Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 31. Jan. 2014 - 13 TaBV 66/13
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.06.2013 – 8 BV 149/12 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:
Die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung der Arbeitnehmer N und L jeweils in Tarifgruppe 8, 8. Berufsjahr, des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (Stand Juni 2012) wird ersetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens (noch) um die zutreffende Umgruppierung zweier Geschäftskundenberater.
4Im Betrieb der Arbeitgeberin kommen u.a. die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (Stand Juni 2012) - im Folgenden kurz: MTV - zur Anwendung. Soweit hier von Interesse, finden sich in § 6 MTV folgende Tarifgruppen:
5Tarifgruppe 6
6Tätigkeiten, die vertiefte gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen erfordern. …
7Tarifgruppe 7
8Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung erfordern, z.B.:
9Kundenberater …
10Tarifgruppe 8
11Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z.B.:
12Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl.
13Spezialberatung im Individualgeschäft) …
14Tarifgruppe 9
15Tätigkeiten, die sich durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Gruppe 8 hinausheben, z.B.:
16Kundenberater mit besonderen Anforderungen …
17§ 7 lautet auszugsweise wie folgt:
18Eingruppierung in die Tarifgruppen
19- 20
1. Die Arbeitnehmer werden nach der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Tarifgruppen eingruppiert …
- 21
2. Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, sind in diese Tarifgruppe einzugruppieren.
Neben diesem tariflichen Eingruppierungssystem besteht bei der Arbeitgeberin ein Funktionsmodell ComMap mit einer sog. Karriereleiter „Retail Banking - Vertrieb“ (RB), der die Funktion „Geschäftskundenberater“ zugeordnet ist. Dort ist eine Einstufung von RB 1 bis RB 4 möglich, wobei RB 1 der Tarifgruppe 8 MTV entspricht; ab RB 2 erfolgt dann eine außertarifliche Vergütung.
23Bei der Arbeitgeberin kommen im Zuge der Integration der Dresdner Bank seit dem 01.07.2010, soweit hier von Interesse, Privatkundenberater, Private Banking Berater, Geschäftskundenberater sowie – unterstützend – Spezialisten u.a. für den Kredit- und Wertpapierbereich zum Einsatz.
24Für die Tätigkeit eines Geschäftskundenberaters ist nach der bestehenden Stellenbeschreibung als „Zweck der Stelle“ ausgewiesen:
25Der Geschäftskundenberater betreut selbständig und aktiv die ihm zugeordneten Kunden. Er ist zuständig für die aktive Pflege und Weiterentwicklung der Kundenbeziehung, sowie für die Akquisition neuer Geschäftskunden. Maßgeblich für die Kundenzuordnung sind die kommunizierten Segmentierungskriterien. Neben der Weiterentwicklung im eigenen Segment hat der Geschäftskundenberater den Auftrag, Kunden mit weiterführendem Bedarf oder beim Überschreiten der Segmentierungskriterien aktiv in definierter Form weiterzuleiten und bei Bedarf Spezialisten professionell einzubinden. Hierbei orientiert er sich an den strategischen Zielen und geschäftspolitischen Schwerpunkten der Bank, unter Beachtung der Richtlinien innerhalb seines Verantwortungsbereiches.
26Der Geschäftskundenberater schenkt der Kundenzufriedenheit und Serviceorientierung besondere Beachtung und wendet die ihm von der Bank zur Verfügung gestellten DV-Systeme/DV-Anwendungen an. Er erbringt im Bedarfsfall und auf Anweisung seines Vorgesetzten Vertretungen innerhalb der Filiale.
27Zur persönlichen Weiterentwicklung kann der Geschäftskundenberater auf Empfehlung des Vorgesetzten bei Qualifizierungsmaßnahmen der Bank als Referent eingesetzt werden und kann Ausbildungspatenschaften übernehmen. Darüber hinaus kann er bei besonderer Qualifikation Produktpatenschaften in der Filiale übernehmen. In diesem Zusammenhang verfolgt er Änderungen und Neuerungen im ausgewählten Produktbereich und stellt diese eigeninitiativ innerhalb der Gruppe vor, um einen hohen Qualitätsstandard sicherzustellen.
28Die Kreditentscheidungen erfolgen gemäß bestehender Richtlinien und erteilter Kompetenzen.
29Als „Hauptaufgaben“ sind wiedergegeben:
30- 31
Aktive vertriebsorientierte Ansprache aller ihm zugeordneten Kunden, Interessenten und Nichtkunden mit dem Ziel der kontinuierlichen Ertragssteigerung
- 32
Regelmäßige und konsequente Terminvereinbarung unter Nutzung der zur Verfügung stehenden Anwendungen
- 33
Abschlussorientierte Beratung in allen Bedarfsfeldern seiner Kunden im Geschäfts-, Private Banking- und Privatkundengeschäft
- 34
Pflege und Ausbau bestehender Kundenverbindungen und Akquisition neuer Kunden
- 35
Verkauf aller der im Geschäftskundenbereich definierten Produkte und Dienstleistungen der privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierung
- 36
Abschlussorientierte und eigenverantwortliche Umsetzung zentralseitig generierter Vertriebshinweise
- 37
Einhaltung und Umsetzung der definierten Beratungsprozesse unter Einbezug der vertriebsunterstützenden Anwendungen
- 38
Aktive Planung der Vertriebsaktivitäten, Entwicklung und Ableitung der erforderlichen Maßnahmen und konsequente Ergebnisbesprechung mit dem Vorgesetzten zur kontinuierlichen Qualitätssteigerung
- 39
Sachliche sachgebietsübergreifende Kommunikation und erfolgreiche interne Zusammenarbeit
Daneben wird umfassendes Fachwissen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Einlagen, Wertpapier und Kredit verlangt.
41Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die Anlage ASt 6 zum Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 19.07.2012 (Bl. 26 ff. d. A.).
42Mit Schreiben vom 11.09.2012 (Bl. 73 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin bei dem im Betrieb bestehenden Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung und Umgruppierung des Mitarbeiters L von Tarifgruppe 7 MTV in Tarifgruppe 8 MTV. Dieser Arbeitnehmer ist seit dem 01.08.2006 im Betrieb tätig und kam nach Beendigung seiner Ausbildung zuletzt als Privatkundenberater mit einer Vergütung nach Tarifgruppe 7 MTV zum Einsatz. Nach erfolgreicher neunmonatiger Absolvierung eines Einarbeitungsprogramms, das gemäß der im Unternehmen geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung „ComGrow“ vom 12.12.2007 (Bl. 14 ff. d. A.) Mitarbeiter auf die Übernahme einer neuen Funktion vorbereitet, sollte er ab 01.10.2012 die Aufgaben eines Geschäftskundenberaters übernehmen.
43Mit Schreiben vom 06.06.2013 (Bl. 270 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat auch die Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers N ab dem 01.06.2013 von Tarifgruppe 7 MTV in Tarifgruppe 8 MTV. Dieser ist ebenfalls seit dem 01.08.2006 im Betrieb tätig und übernahm nach Beendigung seiner Ausbildung die Aufgaben eines Privatkundenberaters mit einer Vergütung nach Tarifgruppe 7 MTV, bevor er das genannte Einarbeitungsprogramm „ComGrow“ nach einem halben Jahr am 31.05.2013 erfolgreich abschloss.
44Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 19.09.2012 (Bl. 74 ff. d. A.) und 12.06.2013 (Bl. 271 ff. d. A.) stimmte der Betriebsrat den Versetzungen zu, verweigerte aber die Zustimmung zu den beabsichtigten Umgruppierungen unter Hinweis darauf, die beiden Arbeitnehmer hätten zumindest einen Anspruch auf Eingruppierung in Tarifgruppe 9 MTV.
45Daraufhin leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren ein mit dem Begehren, die Zustimmung des Betriebsrates zu ersetzen.
46Sie hat die Auffassung vertreten, die Funktion des Geschäftskundenberaters entspreche den allgemeinen Merkmalen der Tarifgruppe 8 MTV und sei dem dortigen Tätigkeitsbeispiel eines Kundenberaters mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft) zuzuordnen. Hingegen würden sich Tätigkeiten des Geschäftskundenberaters nicht durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Tarifgruppe 8 MTV hinausheben, wie es in Tarifgruppe 9 MTV vorausgesetzt werde; es sei kein Kundenberater mit besonderen Anforderungen.
47So würde die Erledigung seiner Aufgaben durch den Einsatz von EDV-Programmen sowie durch die Unterstützung von Back-Office-Einheiten erleichtert. Bilanzen würden regelmäßig an den Kreditentscheider weitergegeben. Dieser erstelle dann aufgrund der Bilanz ein Rating. Kreditgewährungen dürften zum Großteil nur mit einem Kreditentscheider im Vier-Augen-Prinzip getroffen werden. – Das Leistungsangebot solle mit verschiedenen Spezialisten, namentlich im Kredit- und Wertpapierbereich, abgedeckt werden. Auch dürfe eine Beratung nicht bei allen Produkten vollständig vom Geschäftskundenberater erfolgen.
48Die Arbeitgeberin hat beantragt,
49- 50
1. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters L in die Vergütungsgruppe 8, 7. Berufsjahr, des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung von Juni 2012 zu ersetzen,
- 51
2. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters N in die Vergütungsgruppe 8, 8. Berufsjahr, des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung von Juni 2012 zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
53die Anträge zurückzuweisen.
54Er hat die Auffassung zum Ausdruck gebracht, die beiden Geschäftskundenberater müssten in Tarifgruppe 9 MTV umgruppiert werden, wobei es der Arbeitgeberin obliege, darzulegen, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund vorliege.
55Die einschlägigen Tarifgruppen bauten aufeinander auf, beginnend für Kundenberater mit der Tarifgruppe 7 MTV. Dieser berate regelmäßig spartenübergreifend über einfache Formen standardisierter Produkte. Bei einem Kundenberater der Tarifgruppe 8 MTV liege der Schwerpunkt im Kredit-, Wertpapier- und Auslandsgeschäft. In dieser Funktion würden an seine Aufgabenerfüllung erhöhte Anforderungen gestellt, so dass die Voraussetzungen des ersten Tätigkeitsbeispiels erfüllt seien.
56In Tarifgruppe 9 MTV seien schließlich Kundenberater einzugruppieren, die eine qualifizierte Beratung in klassischen Geschäftssparten des Bankgeschäfts wahrnehmen würden, wozu die Geschäftskundenberater zu rechnen seien. Diese hätten sich nämlich um Gewerbetreibende und Freiberufler mit einem Jahresumsatz von bis zu 2,5 Millionen € zu kümmern und seien damit auch Firmenkundenbetreuer. Zur Erledigung der Aufgaben bedürfe es erhöhter Kenntnisse z.B. in Haftungsfragen. Die zu erstellenden Finanzierungen seien komplex, wobei vom Geschäftskundenberater Vorschläge zur individuellen Absicherung spezieller Risiken erwartet würden.
57Durch Beschluss vom 19.06.2013 hat das Arbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsanträgen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Geschäftskundenberater aufgrund der von ihm durchzuführenden Spezialberatung, die sich vom Massengeschäft abgrenze, den Anforderungen der Tarifgruppe 8 MTV gerecht werde. Die Voraussetzungen der Tarifgruppe 9 MTV seien aber nicht erfüllt. So könne nicht auf die Vielzahl der von ihm anzubietenden Produkte abgestellt werden, weil die Tarifgruppen daran nicht anknüpfen würden. Auch in Bezug auf Haftungsfragen sei eine besondere Schwierigkeit und/oder Verantwortung nicht ersichtlich.
58Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.
59Er weist darauf hin, dass Kundenberater mindestens in Tarifgruppe 7 MTV einzugruppieren seien; dazu gehörten die Privatkundenberater. Wenn diese vertieften Anforderungen hinsichtlich der Angebotspalette gerecht oder den Weg eines Spezialisten weitergehen würden, seien die Voraussetzungen der Tarifgruppe 8 MTV erfüllt, wie es bei den (ehemaligen) Senior-Privatkundenberatern der Fall gewesen sei.
60Demgegenüber erfüllten die Geschäftskundenberater die Voraussetzungen der Tarifgruppe 9 MTV. Ihre Tätigkeit erforderten ein breiteres Fachwissen, z.B. in den Bereichen Zahlungsverkehr, Wertpapier und Kredit; hinzu kämen umfassende Kenntnisse im Bereich Einlagen, um Kunden in mehreren Geschäftsbereichen der Bank kompetent beraten zu können.
61Was seine Verantwortung angehe, betreue der Geschäftskundenberater individuell Kunden bis zu einem Volumen von 1.250.000,-- €, im Falle N sogar bis vier Millionen €, wobei der Geschäftskundenberater erst bei einem Anlagevolumen von über 250.000,-- € einen Wertpapier- oder Kreditspezialisten unterstützend hinzuziehen müsse.
62Davon abgesehen sei die Arbeitgeberin bislang ihrer Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund vorliege, nicht gerecht geworden.
63Der Betriebsrat beantragt,
64den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.06.2013 – 8 BV 149/12 – abzuändern und die Anträge abzuweisen.
65Die Arbeitgeberin beantragt,
66die Beschwerde zurückzuweisen.
67Sie meint, die Tätigkeit eines Geschäftskundenberaters gehe weder im Anlage- bzw. Wertpapier- noch im Kreditgeschäft oder bei sonstigen Aufgaben bezüglich der in Tarifgruppe 9 MTV vorausgesetzten Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über die in Tarifgruppe 8 MTV verlangten Tätigkeiten hinaus. So würden die Aufgaben des Geschäftskundenberaters bei Finanzierungsanfragen und Kreditentscheidungen durch den Einsatz von EDV-Programmen und durch die Unterstützung bzw. Mitentscheidung von Back-Office-Einheiten erleichtert. Bilanzen würden ohne eine „tiefergehende“ Analyse an den Kreditentscheider weitergegeben, der aufgrund dessen ein Rating erstelle.
68Kreditentscheidungen würden durch Ratingsysteme unterstützt, wobei Kredite ganz überwiegend nur gemeinsam mit dem Kreditentscheider vergeben werden dürften.
69Der Geschäftskundenberater als Hauptansprechpartner der Kunden müsse jeweils gemeinsam mit Produktspezialisten eine sachgerechte Lösung für den konkreten Kundenbedarf ermitteln.
70Konkret betreue der Arbeitnehmer L heute einen festen Kundenstamm, wobei cirka 90 % einen geschäftlichen Hintergrund hätten. Hauptsächlich betreue er die Kunden in den Bereichen Zahlungsverkehr, Kreditanfragen und –bearbeitung sowie standardisierte Anlage- und Vorsorgelösungen – ggf. unter Hinzuziehung von Spezialisten. Daneben sei er für die Neuakquisition von Geschäftskunden verantwortlich, während er z.B. für Existenzgründungen nicht zuständig sei.
71Demgegenüber seien dem Arbeitnehmer N noch keine festen Kunden zugeordnet. Seine primären Aufgaben würden im Bereich von Neukunden liegen, z.B. Kontoeröffnungen sowie Finanzierungsanfragen und –bearbeitung. Auch wenn er mit einer Kreditkompetenz bis zu vier Millionen € ausgestattet sei, was nur bei Kunden mit einer Top-Bonität gelte, müsse er die einschlägigen Kompetenzregeln beachten; z.B. müsse dann generell der Wertpapierspezialist der Filiale eingebunden werden.
72Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
73B.
74Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist unbegründet.
75Zu Recht ist nämlich das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer L und N jeweils in Tarifgruppe 8 MTV zu ersetzen war.
76I. In dem Zusammenhang ist vorauszuschicken, dass es sich bei den personellen Einzelmaßnahmen um Umgruppierungen im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt, weil bei beiden Arbeitnehmern mit der versetzungsbedingten Veränderung ihrer Tätigkeitsbereiche auch eine Änderung der bisherigen Einordnung in das kollektive Entgeltschema der §§ 6 f. MTV verbunden ist (vgl. zuletzt BAG, 11.09.2013 – 7 ABR 29/12).
77II. Die vom ordnungsgemäß unterrichteten Betriebsrat mit Schreiben vom 19.09.2012 und 06.06.2013 wirksam verweigerten Zustimmungen waren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, weil die beiden Geschäftskundenberater L und N zu Recht der Tarifgruppe 8 MTV und nicht der höchsten Tarifgruppe 9 MTV zuzuordnen sind.
781. Die hier einschlägigen drei Tarifgruppen für Kundenberater, nämlich die Tarifgruppen 7 bis 9 MTV, sind durch allgemeine Merkmale (Oberbegriffe) und dazu ergangene Tätigkeitsbeispiele umschrieben. Dabei sind Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, gemäß § 7 Nr. 2 MTV in diese Tarifgruppe einzugruppieren.
79a) Nach den allgemeinen Merkmalen der Tarifgruppe 7 MTV ist es erforderlich, dass die Tätigkeiten umfassende, also mehr als die in Tarifgruppe 6 MTV schon vorausgesetzten gründlichen bzw. vertieften Kenntnisse voraussetzen. Daneben bedarf es zur Ausführung überwiegend eigener Entscheidungen – gegenüber solchen in nur begrenztem Umfang in Tarifgruppe 6 MTV. Schließlich muss ein entsprechendes Maß der Verantwortung hinzutreten.
80Hiervon ist im Falle von Kundenberatern, die in Tarifgruppe 7 MTV als erstes Tätigkeitsbeispiel aufgeführt sind, angesichts der Regelung in § 7 Nr. 2 MTV ohne Weiteres auszugehen. Damit ist dem Gesichtspunkt Rechnung getragen worden, dass Kundenberatern angesichts ihres erweiterten Fachwissens und ihrer erweiterten Entscheidungsbefugnisse sowie des Maßes der damit verbundenen Verantwortung eine herausgehobene Funktion im jeweiligen Unternehmen zukommt (vgl. Kappes/Sauer/Grimmke/Thau/Semler, Tarifverträge für das Bankgewerbe, § 6 Rn. 24b). Sie sind nämlich grundsätzlich nicht für das von Schalterangestellten abzuwickelnde Tagesgeschäft zuständig (BAG, 10.02.1999 – 10 ABR 38/98 u.a.).
81b) In Tarifgruppe 8 MTV werden sodann bei den Oberbegriffen nicht mehr bestimmte Voraussetzungen kumulativ aufgestellt, sondern es reicht, wenn die Tätigkeiten entweder besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, wobei allerdings das zweite zumeist mit dem ersten einhergeht (Kappes/Sauer/Grimmke/Thau/Semler, a.a.O., § 6 Rn. 26).
82In dem dazu ergangenen ersten Tätigkeitsbeispiel sind Kundenberater mit erhöhten Anforderungen aufgeführt, wobei im Klammerzusatz beispielhaft die Spezialberatung im Individualgeschäft erwähnt ist.
83In Tarifgruppe 9 MTV wird – wiederum alternativ oder kumulativ – auf die Merkmale der Schwierigkeit und Verantwortung abgestellt, wobei hinzukommt, dass die dadurch bedingte Hinaushebung über Tarifgruppe 8 MTV offenbar, d.h. ohne Weiteres erkennbar sein muss (Kappes/Sauer/Grimmke/Thau/Semler, a.a.O., § 6 Rn. 27).
84Bei den Tätigkeitsbeispielen ist dann wiederum der Kundenberater aufgeführt, allerdings mit der Hinzufügung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Anforderungen – im Unterschied zu den erhöhten Anforderungen in Tarifgruppe 8 MTV.
85Wird danach also maßgeblich auf den Grad der Anforderungen abgestellt, ergibt die gebotene Auslegung des Wortes „besonders“, dass es sich – im Verhältnis zu erhöhten Anforderungen – um solche handeln muss, die über das Übliche weit hinaus gehen und außergewöhnlich sind (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „besonder…“). Zu diesem Begriffsverständnis passt dann wiederum das Merkmal „ offenbar“, denn wenn Anforderungen über das übliche Maß weit hinausgehen, ist dies auch ohne Weiteres erkennbar.
862. Gemessen an diesen Vorgaben, sind die beiden Geschäftskundenberater L und N zu Recht in Tarifgruppe 8 und nicht in Tarifgruppe 9 MTV umzugruppieren.
87Ausweislich der einschlägigen Stellenausschreibung betreuen Geschäftskundenberater allgemein bestimmte, ihnen nach spezifischen Segmentierungskriterien zugeordnete Geschäftskunden, beraten diese abschlussorientiert in allen Bedarfsfeldern und sind für den Verkauf der einschlägigen Produkte und Dienstleistungen zuständig. Dabei haben sie die zur Verfügung stehenden Anwendungen zu nutzen, zentralseitig generierte Vertriebshinweise zu beachten und bei Bedarf Spezialisten einzubinden. Um den in vielerlei Hinsicht erhöhten Anforderungen gerecht werden zu können, benötigen sie ein umfassendes Fachwissen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Einlagen, Wertpapier und Kredit.
88Alle diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, ihn – über Tarifgruppe 7 MTV hinaus – der Tarifgruppe 8 MTV zuzuordnen.
89Hingegen sind keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, einen solchen Geschäftskundenberater in die Tarifgruppe 9 MTV einzugruppieren, weil an ihn nicht besondere Anforderungen im Sinne der Tarifnorm gestellt werden. So bedient er sich bei seiner Tätigkeit den arbeitgeberseits zur Verfügung gestellten umfangreichen Informationen und Unterlagen sowie Datenverarbeitungssystemen und weiterer vertriebsunterstützender Anwendungen, hat Vertriebshinweise zu beachten und muss bei komplexeren Fragestellungen die entsprechenden Produktspezialisten namentlich im Kredit- und Wertpapierbereich einbinden. Bei Kreditzusagen hat er sich nach bestehenden Richtlinien und Kompetenzverteilungsvorgaben zu richten, so dass er ganz überwiegend nur gemeinsam mit einem Kreditentscheider Kredite bewilligen kann.
90Aus alledem folgt, dass der Geschäftskundenberater für seinen Kundenbereich zwar Generalist für die Beratung in verschiedenen klassischen Bereichen des Bankgeschäfts ist, aber bei darüber hinausgehenden Geschäftsabwicklungen die jeweiligen Produktspezialisten hinzuziehen hat. Darin zeigt sich, dass an seine Tätigkeit keine besonderen Anforderungen im Sinne der Tarifgruppe 9 MTV gestellt werden.
91So bezieht sich aktuell auch die Haupttätigkeit des Arbeitnehmers L „nur“ auf die Betreuung seines Kundenstamms zu den Themen Zahlungsverkehr, Kreditanfragen und -bearbeitung sowie die Beratung zu standardisierten Anlage- und Vorsorgelösungen, wobei er ggf. Spezialisten hinzuzieht; daneben ist er für die Neuakquisition verantwortlich einschließlich des Prozesses der Kontoeröffnung.
92Die primären Aufgaben des Arbeitnehmers N liegen im Bereich der Neukunden, und zwar Kontoeröffnungen, Finanzierungsfragen und –bearbeitung. Daneben wird er im Bestandskundengeschäft eingesetzt. Finanzierungen hat er bislang in einfacherem Umfang nach Standardvorgaben betreut.
93Dies alles macht deutlich, dass an die Tätigkeit der beiden Geschäftskundenberater L und N weder nach den Vorgaben der Stellenbeschreibung noch nach deren tatsächlichen Einsatzgebieten – über die in Tarifgruppe 8 MTV vorausgesetzten erhöhten Anforderungen hinaus – besondere Anforderungen im Sinne der Tarifgruppe 9 MTV gestellt werden.
94Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
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Annotations
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.