Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil, 05. März 2008 - 2 K 202/06
Gericht
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen geänderte Einkommensteuer(ESt)-Festsetzungen für 1991 und 1992.
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Das Finanzamt erließ mit Datum vom 16. Dezember 2002 bzw. 8. Dezember 2003 geänderte ESt-Bescheide für die Streitjahre 1991 und 1992, in denen jeweils die Einkünfte aus Kapitalvermögen in geschätzter Höhe angesetzt wurden.
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In den hiergegen gerichteten Einspruchsverfahren ergingen jeweils mit Datum vom 2. März 2006 erneut geänderte ESt-Bescheide 1991 und 1992 mit verringerten geschätzten Einnahmen aus Kapitalvermögen (1991: 25.792,-DM; 1991: 16.296,-DM).
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Mit Entscheidungen vom 17. bzw. 18. Oktober 2006 wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück.
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Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klageschrift ist mit einer eingescannten Unterschrift versehen und per normalem Fax an das Gericht übermittelt worden.
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Zur Begründung führt der Kläger Folgendes aus:
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Die Klage in der Hauptsache sei wirksam erhoben worden. Der Geschäftsführer der früheren Prozessbevollmächtigten der Treuhand- und Steuerberatungs GmbH, Steuerberater A habe einen Mitarbeiter in der damals bestehenden Niederlassung in X beauftragt, die Klageschrift vorzubereiten. Der Entwurf der Klageschrift sei von Herrn A, der sich zum Zeitpunkt der Klagerhebung in Y aufgehalten habe, abgestimmt worden. Herr A habe sodann den Mitarbeiter in X beauftragt, seine Unterschrift in den Entwurf vom 18. November 2006 einzuscannen, die Klagschrift auszudrucken und per Fax an das Finanzgericht in Kiel zu übersenden. Bei dieser Gelegenheit sei von dem Mitarbeiter die Zweitschrift mit dem handschriftlichen Vermerk “Abschrift” versehen und sodann am 18. November 2006 die Klagschrift nebst Abschrift an das Gericht per Fax übersandt worden.
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Die Hinzuschätzungen seien weder dem Grunde noch der Höhe nach berechtigt. Insoweit wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 19. Dezember 2006, 22. August 2007 und 26. Februar 2006 Bezug genommen.
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Der Kläger beantragt, die ESt-Bescheide 1991 und 1992 jeweils vom 2. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 17. bzw. 18. Oktober 2006 zu ändern und dabei die Einkünfte aus Kapitalvermögen wie erklärt mit 2.834,-DM (1991) bzw. 271,-DM (1992) anzusetzen.
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Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
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Das Finanzamt erwidert wie folgt:
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Die Klage sei nicht wirksam erhoben worden. Der Kläger räume nunmehr ein, dass es sich bei der Klageschrift nicht um ein per Computerfax übermitteltes Dokument handele. Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte vom 5. April 2000 (Az. GmS-OGB 1/98) könne damit auf den Streitfall nicht angewendet werden.
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Im Übrigen seien die Schätzungen der Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 12. Januar 2007, 5. März 2007 und 2. April 2007.
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In der mündlichen Verhandlung am 5. März 2008 hat der Prozessbevollmächtigte hinsichtlich der Umstände der Klageerhebung klargestellt, dass der Klageentwurf von Herrn A erstellt und per Mail an den Mitarbeiter B mit der eingescannten Unterschrift übermittelt worden sei. Dieser habe sodann den Entwurf ausgedruckt und per Fax an das Gericht übermittelt. Das Finanzamt hat eingeräumt, dass bei einer zulässigen Klage die Zinsen aus dem Komplex “Stockoptionen” nicht zu erfassen wären.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze, 1 Band Leitzordner ESt-Akten, 1 Band Arbeitsakte Rechtsbehelfsverfahren sowie die Gerichtsakte des Eilverfahrens mit dem Aktenzeichen 2 V 12/07 Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unzulässig.
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Die Klage ist nicht ordnungsgemäß innerhalb der Klagefrist erhoben worden.
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Gemäß § 64 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Dies erfordert nach der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift (vgl. Nachweise bei Gräber/von Groll, Kommentar zur FGO, § 64 Rn. 19). Ausnahmsweise können allerdings nach dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 (Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2000, 2340) in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift des Prozessbevollmächtigten auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden. Diese Fallgestaltung ist im Streitfall aber nicht gegeben. Zwar hat sich der frühere Prozessbevollmächtigte hierauf mit der Behauptung berufen, dass die Klageschrift vom 18. November 2006 mit der eingescannten Unterschrift aus dem Computer versendet worden sei. Demgegenüber räumt der jetzige Prozessbevollmächtigte im Schriftsatz vom 19. November 2007 und auch mit dem klarstellenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung ein, dass die angefertigte und mit der eingescannten Unterschrift versehene Klageschrift ausgedruckt und mit normalem Fax an das Finanzgericht übermittelt worden ist.
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Bei einem per Telefax dem Gericht übermittelten Schriftsatz wird die erforderliche Schriftform aber nur als gewahrt angesehen, wenn das Telefax nicht nur den Namen des Prozessbevollmächtigten, sondern auch dessen auf dem Original des per Telefax übersandten Schriftsatzes befindliche Unterschrift erkennen lässt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 25. November 2003 BFH/NV 2004, 519 mwN; vgl. auch Beschluss des BGH vom 10. Oktober 2006 Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2006, 3784).
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Da die Klageschrift vom 18. November 2006 diese Anforderungen nicht erfüllt, ist die Klage unzulässig.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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Annotations
(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.
(2) Der Klage sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden; § 77 Abs. 2 gilt sinngemäß.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.