrichtung in das Versorgungssystem dieser Einrichtung übertragen werden, wenn ein entsprechendes Abkommen zwischen der Zusatzversorgungseinrichtung oder der Freien und Hansestadt Hamburg oder der Freien Hansestadt Bremen und der überstaatlichen Einrichtung besteht.
(7) Für Personen, die bei der Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester oder der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen pflichtversichert sind, gelten die §§ 2 und 3, mit Ausnahme von § 3 Absatz 2 Satz 3, sowie die §§ 4, 5, 16, 27 und 28 nicht; soweit die betriebliche Altersversorgung über die Versorgungsanstalten durchgeführt wird, finden die §§ 7 bis 15 keine Anwendung. Bei Eintritt des Versorgungsfalles treten an die Stelle der Zusatzrente und der Leistungen an Hinterbliebene nach Absatz 2 und an die Stelle der Regelung in Absatz 4 die satzungsgemäß vorgesehenen Leistungen; Absatz 2 Nr. 5 findet entsprechend Anwendung. Als pflichtversichert gelten auch die freiwillig Versicherten der Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester und der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen.
(8) Gegen Entscheidungen der Zusatzversorgungseinrichtungen über Ansprüche nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg gegeben, der für Versicherte der Einrichtung gilt.
(9) Bei Personen, die aus einem Arbeitsverhältnis ausscheiden, in dem sie nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch versicherungsfrei waren, dürfen die Ansprüche nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht hinter dem Rentenanspruch zurückbleiben, der sich ergeben hätte, wenn der Arbeitnehmer für die Zeit der versicherungsfreien Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden wäre; die Vergleichsberechnung ist im Versorgungsfall aufgrund einer Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vorzunehmen.
(1) Von den §§ 1a, 2, 2a Absatz 1, 3 und 4, § 3, mit Ausnahme des § 3 Absatz 2 Satz 3, von den §§ 4, 5, 16, 18a Satz 1, §§ 27 und 28 kann in Tarifverträgen abgewichen werden.
(2) Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelung vereinbart ist.
(3) Im Übrigen kann von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.