Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 31. März 2014 - 2 Sa 1521/10
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.09.2010 – 6 Ca 6340/10 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Frage, ob der Klägerin eine unverfallbare Rentenanwartschaft zusteht.
3Die am 15.09.1980 geborene Klägerin war seit dem 01.09.1999 bei der Firma S M Center GmbH & Co. oHG zunächst im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses und ab dem 13.08.2002 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ging später auf die Firma Q GmbH & Co. oHG über. Dort endete das Arbeitsverhältnis mit dem 31.03.2009. Von Beginn des Ausbildungsverhältnisses an, d.h. vom 01.09.1999 an war das Vertragsverhältnis von einer Zusage auf betriebliche Altersversorgung begleitet. Am 01.04.2009 wurde die Insolvenz über die Firma Q eröffnet.
4Der Beklagte als Insolvenzsicherer lehnt die Anerkennung einer unverfallbaren Anwartschaft auf Altersversorgung ab, da die Voraussetzungen des § 30f des BetrAVG nicht erfüllt sind. Die Klägerin war bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch keine 30 Jahre alt.
5Die Klägerin hält diese gesetzliche Regelung für verfassungswidrig und für europarechtswidrig.
6Das Arbeitsgericht hat die Klage im Hinblick auf die Gesetzeslage abgewiesen. Mit der Berufung vertieft die Klägerin ihre Rechtsansichten und beantragt,
7das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.09.2010,Az. 6 Ca 6340/10, abzuändern und festzustellen, dass der Klägerin bei der Beklagten aus ihrer Tätigkeit für die S M GmbH & Co. oHG sowie für die Q GmbH & Co. oHG aus dem Q Pensionsplan von 2007 seit dem 01.09.1999 unverfallbare Anwartschaften zustehen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Berufung abzuweisen.
10Er beruft sich auf die ständige Rechtsprechung des BAG.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12Die zulässige und fristgerechte Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
13Das erkennende Berufungsgericht folgt uneingeschränkt den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15.10.2013 Az. 3 AZR 10/12 sowie vom 28.05.2013 Az. 3 AZR 210/11.
14Danach hat das Bundesarbeitsgericht erkannt, dass sowohl die Altersgrenze von 35 Jahren als auch die Altersgrenze von 30 Jahren nach § 30f Abs. 1 S. 1 BetrAVG nicht gegen die Richtlinie 78/2000 EG und auch nicht gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstoßen. Wörtlich hat das Bundesarbeitsgericht in dem zuletzt zitierten Urteil (Rn. 38) ausgeführt, dass die gesetzgeberische Festlegung eines Mindestalters von 30 Jahren ein geeignetes und angemessenes Mittel darstellt, die betriebliche Altersversorgung zu fördern und die Arbeitgeber nicht durch eine uneingeschränkte Unverfallbarkeit von der generellen Zusage derartiger Leistungen abzuhalten. Die Altersgrenze berücksichtigt angemessen, dass bei einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis über lange Jahre, im Fall der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als 37 Jahren, eine Anwartschaft aufrechterhalten werden müsste. Diese Altersgrenze ist auch im Fall der Insolvenzsicherung durch den Beklagten deshalb angemessen, weil letztlich die nicht insolventen Arbeitgeber, die den Beklagten finanzieren, keine höheren Belastungen durch die Aufrechterhaltung von Anwartschaften für Arbeitnehmer insolventer Unternehmen tragen sollen, als sie für Versorgungszusagen gegenüber eigenen Arbeitnehmern übernehmen.
15Das Bundesarbeitsgericht hat eingehend ausgeführt und sorgfältig abgewogen, dass im Regelfall besonders junge Arbeitnehmer in höherem Maße die Chance haben, im zukünftigen Arbeitsleben die ausgefallene Versorgung nachzuholen, als Arbeitnehmer mit höherem Lebensalter, die in der verbleibenden Lebensarbeitszeit einen Versorgungsausfall durch vorzeitiges Ausscheiden nicht mehr so leicht auffangen können. In Abwägung mit den arbeitgeberseitigen Interessen und der Funktion des Gesetzes, Anreize für die Erteilung von Versorgungszusagen zu fördern, um insgesamt eine bessere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu erreichen, ist die Altersgrenze verfassungs- und europarechtlich zulässig.
16Für die Klägerin mag es wenig verständlich erscheinen, dass durch die gesetzliche Stichtagsregelung für sie trotz der mehr als zehn Jahre bestehenden Versorgungszusage eine unverfallbare Anwartschaft nicht entstanden ist, obwohl nach heutiger Rechtslage die Altersversorgung unverfallbar wäre. Die schrittweise Anpassung der Altersgrenzen sowohl in § 1 BetrAVG als in § 30f BetrAVG ist aber ebenfalls Ausdruck einer angemessenen gesetzgeberischen Abwägung hinsichtlich der Zumutbarkeit der Anpassungsgeschwindigkeit der Unverfallbarkeitsregelungen. Denn die Unverfallbarkeit von Betriebsrentenzusagen erfordert die Bildung von Rücklagen, um die zukünftigen Verpflichtungen erfüllen zu können. Eine abrupte Verbesserung der Unverfallbarkeitsregelungen hätte diesen Anpassungsbedarf der Arbeitgeber nicht ausreichend berücksichtigt. So muss die Klägerin akzeptieren, dass ihr Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt beendet wurde, zudem noch nicht die heutigen Unverfallbarkeitsvorschriften Geltung hatten und die seinerzeit gültigen Vorschriften eine Unverfallbarkeit noch nicht vorsahen.
17Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 ZPO die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.
18RECHTSMITTELBELEHRUNG
19Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
20Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
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(1) Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2001 zugesagt worden sind, ist § 1b Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt
- 1.
mindestens zehn Jahre oder - 2.
bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre
(2) Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2009 und nach dem 31. Dezember 2000 zugesagt worden sind, ist § 1b Abs. 1 Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt fünf Jahre bestanden hat; in diesen Fällen bleibt die Anwartschaft auch erhalten, wenn die Zusage ab dem 1. Januar 2009 fünf Jahre bestanden hat und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 25. Lebensjahr vollendet ist.
(3) Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2018 und nach dem 31. Dezember 2008 zugesagt worden sind, ist § 1b Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 25. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt fünf Jahre bestanden hat; in diesen Fällen bleibt die Anwartschaft auch erhalten, wenn die Zusage ab dem 1. Januar 2018 drei Jahre bestanden hat und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 21. Lebensjahr vollendet ist.
(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.
(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn
- 1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage), - 2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung), - 2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage), - 3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder - 4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.
(1) Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2001 zugesagt worden sind, ist § 1b Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt
- 1.
mindestens zehn Jahre oder - 2.
bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre
(2) Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2009 und nach dem 31. Dezember 2000 zugesagt worden sind, ist § 1b Abs. 1 Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt fünf Jahre bestanden hat; in diesen Fällen bleibt die Anwartschaft auch erhalten, wenn die Zusage ab dem 1. Januar 2009 fünf Jahre bestanden hat und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 25. Lebensjahr vollendet ist.
(3) Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2018 und nach dem 31. Dezember 2008 zugesagt worden sind, ist § 1b Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 25. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt fünf Jahre bestanden hat; in diesen Fällen bleibt die Anwartschaft auch erhalten, wenn die Zusage ab dem 1. Januar 2018 drei Jahre bestanden hat und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 21. Lebensjahr vollendet ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.