I. Streitig ist die zolltarifliche Einreihung eines SEPIC-Transformers.
Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Forschung, der Entwicklung, der Herstellung und des Vertriebs von elektronischen Bauelementen, elektronischen Systemen und Software tätig und erbringt damit zusammenhängende Dienstleistungen. Sie führte im Zeitraum von Januar 2008 bis März 2010 eine Vielzahl von Sendungen aus Drittländern ein, die unter anderem einen SEPIC-Transformer mit der Bezeichnung A des Lieferanten B enthielten. Diese Waren überführte die Klägerin in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr unter Angabe der Codenummer 8504 50 20 90 0 der Kombinierten Nomenklatur (KN) mit Zollsatz frei.
Die Ware verfügt über zwei Wicklungen aus … Kupferdraht um einen gemeinsamen Ferritkern, wobei eine Wicklung 11,5 Windungen und die andere Wicklung 14,5 Windungen aufweist. Die Drahtstärke beträgt bei beiden Wicklungen … mm. Zwischen den beiden Spulen befindet sich eine magnetisch wirkende Ferritfolie (…). Die Herstellung der Ware erfolgt im Wesentlichen in der Weise, dass zunächst die erste Wicklung um den Ferritkern gewickelt wird und die beiden Enden des Kupferdrahtes an gegenüberliegenden Pins des Gehäuses der Ware befestigt werden. Anschließend wird die Ferritfolie über der Wicklung angebracht, so dass diese vollständig bedeckt ist. Auf die Ferritfolie erfolgt dann die zweite Wicklung, wobei die beiden Drahtenden an den noch freien beiden Pins am Gehäuse befestigt werden. Die Kupferdrähte der beiden Wicklungen und die vier Drahtenden sind im Zeitpunkt der Einfuhr nicht miteinander verbunden oder verschalten (vgl. …).
Die Ware wird für die beiden Spulen innerhalb eines SEPIC-Wandlers (single ended primary inductance converter) für bestimmte Automative-Anwendungen verwendet. Mit einem SEPIC-Transformer kann Wechselspannung an eine bestimmte Voltanzahl angepasst und damit erhöht oder verringert werden. Dabei wirken die beiden Spulen als Energiespeicher. Über die eine Spule kann die Spannung erhöht und über die andere verringert werden. Dazu wird die Ware über eine (hier nicht zu beurteilende und nicht mit eingeführte) Elektronik gesteuert. Diese Elektronik enthält einen Schalter (so genannter Transistor), dessen Schaltfrequenz für die Erhöhung oder Verringerung der Spannung maßgeblich ist. Reicht die Energie einer Spule zur Erhöhung der Spannung nicht aus, wird auf die in der zweiten Spule gespeicherte Energie zurückgegriffen.
Die Ferritfolie bewirkt eine weitgehende Abschirmung der beiden Wicklungen. Dies führt dazu, dass – wenn ein SEPIC-Transformer wie ein Transformator betrieben würde – weniger als 2 % der Energie übertragen würden, während 98 % der Energie verloren gingen.
Nach einer Außenprüfung betreffend die Einfuhrabgaben im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. März 2010 kam das Hauptzollamt (HZA) zu dem Ergebnis, dass diese Drosselspulen in die Unterposition 8504 31 80 90 0 KN (Zollsatz 3,7 %) einzureihen seien (vgl. Prüfungsbericht vom …).
Aufgrund dessen setzte das HZA mit Einfuhrabgabenbescheid vom 14. Dezember 2010 für zwölf Einfuhren im Zeitraum vom 9. Januar bis 4. April 2008 gegen die Klägerin Zoll i. H. v. 584,49 € fest.
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 3. Januar 2011 Einspruch ein, den das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 10. September 2012 zurückwies.
Ihre Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen folgendermaßen: Die Bezeichnung für das betroffene Bauelement sei ihr vom Kunden vorgegeben worden und habe nicht den objektiven Charakter der Einfuhrware getroffen. Tatsächlich handle es sich um eine Doppelspule bzw. nach der Bauform um eine SMD-Drosselspule. Beim Einsatz in einen SEPIC-Wandler sollten sich die beiden Induktivitäten gegenseitig möglichst wenig beeinflussen. In einer SEPIC-Schaltung würden als Energiespeicher zwei Spulen und ein Kondensator arbeiten, wobei die Induktivitäten als eine Doppelspule mit zwei Windungen auf dem gleichen Kern oder als zwei unabhängige Spulen ausgeführt sein können. Die streitige Ware ersetze die beiden Einzeldrosseln einer SEPIC-Schaltung. Mit dem Einsatz der Abschirmfolie (Ferritfolie) werde der für die Eigenschaften eines Transformators charakteristische möglichst hohe Koppelfaktor und damit die verlustfreie Übertragung negativ beeinflusst. Eine magnetische Schirmung zwischen den Wicklungen eines Transformators sei widersinnig, weil ein Transformator die Aufgabe habe, elektrische Leistung möglichst verlustfrei von der Eingangswicklung mittels eines magnetischen Feldes zur Ausgangswicklung zu übertragen. Die Funktion der hier streitigen Ware sei aber gerade die von zwei Einzelinduktivitäten. Die Ferritfolie, die kein Kupfer enthalte, schirme magnetisch die Wicklung 1 von der Wicklung 2 ab.
Nach den objektiven Merkmalen und Eigenschaften der Einfuhrware handle es sich bei der Doppelspule um eine Drosselspule der Unterposition 8504 50 KN. Drosselspulen hätten – im Gegensatz zu Transformatoren – nur eine stromleitende Wicklung. Nach dem ersten Anschein entspräche die Bauart der hier streitigen Ware zwar der von Transformatoren der Unterposition 8504 31 KN. Es fehle aber bei einer Doppelspule – im Unterschied zu Transformatoren – an einem Primär- und Sekundärstromkreis. Im Übrigen sei durch den Einbau einer Abschirmfolie zwischen die beiden Wicklungen der Doppelspule eine Übertragung von Spannung bzw. Strom mittels Magnetfeld zwischen den beiden Einzelinduktivitäten unterbunden worden. Jedenfalls hätte die Ware zumindest die objektiven Beschaffenheitsmerkmale eines Transformators und einer Drosselspule und sei daher nach AV 3 Buchst. c in die Unterposition 8504 50 95 KN einzureihen. Eine Zweckentfremdung als Transformator sei jedoch in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht völlig unsinnig und deshalb ohne praktische Bedeutung.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 14. Dezember 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 10. September 2012 aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aufgrund der unterschiedlichen Wicklungen und Induktivitäten sei die streitige Ware nicht mit den im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. April 2011 beschriebenen Erzeugnissen vergleichbar, weil es sich bei diesen um Waren mit gleichen Wicklungen und einem Übertragungsverhältnis 1:1 gehandelt habe. Das streitige Erzeugnis weise einen Kern mit zwei unterschiedlichen Wicklungen auf, und die Übertragung des Stroms geschehe durch den Kern. Dies entspreche vom Aufbau her eindeutig einem elektrischen Transformator der Position 8504 KN, weil hierbei durch Induktion Wechselstrom in einem festgelegten oder geregelten Verhältnis in Wechselstrom mit anderer Stärke oder Spannung umgewandelt werde. Die Folie trenne nicht den Kern in zwei Teile, d. h. die Induktion von einer auf die andere Spule über den Spulenkern bleibe. Diese Abschirmung diene vielmehr der Vermeidung von Störfrequenzen (Interferenzen). Das von den Wicklungen aufgebaute Magnetfeld werde dagegen kaum beeinflusst. Eine Abschirmfolie sei im Transformatorenbau durchaus üblich. Weil im Wortlaut der betreffenden Position und Unterposition eine spezielle Verwendung nicht genannt sei, habe der Verwendungszweck eines Transformators keinen Einfluss auf die zolltarifliche Einreihung. Die Abschirmfolie werde zur elektromagnetischen Abschirmung und zur Vermeidung von Störfrequenzen (Interferenzen) verwendet.
Die von der Klägerin beschriebenen SEPIC-Wandler würden der Umwandlung von Gleichstrom einer bestimmten Spannung in Gleichstrom einer anderen Spannung dienen. Jeder SEPIC-Wandler verfüge über einen zwingend notwendigen Schalter, der während des Umwandlungsvorgangs regelmäßig betätigt werde. Dieser Schaltvorgang führe zu einer Spannungsänderung. Die Spannungsänderung verursache wiederum eine Spannungsinduktion in der induktiv gekoppelten Spule des verwendeten Transformators. Das von der Klägerin behauptete Gleichbleiben des zugeführten Stroms liege aufgrund der ständig ausgeführten Schaltvorgänge im SEPIC-Wandler somit nicht vor. Ein SEPIC-Transformer könne folglich ohne Zweckentfremdung in der SEPIC-Wandler-Schaltung als Transformator verwendet werden. Wegen des Aufbaus der streitigen Ware komme eine Einreihung als Gleichtaktdrossel der Unterposition 8504 50 95 KN nicht in Frage. Die Ware sei vielmehr in die Unterposition 8504 31 80 90 0 KN einzureihen. Ungeachtet der geringen Energieübertragung sei ein SEPIC-Transformer wegen seines physiologischen Aufbaus als ein Transformator in diesem Sinne zu betrachten.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.
II. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1. Die Klägerin verfügt über ein Rechtsschutzbedürfnis. Sie begehrt zwar die Einreihung eines SEPIC-Transformers in die Unterposition 8504 50 95 20 0 KN, die – genau wie die vom HZA der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegte Unterposition 8504 31 80 90 0 KN – einem regulären Drittlandszollsatz von 3,7 % unterliegt.
Allerdings hat für den hier maßgeblichen Zeitraum von Januar bis April 2008 nach Art. 2 und dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 300/2006 des Rates vom 30. Januar 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1255/96 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte gewerbliche, landwirtschaftliche und Fischereierzeugnisse (ABl. (EU) Nr. L 56/1 vom 25. Februar 2006) eine autonome Zollaussetzung i. S. d. Art. 20 Abs. 3 Buchst. f des Zollkodex (ZK) bestanden.
Diese hat die Klägerin innerhalb von gut zwei Monaten nach Mitteilung der Abgabenschuld mit Einfuhrabgabenbescheid vom 14. Dezember 2010 mit Schreiben vom 23. Februar 2011 rechtzeitig beantragt. Deshalb kann dahinstehen, ob Art. 20 Abs. 4 Satz 2 ZK, wonach der Antrag so lange nachträglich gestellt werden kann, wie die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt sind, so zu verstehen ist, dass die Gewährung der Zollaussetzung grundsätzlich unbegrenzt beantragt werden kann, oder ob der Antrag – unter Anlehnung an Art. 236 Abs. 2 Satz 1 ZK – innerhalb von drei Jahren nach Mitteilung der Abgaben zu stellen ist.
Abgesehen davon unterliegt der Einfuhrabgabenbescheid gem. § 367 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung 1977 (AO) einer vollumfänglichen Überprüfung, weshalb auch die Höhe des Zollsatzes zugunsten der Klägerin reduziert werden kann.
2. Das HZA hat den SEPIC-Transformer zu Recht in die Unterposition 8504 31 80 90 0 KN (Zollsatz 3,7 %) eingereiht und diesbezüglich mit Einfuhrabgabenbescheid vom 14. Dezember 2010 gegen die Klägerin Zoll i. H. v. 584,49 € festgesetzt.
Die Klägerin hat die hier zu beurteilenden Waren im Zeitraum von 9. Januar bis 4. April 2008 in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt. Dementsprechend richtet sich die zolltarifliche Einreihung nach der KN in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl (EG) Nr. L 286 vom 31. Oktober 2007).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (EuGH-Urteil vom 20. November 2014 Rs. C-666/13, noch nicht amtlich veröffentlicht; EuGH-Urteil vom 13. Juli 2006 Rs. C-514/04, Slg. 2006 I-6721; BFH-Urteil vom 4. November 2003 VII R 58/02, BFH/NV 2004, 454; BFH-Urteil vom 30. Juli 2003 VII R 40/01, BFH/NV 2004, 835; vgl. auch Allgemeine Vorschriften - AV - 1 und 6 für die Auslegung der KN). Darüber hinaus sind die Erläuterungen (Erl.) zum Harmonisierten System (HS) und zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (ständige Rechtsprechung des EuGH und des BFH; EuGH-Urteil vom 13. Juli 2006, Rs. C-514/04, a.a.O.; BFH-Urteil vom 4. November 2003 VII R 58/02, a. a. O.). Maßgebend für die Tarifierung ist der Zustand, in dem die Ware zur Zollabfertigung gestellt wird. Darüber hinaus kann der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er der Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lässt (EuGH-Urteil vom 27. September 2007, Rs. C-208/06, Slg. 2007 I-7963).
a) Die Position 8504 KN erfasst nach ihrem Wortlaut „Elektrische Transformatoren, elektrische Stromrichter (z. B. Gleichrichter) sowie Drossel- und andere Selbstinduktionsspulen“. Die Unterposition 8504 31 80 90 0 KN enthält eine Auffangposition „andere“ für Transformatoren, die nicht bereits in einer vorhergehenden Unterposition genannt sind.
Dem Wortlaut der Position 8504 KN und ihrer Unterpositionen sowie den Anmerkungen zu Abschnitt XVI oder zu Kapitel 85 KN lassen sich keine Anhaltspunkte für die Abgrenzung elektrischer Transformatoren von Drossel- und anderen Selbstinduktionsspulen entnehmen (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561).
Allerdings ergeben sich aus den Erläuterungen, die zumindest als Hilfsmittel bei der Auslegung der einzelnen Tarifpositionen herangezogen werden können, Hinweise auf die Abgrenzung dieser beiden Warentypen. Nach Erl. 06.0 zu Kapitel 85 HS handelt es sich bei einem Transformator um ein Gerät zum Umwandeln von Elektrizität. Es sind Geräte ohne bewegliche Teile, die durch Induktion Wechselstrom in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom mit anderer Stärke oder Spannung usw. umwandeln. Sie bestehen in der Regel aus zwei oder mehr Spulen mit Wicklungen aus isoliertem Draht, die verschiedenartig um meistens lamellierte (aus Blechen bestehende) Eisenkerne angeordnet sind. Manchmal, z. B. bei Hochfrequenztransformatoren, ist jedoch kein Magnetkern vorhanden oder besteht der Kern aus Sintereisen, Ferrit oder dergleichen. Die eine Spule bildet den Primärstromkreis, die andere bzw. die anderen den Sekundärstromkreis (Erl. 02.0 zu Position 8504 HS). Wie sich aus Erl. 04.1 zu Position 8504 HS ergibt, gehören zu dieser Position Transformatoren aller Art, ohne Rücksicht auf Bauart oder Verwendungszweck.
Auch aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass ein Kriterium für die Einordnung einer Ware als Transformator im zolltariflichen Sinn in der Umwandlung von Strom in einen Strom anderer Stärke oder Spannung liegt (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, a. a. O.).
Weiterhin wird nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Transformator dahingehend verstanden, dass Wechselspannung erhöht oder verringert wird, indem unter Vorhandensein einer galvanischen Trennung der zwei Stromkreise Wechselspannung von einer Wicklung auf die andere übertragen wird, wobei sich die Höhe der zweiten Spannung zur ursprünglich angelegten Spannung wie die Windungszahl der entsprechenden Wicklungen zueinander verhält (vgl. …).
Darüber hinaus wird im Wortlaut der Position 8504 KN nur allgemein von elektrischen Transformatoren bzw. in Unterposition 8504 31 KN von „andere(n) Transformatoren“ gesprochen, ohne auf die Einzelheiten der Bauweise einzugehen. Weiterhin wird in den Erl. 04.1 zu Position 8504 HS ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass zu dieser Position Transformatoren aller Art gehören, ohne Rücksicht auf Bauart oder Verwendungszweck. Dies spricht für eine weite Auslegung der Unterposition 8504 31 KN.
Ein SEPIC-Transformer ist aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit als Transformator im zolltariflichen Sinne anzusehen (vgl. AV 1 und 6). Die Ware verfügt über zwei nicht miteinander verschaltete Wicklungen um einen gemeinsamen Ferritkern, wobei eine Wicklung 11,5 Windungen und die andere Wicklung 14,5 Windungen aufweist. Diese beiden Wicklungen werden zwar durch die dazwischen liegende Ferritfolie weitgehend induktiv voneinander getrennt. Allerdings besteht keine vollständige induktive Trennung, weshalb eine Energieübertragung von etwa 2 % von einer Spule auf die andere stattfindet. Dadurch findet eine Spannungsübertragung im Wege der Induktion statt, unabhängig davon, ob dies im Verhältnis von 1,15:1,45 bzw. 1:1,26, wovon das HZA ausgeht, stattfindet oder in einem anderen Verhältnis. Gegen eine Spannungsübertragung im Verhältnis 1:1 spricht jedenfalls die unterschiedliche Anzahl der Wicklungen.
Es kommt für die Einreihung in die KN nicht darauf an, für welchen konkreten Verwendungszweck die Ware später vorgesehen ist, weil der Verwendungszweck in der Unterposition 8504 31 80 90 0 KN nicht angesprochen wird.
Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass die Spannungsänderung in der späteren Verwendung der Ware durch eine elektronische Steuerung herbeigeführt wird und die geringe „Restinduktion“ von 2 % nach den Angaben der Klägerin nicht erwünscht, aber nicht vermeidbar ist.
b) Eine Einreihung der Ware in die von der Klägerin beantragte Unterposition 8504 50 95 20 0 KN kommt dagegen nicht in Betracht.
Die von der Klägerin begehrte Unterposition 8504 50 KN bezieht sich auf „andere Drosselspulen und andere Selbstinduktionsspulen“. Die Unterposition 8504 50 95 20 0 KN erfasst „Selbstinduktionsspulen mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH“.
Drosselspulen und andere Selbstinduktionsspulen bestehen im Wesentlichen aus einer stromleitenden Wicklung, die, wenn sie in einen Wechselstromkreis eingeschaltet wird, durch ihre Selbstinduktion das Fließen des Stroms begrenzt oder verhindert (Erl. 37.0 zu Position 8504 HS).
Auch aus dem BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07 ergibt sich, dass Drosselspulen oder Selbstinduktionsspulen nur eine stromleitende Wicklung haben, was im Sinne von „nur einen Stromkreis bildend“ zu verstehen ist, weil Drosselspulen oder Selbstinduktionsspulen zwar durchaus mehrere (Teil-)Wicklungen aufweisen können, die aber ausnahmslos in Reihe geschaltet sind, so dass durch diese Wicklungen nur ein Strom fließt und sie deshalb auch nur wie eine Wicklung wirken.
Dagegen ist der KN nicht zu entnehmen, dass Drosselspulen i. S. d. Unterposition 8504 50 95 20 0 KN nach ihren objektiven Beschaffenheitsmerkmalen in der Lage sind, eine Eingangsspannung durch Induktion in eine höhere oder niedrigere Ausgangsspannung umzuwandeln.
Auch aus der Verordnung (EU) Nr. 1076/2010 der Kommission vom 22. November 2010 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. (EU) Nr. L 308/3 vom 24. November 2010) ergibt sich, dass eine Wicklung im Verhältnis von 1:1 für eine Einreihung einer Ware in die Unterposition 8504 50 95 KN spricht. Hinsichtlich der Funktion dient eine Drosselspule bzw. Selbstinduktionsspule der Begrenzung oder Verhinderung einer Störung, indem das Fließen eines Gleichtaktstroms reduziert wird, während Gegentaktstrom die Wicklung unverändert durchfließen kann. Dagegen ist die in der VO 1076/2010 nicht in der Lage, Wechselstrom in eine andere Form von Wechselstrom umzuwandeln, auch wenn sie in der Art eines Transformators konstruiert ist.
Einreihungsverordnungen gelten stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2014 VII R 39/12, ZfZ 2014, 132). Dementsprechend dürfen Einreihungsverordnungen der Kommission grundsätzlich nicht analog bei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten eingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561).
Der VO 1076/2010 kommt eine solche Indizwirkung zu, weil sie – wie sich aus Erwägungsgrund 1 ergibt – zur Gewährleistung der einheitlichen Anwendung der KN erlassen und im Übrigen der Wortlaut der KN seit den streitgegenständlichen Einfuhren bis zum Erlass der genannten Verordnung nicht verändert worden ist.
Der genannten Rechtsprechung und der Einreihungsverordnung haben Waren zugrunde gelegen, die über Wicklungen im Verhältnis von 1:1 verfügt haben. Dies spricht dafür, dass solche Waren in die von der Klägerin gewünschte Unterposition 8504 50 95 20 0 KN einzureihen sind, während Waren mit unterschiedlichen Wicklungen als Transformatoren von der Unterposition 85 04 31 80 90 0 KN erfasst werden.
Der hier zu beurteilende SEPIC-Transformer verfügt über zwei stromleitende Wicklungen. Diese sind nicht miteinander verbunden, weil die insgesamt vier Enden der Wicklungen jeweils separat an den Pins des Gehäuses angebracht sind und im Zeitpunkt der Einfuhr dort enden. Die beiden Wicklungen enthalten auch eine unterschiedliche Anzahl von Windungen.
Die in der vZTA … vom … begutachtete Ware ist mit der hier zu beurteilenden Ware nicht vergleichbar, weil es sich dort um eine Ware mit zwei parallel gewickelten Drähten handelt, während die hier zu beurteilende Ware unterschiedliche Wicklungen aufweist. Weiterhin wird in der in der vZTA beschriebenen Ware magnetische Energie gespeichert, während vorliegend zumindest zu einem geringen Teil Spannung transformiert oder induziert wird.
Eine Einreihung eines SEPIC-Transformers in die Unterposition 8504 50 95 20 0 KN unter Anwendung der AV 3c kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Ware über zwei Wicklungen mit unterschiedlicher Windungsanzahl verfügt.
c) Ein SEPIC-Transformer weist jedoch – im Gegensatz zu den in den oben genannten Entscheidungen angesprochenen Waren – die Besonderheit auf, dass die Spannungsänderung fast vollständig über die Steuerung durch eine (hier nicht zu beurteilende und nicht mit eingeführte) Elektronik und nicht durch Induktion herbeigeführt wird. Diese Elektronik enthält einen Schalter (so genannter Transistor), dessen Schaltfrequenz für die Erhöhung oder Verringerung der Spannung maßgeblich ist. Reicht die Energie einer Spule zur Erhöhung der Spannung nicht aus, wird auf die in der zweiten Spule gespeicherte Energie zurückgegriffen. Aufgrund dessen funktioniert die Ware weit überwiegend gerade nicht als Transformator.
Dies wirft die Frage auf, ob die beiden Unterpositionen 8504 3180 90 0 KN und 8504 50 95 20 0 KN allein durch die Anzahl der Wicklungen bzw. Windungen und durch eine Spannungsumwandlung abgegrenzt werden können.
Gegen eine strikte Einreihungen von Spulen mit 1:1 Wicklungen in Unterposition 8504 50 95 20 0 KN und Waren mit unterschiedlichen Wicklungen in die Unterposition 85 04 31 80 90 0 KN spricht insbesondere, dass nach Erl. 02.0 zu Position 8504 HS zu den Transformatoren auch so genannte Spartransformatoren gehören, die nur über eine einzige Spule verfügen. In diesem Fall wird zwar die Spannung verändert, aber es sind keine zwei Spulen mit unterschiedlichen Wicklungen vorhanden.
Der Senat fühlt sich jedoch an das durch in der Einreihungsverordnung und der Rechtsprechung angesprochene Kriterium der Spannungsumwandlung infolge der durch die unterschiedlichen Wicklungen erzeugten Induktion gebunden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
4. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts wird die Revision zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).