Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 03. Juli 2014 - 8 Sa 73/14
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 08.01.2014 – 1 Ca 51/13 – abgeändert:
Das Versäumnisurteil vom 24.07.2013 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die als „Versetzung“ bezeichnete Personalmaßnahme der Beklagten vom 12.11.2012 betreffend die Zuordnung des Klägers zum Mitarbeiter-Entwicklungs-Center (M.E.C.) unwirksam ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis des Klägers im Termin vom 24.07.2013 zusätzlich veranlassten Kosten. Diese trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
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T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten vor dem Hintergrund der gesetzlich zum 31.12.2018 vorgesehenen vollständigen Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland im Rahmen einer Feststellungsklage um die Rechtswirksamkeit einer als Versetzung bezeichneten Zuordnung des Klägers zu einem auf tariflicher Grundlage errichteten „Mitarbeiterentwicklungscenter (M.E.C.)“.
3Die Beklagte führte im Jahr 2012 drei Steinkohlebergwerke, das Bergwerk G, das Bergwerk G1 und das Bergwerk G2. E GmbH, ein Tochterunternehmen der Beklagten, betreibt darüber hinaus das Bergwerk G4. Für alle Standorte sind Betriebsräte gewählt, ferner ist ein Gesamtbetriebsrat gebildet.
4Der am 30.9.1976 geborene Kläger ist seit dem 1.9.1993 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Einsatz erfolgt im Bergwerk G1. Für das Arbeitsverhältnis gelten kraft beiderseitiger Verbandsangehörigkeit und einzelvertraglicher Bezugnahme die zwischen der IG BCE und dem Gesamtverband Steinkohle e.V. für den deutschen Steinkohlenbergbau abgeschlossenen Tarifverträge. Das durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers beträgt, nach seinen Angaben, 4.066,41 € brutto.
5Mit seiner am 03.01.2013 bei Gericht eingegangenen Feststellungsklage wendet sich der Kläger gegen eine per Schreiben vom 12.11.2012 mit Wirkung zum 01.01.2013 vorgenommene „Versetzung“ zum „Mitarbeiter-Service-Center (M.E.C.)“, welches die Beklagte in den Servicebereich Belegschaft (Betrieb C) organisatorisch eingebunden hat. Angesichts einer unter dem 10.12.2012 unter Aufrechterhaltung der Zuordnung zum M.E.C. erklärten (Rück-) Abordnung an seinen bisherigen Arbeitsplatz blieben Arbeitsort und Arbeitsbereich des Klägers bislang unverändert.
6Die angegriffene Personalmaßnahme stützt die Beklagte auf das Regelwerk des zwischen dem Gesamtverband Steinkohle e.V. und Gewerkschaft IG BCE vereinbarten „Tarifvertrag Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau“ vom 29.02.2012 (Bl. 202 ff d. A.), auf den wegen seiner Regelungen im Einzelnen Bezug genommen wird und einen damit korrespondierenden, zu Umsetzungszwecken zwischen der Beklagten, den örtlichen Betriebsräten und den Gesamtbetriebsrat am 6.3.2012 vereinbarten Gesamtinteressenausgleich.
7Der – zum 01.04.2012 in Kraft getretene – Tarifvertrag sieht zur sozialverträglichen Abwicklung des Steinkohlenbergbaus für die Gruppe der Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – die Voraussetzungen für den Bezug von Anpassungsgeld (APG) nicht erfüllen können, unter anderem das Recht der Beklagten zur Versetzung in das neu geschaffene M.E.C. vor. Nach dem weiteren Inhalt der tariflichen Regelung trifft die in das M.E.C. versetzten Arbeitnehmer die Verpflichtung zur Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen. Ferner kann von den betroffenen Beschäftigten verlangt werden, sich auf zumutbare Arbeitsplätze innerhalb und außerhalb des Konzerns vermitteln zu lassen oder im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung (auch) für Drittunternehmen tätig zu werden. Die Verletzung von danach begründeten Mitwirkungspflichten ist nach Ziffer 5.7 des Tarifvertrages sanktionsbewehrt.
8Der Kläger ist der Auffassung, für die getroffene Personalmaßnahme fehle es zum einen an einer ausreichenden Rechtsgrundlage. Das arbeitsvertraglich eröffnete Versetzungsrecht erlaube allein den Einsatz im Rahmen der vertraglichen Aufgabenstellung als Produktionsmitarbeiter im Bergbau. Demgegenüber diene die Zuordnung zum M.E.C. der vorgesehenen Abwicklung des Steinkohlenbergbaus bis zum Jahre 2018 mit nicht vom Direktionsrecht umfassten Maßnahmen bis hin zur Verpflichtung, aktiv an der – ggf. vorzeitigen – Auflösung des eigenen Arbeitsverhältnisses mitwirken zu müssen. Der genannte Tarifvertrag stelle keine wirksame Rechtsgrundlage für die angegriffene „Versetzung“ dar. Die im Tarifvertrag vorgesehene Regelung, welche der Beklagten die Befugnis einräume, die nicht APG-berechtigten Beschäftigten zum M.E.C. zu versetzen mit der Folge, dass hierdurch eine grundlegende Änderung der vertraglichen Pflichten eintrete, verstoße gegen die zwingenden Regeln des Kündigungsschutzgesetzes. Anders als nach der Regelung des § 2 KSchG, bei welcher es dem Arbeitnehmer überlassen bleibe, ob er eine ihm angetragene Änderung der Vertragsbedingungen akzeptieren wolle oder nicht, werde ihm hier einseitig eine grundlegende Neuregelung aufgezwungen. Ebenso fehle es nach dem Maßstab des KSchG an einem dringenden betrieblichen Erfordernis, da am Einsatzort Zeche Auguste Victoria jedenfalls derzeit noch ausreichender Beschäftigungsbedarf bestehe, wie aus der vorläufigen Abordnung folge. Erst Recht scheide nach den Regeln des KSchG ein aufgezwungener Arbeitgeberwechsel aus. Zum anderen stelle die im Tarifvertrag vorgesehene Regelung, nach welcher allein die Gruppe der Nicht-APG-Berechtigten in das M.E.C. versetzt werden könne, hingegen die APG-Berechtigten bis zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen beschäftigt blieben, eine unzulässige mittelbare Altersdiskriminierung dar.
9Demgegenüber macht die Beklagte geltend, dass allein die organisatorische Zuordnung des Klägers zum M.E.C. nicht zu einer aktuellen Veränderung seiner Rechtsstellung führe, zumal dieser zeitgleich auf seinen früheren Arbeitsplatz auf der Zeche Auguste-Victoria abgeordnet worden sei. Dementsprechend seien schon die prozessualen Anforderungen an einen zulässigen Feststellungsantrag i. S. d. § 256 ZPO nicht erfüllt. Weder gehe es dem Kläger um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder einzelner diesbezüglicher Rechte und Pflichten, noch sei das prozessual geforderte „Interesse an alsbaldiger Feststellung“ gegeben.
10Ob sie, die Beklagte, überhaupt von den tariflich eingeräumten Möglichkeiten – z. B. zur Arbeitnehmerüberlassung – Gebrauch machen werde, sei gegenwärtig nicht absehbar. Damit sei das Klagebegehren im Kern darauf gerichtet, ein – zumal überflüssiges – Rechtsgutachten zu erlangen.
11In der Sache verteidigt die Beklagte die tarifliche Regelung unter Hinweis auf die Notwendigkeit, die durch gesetzgeberische Entscheidung bestimmte Schließung des Steinkohlenbergbaus einerseits sozialverträglich zu gestalten, andererseits aber eine geordnete Kohleförderung bis zum Jahre 2018 zu gewährleisten. Diese Ziele seien nicht zu realisieren, wenn jeweils mit der sukzessive vorgesehenen Schließung einzelner Bergwerke die dort beschäftigte Belegschaften betriebsbedingt komplett entlassen werden müssten.
12Der Kläger, gegen den im Kammertermin erster Instanz vom 24.07.2013 zunächst Versäumnisurteil erging, hat im Einspruchstermin beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und
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1. festzustellen, dass die Versetzung vom 12.11.2012 in das Mitarbeiterentwicklungscentrum (M.E.C), organisatorisch in den Servicebereich Belegschaft – Betrieb C, Abteilung BB P2 – Personalsteuerung, eingebunden, unwirksam ist;
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2. hilfsweise festzustellen, dass aufgrund Punkt 5.3 des Tarifvertrages zur Gestaltung sozialverträglicher Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 (TV Beendigung deutscher Steinkohlebergbau) keine Änderung der Arbeitsbedingungen herbei geführt werden kann und damit auch die Rechtsfolge der Ziff. 5.7 des Tarifvertrages nicht zur Anwendung kommen können.
Die Beklagte hat beantragt das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten und
18die Klage abzuweisen.
19Das Arbeitsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil, bei rechtzeitig eingelegtem Einspruch, in der Sache aufrechterhalten und dabei den Hauptantrag als unbegründet und den Hilfsantrag als unzulässig abgewiesen. Wegen der dortigen ausführlichen rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
20Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter Neufassung des Hilfsantrags und unter weiterer Vertiefung seiner rechtlichen Erwägungen sein Begehren weiter. Das Arbeitsgericht habe zwar zutreffend die Zulässigkeit des Hauptantrags angenommen, bei der Prüfung der Begründetheit aber unzutreffend zwischen der Versetzung als solcher und den damit untrennbar verbundenen Rechtsfolgen differenziert. Die Versetzung sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts gerade nicht losgelöst von den damit verbundenen Rechtsfolgen als bloße Zuordnungsmaßnahme zu verstehen. Sie könne vielmehr nur dann als rechtmäßig angesehen werden, wenn die durch sie herbeigeführten Änderungen des Arbeitsverhältnisses ihrerseits rechtmäßig seien, woran es wegen der tariflich eröffneten Möglichkeiten zum einseitigen Eingriff in Kernbereiche des Arbeitsverhältnisses – etwa durch die Verpflichtung zur Tätigkeit im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung oder zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Arbeitgeberwechsel – erkennbar fehle. Die Tarifvertragsparteien hätten durch die Vereinbarung solche Pflichten begründender Normen ihre Regelungskompetenz deutlich überschritten.
21Der Kläger beantragt nunmehr,
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festzustellen, dass die als Versetzung bezeichnete Personalmaßnahme der Beklagten vom 12.11.2012, mit der er in das Mitarbeiter-Entwicklungs-Center (M.E.C.) der Beklagten „versetzt“ worden ist, unwirksam ist,
- 2.25
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit Antrag zu Ziffer 1, festzustellen, dass aufgrund des als Versetzung bezeichneten Schreibens der Beklagten vom 12.11.2012 nicht die in Ziffer 5.3 des Tarifvertrages zur
Gestaltung sozialverträglicher Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 (TV Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau) geregelten Rechte der Beklagten und Pflichten begründet werden.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Unter Bezugnahme auf und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens vertritt sie weiterhin die Auffassung, dass der Hauptantrag unzulässig sei. Nicht jede Maßnahme sei der Rechtskontrolle im Rahmen der Feststellungsklage zugänglich. Vorliegend habe man im Rahmen der bloßen Zuordnung zu einer innerbetrieblichen Organisationseinheit weder die tatsächlichen Arbeitsumstände des Klägers noch den Inhalt der vertraglichen Rechtsbeziehung im Übrigen verändert. Die konkrete weitere Entwicklung des klägerischen Arbeitsverhältnisses unter dem Einfluss des TV Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau sei derzeit gar nicht absehbar. Das Feststellungsbegehren laufe deshalb auf eine abstrakte Normenkontrolle des Tarifvertrages hinaus, womit sich ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO nicht begründen lasse. In der Sache sei mit den insoweit zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Maßnahme in Umsetzung wirksamer tarifvertraglicher und betriebsverfassungsrechtlicher Verpflichtungen erfolgt sei und sich diese konkret weder als willkürlich, altersdiskriminierend oder aus sonstigen Gründen rechts- oder gesetzeswidrig darstelle.
30Hinsichtlich des neu gefassten Hilfsantrags sei von einer Unzulässigkeit der Berufung auszugehen, da sich der Kläger in der Berufungsbegründung weder eingehend zu dem neuen Antragsgegenstand verhalte noch die gebotene Auseinandersetzung mit den Erwägungen erster Instanz erfolgt sei.
31Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, deren Inhalt Gegenstand der Verhandlung vor der Berufungskammer am 03.07.2014 war, sowie – insbesondere wegen der Frage der Beteiligung des Betriebsrats – auf die tatbestandlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und begründet. Sie führt unter Aufhebung des Versäumnisurteils und Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 08.01.2014 zu der antragsgemäßen Feststellung, dass die als „Versetzung“ bezeichnete Personalmaßnahme der Beklagten vom 12.11.2012 rechtsunwirksam ist, weshalb der neu gefasste Hilfsantrag in 2. Instanz nicht zur Entscheidung anfällt.
34I.
35Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsfragen bereits Gegenstand der den Parteien bekannten und zwischenzeitlich in die Revision gelangten Entscheidungen des LAG Düsseldorf vom 22.10.2013 – 16 Sa 622/13 u. a. – (BAG 10 AZR 922/13 u. a.) waren und ferner die 10. Kammer des LAG Hamm durch Urteile vom 28.02.2014 – 10 Sa 1394/13 u. a. – unter Zulassung der Revision im selben Sinne entschieden hat, beschränkt sich die Kammer bei der Abfassung der Urteilsgründe auf die Darstellung der die Entscheidung tragenden Gesichtspunkte und nimmt im Übrigen gem. § 69 Abs. 3 ArbGG auf die soeben zitierten, ausführlich und überzeugend begründeten Entscheidungen Bezug.
36II.
37Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen gegen die Zulässigkeit des Hauptantrags keine durchgreifenden Bedenken.
381. Dabei kann für die Frage der Zulässigkeit der Klage offenbleiben, ob es sich bei der als Versetzung bezeichneten Maßnahme um eine Versetzung im arbeitsrechtlichen und / oder betriebsverfassungsrechtliche Sinne oder – was nach Auffassung der Kammer näherliegt – um eine auf tariflicher Grundlage getroffene Maßnahme sui generis zur Umgestaltung des Arbeitsvertrages handelt. Für die Zulässigkeit der Klage entscheidend ist der Umstand, dass der Kläger die Klärung eines Rechtsverhältnisses i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO begehrt. Dies ist vorliegend – nicht anders als im Falle des Streits um die Reichweite des Direktionsrechts oder der Wirksamkeit einer Versetzung in individualrechtlicher oder betriebsver-fassungsrechtlicher Hinsicht – der Fall, weil der Kläger sich gegen eine (angeblich) mit der der angegriffenen Personalmaßnahme unmittelbar verbundene Änderung seiner Rechtstellung wendet, durch welche ihm zusätzliche und sanktionsbewehrte Pflichten auferlegt werden.
392. Anders als bei einer Versetzung im arbeitsrechtlichen Sinne, welche darauf zielt, die tatsächlichen Arbeitsbedingungen – z. B. Inhalt oder Ort der Tätigkeit – im Rahmen der arbeitsvertraglichen Regelung durch Ausübung des Weisungsrechts zu ändern, wird dem Kläger mit der Zuordnung zum M.E.C. keine nach Inhalt oder Arbeitsort geänderte Arbeitsaufgabe zugewiesen. Im Gegenteil folgt aus der praktisch zeitgleichen Abordnung zum 02.01.2013, dass der Kläger seine reguläre Arbeitsleistung weiterhin auf der Zeche Auguste Victoria erbringen soll, während im M.E.C. gar keine Arbeitsaufgabe – erst recht keine vertragsgerechte – vorhanden ist.
40Die im Tarifvertrag in Ziff. 5.2 vorgesehene Regelung, nach welcher Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages in das M.E.C. versetzt werden können, dient damit der Aktualisierung der unter Ziff. 5.3 TV genannten Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers und soll so eine Änderung seiner Rechtstellung bewirken. Da die Maßnahme keinem anderen Zweck als der Umge-staltung des Arbeitsverhältnisses im vorbezeichneten Sinne dient – Beschäf-tigungsmöglichkeiten nach Maßgabe des bestehenden Arbeitsvertrages sind im M.E.C. gar nicht vorhanden – scheidet zugleich eine gedankliche Trennung zwischen „Versetzung“ im Sinne eines bloßen Organisationsaktes und den Auswirkungen auf die rechtliche Stellung des Arbeitnehmers von vornherein aus.
41Einziger Sinn und Gehalt der getroffenen Personalmaßnahme ist die Veränderung der arbeitsvertraglichen Rechtsstellung des Arbeitnehmers. Dieser soll – im Gegenzuge zum tariflich temporär gewährten besonderen Kündigungsschutz und dem Anspruch auf Qualifizierung – eine Ausweitung seiner Vertragspflichten erfahren.
423. Zugleich ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass es sich bei der als Versetzung bezeichneten Maßnahme nicht um einen rein internen Organisationsakt ohne jede rechtliche Außenwirkung handelt, wie dies etwa bei einer den Arbeitnehmern mitgeteilten Änderung ihrer Personalnummer der Fall sein mag. Hiermit ist die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Abteilung oder Organisationseinheit nicht vergleichbar, wie das Beispiel des Betriebsteilübergangs zeigt. Im Übrigen macht schon der Inhalt des Versetzungsschreibens vom 12.11.2012 mit der Bezugnahme auf den genannten Tarifvertrag, dem Hinweis auf die Aufgabe des M.E.C. und auf „Ihre Rechte und Pflichten innerhalb des M.E.C.“ überdeutlich, dass es mit der Versetzungsmaßnahme darum geht, jetzt – beginnend mit der „Versetzung“ – die tariflichen Regelungen umzusetzen.
434. Auf dieser Grundlage steht dem Kläger auch das in § 256 Abs. 1 ZPO geforderte „Interesse an alsbaldiger Feststellung“ zu. Schon durch den Akt der „Versetzung“ ist die tariflich vorgesehene Ausweitung der arbeitsvertraglichen Pflichten „aktiviert“ worden, bereits hierdurch – und nicht erst, wenn sich die Beklagte entschließt, von den tariflich begründeten erweiterten Arbeitgeberrechten Gebrauch zu machen – drohen dem Kläger konkrete Nachteile, ohne dass die theoretische Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen, einen ausreichenden Schutz bietet.
44III.
45In der Sache erweist sich das mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsbegehren als begründet.
46Die tariflich vorgesehene normative Umgestaltung des auf den Austausch von Arbeit und Vergütung gerichteten Arbeitsverhältnisses durch Begründung weitreichender Pflichten zur Mitwirkung des Arbeitnehmers an Maßnahmen zur Änderung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere soweit sich der Arbeitnehmer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung verleihen lassen oder sich zu einem externen Arbeitgeber vermitteln lassen muss, ist mit den Regeln des Kündigungsschutzgesetzes unvereinbar. Sie überschreitet den Gestaltungsspielraum der Tarifparteien und ist damit unwirksam gem. § 134 BGB.
471. Die nach Art. 9 Abs. 3 GG begründete Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien findet ihre Grenze in entgegenstehendem Gesetzesrecht (BAG 25.02.1998 - 7 AZR 641/96 – NZA 1998, 715 f.; BAG vom 31.07.2002, - 7 AZR 140/01 – NZA 2002, 1155 ff.). In Fragen des Bestandsschutzes von Arbeitsverhältnissen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Mindestschutz der Arbeitnehmer unverzichtbar. Dieser aus Artikel 12 Abs. 2 GG und Artikel 2 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht hat der Bundesgesetzgeber durch die Normen des Kündigungsschutzgesetzes, insbesondere denen des Ersten Abschnitts KSchG, Allgemeiner Kündigungsschutz, Rechnung getragen. Dementsprechend muss eine tarifvertragliche Gestaltung des Direktionsrechts mit den Wertungen des Kündigungsschutzgesetzes, insbesondere mit den Wertungen der §§ 1, 2 KSchG, in Einklang stehen (LAG Köln 03.05.2006 – 7 (5) Sa 1584/05 – juris; LAG Brandenburg 30.06.2005 – 9 Sa 79/05 – BB 2005, 2017 ff.). Tarifliche Bestimmungen die dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der in seinem Arbeitsverhältnis bestehende Kündigungsschutz entzogen wird, ohne dass die Voraussetzungen für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 1, 2 KSchG gegeben sind, sind wegen Verstoßes gegen kündigungsschutzrechtliche Grundsätze in der Regel unwirksam (LAG Düsseldorf 21.12.2006 - 13 Sa 863/05 - juris; LAG Brandenburg 30.06.2005 - 9 Sa 79/05 – BB 2005, 2017 ff.).
482. Den Wertungen des Kündigungsschutzgesetzes entspricht der Tarifvertrag nicht. Nach Ziffer 5.3.3 TV sind die in das M.E.C. versetzten Arbeitnehmer verpflichtet, sich auf einen Arbeitsplatz eines externen Arbeitgebers vermitteln zu lassen. Nach der Tarifsystematik endet mit der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bei einem externen Arbeitgeber das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis. Nur in den in Ziffer 5.6 vorgesehenen Ausnahmefällen besteht ein Rückkehrrecht zur Beklagten. Damit soll das bestehende Arbeitsverhältnis zu beendet werden, ohne dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen für eine Beendigungs- oder Änderungskündigung gegeben sind.
49Gleiches gilt für die Verpflichtung des Arbeitnehmers gem. Ziffer 5.3.4 TV, sich an einen externen Arbeitgeber verleihen zu lassen. Bei dem Einsatz als Leiharbeitnehmer verliert der betroffene Arbeitnehmer zwar nicht seinen Vertragsarbeitgeber. Allerdings wird er dem Direktionsrecht eines anderen Arbeitgebers unterstellt. Die Ausübung des Direktionsrechts stellt jedoch eine der wesentlichsten Ausprägungen der Arbeitgeberstellung dar. Für den Arbeitnehmer, dessen arbeitsvertraglich geregelte Rechte und Pflichten darauf gerichtet sind, seine Tätigkeiten für das Unternehmen des Vertragsarbeitgebers zu verrichten, stellt die Erweiterung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts dahingehend, dass fortan auch die Zuweisung von unternehmensexterner Leiharbeit möglich sein soll, einen Eingriff in den Grundbestand seiner Rechte dar (LAG Düsseldorf 22.10.2013 – 16 Sa 622/13 – juris; LAG Düsseldorf 21.12.2006 - 13 Sa 863/05 - juris; LAG Köln 03.05.2006 - 7 (5) Sa 1584/05 - juris; LAG Brandenburg 30.06.2005 - 9 Sa 79/05 – BB 2005, 2017 ff.).
503. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus der Sondersituation, in der sich die Beklagte aufgrund der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus befindet. Die Beklagte muss in einem relativ kurzen Zeitraum einen erheblichen Personalabbau betreiben, anderseits soll bis zur endgültigen Schließung eine ordnungsgemäße Produktion gewährleistet werden. Es ist anerkennenswert, dass die Beklagte sich dabei darum bemüht, ihre Beschäftigten möglichst frühzeitig für einen Einsatz bei anderen Unternehmen zu qualifizieren. Soweit dies im Einvernehmen mit dem betroffenen Arbeitnehmer geschieht, stellt dies eine sinnvolle und rechtlich nicht zu beanstandende Regelung dar. Gleichwohl steht den Tarifparteien nicht, auch nicht unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen, die Kompetenz zur Legalisierung von Eingriffen in das Arbeitsverhältnis zu, welche dem Arbeitnehmer den durch das KSchG gewährleisteten Schutz nehmen bzw. abweichend von § 2 KSchG hinter dem dort normierten Schutzstandart zurückbleiben.
514. Erweist sich danach die im Tarifvertrag vorgesehene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses durch Auferlegung von Mitwirkungspflichten als unwirksam, so lässt sich dieser Mangel auch nicht dadurch beseitigen, dass nur ein Teil des Tarifvertrages von der Unwirksamkeitsfolge erfasst wird. Wie ohne weiteres ersichtlich ist, enthält der Tarifvertrag nicht nur den Arbeitnehmer belastende Regelungen, insbesondere die Pflicht, an Maßnahmen zur Qualifizierung teilzunehmen.
52Vielmehr stehen den Pflichten auch entsprechende Ansprüche des Arbeitnehmers und insbesondere die Gewährung von Sonderkündigungsschutz durch Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum Jahre 2018 gegenüber. Eine Teilunwirksamkeit und Aufrechterhaltung des Tarifvertrages im Übrigen würde folglich dazu führen, dass den tariflichen Rechten der Arbeitnehmer ein Weniger an Pflichten gegenüber stünde, als dies vom gemeinsamen Willen der Tarifparteien umfasst war. Ohne die Möglichkeit, die Gruppe der nicht mehr benötigten und nicht APG-berechtigten Arbeitnehmer auszuleihen und an andere Unternehmen zu vermitteln, führt die zugesagte Unkündbarkeit zu einer erheblichen wirtschaftlichen Mehrbelastung. Unter diesen Umständen scheidet aber die Möglichkeit aus, den Tarifvertrag als Teilregelung aufrechtzuerhalten. Vielmehr ist von der Unwirksamkeit des Tarifvertrages im Ganzen auszugehen.
53IV.
54Die Kosten des Rechtsstreits hat die in der Sache unterlegene Beklagte zu tragen, soweit sie nicht aus der Säumnis des Klägers resultieren, §§ 91 Abs. 1, 95 ZPO.
55V.
56Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
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Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.