Finanzgericht Köln Urteil, 29. Juli 2014 - 8 K 3695/10
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Feststellungsbescheiden gemäß § 251 Abs. 3 AO.
3Über das Vermögen des Klägers wurde durch Beschluss des Amtsgerichts S vom ....11.2008 (Az.: 1) das Insolvenzverfahren eröffnet. Bereits zuvor – nämlich mit Beschluss des Amtsgerichts S vom ....6.2008 – war die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt M aus S zum vorläufigen starken Insolvenzverwalter erfolgt. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens meldete der Beklagte diverse Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an. Diesen Anmeldungen widersprach der Insolvenzverwalter im Prüfungstermin am 4.2.2009. Ein Widerspruch durch den Kläger bzw. dessen anwesenden Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt G aus D, erfolgte nicht.
4Auf Grund des Widerspruchs des Insolvenzverwalters gegen die angemeldeten Steuerforderungen, erließ der Beklagte am 7.6.2010 zwei an den Insolvenzverwalter gerichtete Feststellungsbescheide gemäß § 251 Abs. 3 AO, mit denen er die vorgenannten Forderungen feststellte. Dabei handelte es sich u.a. um die Umsatzsteuer 2000, 2001, 2002, 2005 und um die Einkommensteuer 2000. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Bescheide (Bl. 4,5 und Bl. 6,7 d.A.) Bezug genommen.
5Gegen die Umsatzsteuerbescheide 2000-2002, 2005 und gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 waren Einsprüche anhängig, die Gegenstand laufender bzw. noch nicht rechtskräftig entschiedener Klageverfahren sind (Finanzgericht Köln, Az.: 8 K 3605/06 betreffend die Umsatzsteuer 2000 bis 2002, 8 K 845/07 betreffend die Umsatzsteuer 2005 und 8 K 283/07 betreffend die Einkommensteuer 2000).
6Mit Schreiben vom 9.6.2010 teilte der Insolvenzverwalter den Prozessbevollmächtigten des Klägers – die Rechtsanwälte G & Kollegen – mit, der Beklagte habe „Haftungsbescheide gegen Herrn U erlassen.“ Innerhalb eines Monats könne gegen den Bescheid Einspruch eingelegt werden. Die Insolvenzmasse verfüge weder über die finanziellen Mittel, noch lägen die notwendigen Informationen vor, um Rechtsmittel gegen die die Bescheide einlegen zu können. Weiter heißt es in dem Schreiben:
7„Herrn U steht es selbstverständlich frei, gegen die Haftungsbescheide vorzugehen. Sollten dafür finanzielle Aufwendungen erforderlich sein, müssten diese von Dritten getragen werden."
8Am 9.7.2010 legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers Einspruch gegen die Feststellungsbescheide vom 7.6.2010 ein. Inhaltlich begründete der Kläger die Einsprüche mit Schreiben vom 27.7.2010, 16.9.2010 und vom 24.9.2010. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird Bezug genommen.
9Mit Einspruchsentscheidung vom 25.10.2010 verwarf der Beklagte die Einsprüche als unzulässig.
10Hierzu führte er aus, der Kläger sei nicht einspruchsbefugt. Von der Einspruchsbefugnis sei zunächst das Widerspruchsrecht des Insolvenzschuldners abzugrenzen. Der Insolvenzschuldner dürfe die zur Tabelle angemeldeten Steuerforderungen dem Grunde und der Höhe nach widersprechen. Sein Widerspruch lasse das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren unberührt, weil er nur außer- und nachinsolvenzliche Bedeutung habe. Er dürfe sich mithin nur gegen solche Entscheidungen wenden, die in einem gegen ihn gerichteten Steuerbescheid zu treffen wären, denn nur soweit reiche sein rechtliches Interesse als Steuerschuldner. Nach § 178 Abs. 2 InsO werde auch der Schuldnerwiderspruch in die Tabelle eingetragen. Widerspreche nur der Insolvenzschuldner der Anmeldung, würde die Forderung dennoch zur Insolvenztabelle festgestellt. Allerdings gehe wegen des Widerspruchs des Insolvenzschuldners gegen die Anmeldung der Insolvenzforderung das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren ihm persönlich gegenüber ins Leere. Die Finanzverwaltung könne nach Abschluss des Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzschuldner nicht aus dem Tabelleneintrag vollstrecken, weil der Eintrag nicht als Vollstreckungstitel wirke (§ 201 Abs. 2 InsO). Sie sei folglich gezwungen, sich für die Beitreibung des Steueranspruchs mit den ihr zur Verfügung stehenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Mitteln außerhalb des Insolvenzverfahrens einen Titel zu verschaffen. In dieser Situation sei ein Nebeneinander von insolvenz-rechtlicher Geltendmachung und Fortsetzung des Besteuerungsverfahrens gegen den Steuerschuldner persönlich erforderlich und zulässig. Mangels Widerspruch im Rahmen des Prüfungstermins sei der Kläger jedoch durch die Feststellungsbescheide selbst nicht beschwert.
11Im Übrigen sei zu beachten, dass nur der Widersprechende selbst die Möglichkeit habe, seinen Widerspruch im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Feststellungsbescheid weiter zu verfolgen. Inhalts- und Empfangsadressat des Feststellungsbescheides nach § 251 Abs. 3 AO sei nur der Widersprechende. Deswegen sei hier nur der Insolvenzverwalter Adressat der Feststellungsbescheide und als solcher einspruchsbefugt. Eine eigene Einspruchsbefugnis des Klägers sei damit mangels eigenen Widerspruchs während des Prüfungstermins abzulehnen.
12Auch eine Bevollmächtigung oder Ermächtigung des Klägers durch den Insolvenzverwalter, dessen Einspruchsrecht im Rahmen einer Prozessstandschaft geltend zu machen, liege nicht vor. Eine solche Bevollmächtigung oder Ermächtigung sei nicht erfolgt. Aus dem Wortlaut des Schreibens vom 9.6.2010 des Insolvenzverwalters an die Prozessbevollmächtigten des Klägers sei eine solche Bevollmächtigung nicht zu entnehmen. Der Insolvenzverwalter weise lediglich darauf hin, dass es dem Kläger freistehe, gegen die „Haftungsbescheide" vorzugehen. Zudem weise der Insolvenzverwalter darauf hin, dass eventuell anfallende Kosten nicht von der Insolvenzmasse getragen würden. Diese Äußerungen könnten nicht dahingehend verstanden werden, dass der Kläger das Einspruchsrecht im Namen des Insolvenzverwalters und für die Masse ausüben solle. Gerade der Hinweis auf die Kostenlast zeige, dass der Insolvenzverwalter lediglich klarstellen wollte, dass der Kläger eigene Rechte in eigenem Namen geltend machen könne, soweit diese bestünden.
13Ungeachtet dessen sei eine Bevollmächtigung bzw. Ermächtigung des Insolvenzschuldners – hier: der Kläger – durch den Insolvenzverwalter nicht zulässig. Insoweit sei zu beachten, dass der Schuldner mit Verfahrenseröffnung zwar nicht seine Partei- und Prozessfähigkeit verliere, er verliere jedoch seine Prozessführungsbefugnis. Diese gehe, soweit sich der Prozess auf das insolvenzbefangene Vermögen beziehe, auf den Insolvenzverwalter über. Eine Aktivklage der Masse könne daher nur der Insolvenzverwalter in eigenem Namen erheben. Eine gewillkürte Prozessstandschaft sei damit unzulässig, da der Schuldner nur die in seinem freien Vermögen begründeten Interessen wahrnehmen dürfe. Gleiches gelte für das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
14Der Kläger hat am 25.11.2010 die vorliegende Klage erhoben.
15Er macht geltend, die Prozessführungsbefugnis könne von dem Insolvenzverwalter selbstverständlich dem Schuldner gestattet werden. Das sei hier in zulässiger Weise mit der Folge geschehen, dass der Kläger wiederum berechtigt sei, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Die Einspruchsentscheidung sei deswegen aufzuheben.
16Der Kläger beantragt,
17die zu den Feststellungsbescheiden vom 7.6.2010 ergangene Einspruchsentscheidung vom 25.10.2010 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage als abzuweisen.
20Er verweist auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, ihm sei keine Vorschrift bekannt, wonach bei einem „Insolvenzverwalter ohne ausreichende finanzielle Mittel“ das Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs wieder auf den Insolvenzschuldner übertragen werde. Der Kläger verkenne, dass der Feststellungsbescheid i.S.d. § 251 Abs. 3 AO gegenüber demjenigen ergehe, der tatsächlich auch den Anmeldungen an die Insolvenztabelle widersprochen habe. Bereits aus diesem Grund könne die Prozessbefugnis nicht übertragen werden, insbesondere nicht auf eine Person, die selbst keinen Widerspruch gegen angemeldete Beträge erhoben und deswegen ihr eigenes Widerspruchsrecht verwirkt habe. Hätte der Kläger ebenfalls Widerspruch erhoben, wären ihm gegenüber ebenfalls entsprechende Feststellungsbescheide ergangen.
21Mit Beschluss vom 27.6.2014 hat der Senat beschlossen, den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zu übertragen.
22Das Gericht hat den Beklagten in den o.g. finanzgerichtlichen Verfahren auf die BFH-Urteile vom 7. März 2006 VII R 11/05, BStBl II 2006, 573 und vom 13.11.2007 VII R 61/06, BStBl II 2008, 790 hingewiesen und seine Auffassung geäußert, ein Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO hätte nicht ergehen dürfen, soweit Steuerfestsetzungen existierten, hinsichtlich derer ein Klageverfahren anhängig sei. Stattdessen hätte der Beklagte das Verfahren aufnehmen müssen, soweit ein Passivprozess vorliege.
23Am 28.7.2014 erreichte das Gericht ein Schreiben der „U Group SARL“, mit dem sie die Beiladung gemäß § 60 Abs. 1 und 3 FGO beantragte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieses Schreibens Bezug genommen.
24Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.7.2014 Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe
261.
27Das Gericht konnte ohne die Beiladung der „U Group SARL“ entscheiden.
28Das Finanzgericht – FG – kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften (§ 60 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung, § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). Dass diese Voraussetzungen in Bezug auf die „U Group SARL“ zutreffen, lässt sich ihrem Schreiben vom 28.7.2014 nicht entnehmen:
29a.
30Festzustellen ist, dass die „U Group SARL“ unter der Adresse ... Frankreich residiert, also just unter der Adresse, unter der der Kläger hier Klage erhoben hat. Diese Adresse ist aber bereits vom Amtsgericht S im Insolvenzeröffnungsbeschluss vom ....11.2008 als Scheinadresse enttarnt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieses – den Beteiligten bekannten – Beschlusses hingewiesen (Bl. 24 ff. d.A. 8 K 845/07, ebenfalls in der Einzelrichtersitzung vom 29.7.2014 verhandelt). Konsequenterweise behandelt der 8. Senat des Finanzgerichts Köln in allen einschlägigen Verfahren diesen Sitz als nicht existent. Ist aber aufgrund des Auftretens der „U Group SARL“ unter einem Scheinsitz bereits deren tatsächliche Existenz zweifelhaft, sah sich das Gericht nicht veranlasst, ein derartiges Scheingebilde zum hiesigen Verfahren beizuladen.
31b.
32Unabhängig von den obigen Ausführungen war eine Beiladung nicht angezeigt, weil die „U Group SARL“ nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass ihre rechtlichen Interessen durch das vorliegende Verfahren tangiert sein könnten. Ihr Vorbringen erschöpft sich in der durch nichts belegte Behauptung, sie sei Geschäftsführer des Gesamtrechtsnachfolgers einer GbR, die wiederum Organträger verschiedener Organgesellschaften – u.a. der Q Grundstücksverwaltungs GmbH – sei. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf den den Beteiligten bekannten Teilbericht der Finanzämter S und für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung S vom 25. September 2008 über die umsatzsteuerlichen Feststellungen bei dem Kläger, dort insbesondere die Ausführungen im Anhang 1 (Bl. 161 ff. d.A. 8 K 845/07, ebenfalls in der Einzelrichtersitzung vom 29.7.2014 verhandelt). Die Behauptung einer bestehenden Organschaft steht den Feststellungen in diesem Teilbericht diametral entgegen und widerpicht auch in eklatanter Weise dem tatsächlichen Verhalten des Klägers in der Vergangenheit, der die angeblichen Umsätze zwischen den von ihm gesteuerten Gesellschaften nicht etwa als Innenumsätze im Rahmen einer Organschaft, sondern als steuerbare und steuerpflichtige Umsätze behandelt hat, die entsprechende Vorsteueransprüche auslösen sollten. Die nunmehr behauptete Organschaft soll offenbar – neben den im o.g. Teilbericht beschriebenen Methoden zur Vermeidung von Umsatzsteuerzahllast zu Lasten der „U-Firmen“ – als weiteres Instrumentarium des Klägers dienen, diese Umsätze „rückgängig zu machen“.
33Das Gericht vermag im Übrigen die behauptete Rechtsnachfolgerschaft auch nicht ansatzweise nachzuvollziehen. Aussagekräftige Unterlagen hierzu, die etwa exemplarisch die Kette der Rechtnachfolgen nach der Q Grundstücksverwaltungs GmbH bis zur „U Group SARL“ belegten, waren dem Schreiben vom 28.7.2014 nicht beigefügt.
342.
35Die Klage ist unbegründet.
36Die Feststellungsbescheide vom 7.6.2010 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vergl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Recht hat der Beklagte die Einsprüche des Klägers gegen diese Bescheide als unzulässig verworfen.
37Das Gericht stellt fest, dass es der Begründung in der Einspruchsentscheidung vom 25.10.2010 zur Frage der fehlenden eigenen Einspruchsbefugnis des Klägers und zur Frage der fehlenden Ermächtigung des Insolvenzverwalters zur Prozessführung durch den Kläger folgt und deswegen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen kann (§ 105 Abs. 5 FGO). Lediglich ergänzend weist das Gericht auf das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachen-Anhalt vom 18.11.2008 4 K 203/05, EFG 2009, 860 hin, das seiner Auffassung nach das hier gefundene Ergebnis bestätigt. Dass der Beklagte am Ende der Einspruchsentscheidung die Möglichkeit einer Klage im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft entgegen der – ihm im Jahr 2010 naturgemäß noch nicht bekannten – Entscheidung des BFH vom 25.7.2012 I R 74/11, BFH/NV 2013, 82 (anders aber: BFH-Beschluss vom 22.12.2008 I B 81/08, BFH/NV 2009, 948, dort Rz. 10) generell in Abrede stellt, ist für die Begründung der Einspruchsentscheidung nicht tragend („Ungeachtet dessen“ …) und steht deswegen einer Anwendung des § 105 Abs. 5 FGO nicht entgegen.
38Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29.7.2014 ergänzend vorgetragen hat, die Ermächtigung des Insolvenzverwalters zu seinen Gunsten ergebe sich aus dessen Schreiben vom 7.5.2010, folgt hieraus nichts Anderes, weil dieses Schreiben zeitlich vor dem Erlass der hier streitigen Feststellungsbescheide ergangen war und deswegen keine Rechte des Klägers in Bezug auf diese – seinerzeit noch nicht existente – Bescheide begründen konnte.
393.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).
(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.
(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.
(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.
(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.
(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.
(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.
(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.
(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.
(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).
(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.
(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.
(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Beiladung ist der Steuerpflichtige zu hören, wenn er am Verfahren beteiligt ist.
(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb beigeladen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.
(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 nicht klagebefugt sind.
(4) Der Beiladungsbeschluss ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden.
(5) Die als Mitberechtigte Beigeladenen können aufgefordert werden, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.
(6) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.