Finanzgericht Köln Urteil, 05. Aug. 2014 - 11 K 654/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids für Umsatzsteuer 2005.
3Die Klägerin ist eine nach spanischem Recht gegründete sociedad de responsabilidad limitada (s.l.) mit Sitz in C (Spanien). Sie ist ausweislich einer Wirtschaftsauskunft des Bundeszentralamts für Steuern seit dem 29.6.2005 im Handelsregister von C (Spanien) registriert. Alleinige Gesellschafterin ist Frau D; als Geschäftsführerin ist seit dem 13.3.2006 Frau B bestellt.
4Die Klägerin wird vom Beklagten für Umsatzsteuerverbindlichkeiten der D GbR in Haftung genommen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
5Im Jahr 2000 hatten die Eheleute D1 und D das Grundstück E-Straße ... in ... F jeweils zu einem hälftigen Miteigentumsanteil erworben und in den Jahren 2000 bis 2002 mit einem Gebäudekomplex bebaut. In dem als „Ritterburg D“ bezeichneten Objekt befand sich ein Veranstaltungssaal, der für individuelle Festlichkeiten genutzt werden konnte. Die „D GbR, Vermietungsgesellschaft“ (im Folgenden: GbR) hatte für die Jahre ab 2000 Umsatzsteuererklärungen beim Beklagten eingereicht und darin die Umsatzsteuer aus den Herstellungskosten des Gebäudes als Vorsteuern geltend gemacht.
6Die „Ritterburg D“ wurde ausweislich eines Mietvertrags für den Zeitraum vom 1.5.2001 bis zum 1.5.2011 fest für 10 Jahre an den von Herrn D1 betriebenen „Partyservice D“ vermietet. Im Mietvertrag war als Vermieterin die „D GbR, vertreten durch D1 und D“ angegeben. Die monatliche Miete belief sich auf 2.900 Euro. Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Vertragsakte des Beklagten befindlichen Mietvertrag Bezug genommen. Die Vermietung wurde in den von der GbR beim Beklagten eingereichten Umsatzsteuererklärungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt.
7Im Rahmen einer im November 2005 bei der GbR für die Zeiträume 2000 bis 2002 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Beklagte unter anderem fest, dass der auf Herrn D1 entfallende Grundstücksanteil an dem Objekt E-Straße ... als notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens „Partyservice-D“ zu erfassen sei und zog hieraus die entsprechenden ertragsteuerlichen Konsequenzen. Für nähere Einzelheiten wird auf den Bericht der Betriebsprüfung vom 16.4.2007 Bezug genommen.
8In der Folgezeit erwarb die Klägerin das Objekt E-Straße ... mit notariellem Vertrag vom 8.2.2006 von den Eheleuten D. Ausweislich des Kaufvertrags erklärten die Eheleute D bei der Beurkundung vorab, dass sie „in dieser Urkunde in ihrer Eigenschaft als Unternehmer handeln“. Der Kaufpreis belief sich auf 250.000 Euro; gleichzeitig sollte der Käufer den Verkäufer von einer zum 31.12.2005 bestehenden Verbindlichkeit in Höhe von 250.000 Euro freistellen. Für nähere Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 8.2.2006 Bezug genommen.
9Die Eigentumsübertragungsvormerkung wurde am 4.4.2006 und der Eigentumsübergang am 8.3.2007 in das Grundbuch eingetragen.
10Im Jahresabschluss der Klägerin für das Jahr 2006 war das Grundstück E-Straße ... neben vier weiteren Grundstücken als Anlagevermögen mit einem Wert von 255.786 Euro bilanziert. Die Umsatzerlöse der Klägerin beliefen sich auf insgesamt 64.194 Euro und waren in der Gewinn- und Verlustrechnung als „Miet-/Pachterlöse“ erfasst. Als Betriebsausgaben wurden neben der Abschreibung für Abnutzung und Zinsaufwendungen unter anderem auch „Grundstücksaufwendungen Miet-/Pachtobjekte“ geltend gemacht. In den allgemeinen Erläuterungen wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit im Jahr 2006 aufgenommen habe und sich der Jahresabschluss alleine auf die in Deutschland steuerpflichtige Geschäftstätigkeit der Klägerin beziehe. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin in Deutschland langfristig vermietete Grundstücke erworben habe und sie mit den hieraus erzielten Einkünften in Deutschland steuerpflichtig sei. Die Umsätze seien gemäß § 4 Nr. 12 UStG steuerbefreit. Für nähere Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss der Klägerin für 2006 Bezug genommen.
11Am 20.2.2006 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuererklärung 2005 der „D GbR, Vermietungsgesellschaft“ ein. Die GbR behandelte die Umsätze aus der Vermietung des Objekts E-Straße ... als steuerpflichtig und berechnete in Zeile 107 des Vordrucks der Umsatzsteuererklärung eine verbleibende Umsatzsteuer in Höhe von 3.951,26 Euro. In Zeile 108 des Vordrucks gab sie das Vorauszahlungssoll für 2005 mit 3.951,26 Euro an. Daraus errechnete sie eine Abschlusszahlung von 0 Euro. Eine daraufhin vom Beklagten an die GbR mit Datum vom 3.4.2006 versandte Abrechnung für 2005 über Umsatzsteuer wies eine noch zu entrichtende Nachzahlung von 1.128,66 Euro aus. Diese Nachzahlung beruhte darauf, dass das Vorauszahlungssoll - anders als in der Umsatzsteuererklärung angegeben - lediglich 2.822,60 € betrug. Hinsichtlich dieser Rückstände stellte die GbR einen Antrag auf Verrechnungsstundung und Vollstreckungsschutz, den der Beklagte am 11.4.2006 ablehnte.
12Nachdem diverse Vollstreckungsversuche des Beklagten bei der GbR nicht zur Beitreibung des ausstehenden Betrags von 1.128,66 Euro geführt hatten, nahm der Beklagte die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 30.10.2008 gemäß § 75 AO und daneben auch die Eheleute D jeweils einzeln als Gesamtschuldner nach §§ 421, 427 BGB bzw. § 128 HGB in Haftung.
13In dem gegen die Klägerin gerichteten und auf § 75 AO gestützten Haftungsbescheid vom 30.10.2008 führte der Beklagte aus, dass es für die Haftung nach § 75 AO nicht darauf ankomme, ob die aus der Vermietung erzielten Einkünfte ertragsteuerlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu werten seien. Da die umsatzsteuerpflichtige Vermietung eines Grundstücks als unternehmerische Tätigkeit und damit als ein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG anzusehen sei, könne auch der Erwerber eines vermieteten Objektes gemäß § 75 AO im Wege der Haftung in Anspruch genommen werden. Die Haftung des Betriebsübernehmers beruhe auf dem Gedanken, dass ein lebendes Unternehmen auf den Erwerber übergehe. Mit Blick auf die wirtschaftliche Stärke des erworbenen Unternehmens sei davon auszugehen, dass der Erwerber Gewinne bzw. Überschüsse erwirtschaften oder sonstige Vorteile ziehen werde, mit denen er die ausstehenden Betriebssteuern des Veräußerers begleichen könne. Die Klägerin habe die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens der „D GbR“ übernommen. Sie habe Kenntnis von der bestehenden Vermietung gehabt und die Vermietung fortgesetzt. Der Haftungszeitraum des § 75 AO beginne am 1.1.2005 und ende am 8.2.2007. In diesen Haftungszeitraum falle die im März/April 2006 festgesetzte Umsatzsteuer für 2005 in Höhe von 1.128,66 Euro. Die Haftung der Klägerin beschränke sich auf den Bestand des von ihr übernommenen Vermögens, d.h. auf das Grundstück E-Straße ... in F. Es sei ermessensgerecht, die Klägerin in Anspruch zu nehmen. Die GbR sei als Steuerschuldnerin erfolglos zur Zahlung der rückständigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis aufgefordert worden. Darüber hinaus seien gegenüber der GbR alle denkbaren Vollstreckungsmaßnahmen zur Einziehung der Steuerforderungen ergriffen worden, die jedoch letztlich nicht zum Erfolg geführt hätten. Neben der Klägerin seien hinsichtlich des rückständigen Betrags auch die Gesellschafter der D GbR durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden. Die Klägerin hafte neben den Gesellschaftern der GbR als Gesamtschuldnerin im Sinne des § 44 AO. Für nähere Einzelheiten wird auf den in den Steuerakten des Beklagten befindlichen Haftungsbescheid vom 30.10.2008 Bezug genommen.
14Das von den Eheleuten D beim erkennenden Senat unter dem Az.: 11 K 4477/08 gegen ihre Haftungsinanspruchnahme nach §§ 421, 427 BGB bzw. § 128 HGB geführte Klageverfahren blieb insgesamt erfolglos.
15Der von der Klägerin gegen den Haftungsbescheid vom 30.10.2008 durch ihre damalige Prozessbevollmächtigte zunächst beim FG Köln unter dem Az.: 11 K 4161/08 erhobenen Sprungklage stimmte der Beklagte nicht zu.
16Im Rahmen einer daraufhin mit Datum vom 27.2.2009 erhobenen Untätigkeitsklage macht die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids vom 30.10.2008 geltend. Das Verfahren sei Bestandteil eines Gesamtkomplexes, der sich letztlich gegen die Eheleute D richte. Der Beklagte habe versucht, über eine „sogenannte Betriebsprüfung“ die wirtschaftliche Existenz der Eheleute D zu zerstören. Insgesamt stelle der Beklagte alle „Grundsätze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise schlichtweg auf den Kopf“. Die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 75 AO seien nicht gegeben. Es liege bereits keine GbR zwischen den Eheleuten D vor. Die Eheleute D hätten lediglich eine gemeinschaftliche Investition vorgenommen, bei der sie von einem Buchhalter begleitet und beraten worden seien. Die gemeinschaftliche Investition habe nicht zur Entstehung einer GbR geführt. Diese Umstände seien dem Beklagten aufgrund mehrerer von ihm für die Zeiträume 2000 bis 2002 durchgeführter Betriebsprüfungen bekannt gewesen und hätten im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden müssen. Der Beklagte habe die Eheleute D zudem im Hinblick auf „offenkundige Widersprüche“ beraten müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Eheleute D im gesamten Verfahren keinen externen Rat eingeholt hätten, sondern den Mitarbeitern des Beklagten vertraut hätten. Insbesondere seien die Eheleute D allen Aufforderungen der Betriebsprüfung nachgekommen, einschließlich der Vorlage des Mietvertrags über die „Ritterburg D“.
17Bereits der Mietvertrag über die „Ritterburg D“ verbiete eine Umsatzsteuerveranlagung der GbR. Denn der Mietvertrag weise eine feste Monatsmiete von 2.900 Euro aus; eine Umsatzsteuer sei nicht zusätzlich vereinbart worden. Dementsprechend unterlägen die Mieterlöse auch keiner Umsatzsteuerpflicht. Da eine Umsatzsteuerveranlagung vor diesem Hintergrund nicht zulässig sei, komme auch eine Haftung nach § 75 AO nicht in Betracht. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Mietvertrag die Miete bereits in der Währung „Euro“ ausweise, obwohl das Mietverhältnis bereits am 1.5.2001 begonnen habe. Ferner sei der Mietvertrag für zehn Jahre fest geschlossen und auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht gekündigt worden. Daher bestehe er weiterhin zwischen den ursprünglichen Vertragsbeteiligten fort. Dieser Umstand schließe ebenfalls eine Haftung der Klägerin aus. Das gelte selbst dann, wenn die Klägerin das Grundstück mit dem Mietvertrag erworben habe. Im Übrigen habe die Betriebsprüfung im Prüfungsbericht vom 16.4.2007 ausdrücklich festgehalten, dass es sich bei dem Grundstücksanteil des Herrn D1 um notwendiges Betriebsvermögen des von ihm betriebenen Partyservice handele. Auch dieser Umstand schließe eine Umsatzsteuerveranlagung der GbR aus. Denn soweit das Grundstück im Eigentum des Einzelunternehmers D stehe und bei diesem sogar notwendiges Betriebsvermögen darstelle, könne es der Einzelunternehmer nicht an sich selbst vermieten. Insoweit fehle es bereits an einem Leistungsaustausch.
18Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen des § 75 AO sei zu beachten, dass die Klägerin lediglich eine Immobilie erworben habe, nicht aber auch einen Geschäftsbetrieb. Den Partyservice habe sie unter anderem deswegen nicht übernehmen können, weil dieser von Herrn D1 in dem Objekt E-Straße ... weiterhin betrieben worden sei. Eine Betriebsübernahme setze jedoch voraus, dass sie - die Klägerin - dort nunmehr selbst eine Geschäftstätigkeit ausübe, etwa in Form eines eigenen Partyservice. Das sei jedoch auch nach Auffassung des Beklagten nicht der Fall.
19Ferne habe der Beklagte zu den zeitlichen Beschränkungen des § 75 AO keine Ausführungen gemacht. Das gelte auch für die Beschränkung der Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Auch vor diesem Hintergrund sei der Haftungsbescheid fehlerhaft. Selbst wenn alle übrigen Tatbestände des § 75 AO vorlägen, würde eine Haftung an einer fehlenden Beschränkung auf das übernommene Vermögen scheitern. Denn ausweislich des Kaufvertrags habe die Klägerin das Objekt für 250.000 Euro gekauft. Da das Grundstück allerdings mit einer übernommenen Verbindlichkeit in Höhe von 250.000 Euro belastet gewesen sei, betrage der Wert des übernommenen Vermögens in der Summe Null Euro. Da das übernommene Vermögen zusätzlich noch mit den Kosten für die Grundstücksübertragung und der Grunderwerbsteuer belastet gewesen sei, habe tatsächlich sogar ein negativer Vermögenswert vorgelegen. Da der Beklagte zudem keine Ermessenserwägungen angestellt habe, sei die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin auch aus diesem Grund rechtswidrig.
20Der erkennende Senat hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach vorheriger Anhörung mit Beschluss vom 15.6.2009 als Bevollmächtigte zurückgewiesen und die gegen die Zurückweisung gerichtete Anhörungsrüge mit Beschluss vom 10.7.2009 verworfen (vgl. Bl. 51 ff. und 76 ff. d.A.).
21Der Beklagte hat den Einspruch der Klägerin während des Klageverfahrens mit Einspruchsentscheidung vom 18.5.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 75 AO seien erfüllt. Insbesondere sei der Erwerb eines Grundstücks durch die Klägerin in Kenntnis der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung und Verpachtung unter Eintritt in das bestehende Miet- und Pachtverhältnis als Erwerb eines Unternehmens im Sinne von § 75 AO anzusehen. Die Haftung nach § 75 AO umfasse sämtliche betrieblich begründeten Steuern, die seit dem 1.1.2005 entstanden seien und innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt der Betriebsübernahme (hier: 8.2.2006) festgesetzt worden seien. Der Haftungszeitraum beginne daher am 1.1.2005 und ende am 8.2.2007. Die Umsatzsteuer 2005 für die D GbR sei durch die Jahreserklärung vom 20.2.2006 beim Beklagten angemeldet und mit Fälligkeit 20.3.2006 festgesetzt worden. Der Umfang der Haftung beschränke sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens, mithin auf den Wert des Grundstücks E-Straße ... in F. Bei dem Vermögen im Sinne des § 75 AO komme es auf das übernommene Aktivvermögen an; Schulden seien hiervon nicht abzuziehen. Es sei insbesondere auch ermessensgerecht, die Klägerin als Betriebsübernehmerin im Sinne des § 75 AO neben den Gesellschaftern der GbR, Herrn D1 und Frau D, für die rückständige Umsatzsteuer 2005 in Anspruch zu nehmen. Die Verwirklichung der Steueransprüche bei der Steuerschuldnerin habe nicht zum Erfolg geführt. Die Steuerschuldnerin sei freiwillig nicht bereit gewesen, die Steuerschulden zu tilgen; Vollstreckungsmaßnahmen seien fruchtlos verlaufen. Die Klägerin hafte daher gesamtschuldnerisch neben Herrn D1 und Frau D mit dem von ihr übernommenen Vermögen, mithin dem Grundstück E-Straße ... in F. Für nähere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 18.5.2010 Bezug genommen (Bl. 94 ff. d.A.).
22Mit Schriftsatz vom 4.8.2014 – auf den für nähere Einzelheiten Bezug genommen wird – hat sich die „G“ als Prozessbevollmächtigte der Klägerin bestellt. Zur weiteren Begründung der Klage führt sie aus, dass von der Klägerseite niemand an der mündlichen Verhandlung am 5.8.2014 teilnehmen werde, um der mündlichen Verhandlung „nicht den Anschein der Rechtmäßigkeit“ zu geben und dadurch ein „falsches Signal“ zu setzen. Die bisher gestellten Anträge seien auch als in der mündlichen Verhandlung gestellt anzusehen. Der von der Klägerin beantragten Zuziehung von Akten und der Gewährung von Akteneinsicht sei bisher nicht entsprochen worden. Daher sei die Einholung eines forensischen Sachverständigengutachtens erforderlich. Der diesbezügliche Beweisantrag werde klar und eindeutig ergeben, dass der Beklagte bewusst und willentlich zum Nachteil der Klägerin eine rechtswidrige Umsatzsteuerveranlagung der angeblichen GbR durchgeführt habe, um Zugriff auf das vormalige Immobilienvermögen der Eheleute D zu erhalten. Das Übergehen von Beweisanträgen, die Nichthinzuziehung von Akten und die Nichtgewährung von Akteneinsicht würden bereits jetzt ausdrücklich als Verfahrensmängel gerügt. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der bisher von den Finanzgerichten und auch vom Bundesfinanzhof herangezogenen Argumentation zur Zurückweisung der ursprünglichen Bevollmächtigten der Klägerin eine Veränderung stattgefunden habe. In verschiedenen Verfahren, die diese Fragestellung beträfen, sei die Revision zugelassen worden. Der Bundesfinanzhof habe die in den jeweiligen Verfahren relevante Kernfrage unter dem Az. II R 44/12 mit Beschluss vom 20.5.2014 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dies bedeute, dass der Bundesfinanzhof seine eigenen Entscheidungen nun zumindest in Zweifel ziehe und die Rechtsfrage insgesamt offen sei.
23Die Klägerin beantragt,
241. zum Verfahren
25a) folgende Akten beizuziehen und nach der Beiziehung Akteneinsicht zu gewähren:
26aa) die Steuerakten des Beklagten,
27bb) die Akten des Beklagten zu Ermittlungen gegen D1,
28cc) folgende Akten des FG Köln: 11 K 4161/08, 11 K 4477/08, 11 K 3205/08, 11 K 363/08, 11 K 3305/07, 11 K 2307/07 und 11 K 4866/06,
29b) den Beschluss über die Zurückweisung des bisherigen Bevollmächtigten aufzuheben,
30c) Beweis durch die Einholung eines forensischen Sachverständigengutachtens einzuholen zu der Frage, ob der Beklagte die Haftungsangelegenheit bewusst – also vorsätzlich – zum reinen Nachteil der Klägerin geführt hat, um die Eheleute D zu schädigen; dies im untrennbaren Zusammenhang mit anderen Verfahren, deren Akten hinzuzuziehen beantragt ist;
312. in der Sache
32a) die Nichtigkeit des Haftungsbescheids vom 30.10.2008 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18.5.2010 festzustellen,
33b) hilfsweise, den Haftungsbescheid vom 30.10.2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18.5.2010 aufzuheben.
34Der Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
37Von der auf ihren Antrag hin mit Verfügung vom 6.11.2013 angebotenen Möglichkeit zur Akteneinsicht hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.
38Entscheidungsgründe
39Die Klage ist unbegründet.
40Der Haftungsbescheid vom 30.10.2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
411. a) Der Senat durfte gemäß § 91 Abs. 2 FGO auch ohne die Klägerin bzw. einen Vertreter der Klägerseite verhandeln und entscheiden, da die Klägerin mit einer Frist von zwei Wochen zur mündlichen Verhandlung geladen und dabei auf § 91 Abs. 2 FGO hingewiesen worden war. Die Klägerin wurde mit einer ihrem Zustellungsbevollmächtigten am 17.7.2014 ausgehändigten Postzustellungsurkunde zur mündlichen Verhandlung geladen. Im Übrigen hat die Klägerseite ihr Ausbleiben in der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 4.8.2014 ausdrücklich angekündigt.
42b) Der Senat entscheidet in der Sache, ohne den Termin der mündlichen Verhandlung zu vertagen bzw. zu verlegen. Die Voraussetzungen für eine Vertagung bzw. Verlegung nach § 155 FGO in Verbindung mit § 227 ZPO sind nicht gegeben.
43Nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder vertagt werden. Ein Anspruch auf eine Verlegung bzw. Vertagung des Termins besteht nach § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO unter anderem nicht, wenn ein Verfahrensbeteiligter ankündigt, zum Termin der mündlichen Verhandlung nicht zu erscheinen und das Gericht nicht dafür hält, dass der Beteiligte ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Vorliegend hat die Klägerseite ausdrücklich mitgeteilt, dass sie nicht am Termin teilnehmen werde. Dies rechtfertigt eine Verlegung bzw. Vertagung des Termins ebenso wenig, wie die Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten wenige Stunden vor dem Termin. Denn der Wechsel bzw. die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung stellt nur dann einen Grund zur Terminänderung dar, wenn es sich um eine in tatsächlicher oder rechtlicher Sicht schwierige Sache handelt, der Wechsel kurz vor der mündlichen Verhandlung stattfindet und vom Kläger nicht verschuldet wird oder er zumindest aus schutzwürdigen Gründen erfolgt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4.6.2014 VII B 8/14, juris; vom 4.5.2011 IX S 1/11, BFH/NV 2011, 1381 und vom 30.1.2008 V B 72/06, BFH/NV 2008, 812). Der Klägerin wurde die Ladung für die am 5.8.2014 stattfindende mündliche Verhandlung am 17.7.2014 zugestellt. Sie hätte deshalb die Möglichkeit gehabt, einen neuen Prozessbevollmächtigten so rechtzeitig zu bestellen, dass dieser hinreichend Zeit für die Einarbeitung in den Sach- und Rechtsstand gehabt hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche Prozessbevollmächtigte „H“ bereits mit Beschluss vom 15.6.2009 zurückgewiesen worden war. Schutzwürdige Gründe, weshalb die neue Prozessbevollmächtigte erst wenige Stunden vor der mündlichen Verhandlung bestellt wurde, hat die Klägerin zudem nicht dargelegt.
44Darüber hinaus hat die Klägerin von einer ihr angebotenen Akteneinsicht keinen Gebrauch gemacht. Der Klägerin wurde die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die das vorliegende Verfahren betreffenden Akten bereits in der Verfügung vom 6.11.2013 angeboten. Hierauf ist keine Reaktion erfolgt und keine Akteneinsicht genommen worden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 5.8.2014 eine Einsichtnahme in die Akten hätte erfolgen können, wenn die Klägerseite – entgegen ihrer ausdrücklichen Ankündigung – zum Termin erschienen wäre. Anhaltspunkte für eine fortdauernde Unmöglichkeit der Akteneinsichtnahme aus von der Klägerseite nicht zu vertretenden Gründen sind – ebenso wenig wie andere Gründe, die eine Terminsverlegung bzw. Vertagung rechtfertigen könnten – weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Verlegung bzw. Vertagung des Termins kam vor diesem Hintergrund nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5.2.2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.; vom 30.1.1997 I B 79/96, BFH/NV 1997, 671 und vom 30.11.1992 X B 18/92, BFH/NV 1993, 732).
45Die Klägerseite kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen. Denn trotz der vom Senat ausdrücklich angebotenen Möglichkeit zur Akteneinsichtnahme hat die Klägerseite nicht alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5.2.2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.; vom 29.10.2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566 und vom 22.12.2003 VII B 35/03, BFH/NV 2004, 652; BFH-Urteil vom 27.6.2006 VII R 34/05, BFH/NV 2006, 2024). Die Klägerseite hat vielmehr im Schriftsatz vom 4.8.2014 ausdrücklich und ohne eine die Verlegung des Termins rechtfertigende Begründung angekündigt, zum Termin nicht erscheinen zu wollen. Damit hat sie bewusst an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen, obwohl ihr aufgrund der vorherigen Mitteilung über die Möglichkeit zur Akteneinsicht bekannt war, dass die das vorliegende Verfahren betreffenden Akten beim Gericht vorliegen und zumindest im Termin hätten eingesehen werden können.
462. a) Die im Hauptantrag auf die Feststellung der Nichtigkeit gerichtete Klage ist gemäß § 41 Abs. 1 FGO zulässig.
47Nach § 41 Abs. 1 FGO kann die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes im Klageweg begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung hat (besonderes Feststellungsinteresse). Ein Interesse des Klägers an der „baldigen“ Feststellung im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO ist zu bejahen, wenn er ohne eine gerichtliche Feststellung die Gefährdung seiner Rechte besorgen muss. Bei einem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist das besondere Feststellungsinteresse grundsätzlich gegeben, weil von einem nichtigen Verwaltungsakt der Rechtsschein der Wirksamkeit ausgehen kann und daher die Gefahr besteht, dass sich die Finanzbehörde bei unklarer Rechtslage eines tatsächlich nicht gegebenen Rechtsanspruchs bedienen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 24.1.2008 V R 36/06, BStBl. II 2008, 686).
48b) Die auf die Feststellung der Nichtigkeit des Haftungsbescheids vom 30.10.2008 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung gerichtete Klage ist unbegründet. Der Haftungsbescheid vom 30.10.2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
49Die Voraussetzungen für eine Haftung der Klägerin nach § 75 AO sind gegeben. Die Klägerin hat mit dem vermieteten Grundstück „E-Straße ...“ in F ein Unternehmen im Sinne des § 75 AO erworben und haftet für die aus diesem Unternehmen resultierenden betrieblichen Steuern, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entstanden und bis zum Ablauf eines Jahres nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet wurden. Hierzu zählt die Umsatzsteuer der D GbR für das Jahr 2005 in Höhe von 1.128,66 Euro.
50aa) Der Haftungstatbestand des § 75 AO orientiert sich am Unternehmensbegriff des § 2 Abs. 1 UStG (vgl. nur BFH-Urteile 12.1.2011 XI R 11/08, BStBl. II 2011, 477; vom 11.5.1993 VII R 86/92, BStBl. II 1993, 700; BFH-Beschluss vom 7.3.1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726). Vermieter und Verpächter sind umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer anzusehen, wenn sie fortgesetzt den Gebrauch oder die Nutzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen einem Dritten gegen Entgelt überlassen. Dabei ist es unerheblich, ob die Einkünfte des Vermieters oder Verpächters einkommensteuerlich als Gewinn aus Gewerbebetrieb oder als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusehen sind und ob das Unternehmen besondere Einrichtungen aufweist (vgl. nur BFH-Urteile vom 11.5.1993 VII R 86/92, BStBl. II 1993, 700 und vom 21.5.1987 V R 109/77, BStBl. II 1987, 735).
51Diese umsatzsteuerrechtliche Betrachtungsweise ist auch für die Auslegung des § 75 AO maßgebend. Vor diesem Hintergrund sind der Erwerb eines Grundstücks in Kenntnis der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung bzw. Verpachtung und der Eintritt in die bestehenden Miet- bzw. Pachtverhältnisse als Erwerb eines Unternehmens im Sinne des § 75 AO und nicht als Übergang einer bloßen Vermögenssubstanz zu werten (vgl. nur BFH-Urteile vom 12.1.2011 XI R 11/08, BStBl. II 2011, 477; vom 11.5.1993 VII R 86/92, BStBl. II 1993, 700 und BFH-Beschluss vom 7.3.1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726). Besondere Einrichtungen, die nach der Verkehrsauffassung auf eine betriebliche Organisation hindeuten können, sind nicht zwingend erforderlich; ausreichend sind vielmehr auf die Vermietung bzw. Verpachtung bezogene Unterlagen und Belege, z.B. in Form von Vermietungs- und Steuerakten. Maßgebend ist, dass der Erwerber mit dem Grundstück die wesentlichen Grundlagen eines lebenden Unternehmens erwirbt und damit in die Lage versetzt wird, die bestehenden Miet- bzw. Pachtverhältnisse ohne finanzielle Aufwendungen fortzuführen (vgl. BFH-Urteile vom 12.1.2011 XI R 11/08, BStBl. II 2011, 477; vom 11.5.1993 VII R 86/92, BStBl. II 1993, 700 und BFH-Beschluss vom 7.3.1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726). Denn die Haftung nach § 75 AO beruht nicht auf einem reinen Vermögensübernahmeprinzip, sondern auf dem Gedanken, dass auf den Erwerber ein lebendes Unternehmen übergeht, dessen wirtschaftliche Kraft die Annahme rechtfertigt, der Erwerber werde Gewinne erwirtschaften oder sonstige Vorteile ziehen, mit denen er in die Lage versetzt wird, die Steuerschulden seines Vorgängers zu begleichen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 7.3.1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726).
52bb) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze haftet die Klägerin nach § 75 AO für die Umsatzsteuer 2005 der D GbR in Höhe von 1.128,66 Euro.
53Die Klägerin hat das vermietete Grundstück E-Straße ... in F von der D GbR mit notariellem Kaufvertrag vom 8.2.2006 erworben; der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten erfolgte ausweislich des Kaufvertrags bereits zum 1.1.2006.
54Die Klägerin hatte bei Erwerb Kenntnis von der bestehenden Vermietung des Grundstücks. Sie muss sich – unabhängig von einer potentiellen Kenntnis ihrer Geschäftsführerin – jedenfalls die Kenntnis ihrer Alleingesellschafterin – Frau D – gemäß § 166 Abs. 2 BGB analog zurechnen lassen. Nach § 166 Abs. 2 BGB ist das Kennen oder Kennenmüssen des Vertretenen zu berücksichtigen, wenn der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vertretenen handelt. Vertretene ist im vorliegenden Fall zwar die Klägerin selbst und nicht ihre Gesellschafterin. Der Umstand, dass formaljuristisch zwei unterschiedliche Rechtssubjekte vorliegen, steht einem Rückgriff auf § 166 Abs. 2 BGB jedoch nicht entgegen. Hat eine Kapitalgesellschaft – wie vorliegend – nur einen einzigen Gesellschafter, so kann die Gesellschaft keinen anderen Willen als denjenigen des Alleingesellschafters haben (vgl. nur BGH-Urteil vom 1.4.2004 IX ZR 305/00, WM 2004, 1037 m.w.N.; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage 2014, § 166 Ran. 10). Entsprechendes gilt für die Kenntnis bestimmter, rechtlich erheblicher Umstände (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22.8.2005 5 U 69/05, NZG 2006, 827). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 166 Abs. 2 BGB sind erfüllt. Die Geschäftsführerin der Klägerin – Frau B – handelte bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags vom 8.2.2006 „auf Weisung“ der Klägerin bzw. der Alleingesellschafterin Frau D. Insoweit genügt es, dass Frau D bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags zugegen war. Da § 166 Abs. 2 BGB verhindern soll, dass der Vertretene durch die Zwischenschaltung eines arglosen Bevollmächtigten oder Vertreters die eigene Kenntnis umgeht (vgl. BGH-Urteil vom 21.6.1968 V ZR 32/65, BGHZ 50, 364 ff.), ist der Begriff der Weisung im weitesten Sinne zu verstehen. Ausreichend ist, dass der Vertretene das Geschäft veranlasst hat oder er trotz Kenntnis nicht eingreift, obwohl er dies könnte oder das Geschäft in seiner Anwesenheit abgeschlossen wird und er nicht widerspricht (vgl. BGH-Urteil vom 21.6.1968 V ZR 32/65, BGHZ 50, 364 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 22.8.2005 5 U 69/05, NZG 2006, 827; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage 2014, § 166 Rn. 11; Schramm, in MüKo, BGB, § 166 Rn. 58 m.w.N.). Das war vorliegend der Fall, da Frau D bei Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück E-Straße ... anwesend war, sie als Miteigentümerin des Grundstücks zudem ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin handelte und den zwischen der D GbR und dem Partyservice D abgeschlossenen Mietvertrag seinerzeit mit-unterzeichnet hatte.
55Die Klägerin ist in den zwischen der D GbR und dem Partyservice D bestehenden Mietvertrag über das Grundstück E-Straße ... eingetreten. Sie hat in ihrem Jahresabschluss für 2006 unter anderem das Grundstück E-Straße ... bilanziell als Anlagevermögen erfasst. Darüber hinaus hat sie in den Erläuterungen zur Bilanz unter Punkt „B. Sonstiges“ ausdrücklich ausgeführt, dass die in Deutschland erworbenen Grundstücke langfristig vermietet seien und sie „mit diesen Einkünften“ in Deutschland „steuerpflichtig“ sei; die Umsätze seien gemäß § 4 Nr. 12 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Für nähere Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss der Klägerin für das Jahr 2006 Bezug genommen (Bl. 132 ff. d.A.). Aus diesen Gesamtumständen ergibt sich unter Berücksichtigung der im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung erfassten „Miet-/Pachterlöse“ von rund 64.000 Euro, dass das zunächst zwischen der D GbR und dem Partyservice D bestehende Vermietungsverhältnis nach der Veräußerung des Grundstücks E-Straße ... mit der Klägerin als Vermieterin fortgesetzt wurde. Anhaltspunkte, die gegen eine Fortführung bzw. Übernahme des Mietverhältnisses durch die Klägerin sprechen, sind nicht erkennbar. Durch die fortbestehende Vermietung war die Klägerin in der Lage, das Grundstück ohne weitere finanzielle Aufwendungen zur Erzielung von Einnahmen einzusetzen.
56Soweit die Klägerin anführt, sie habe das Grundstück nur belastet mit einem Mietvertrag übernommen, der weiterhin zwischen der D GbR und dem Partyservice auch nach der Veräußerung in Form einer „Nutzungsbeschränkung“ fortbestanden habe, lässt sich dies weder dem Kaufvertrag noch den Gesamtumständen entnehmen. Im Übrigen ist für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb ein vermietetes Grundstück veräußert worden sein sollte und dabei ein zwischen dem ursprünglichen Eigentümer und einem Mieter geschlossener Mietvertrag ohne erkennbare entsprechende Vereinbarungen weiterhin zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien fortbestehen sollte. Abgesehen davon stünde eine solche – von der Klägerin zudem lediglich behauptete und nicht nachgewiesene – Vorgehensweise auch im Gegensatz zu den Erläuterungen im Jahresabschluss und der daraus ersichtlichen gelebten Praxis.
57Ohne Bedeutung ist, dass die Vermietung des Grundstücks durch die Klägerin später umsatzsteuerfrei erfolgte. Denn die steuerpflichtige Anschlussvermietung ist nicht Voraussetzung für das Eingreifen des Haftungstatbestandes im Sinne des § 75 AO. Bei der Haftung für eine Umsatzsteuerverbindlichkeit des Veräußerers kommt es im Rahmen des § 75 AO vielmehr maßgeblich darauf an, dass – wie im vorliegenden Fall – ein (zunächst) steuerpflichtig vermietetes Grundstück übereignet wird.
58Unerheblich ist zudem, ob der Partyservice auf Seiten des Mieters ab dem Jahr 2006 noch als Einzelunternehmen oder aber in einer anderen Rechtsform (Limited) betrieben wurde. Denn abgesehen davon, dass es nur darauf ankommt, dass die Klägerin als Erwerberin in einen bestehenden Mietvertrag eintritt bzw. diesen fortsetzt, wurde der Fortbestand des Mietvertrags von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Die Klägerin führte im Rahmen des Klageverfahrens sogar aus, dass Herr D den Partyservice weiterhin (selbst) betrieben hat. Aber auch wenn die Limited als Betreiberin des Partyservice noch vor der Grundstücksübertragung als Mieterin in das Vertragsverhältnis eingetreten wäre, hätte die Klägerin diesen geänderten Mietvertrag fortgeführt. Wäre die Limited hingegen erst nach der Grundstücksübertragung in den Mietvertrag eingetreten, wäre zunächst der ursprüngliche Mietvertrag von der Klägerin übernommen worden.
59Ohne Bedeutung ist schließlich die ertragsteuerliche Behandlung des Grundstücksanteils des Herrn D als notwendiges BV seines Partyservice (vgl. auch BFH-Urteil vom 11.5.1993 VII R 86/92, BStBl. II 1993, 700); denn vorliegend kommt es auf die umsatzsteuerliche Betrachtung hinsichtlich der von der D GbR erzielten Vermietungsumsätze an. Die GbR ist umsatzsteuerlich ein selbständiges Steuersubjekt, das einen Gegenstand unabhängig von seiner ertragsteuerlichen Beurteilung umsatzsteuerwirksam an ein anderes Steuersubjekt (hier: den Partyservice D) vermieten kann.
60Der Beklagte hat die Haftung der Klägerin schließlich zutreffend ausdrücklich auf den Bestand des übernommenen Vermögens in Form des Grundstücks E-Straße ... in F beschränkt. Im Rahmen des Erwerbs übernommene Verbindlichkeiten werden nicht abgezogen (vgl. Klein/Rüsken, AO, 11. Auflage 2012, § 75 Rn. 41).
61Der Beklagte hat die subsidiäre Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin berücksichtigt und begründet. Auch ansonsten hat das Gericht an der ordnungsgemäßen Ausübung und Begründung der Ermessenentscheidungen des Beklagten keine Zweifel. Der Beklagte hat mehrere Vollstreckungsversuche in das Vermögen der GbR unternommen, die jedoch allesamt erfolglos blieben. Der Beklagte hat auch sein Auswahlermessen zutreffend ausgeübt. Neben der Klägerin kamen die Eheleute D in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter als Haftungsschuldner in Betracht. Beide Gesellschafter haften dabei nach § 44 Abs. 1 AO gleichrangig nebeneinander als Gesamtschuldner und aufgrund desselben zivilrechtlichen Haftungstatbestands. Der Gesetzgeber schreibt zwischen den einzelnen Haftungstatbeständen keine Rangordnung in der Weise vor, dass grundsätzlich der aus seiner Gesellschafterstellung heraus Haftende vor dem nach § 75 AO Haftenden in Anspruch zu nehmen ist. Die nach §§ 421, 427 BGB bzw. § 128 HGB und § 75 AO Haftenden stehen nach § 44 AO als Gesamtschuldner grundsätzlich gleichrangig nebeneinander (vgl. zum Verhältnis zwischen § 69 AO und § 75 AO BFH-Urteil vom 22.9.1992 VII R 73-74/91, BFH/NV 1993, 215).
62Der Inanspruchnahme der Klägerin steht § 219 AO nicht entgegen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift macht lediglich eine an den Haftungsschuldner ergangene Zahlungsaufforderung und nicht den Haftungsbescheid selbst anfechtbar.
63Die der Haftung zugrunde liegende Umsatzsteuer für das Jahr 2005 ist im Haftungszeitraum des § 75 AO entstanden und wurde innerhalb des von § 75 AO genannten Zeitrahmens durch die Anmeldung der Steuer in Form der Jahressteuererklärung am 20.2.2006 festgesetzt. Die Steuerpflicht gründet sich bei der Umsatzsteuer auf den Betrieb des Unternehmens.
64cc) Auch hinsichtlich der Höhe der Haftungsschuld sind keine Umstände erkennbar, die gegen die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Klägerin sprechen. Die für das Jahr 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzte Umsatzsteuer der GbR besteht in der vom Beklagten bezifferten Höhe.
65Als Haftungsschuldnerin kann die Klägerin grundsätzlich auch Einwendungen gegen die Steuerschuld erheben (vgl. BFH-Urteil vom 13.1.2005 V R 44/03, BFH/NV 2005, 998). Diese Einwendungen sind nicht ausnahmsweise gemäß § 166 AO ausgeschlossen. Denn die Klägerin war nicht befugt, die gegenüber der GbR ergangene Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 anzufechten. Sie ist auch keine Gesamtrechtsnachfolgerin der GbR, da die Betriebsübernahme im Sinne des § 75 AO nicht zu den gesetzlich abschließend geregelten Fällen der Gesamtrechtsnachfolge zählt (vgl. nur BFH-Urteil vom 12.1.2011 XI R 11/08, BStBl. II 2011, 477).
66Entgegen der Ansicht der Klägerin bestand zwischen den Eheleuten D eine GbR. Die Eheleute D verfolgten mit der Errichtung und der Vermietung der „Ritterburg D“ einen gemeinsamen, über die Ehegemeinschaft hinausgehenden Zweck. Ausweislich des mit dem Partyservice des Herrn D abgeschlossenen Mietvertrags ist die GbR auch als solche nach außen aufgetreten. Sie hat die maßgeblichen Vermietungsumsätze ausgeführt und schuldet die Umsatzsteuer. Soweit die Klägerin geltend macht, im Mietvertrag sei keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen und werde daher nicht geschuldet, führt dies – unabhängig davon, dass sich die Klägerin damit in Widerspruch zu dem bisherigen Verhalten der GbR setzt – nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Zwar ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 a) UStG steuerfrei. Die GbR hat jedoch zulässigerweise gemäß § 9 Abs. 1, 2 UStG – insbesondere wegen der hohen Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes – auf die Steuerbefreiung verzichtet. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht an einen offenen Ausweis der Umsatzsteuer geknüpft. Er kann auch durch schlüssiges Verhalten – wie z.B. die tatsächliche Versteuerung der Umsätze durch Abgabe von Voranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen – erfolgen. Die GbR hat dies in ihren Steuererklärungen mit der Geltendmachung von Vorsteuern bereits im Jahr 2000 und mit der Versteuerung der Vermietungsumsätze ab dem Jahr 2001 vollzogen. Entsprechend hat sie auch die Umsatzsteuer und Vorsteuer in ihren Gewinnermittlungen behandelt. Ein Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung liegt nicht vor. Gegen die letztlich zur Nachzahlung führende Korrektur der fehlerhaften Abrechnung wegen des zu niedrigen Vorauszahlungssolls in der Umsatzsteuererklärung durch den Beklagten hat die GbR keine Einwände erhoben. Unerheblich ist, ob die GbR zivilrechtlich noch besteht; denn sie ist steuerrechtlich so lange als materiell-rechtlich existent anzusehen, wie gegen sie noch Umsatzsteueransprüche geltend gemacht werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.7.2000 VIII R 32/99, BFH/NV 2001, 178 m.w.N.).
673. Die hilfsweise erhobene und auf die Aufhebung des Haftungsbescheids vom 30.10.2008 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Haftungsbescheid vom 30.10.2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind aus den oben angeführten Gründen rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (siehe oben).
684. Der Einholung des von der Klägerin beantragten forensischen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht, zumal bereits mit Blick auf die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids (siehe oben) nicht erkennbar ist, dass der Beklagte die Haftungsangelegenheit „bewusst zum reinen Nachteil der Klägerin“ geführt hat, um die Eheleute D zu schädigen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es auch keiner Beiziehung der – im Übrigen von der Klägerin nicht näher bezeichneten – „Akten des Beklagten zu Ermittlungen gegen Herrn D1“ und der gerichtlichen Verfahrensakten zu den von der Klägerin genannten Aktenzeichen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem inhaltlich nicht näher spezifizierten Antrag auf Beiziehung der Gerichtsakten anderer Verfahren bereits um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handelt (vgl. auch BFH-Beschluss vom 28.7.2005 VII B 11/05, juris; siehe dazu insgesamt auch BFH-Beschluss vom 27.4.2012 III B 241/11, BFH/NV 2012, 1322 und vom 1.9.2006 VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297). Soweit die Klägerin die Aufhebung des Beschlusses über die Zurückweisung ihrer seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten begehrt, wird darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung durch unanfechtbaren Beschluss erfolgte.
695. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Köln Urteil, 05. Aug. 2014 - 11 K 654/09
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Finanzgericht Köln Urteil, 05. Aug. 2014 - 11 K 654/09 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
- 1.
- a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7), - b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
- 2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8); - 3.
die folgenden sonstigen Leistungen: - a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen - aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder - bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
- b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden; - c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat; - 4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken; - 4a.
die folgenden Umsätze: - a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen, - b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet; - 4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein; - 4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert; - 5.
die Vermittlung - a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze, - b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen, - c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden, - d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, - 6.
- a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland, - b)
(weggefallen) - c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern, - d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden, - e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
- 7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen - a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen, - b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden, - c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder, - d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder, - e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und - f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat; - 8.
- a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten, - b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden, - c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen, - d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren, - e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren, - f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen, - g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze, - h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes, - i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert; - j)
(weggefallen) - k)
(weggefallen)
- 9.
- a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, - b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
- 10.
- a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt; - b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
- 11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler; - 11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG: - a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen, - b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes, - c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
- 11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt - a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder - b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
- 12.
- a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen, - b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags, - c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind; - 13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen; - 14.
- a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat; - b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von - aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen, - bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten, - cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind, - dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, - ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen, - ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten, - gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder - hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
- ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
- c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen; - d)
(weggefallen) - e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen; - f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von - aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts, - bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder - cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
- 15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge - a)
untereinander, - b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
- 15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch; - 15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, - a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind, - b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder - c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
- 15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind; - 16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von - a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts, - b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht, - c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind, - d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind, - e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht, - f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind, - g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind, - h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht, - i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht, - j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind, - k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden, - l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder - m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
- 17.
- a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch, - b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
- 18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht; - 18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist; - 19.
- a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2, - b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch: - aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren, - bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
- 20.
- a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen, - b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
- 21.
- a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, - aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder - bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
- b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer - aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder - bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
- 21a.
(weggefallen) - 22.
- a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden, - b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
- 23.
- a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden, - b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie - aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder - bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
- c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
- 24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen; - 25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind - a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts, - b)
Einrichtungen, soweit sie - aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen, - bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden, - cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder - dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
- a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen, - b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren, - c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden, - d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
- 26.
die ehrenamtliche Tätigkeit, - a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder - b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
- 27.
- a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands, - b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
- 28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat; - 29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
Verpflichten sich mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesamtschuldner.
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
Verpflichten sich mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesamtschuldner.
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19. Juli 2012 6 K 152/12 aufgehoben, soweit es den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2012 über die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte betrifft.
-
Die Sache wird insoweit an das Niedersächsische Finanzgericht zurückverwiesen.
-
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
- 1
-
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts mit Sitz in Großbritannien und Niederlassungen in den Niederlanden sowie in Belgien. Gegenstand des Unternehmens sind die Wirtschaftsberatung, Steuerberatung und das Rechnungswesen. Gesellschafter und Geschäftsführer ("director") sind die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässige S und der in Belgien ansässige Y. Y war in Deutschland als Steuerberater bestellt gewesen. Seine Bestellung wurde im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen.
- 2
-
In Deutschland ist die Klägerin nicht als Steuerberatungsgesellschaft nach § 32 Abs. 3, §§ 49 ff. des Steuerberatungsgesetzes in der für 2012 geltenden Fassung (StBerG) anerkannt. Sie berät mehrere in Deutschland ansässige Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten und tritt für diese in steuerlichen Verfahren auf.
- 3
-
Für Postsendungen benannte die Klägerin als Zustellungsbeauftragte die A-Ltd. mit Sitz in Deutschland. Aus mehreren dem Finanzgericht (FG) vorliegenden Zustellungsurkunden ist ersichtlich, dass Y in den Büroräumen der A-Ltd. tätig war.
- 4
-
Die Klägerin wirkte bei der Anfertigung der Umsatzsteuererklärung der in Deutschland niedergelassenen C-Ltd. für 2010 mit. Die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erstellte Erklärung ging Anfang 2012 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ein. Das FA wies mit Bescheid vom 12. März 2012 die Klägerin als Bevollmächtigte der C-Ltd. für das Umsatzsteuer-Festsetzungsverfahren des Kalenderjahres 2010 nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden Fassung (AO) zurück. Zur Begründung war angegeben, dass die Klägerin nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten.
- 5
-
Mit der am 13. April 2012 erhobenen Klage wandte sich die Klägerin u.a. gegen ihre Zurückweisung als Bevollmächtigte. Das FA stimmte der Sprungklage zu. Das FG behandelte die Klage insoweit als Feststellungsklage nach § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
- 6
-
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG teilte die Auffassung des FA, dass die Klägerin nicht befugt sei, der C-Ltd. geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Auch die Voraussetzungen für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a StBerG lägen nicht vor. Die Klägerin habe keine schriftliche Meldung, die den Anforderungen des § 3a Abs. 2 StBerG entspreche, an die für die Niederlande zuständige Steuerberaterkammer Düsseldorf gerichtet. Nach deren Mitteilung im Schreiben vom 25. Oktober 2011, das dem FG in einem anderen Klageverfahren der Klägerin zugegangen sei, habe die Klägerin eine tatsächliche Niederlassung und eine tatsächliche befugte mehrjährige Tätigkeit in den Niederlanden nicht nachgewiesen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2174 veröffentlicht.
- 7
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Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 80 AO und der unionsrechtlichen Bestimmungen in
-
Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr"), Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 178, 1, --Richtlinie 2000/31/EG--,
-
Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 255, 22), zuletzt geändert durch Beschluss der Kommission vom 13. Januar 2016 (ABlEU Nr. L 134, 135) --Richtlinie 2005/36/EG--,
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Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABlEU Nr. L 376, 36), --Richtlinie 2006/123/EG--,
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Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (ABlEU 2008, Nr. C-115, 47).
- 8
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Zur Begründung trägt die Klägerin vor, einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister, der dort in zulässiger Weise steuerberatend tätig sei, könne es nicht untersagt werden, seine Dienstleistungen von den Niederlanden aus, also ohne die Grenze physisch zu überschreiten, an in Deutschland ansässige Wirtschaftsteilnehmer zu erbringen. Das gelte unabhängig davon, dass die steuerberatende Tätigkeit in Deutschland --anders als in den Niederlanden-- bestimmten Berufsträgern vorbehalten sei. Im Streitfall sei zur Erbringung der Dienstleistung an die C-Ltd. kein Grenzübertritt erfolgt; sie --die Klägerin-- habe die Umsatzsteuererklärung in ihrer Niederlassung in den Niederlanden angefertigt und von dort aus an das FA übermittelt.
- 9
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Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2014 II R 44/12 (BFHE 246, 278, BStBl II 2014, 907) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, über die der EuGH mit Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft vom 17. Dezember 2015 C-342/14 (EU:C:2015:827) entschieden hat.
- 10
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, soweit sie den Bescheid vom 12. März 2012 über die Zurückweisung als Bevollmächtigte betrifft, und den Bescheid vom 12. März 2012 aufzuheben.
- 11
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie den Bescheid vom 12. März 2012 über die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Zurückweisung nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt war. Das FG hat aber Unionsrecht nicht richtig angewendet. Die Feststellungen des FG tragen nicht seine Entscheidung, dass die Klägerin beim Erlass des Bescheids vom 12. März 2012 unter die Vorschriften des Niederlassungsrechts (Art. 49 ff. AEUV) fiel.
- 13
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1. Die Revision der Klägerin richtet sich gegen das Urteil des FG, soweit die Klage gegen den Bescheid vom 12. März 2012 abgewiesen wurde. Die weiteren im Klageverfahren verfolgten Feststellungsbegehren sind --wie aus dem Antrag der Klägerin ersichtlich ist und wie sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat-- nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
- 14
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2. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist entgegen der Auffassung des FG nicht als Feststellungsklage i.S. des § 41 Abs. 1 FGO, sondern als Anfechtungsklage i.S. des § 40 Abs. 1 FGO zu verstehen.
- 15
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a) Für die Einordnung und Würdigung einer Klageart kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt des Klagebegehrens an, der ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. April 2009 X R 35/08, BFH/NV 2009, 1777, m.w.N.). In der Auslegung prozessualer Willenserklärungen, die im erstinstanzlichen Klageverfahren abgegeben worden sind, ist das Revisionsgericht frei; es ist insoweit nicht an die Auslegung durch die Vorinstanz gebunden (BFH-Urteil vom 20. September 1996 VI R 43/93, BFH/NV 1997, 249).
- 16
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b) Die Klägerin begehrt nicht nur die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 12. März 2012, sondern darüber hinaus die Aufhebung des Bescheids. Dieses Klagebegehren ist im Wege der Anfechtungsklage zu verfolgen, zumal dem Vorbringen der Klägerin zu entnehmen ist, dass der Bescheid auch im Falle der Rechtswidrigkeit aufgehoben werden soll.
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c) Da das FA der Klage ohne Vorverfahren zugestimmt hat, ist sie als Sprungklage nach § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zulässig.
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3. Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Zurückweisung im Bescheid vom 12. März 2012 nicht deshalb rechtswidrig ist, weil die Klägerin als Bevollmächtigte und nicht als Beistand zurückgewiesen wurde.
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a) Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen (vgl. BFH-Urteil vom 1. März 1983 VII R 27/82, BFHE 138, 129, BStBl II 1983, 318; FG Nürnberg, Urteil vom 14. September 2012 4 K 1870/10).
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b) Eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO ist bei einer unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen unabhängig davon gerechtfertigt, ob die hilfeleistende Person oder Vereinigung als Bevollmächtigte oder --wegen fehlender Vollmacht-- als Beistand tätig geworden ist.
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aa) Hat eine Person oder Vereinigung bei der Erstellung und Abgabe der Steuererklärung für einen Steuerpflichtigen mitgewirkt und ist diese Mitwirkung aus den Angaben in der Steuererklärung erkennbar, kann allein daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass der Steuerpflichtige der Person oder Vereinigung eine Vollmacht i.S. des § 80 Abs. 1 AO zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen erteilt hat. Ein mit der Anfertigung und Abgabe der Steuererklärung Betrauter wird hinsichtlich der darin enthaltenen Erklärungen nicht als Bevollmächtigter, sondern lediglich als Erfüllungsgehilfe des Steuerpflichtigen tätig (vgl. BFH-Urteile vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324, und vom 28. November 1990 VI R 174/87, BFH/NV 1991, 502). Der Steuerpflichtige kommt seiner Erklärungspflicht aufgrund der §§ 149, 150 AO in eigener Person nach. Das gilt auch für die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugebende Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes in der für 2010 maßgebenden Fassung). Liegt eine Vollmacht des Steuerpflichtigen nicht vor, scheidet auch eine Zurückweisung des Hilfeleistenden als Bevollmächtigter aus.
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bb) Eine Person oder Vereinigung, die nicht Bevollmächtigte ist und bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung des Steuerpflichtigen mitgewirkt hat, ist als Beistand zurückzuweisen, wenn sie ohne Befugnis geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet (a.A. FG Köln, Urteil vom 5. November 1996 8 K 4965/94, EFG 1997, 1144). Beistand ist eine Person oder Vereinigung, die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren unterstützt, ohne ihn zu vertreten (Koenig/Wünsch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 80 Rz 70; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 80 AO Rz 49). Der Begriff des Beistands i.S. des § 80 Abs. 5 AO ist weit auszulegen.
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cc) Ein Beistand kann auch bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung mitwirken. Die Regelung in § 80 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO, nach der ein Beteiligter zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen kann und das von dem Beistand Vorgetragene als von dem Beteiligten vorgebracht gilt, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht, steht dem nicht entgegen.
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§ 80 Abs. 4 AO beschränkt die Tätigkeit eines Beistands nicht auf mündliche Äußerungen im Beisein des Beteiligten (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rz 246; zur identischen Vorschrift des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes: Kopp/ Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 17. Aufl., § 14 Rz 33). Dies ergibt sich aus § 80 Abs. 6 Satz 1 AO, der zunächst die Zurückweisung eines Beistands allgemein und danach die Zurückweisung vom mündlichen Vortrag gesondert regelt. Gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 AO ist ein Beistand vom Vortrag zurückzuweisen, wenn er hierzu ungeeignet ist; vom mündlichen Vortrag kann er nur zurückgewiesen werden, wenn er zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig ist (§ 80 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 AO). Daraus ist erkennbar, dass ein Beistand einen Beteiligten auch bei schriftlichem Vorbringen --wie bei der Erstellung und Abgabe einer Steuererklärung-- unterstützen kann.
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dd) Im Übrigen gibt es keine Gründe dafür, Bevollmächtigte und Beistände im Rahmen des § 80 Abs. 5 AO unterschiedlich zu behandeln. Auch ein Beistand kann --nach der Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe der Steuererklärung-- in dem sich anschließenden Besteuerungsverfahren weiterhin bei schriftlichen Äußerungen des Steuerpflichtigen mithelfen.
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c) Wird eine Person oder Vereinigung, die als Beistand bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung mitgewirkt hat, vom Finanzamt --wie im Streitfall-- fälschlicherweise als Bevollmächtigte zurückgewiesen, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Der Bescheid ist nach § 128 AO dahin umzudeuten, dass die Zurückweisung die Person oder Vereinigung als Beistand betrifft.
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4. Die Klägerin war bei Ergehen des Bescheids vom 12. März 2012 nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
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a) Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen darf nach § 2 Satz 1 StBerG nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. § 2 Satz 1 StBerG gilt auch für Steuerberatungsgesellschaften, die --wie die Klägerin-- ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) haben und von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (Niederlande) aus Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige leisten.
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b) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind nach § 3 Nr. 3 StBerG Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Steuerberatungsgesellschaften bedürfen der Anerkennung (§ 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG). Die Anerkennung setzt den Nachweis voraus, dass die Gesellschaft von Steuerberatern, die bestellt sein müssen, verantwortlich geführt wird (§ 32 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 StBerG). Die Klägerin ist keine solche Gesellschaft.
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c) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Gebiet befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 StBerG genannten Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG). Wenn weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf im Staat der Niederlassung reglementiert ist, gilt die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland nur, wenn die Person den Beruf dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens zwei Jahre ausgeübt hat (§ 3a Abs. 1 Satz 4 StBerG). Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a Abs. 1 StBerG ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG).
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aa) § 3a StBerG erlaubt unter den im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen "auf" deutschem Gebiet. Die Vorschrift dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG in Bezug auf die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen in Deutschland durch Personen und Vereinigungen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU. Nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG gelten die Bestimmungen zur Dienstleistungsfreiheit (Titel II) nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung des Berufs nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG in den Aufnahmemitgliedstaat begibt. Der zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG eingefügte § 3a StBerG ist deshalb nur anwendbar, wenn die Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Hoheitsgebiet erbracht wird. Eine Anwendung des § 3a StBerG scheidet dagegen aus, wenn die Hilfe in Steuersachen ohne physischen Grenzübertritt des Dienstleisters oder der für ihn handelnden Personen in einem anderen Mitgliedstaat der EU erbracht wird.
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bb) Die Voraussetzungen des § 3a StBerG für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen "auf" deutschem Hoheitsgebiet liegen nach den Feststellungen des FG nicht vor.
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Das FG hat für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, dass die schriftliche Meldung der Klägerin an die Steuerberaterkammer Düsseldorf nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 2 StBerG entsprochen hat. Die Klägerin hat weder eine Bescheinigung über eine rechtmäßige Niederlassung zur Ausübung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in den Niederlanden (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 StBerG) noch einen Nachweis über ihre Berufsqualifikation (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 StBerG) noch einen Nachweis darüber vorgelegt, dass sie ihren Beruf im Staat ihrer Niederlassung mindestens zwei Jahre ausgeübt hat (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG). Zulässige und begründete Revisionsrügen hat die Klägerin insoweit nicht vorgebracht. Hierfür reicht es nicht aus, die Verletzung von § 76 FGO zu rügen, weil das FG nicht auf die Zuziehung des in einem anderen Verfahren eingegangenen Schreibens der Steuerberaterkammer Düsseldorf vom 25. Oktober 2011 hingewiesen habe. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Angaben in diesem Schreiben fehlerhaft seien. Dazu bestand vor allem deshalb Anlass, weil das FA während des Klageverfahrens vorgetragen hat, dass eine vollständige Meldung gemäß § 3a Abs. 2 StBerG zu keinem Zeitpunkt vorgelegen habe.
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cc) Da die Voraussetzungen des § 3a StBerG bereits wegen der unvollständigen Meldung an die Steuerberaterkammer Düsseldorf nicht erfüllt sind, kann dahinstehen, ob eine Befugnis nach § 3a StBerG auch deshalb nicht gegeben ist, weil das FG von einer dauerhaften Steuerberatungstätigkeit der Klägerin "in" Deutschland ausgegangen ist. Ebenso kommt es für die Anwendung des § 3a StBerG nicht darauf an, ob die Einlassung der Klägerin zutrifft, sie habe die Dienstleistung im Niederlassungsstaat (Niederlande) erbracht. Denn in diesem Fall wäre § 3a StBerG von vornherein nicht anwendbar, weil keine Dienstleistung "auf" deutschem Hoheitsgebiet vorläge.
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5. Die nationalen Vorschriften (§§ 2, 3 Nr. 3, 32 Abs. 3 StBerG) sind für eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft auch maßgebend, wenn sie in Deutschland niedergelassen ist und damit in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV fällt. Das FG hat jedoch die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 49 AEUV fehlerhaft angenommen.
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a) Die Niederlassungsfreiheit umfasst gemäß Art. 49 Abs. 2 AEUV die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S. des Art. 54 Abs. 2 AEUV, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Die Vorschrift regelt den Inhalt der Niederlassungsfreiheit und legt fest, dass hierfür die Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen gelten. Für die Anwendung der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind (Art. 54 Abs. 1 AEUV).
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b) Bei der Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit muss festgestellt werden, ob der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die fragliche Dienstleistung anbietet, niedergelassen ist oder nicht (vgl. EuGH-Urteil Duomo Gpa u.a. vom 10. Mai 2012 C-357/10 bis 359/10, EU:C:2012:283, Rz 30). Die Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen sind gegenüber denen des Kapitels über das Niederlassungsrecht subsidiär (EuGH-Urteil Gebhard vom 30. November 1995 C-55/94, EU:C:1995:411, Rz 22).
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Ist der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die Dienstleistung anbietet (Empfänger- oder Aufnahmemitgliedstaat), niedergelassen, so fällt er in den Geltungsbereich des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit, wie er in Art. 49 AEUV definiert ist (EuGH-Urteile Kommission/Portugal vom 29. April 2004 C-171/02, EU:C:2004:270, Rz 24, und Duomo Gpa u.a., EU:C:2012:283, Rz 30). Ist der Wirtschaftsteilnehmer dagegen nicht im Empfängermitgliedstaat niedergelassen, so ist er ein grenzüberschreitender Dienstleister, der unter den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV fällt (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Portugal, EU:C:2004:270, Rz 24, und Duomo Gpa u.a., EU:C:2012:283, Rz 30).
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Ist eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft auch in Deutschland niedergelassen, kann sie sich auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) berufen. Die Anwendung der Vorschriften über das Niederlassungsrecht hat nach Art. 49 Abs. 2 AEUV zur Folge, dass die Steuerberatungsgesellschaft mit der Niederlassung den nationalen Vorschriften (§§ 2, 3 Nr. 3, 32 Abs. 3 StBerG) unterliegt.
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c) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff der Niederlassung ein sehr weiter Begriff, der die Möglichkeit für einen Unionsangehörigen impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, wodurch die wirtschaftliche und soziale Verflechtung innerhalb der Union im Bereich der selbständigen Tätigkeiten gefördert wird (vgl. EuGH-Urteile Winner Wetten vom 8. September 2010 C-409/06, EU:C:2010:503, Rz 46, und Stoß vom 8. September 2010 C-316/07, EU:C:2010:504, Rz 59).
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Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Niederlassungsrecht ist jedoch, dass eine dauernde Präsenz im Aufnahmemitgliedstaat sichergestellt ist. Diese Präsenz kann eine Zweigniederlassung, eine Agentur oder ein Büro sein, das von einer Person geführt wird, die zwar unabhängig, aber beauftragt ist, auf Dauer für dieses Unternehmen wie eine Agentur zu handeln (vgl. EuGH-Urteile Centro di Musicologia Walter Stauffer vom 14. September 2006 C-386/04, EU:C:2006:568, Rz 19; Winner Wetten, EU:C:2010:503, Rz 46; Stoß, EU:C:2010:504, Rz 59). Ein Unionsangehöriger fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht, wenn er in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit "in" einem anderen Mitgliedstaat ausübt, in dem er sich von einem dort befindlichen "Berufsdomizil" aus an die Angehörigen dieses Staates wendet (vgl. EuGH-Urteile Gebhard, EU:C:1995:411, Rz 28; Schnitzer vom 11. Dezember 2003 C-215/01, EU:C:2003:662, Rz 29; Kommission/Portugal, EU:C:2004:270, Rz 25).
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Ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer ist jedoch nicht schon deshalb als in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen anzusehen, weil er in diesem anderen Mitgliedstaat über einen längeren Zeitraum hinweg Dienstleistungen erbringt (EuGH-Urteil Kommission/Portugal, EU:C:2004:270, Rz 27). Art. 56 AEUV kann auch Dienstleistungen umfassen, deren Erbringung sich über einen längeren Zeitraum, bis hin zu mehreren Jahren, erstreckt (EuGH-Urteil Kommission/Portugal vom 18. November 2010 C-458/08, EU:C:2010:692, Rz 85, zu Dienstleistungen im Rahmen eines Großbauprojekts).
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d) Nach diesen Grundsätzen reicht es entgegen der Auffassung des FG für die Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften über das Niederlassungsrecht auf eine steuerberatende Tätigkeit in Deutschland nicht aus, dass ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger bzw. niedergelassener Dienstleister --wie die Klägerin-- in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in Deutschland ausübt. Erforderlich ist vielmehr stets, dass der Dienstleister in Deutschland auch über eine ständige Präsenz (Geschäftsräume) verfügt. Da das FG Unionsrecht insoweit nicht zutreffend angewendet hat, war die Vorentscheidung aufzuheben.
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6. Die Sache ist nicht spruchreif. Im Streitfall fehlen ausreichende Feststellungen dazu, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids vom 12. März 2012 über eine Niederlassung in Deutschland verfügte.
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a) Das FG hat festgestellt, aus mehreren Zustellungsurkunden sei ersichtlich, dass Y unter der Adresse der A-Ltd. tätig sei. Zudem sei dem FG aus einer Vielzahl von Verfahren, die eine Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte beträfen, bekannt, dass die Klägerin unter der Anschrift der A-Ltd. handele und Mandanten im räumlichen Umfeld dieses inländischen Standorts betreue. Konkrete Feststellungen dazu, ob und für welchen Zeitraum die Klägerin die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit hatte, die Geschäftsräume der A-Ltd. für eine steuerberatende Tätigkeit zu nutzen, fehlen aber. Dabei kann die Tätigkeit des Y in den Geschäftsräumen der A-Ltd., in denen er wohl zuzustellende Briefsendungen entgegengenommen hat und sonstige, vom FG nicht näher bezeichnete Tätigkeiten ausgeführt haben soll, der Klägerin zuzurechnen sein.
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b) Hat sich Y aufgrund einer eigenen Nutzungsmöglichkeit (z.B. als Gesellschafter oder Geschäftsführer der A-Ltd.) in deren Geschäftsräumen aufgehalten, kann davon auszugehen sein, dass er dort auch steuerberatende Tätigkeiten für die Klägerin erledigen konnte und damit eine Niederlassung der Klägerin bestand. War die Klägerin in Deutschland niedergelassen, kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie die konkrete Dienstleistung --die Anfertigung und Übersendung der Umsatzsteuererklärung der C-Ltd. für 2010-- von den Niederlanden aus erbracht habe.
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c) Das FG wird deshalb Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob die Klägerin im März 2012 über eine ständige Präsenz in Deutschland verfügte. Die Beteiligten sind bei der Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 FGO). Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgetragenen Tatsachen zu erklären (§ 76 Abs. 1 Satz 3 FGO). Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die Tatsachen, die die Annahme einer Niederlassung der Klägerin in Deutschland rechtfertigen, trägt das FA. Denn eine solche Niederlassung führt dazu, dass der vom FA erlassene Zurückweisungsbescheid rechtmäßig ist.
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7. Hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Zurückweisung keine Niederlassung in Deutschland, konnte sie möglicherweise aufgrund der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt sein.
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a) Nach Art. 56 Abs. 1 AEUV sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.
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Dienstleistungen im Sinne der Verträge sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen (Art. 57 Abs. 1 AEUV). Als Dienstleistungen gelten insbesondere freiberufliche Tätigkeiten (Art. 57 Abs. 2 Buchst. d AEUV).
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Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt (Art. 57 Abs. 3 AEUV).
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Nach Art. 62 AEUV finden die Bestimmungen der Art. 51 bis 54 AEUV auf das in Kapitel 3 geregelte Sachgebiet "Dienstleistungen" Anwendung. Gemäß Art. 54 Abs. 1 AEUV stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als Gesellschaften gelten gemäß Art. 54 Abs. 2 AEUV die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.
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b) Der EuGH hat mit Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft vom 17. Dezember 2015 C-342/14 (EU:C:2015:827) entschieden, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er es nicht zulässt, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, in der die Voraussetzungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen festgelegt sind, die Dienstleistungsfreiheit einer Steuerberatungsgesellschaft beschränkt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen ist, gegründet wurde und in diesem Mitgliedstaat, in dem die steuerberatende Tätigkeit nicht reglementiert ist, eine Steuererklärung für einen Leistungsempfänger im erstgenannten Mitgliedstaat erstellt und an die Finanzverwaltung dieses Mitgliedstaats übermittelt, ohne dass die Qualifikation, die diese Gesellschaft oder die natürlichen Personen, die für sie die Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erbringen, in anderen Mitgliedstaaten erworben haben, ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt wird.
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Die EuGH-Entscheidung betrifft eine Dienstleistung mit grenzüberschreitendem Charakter, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU für einen inländischen Steuerpflichtigen erbracht wird, ohne dass sich der Dienstleister oder die für ihn handelnden Personen auf deutsches Hoheitsgebiet begeben (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 34). Eine solche Dienstleistung fällt weder unter Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG noch unter Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/123/EG (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 40).
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Der EuGH hat darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten, solange es an einer Harmonisierung der Voraussetzungen für den Zugang zu einem Beruf fehlt, festlegen dürfen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zu dessen Ausübung notwendig sind (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da die Bedingungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen bisher nicht auf Unionsebene harmonisiert worden sind, bleiben die Mitgliedstaaten befugt, diese Voraussetzungen festzulegen (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 45). Die Mitgliedstaaten müssen ihre Befugnisse in diesem Bereich jedoch unter Beachtung der vertraglich garantierten Grundfreiheiten ausüben (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 47).
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Der freie Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) verlangt die Aufhebung aller Beschränkungen, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort rechtmäßig vergleichbare Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Deshalb obliegt es den nationalen Behörden, insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die in anderen Mitgliedstaaten erworbene Qualifikation des Dienstleistenden ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt wird (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine Verpflichtung des Erbringers einer Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen, den Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen reglementiert ist und in dem der Dienstleister solche Leistungen zu erbringen beabsichtigt, über diese Absicht eine einfache vorherige Meldung zu erstatten, würde es den Behörden ermöglichen, die Qualifikation zu überprüfen, die der Dienstleistende oder die natürlichen Personen, die für ihn die betreffende Dienstleistung erbringen, in anderen Mitgliedstaaten --gegebenenfalls durch Berufserfahrung-- auf dem speziellen Gebiet des Steuerwesens erworben haben, in dem der Dienstleistende seine Tätigkeit auszuüben beabsichtigt (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 56).
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c) Fehlen --wie im Streitfall-- nationale Regelungen, die eine Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikation einer Gesellschaft oder der für sie handelnden Personen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erlauben, gebietet es nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827) die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, eine solche Qualifikation ihrem Wert entsprechend anzuerkennen und angemessen zu berücksichtigen. Da der EuGH hierzu keine Rechtsgrundsätze aufgestellt hat, obliegt es den nationalen Behörden und Gerichten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine in anderen Mitgliedstaaten erworbene Qualifikation eine Befugnis des Dienstleisters zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen durch grenzüberschreitende Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige begründet.
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aa) Für die Festlegung, welche in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen für eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen maßgeblich sind, geben die nationalen Regelungen in § 3a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nrn. 6 und 7 StBerG einen Anhaltspunkt. Die dort für die vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung auf deutschem Hoheitsgebiet genannten Voraussetzungen stellen auf die berufliche Qualifikation eines Dienstleisters ab und sind deshalb auch als sachgerechte Anforderungen für den Fall geeignet, dass ein Dienstleister von einem anderen Mitgliedstaat aus ohne Grenzübertritt eine dauerhafte geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige ausüben will. Die berufliche Qualifikation kann sich aufgrund einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat vermittelt, oder --falls eine solche in dem anderen Mitgliedstaat nicht erforderlich ist-- aufgrund der dort im Zusammenhang mit der Steuerberatung gewonnenen Berufserfahrung ergeben.
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bb) Ist weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf in dem anderen Mitgliedstaat reglementiert, genügt in Anlehnung an § 3a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG, dass die Person den Beruf im Staat der Niederlassung während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens zwei Jahre ausgeübt hat. Die Berufsausübung in dem anderen Mitgliedstaat darf sich in diesem Fall aber nicht von vornherein darauf beschränken, ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen. Die aufgrund der Berufserfahrung erworbene Qualifikation eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleisters ist nur anzuerkennen, wenn sie auf einer Beratungstätigkeit beruht, die ihn unionsrechtlich dazu befugt, für inländische Steuerpflichtige tätig zu werden. Da in Deutschland die steuerberatende Tätigkeit reglementiert ist, liegt eine unionsrechtlich zulässige Beratungstätigkeit nicht vor, wenn der Dienstleister ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne vorher eine berufliche Qualifikation in dem anderen Mitgliedstaat erworben zu haben. Denn erst die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation berechtigt den Dienstleister --aus unionsrechtlicher Sicht-- zu den grenzüberschreitenden Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 54). Insoweit reicht es nicht aus, dass der Dienstleister über Berufserfahrung aus einer in Deutschland ausgeübten steuerberatenden Tätigkeit verfügt.
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cc) Diesem Verständnis einer unionsrechtlich zu beachtenden Qualifikation zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen steht § 12 Satz 1 StBerG nicht entgegen. Danach sind Personen und Vereinigungen i.S. des § 3 Nrn. 1 bis 3 StBerG in Angelegenheiten, die das Recht fremder Staaten betreffen, zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt. Die Vorschrift erweitert die nach nationalem Recht erforderliche Befugnis der in § 3 Nrn. 1 bis 3 StBerG genannten Personen und Gesellschaften zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. § 12 Satz 1 StBerG kann aber nicht eine nach dem Recht eines fremden Staates notwendige Befugnis begründen.
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d) Ist der Dienstleister eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Gesellschaft, ist sie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in Form grenzüberschreitender Dienstleistungen befugt, wenn der verantwortliche Geschäftsführer über die erforderliche Qualifikation verfügt und ihm die steuerberatende Tätigkeit obliegt. Sind bei einer Steuerberatungsgesellschaft mehrere Geschäftsführer bestellt, ist die Gesellschaft nur zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt, wenn der die Dienstleistung erbringende Geschäftsführer die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Qualifikation besitzt. Insoweit kann bei einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft nicht auf die formellen Voraussetzungen von § 32 Abs. 3 und § 50 StBerG abgestellt werden. Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) erfordert vielmehr nur die Berücksichtigung der Qualifikation der Gesellschaft oder der natürlichen Personen, die für sie die Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erbringen (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827). Entscheidend ist danach die Qualifikation der jeweils für die Steuerberatungsgesellschaft verantwortlich handelnden Person, die die konkrete Steuerberatungsleistung erbringt.
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e) Eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige, nicht in Deutschland niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft kann unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige nur erbringen, wenn sie über eine Berufshaftpflichtversicherung oder einen anderen individuellen oder kollektiven Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 2011 II R 6/10, BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906).
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Hat die Gesellschaft eine nach deutschem Recht erforderliche Berufshaftpflichtversicherung für die steuerberatende Tätigkeit abgeschlossen, muss der Versicherungsschutz Beratungsleistungen umfassen, die die Gesellschaft von einem anderen Mitgliedstaat aus für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze zu Deutschland überschreiten. Ein Versicherungsschutz für Beratungsleistungen i.S. des § 3a StBerG reicht nicht aus. Denn diese Beratungsleistungen werden auf deutschem Hoheitsgebiet erbracht.
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f) Die für die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit notwendigen Voraussetzungen (Niederlassung und geschäftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat, Erbringung der Dienstleistung von der ausländischen Niederlassung aus, im anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation, Versicherungsschutz) sind von dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleister in geeigneter Weise darzulegen und nachzuweisen. Das Gericht erforscht zwar den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Da aber ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, bestehen erhöhte Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO). Der Dienstleister, der sich auf die Dienstleistungsfreiheit beruft, trägt insoweit die Feststellungslast für alle Tatsachen, die für eine Anwendung der Dienstleistungsfreiheit erforderlich sind.
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Allerdings sind an den vom Dienstleister zu erbringenden Nachweis in formeller Hinsicht keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Insbesondere kann die Befugnis eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleisters zu grenzüberschreitenden Steuerberatungsleistungen nicht deshalb abgelehnt werden, weil er nicht die Nachweise i.S. des § 3a Abs. 2 Satz 3 Nrn. 5 bis 7 StBerG für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Hoheitsgebiet erbracht hat. Denn diese Regelungen gelten nicht für eine von einem anderen Mitgliedstaat aus erbrachte Steuerberatungsdienstleistung ohne physischen Grenzübertritt der handelnden Personen, auch wenn der Inhalt der Regelungen zum Teil bei der Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen herangezogen wird. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es, dass Rechtsvorschriften --vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können-- klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 58).
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g) Im Streitfall hat das FG --ausgehend von seiner Auffassung zu Recht-- noch nicht geprüft, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass sich die Klägerin in Bezug auf die Anfertigung und Übersendung der Umsatzsteuererklärung der C-Ltd. für 2010 auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen kann und der Zurückweisungsbescheid von 12. März 2012 deshalb rechtswidrig ist. Für den Fall, dass die Klägerin nicht in Deutschland niedergelassen ist und damit nicht in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt, sind diese Prüfung und die für die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
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Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids vom 12. März 2012 in ihrer niederländischen Niederlassung geschäftlich tätig war, die konkrete Dienstleistung an die C-Ltd. von dieser Niederlassung aus erbracht hat und welche in den Niederlanden erworbenen beruflichen Qualifikationen die Klägerin bzw. der die konkrete Dienstleistung erbringende Geschäftsführer zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit im Jahr 2012 aufweisen konnte.
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Das FG hat in diesem Fall weiter zu ermitteln, ob die von der Klägerin abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung Versicherungsschutz für Beratungsleistungen bietet, die die Klägerin von einem anderen Mitgliedstaat aus für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze zu Deutschland überschreiten. Dem Versicherungsschein vom 6. Oktober 2011 kann nicht eindeutig entnommen werden, ob Versicherungsschutz für die von den Niederlanden aus erbrachten Dienstleistungen bestand. Der Versicherungsschein enthält zwar die besondere Vereinbarung, dass die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für Vermögensschäden aus der Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 3a StBerG versichert ist. Allerdings ist als versichertes Risiko die "Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 3a StBerG (vom Ausland aus)" bezeichnet. Da § 3a StBerG die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Hoheitsgebiet von Deutschland betrifft, sind zwar die Dienstleistungen abgesichert, die in Deutschland erbracht werden. Dienstleistungen, die für inländische Steuerpflichtige in den Niederlanden erbracht werden, könnten aber ebenso versichert sein. Darauf deutet die Bezeichnung des versicherten Risikos "Hilfeleistung in Steuersachen vom Ausland aus" hin. Der Umfang des Versicherungsschutzes ist nicht eindeutig und deshalb unter Heranziehung der Versicherungsbedingungen sowie ggf. durch eine schriftliche oder mündliche Bestätigung des Versicherers zu klären.
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8. Sollten die vom FG nachzuholenden Feststellungen ergeben, dass sich die Klägerin auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen kann, so steht dem der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH darf sich niemand in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise auf die Rechtsvorschriften der EU berufen (vgl. EuGH-Urteil Kratzer vom 28. Juli 2016 C-423/15, EU:C:2016:604, Rz 37, m.w.N.).
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Die Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Tatbestandsmerkmals (vgl. EuGH-Urteil SICES u.a. vom 13. März 2014 C-155/13, EU:C:2014:145, Rz 31).
- 72
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Das objektive Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der von der Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde (vgl. EuGH-Urteil Kratzer, EU:C:2016:604, Rz 39). Das subjektive Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass wesentlicher Zweck der fraglichen Handlungen die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils ist (vgl. EuGH-Urteil Kratzer, EU:C:2016:604, Rz 40). Denn das Missbrauchsverbot greift nicht, wenn die fraglichen Handlungen eine andere Erklärung haben können als nur die Erlangung eines Vorteils (vgl. EuGH-Urteile Halifax u.a. vom 21. Februar 2006 C-255/02, EU:C:2006:121, Rz 75; Weald Leasing vom 22. Dezember 2010 C-103/09, EU:C:2010:804, Rz 30; SICES u.a., EU:C:2014:145, Rz 33).
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Zum Beweis für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandsmerkmals, das auf die Absicht der Handelnden abstellt, kann u.a. der rein künstliche Charakter der fraglichen Handlungen berücksichtigt werden (vgl. EuGH-Urteile Emsland-Stärke vom 14. Dezember 2000 C-110/99, EU:C:2000:695, Rz 53 und 58; Halifax u.a., EU:C:2006:121, Rz 81; Part Service vom 21. Februar 2008 C-425/06, EU:C:2008:108, Rz 62; SICES u.a., EU:C:2014:145, Rz 33).
- 74
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Es ist Sache des nationalen Gerichts, gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts --soweit dadurch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigt wird-- festzustellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen eines missbräuchlichen Verhaltens im Ausgangsverfahren erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteil Kratzer, EU:C:2016:604, Rz 42, m.w.N.).
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b) Der Umstand, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat nur gegründet wurde, um in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, stellt keinen Missbrauch dar, und zwar auch dann nicht, wenn die betreffende Gesellschaft ihre Tätigkeiten hauptsächlich oder ausschließlich in diesem zweiten Staat (mit den strengeren Rechtsvorschriften) ausübt (vgl. EuGH-Urteile Centros vom 9. März 1999 C-212/97, EU:C:1999:126, Rz 27, 29, und Inspire Art vom 30. September 2003 C-167/01, EU:C:2003:512, Rz 96). Nach diesen Entscheidungen kann es für sich allein keine missbräuchliche Ausnutzung des Niederlassungsrechts darstellen, wenn eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat nur errichtet wurde, um sich in einem zweiten Mitgliedstaat niederzulassen, in dem die Geschäftstätigkeit im Wesentlichen oder ausschließlich ausgeübt werden soll. Auch der Umstand, dass sich ein Angehöriger eines Mitgliedstaats entschlossen hat, eine Berufsqualifikation in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Wohnmitgliedstaat zu erwerben, um dort in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, reicht für sich genommen nicht aus, um von einem Rechtsmissbrauch auszugehen (EuGH-Urteil Torresi vom 17. Juli 2014 C-58/13, C-59/13, EU:C:2014:2088, Rz 50, zu Art. 3 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde). Diesen Entscheidungen ist zu entnehmen, dass der EuGH die Nutzung vorteilhafterer Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht als Rechtsmissbrauch ansieht.
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c) Dieser vom EuGH aufgestellte Grundsatz gilt auch im Bereich der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV. Errichtet eine in einem Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat, in dem die Steuerberatungstätigkeit nicht reglementiert ist, eine Zweigniederlassung, von der aus sie Steuerberatungsleistungen erbringt, ist weder die Errichtung der Zweigniederlassung noch die Erbringung der Beratungsleistungen in dem Staat der Zweigniederlassung noch die Erbringung grenzüberschreitender Beratungsleistungen für Staatsangehörige in einem Mitgliedstaat, in dem die Steuerberatung zu den reglementierten Berufen zählt, rechtsmissbräuchlich. Denn die Gesellschaft nimmt insoweit nur die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten wahr. Ein ungerechtfertigter Vorteil wird dadurch nicht erlangt. Auch der EuGH hat in der den Streitfall betreffenden Entscheidung (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827) einen Rechtsmissbrauch nicht angesprochen, sondern nur verlangt, dass für die Erbringung grenzüberschreitender Steuerberatungsleistungen an Steuerpflichtige in einem anderen Mitgliedstaat, in dem die Steuerberatung reglementiert ist, die Qualifikation, die der Dienstleister im Niederlassungsmitgliedstaat erworben hat, ihrem Wert entsprechend anzuerkennen und angemessen zu berücksichtigen ist.
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d) Ein Missbrauch liegt auch dann nicht vor, wenn einer der Gesellschafter und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort keiner Reglementierung unterliegt, früher Steuerberater in Deutschland gewesen ist und seine Bestellung bestandskräftig widerrufen worden war. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Gesellschaft einen weiteren Gesellschafter und Geschäftsführer hat, bei dem dies nicht zutrifft. Denn die Gesellschaft erfüllt in dieser Konstellation als solche --unabhängig von dem früher als Steuerberater bestellten Geschäftsführer-- alle Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit. Die Dienstleistungsfreiheit erfasst auch grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige, wenn der weitere Geschäftsführer hierfür über eine im Niederlassungsmitgliedstaat erworbene Qualifikation verfügt.
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Die Mitwirkung eines Geschäftsführers, der wegen des Widerrufs der Bestellung selbst nicht mehr in Deutschland als Steuerberater tätig sein kann, ist auch hinsichtlich der grenzüberschreitenden Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige kein Rechtsmissbrauch. Dieser Geschäftsführer erlangt zwar aufgrund seiner Stellung bei der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft die Möglichkeit, grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen. Dieser Vorteil ist aber nicht ungerechtfertigt. Denn er wird nur gewährt, wenn der Geschäftsführer vor der Erbringung der grenzüberschreitenden Dienstleistungen im Niederlassungsstaat Qualifikationen erworben hat, die ihm eine Befugnis zu diesen grenzüberschreitenden Steuerberatungsleistungen verschaffen. Der vormals als Steuerberater in Deutschland tätige Geschäftsführer kann also nicht ohne Weiteres über eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige leisten. Zudem kann der Widerruf der Bestellung als Steuerberater in Deutschland nicht dazu führen, dass damit zugleich eine Ausübung der steuerberatenden Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten verhindert wird.
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e) Die Errichtung der Klägerin in England, die Eröffnung einer Niederlassung in den Niederlanden und die Erbringung grenzüberschreitender Steuerberatungsleistungen an inländische Steuerpflichtige aufgrund einer in den Niederlanden erworbenen Qualifikation sind nicht missbräuchlich. Das gilt auch, wenn sie letztendlich zum Ziel haben, von der Niederlassung in den Niederlanden aus geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige zu leisten, und sich die Klägerin dadurch dem Anwendungsbereich der nationalen Vorschriften der §§ 2, 3 Nr. 3, 32 Abs. 3 StBerG entzieht. Die Klägerin ist berechtigt, möglicherweise günstigere Rechtsvorschriften der Niederlande für ihre geschäftliche Tätigkeit zu nutzen. Unschädlich ist, dass Y, dessen Bestellung als Steuerberater in Deutschland widerrufen wurde, Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist.
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9. Die Richtlinie 2000/31/EG ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht einschlägig.
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Diese Richtlinie soll einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarktes leisten, indem sie den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellt (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie findet keine Anwendung auf den Bereich der Besteuerung (Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG).
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Die Mitwirkung einer Gesellschaft bei der Erstellung und Abgabe der Steuererklärung eines Steuerpflichtigen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck fällt deshalb nicht unter die Richtlinie 2000/31/EG. Zudem liegt insoweit auch kein Dienst der Informationsgesellschaft i.S. der Art. 3 Abs. 2, Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG i.V.m. Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der bis 6. Oktober 2015 geltenden Fassung (Richtlinie 98/48/EG) vor. Ein Dienst ist nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/34/EG eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d.h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Die Erstellung einer Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck und die Übersendung des ausgefüllten Vordrucks an das Finanzamt ist keine derartige Dienstleistung.
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10. Die Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.
(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht
- 1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist; - 2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt; - 3.
das Einvernehmen der Parteien allein.
(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für
- 1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen, - 2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 3.
(weggefallen) - 4.
Wechsel- oder Scheckprozesse, - 5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird, - 6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist, - 7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder - 8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) wegen seiner Beteiligung an einem Umsatzsteuerhinterziehungssystem nach § 71 der Abgabenordnung als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Sein Einspruch führte zu einer Teilrücknahme des Haftungsbescheids und zu einer Herabsetzung der Haftungssumme. Die Klage hatte keinen Erfolg. Am Tag vor der mündlichen Verhandlung teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Finanzgericht (FG) schriftlich mit, das Mandat werde mit sofortiger Wirkung niedergelegt und eine Terminsverlegung beantragt. Noch am selben Tag lehnte das FG den Antrag mit der Begründung ab, ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung liege nicht vor. In dem Antrag fehlten jegliche Angaben, anhand derer ein fehlendes Verschulden des Klägers an der Mandatsniederlegung überprüft werden könnte. An der mündlichen Verhandlung hat der Kläger teilgenommen und ebenfalls eine Terminsverlegung beantragt.
- 2
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Das FG entsprach dem Antrag jedoch nicht. Zur Begründung führte es aus, ein erheblicher Grund für eine Verlegung bzw. Vertagung liege nicht vor. Der Kläger sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch anwaltlich vertreten gewesen. Den Grund für die Mandatsniederlegung habe er weder von seiner Prozessbevollmächtigten darlegen lassen noch selbst hierzu vorgetragen. In der mündlichen Verhandlung habe er lediglich erklärt, dass Vorschüsse für Reisekostenerstattungen möglicherweise nicht rechtzeitig bei der Prozessbevollmächtigten eingegangen seien. Wenn diese Vermutung zuträfe, hätte er die Mandatsniederlegung selbst verschuldet. Vor oder noch während der Anreise zum Termin habe er ausreichend Gelegenheit gehabt, mit seiner Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen und mit ihr über die Gründe für die Mandatsniederlegung zu sprechen. Da es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Gründe fehle, komme es auf weitere im Rahmen der Entscheidung über den Verlegungsantrag zu prüfende Gründe nicht an.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Durch die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung habe das FG ihm die Möglichkeit zur Verschaffung eines qualifizierten rechtlichen Gehörs genommen und damit den Gehörsanspruch verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes). Für ihn sei die Niederlegung des Mandats --über die er erst von seiner Lebensgefährtin am späteren Nachmittag des Tages vor dem anberaumten Verhandlungstermin in Kenntnis gesetzt worden sei-- unerwartet gewesen, so dass sie zur Unzeit erfolgt sei. Da er sich in Haft befunden habe, sei es nicht möglich gewesen, rechtzeitig Aufschluss über die Gründe der Mandatsniederlegung zu erlangen. Auch habe ihm nicht ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um sich auf den Gerichtstermin vorzubereiten.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Bei Zweifeln an der ausreichenden Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes liegt der behauptete Verfahrensmangel jedenfalls nicht vor.
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1. Zwar kann die einen Verfahrensmangel darstellende Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch in einer unzutreffenden Behandlung eines Antrags auf Aufhebung bzw. Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung gesehen werden (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2003 VII B 13/02, BFH/NV 2003, 797, m.w.N.), doch liegt im Streitfall ein solcher Verfahrensmangel nicht vor. Die Entscheidung des FG, die Anträge auf Terminsverlegung abzulehnen, ist nicht zu beanstanden.
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a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann der Vorsitzende bzw. das FG aus erheblichen Gründen einen Termin aufheben oder verlegen bzw. eine mündliche Verhandlung vertagen. Die erheblichen Gründe für die begehrte Terminsänderung sind auf Verlangen glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Dies gilt auch für den Fall einer Mandatsniederlegung. Eine solche kann ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung sein, sofern in einer Sache, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach ist, ein Wechsel der Prozessbevollmächtigten stattfindet, den der Kläger nicht verschuldet hat (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 31. Januar 2012 IV B 22/11, BFH/NV 2012, 766). Ein am Vortag der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag auf Terminsverlegung aufgrund einer Mandatsniederlegung muss mit einer nachvollziehbaren Begründung versehen sein, die dem FG die Beurteilung der Frage ermöglicht, ob den Kläger ein Verschulden an der Mandatsniederlegung trifft (Senatsbeschluss vom 27. Januar 2004 VII B 66/03, BFH/NV 2004, 796).
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b) Im Streitfall fehlt es an einer solchen Begründung. Eine Begründung für die Mandatsniederlegung hat die Prozessbevollmächtigte dem FG nicht mitgeteilt. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich ausgeführt, er könne sich allenfalls vorstellen, dass die Mandatsniederlegung mit finanziellen Forderungen zu tun habe und möglicherweise Vorschüsse für Reisekostenauslagen nicht rechtzeitig eingegangen seien. Mit diesem Vorbringen hat er keine Gründe geltend gemacht, die auf ein fehlendes Verschulden an der Mandatsniederlegung schließen lassen. Auch hat er nicht substantiiert dargelegt, warum ihm eine Rücksprache mit seiner Prozessbevollmächtigten nicht möglich gewesen sein soll und ob er überhaupt einen Versuch unternommen hat, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Zu Recht hat das FG darauf hingewiesen, dass der pauschale Hinweis auf eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten infolge der Inhaftierung nicht als ausreichender Vortrag erachtet werden kann. Aber selbst wenn das Vorbringen des Klägers als ausreichend gewertet werden könnte, würde es auf ein Verschulden an der Mandatsniederlegung hindeuten, so dass auch aus diesem Grund der Antrag auf Terminsverlegung zu Recht abgelehnt worden wäre. Der von der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) für Umsatzsteuer der "R-GmbH i.L" (im Folgenden: GmbH) nach § 75 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) haftet.
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Der Antrag der GmbH auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mit Beschluss des zuständigen Amtsgerichts (AG) vom 8. Januar 1999 mangels Masse abgelehnt. Die durch ihren Liquidator vertretene GmbH verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 25. Februar 1999 ihren mit einer Produktionshalle bebauten Grundbesitz sowie im Einzelnen aufgeführte bewegliche Gegenstände an den Kläger zum Miteigentum zu 4/10, an H zum Miteigentum zu 5/10 und an A zum Miteigentum zu 1/10. Der Kaufpreis für das Grundstück betrug netto ... DM und für die beweglichen Gegenstände ... DM.
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Die Produktionshalle war im Jahr 1995 errichtet worden. Zunächst hatte die GmbH darin Back- und Konditoreiwaren produziert und diese Produkte vertrieben. Ab dem 1. Dezember 1997 hatte die GmbH die Produktionshalle an die B-GmbH vermietet.
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Die aus dem Kläger und den beiden anderen Miteigentümern bestehende Bruchteilsgemeinschaft (im Folgenden: Bruchteilsgemeinschaft) meldete das Unternehmen am 30. März 1999 beim zuständigen Finanzamt an und bezeichnete als Unternehmensgegenstand die Vermietung der erworbenen Objekte.
- 5
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Mit Vertrag vom 4. Mai 2000 vermietete die Bruchteilsgemeinschaft das erworbene Grundstück mit Rückwirkung zum 25. Februar 1999 an die H-GmbH, die eine der beiden Gesellschafter der bisherigen Mieterin, der B-GmbH, war.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ gegenüber den Miteigentümern unter dem Datum des 9. Januar 2003 jeweils gleichlautende Haftungsbescheide wegen der Umsatzsteuer der GmbH für 1998 und für das 1. Quartal 1999 über insgesamt ... €. Die Haftung war auf § 75 AO gestützt. Der Haftungsbescheid enthielt den Hinweis, dass die Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkt sei.
- 7
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In der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2004 beschränkte das FA den Haftungsbetrag auf die Umsatzsteuer für 1998. Zur Begründung führte es aus, das Finanzgericht (FG) habe mit Urteil vom 13. November 2003 14 K 3494/01 entschieden, dass es sich bei dem Kaufvertrag vom 25. Februar 1999 um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gehandelt habe, so dass die Umsatzsteuer für 1999 durch Bescheid vom 26. Juli 2004 entsprechend geändert worden sei. Es setzte den Haftungsbetrag auf ... € herab. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
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Das FG wies die Klage ab.
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Die unternehmerische Tätigkeit der GmbH habe im Zeitpunkt des Kaufvertrages ausschließlich in der Vermietung von Ladeneinrichtungen und in der Verpachtung des Produktionsbetriebs bestanden. Dass die GmbH nach der Übertragung der Produktionshalle weiter die Ladeneinrichtung verschiedener Geschäfte verpachtet und daraus Mieteinnahmen erzielt habe, sei nicht entscheidend. Insoweit habe es sich laut Konkursgutachten vom 28. Dezember 1998 um wertlose Gegenstände gehandelt, die keine wesentlichen Betriebsgrundlagen der GmbH gewesen seien.
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Es komme auch nicht darauf an, dass die Erwerber die Vermietungstätigkeit der GmbH aufgrund der fristlosen Kündigung des Mietvertrages mit der bisherigen Mieterin nicht hätten fortführen können, da es der Bruchteilsgemeinschaft möglich gewesen sei, die Vermietungstätigkeit ohne Unterbrechung mit einem anderen Mieter rückwirkend weiterzuführen.
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Der Haftungsausschluss nach § 75 Abs. 2 AO greife nicht ein, wenn der Erwerber nach Ablehnung des Konkursantrags --wie im Streitfall-- das Unternehmen ohne nennenswerte Investitionen weiterführen könne (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. September 1992 VII R 73-74/91, BFH/NV 1993, 215).
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Der Haftungsbescheid sei insbesondere auch der Höhe nach rechtmäßig. Es könne dahingestellt bleiben, ob zwischen der GmbH und R --wie das FG in seinem Urteil vom 13. November 2003 14 K 3494/01 angenommen habe-- ein Organschaftsverhältnis bestanden habe. Die bestandskräftige Festsetzung der Umsatzsteuer für 1998 müsse der Kläger aufgrund der Betriebsübernahme gegen sich gelten lassen. Die Möglichkeit einer Umsatzsteuerberichtigung der GmbH hinsichtlich möglicherweise ausgefallener Mietforderungen gegen die B-GmbH bestehe nicht.
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Der Kläger macht zur Begründung der Revision im Wesentlichen geltend:
- 14
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Der Haftungsschuldner dürfe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- (Beschluss vom 29. November 1996 2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415) entgegen der Rechtsauffassung des FG Einwendungen gegen die Primärschuld erheben. Das FG hätte deshalb sowohl die Möglichkeit einer Umsatzsteuerberichtigung wegen ausgefallener Mietforderungen als auch den Umstand berücksichtigen müssen, dass die Umsatzsteuer für Umsätze bis Oktober 1998 nicht gegenüber der GmbH, sondern gegenüber dem Organträger hätte festgesetzt werden müssen.
- 15
-
Außerdem sei die Umsatzsteuer für einen anderen Betrieb entstanden als den übernommenen. Denn nach den Feststellungen des FG sei ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen worden, während die Umsatzsteuer, für die er haften solle, im Wesentlichen aus dem Verkauf von Backwaren --also einem anderen Betrieb-- resultiere.
- 16
-
Ferner sei kein lebendes Unternehmen erworben worden, da die GmbH bei Abschluss des Kaufvertrages den Mietvertrag über die Produktionshalle mit der bisherigen Mieterin wegen deren Insolvenzverfahren fristlos gekündigt habe.
- 17
-
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.
- 18
-
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 19
-
II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
- 20
-
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass Einwendungen des Klägers gegen die Höhe der Haftungsschuld aufgrund der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gegenüber der GmbH unerheblich sind.
- 21
-
1. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 75 AO u.a. für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden.
- 22
-
a) Der Erwerb "im Ganzen" bedeutet, dass das Unternehmen bzw. der gesondert geführte Betrieb mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen muss und der Erwerber dieses bzw. diesen ohne nennenswerte Investitionen fortführen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. November 2002 VII R 11/01, BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226). Kann der Betrieb ohne nennenswerte Investitionen fortgeführt werden, steht der Haftung auch nicht entgegen, dass --wie im Streitfall-- der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Veräußerin mangels Masse abgelehnt worden war (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 215, unter 2.b).
- 23
-
b) Der Unternehmensbegriff des § 75 AO entspricht dem des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), so dass auch --wie im Streitfall-- die Übereignung steuerpflichtig vermieteter oder verpachteter Grundstücke erfasst wird (vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Dezember 1992 V R 90/92, BFHE 170, 299, BStBl II 1993, 700, und vom 7. März 1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726, m.w.N.).
- 24
-
Insoweit steht dem nicht der Einwand des Klägers entgegen, es sei kein "lebendes" Unternehmen übertragen worden, weil das zuständige AG noch zuvor den Antrag auf Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgelehnt habe. Denn die Vermietung des Grundstücks konnte ohne weiteres fortgeführt werden.
- 25
-
c) Der Kläger war auch Erwerber i.S. des § 75 AO. Er hat zwar nicht das bebaute Grundstück und die mitverkauften beweglichen Gegenstände, sondern nur das Bruchteilseigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) daran erworben. Er hat aber durch den gemeinsamen Abschluss des Kaufvertrages mit den beiden anderen Käufern den Tatbestand des Erwerbs i.S. des § 75 AO gemeinsam mit diesen erfüllt.
- 26
-
Diese gemeinsame Tatbestandsverwirklichung begründet eine Haftung der Miteigentümer als Gesamtschuldner i.S. des § 44 AO. Es ist in Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 II R 7/91, BFHE 173, 306, BStBl II 1995, 300) und Literatur (vgl. z.B. Pahlke/Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 44 Rz 10; Klein/Ratschow, AO, 10. Aufl., § 44 Rz 5 und 6; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 44 AO Rz 7 und 8; Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 44 AO Rz 11) anerkannt, dass eine Gesamtschuld insbesondere durch eine gemeinsame Tatbestandsverwirklichung begründet wird, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Nach § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gehört gemäß § 37 Abs. 1 AO nicht nur der Steueranspruch, sondern auch der Haftungsanspruch. Deshalb haften mehrere Personen, die einen gesetzlichen Haftungstatbestand gemeinsam verwirklicht haben, als Gesamtschuldner.
- 27
-
2. Es entspricht der Rechtsprechung des BFH und des BVerfG, dass der Haftungsschuldner Einwendungen nicht nur gegen die Haftungsschuld, sondern grundsätzlich auch gegen die Steuerschuld erheben kann, für die er als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 44/03, BFH/NV 2005, 998, unter II.2.c cc, m.w.N.; BVerfG-Beschluss in BStBl II 1997, 415, unter B.II.2.a).
- 28
-
a) Zwar sind gemäß § 166 AO dem Haftungsschuldner ausnahmsweise Einwendungen gegen die Steuerschuld dann abgeschnitten, wenn diese unanfechtbar gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt worden ist und der Haftungsschuldner entweder Gesamtrechtsnachfolger des Steuerschuldners ist oder er rechtlich in der Lage gewesen wäre, den gegen diesen erlassenen Steuerbescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
- 29
-
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall aber nicht vor. Das FG hat nicht festgestellt, dass der Kläger eine Position innegehabt hat, aufgrund deren er befugt gewesen sei, den gegen die GmbH erlassenen Umsatzsteuerbescheid für 1998 anzufechten.
- 30
-
Der Kläger ist auch nicht Gesamtrechtsnachfolger der GmbH. Die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge (§ 45 AO) sind gesetzlich abschließend geregelt (vgl. Klein/Ratschow, a.a.O., § 45 Rz 2). Der Fall der Betriebsübernahme i.S. des § 75 AO gehört nicht dazu (vgl. BFH-Urteile vom 28. Mai 1963 V 224/60 U, BFHE 77, 148, BStBl III 1963, 371, und vom 2. Mai 1984 VIII R 239/82, BFHE 141, 312, BStBl II 1984, 695).
- 31
-
b) Da das FG von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist seine Entscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zurückzuverweisen. Es wird sich im zweiten Rechtsgang mit den Einwendungen des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung gegenüber der GmbH auseinandersetzen müssen.
- 32
-
Es wird insbesondere klären müssen, ob die GmbH entsprechend dem Vorbringen des Klägers bis zum 15. Oktober 1998 Organgesellschaft und damit nicht Unternehmerin i.S. des § 2 UStG gewesen ist. In diesem Fall wäre die bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Umsatzsteuer zu Unrecht gegenüber der GmbH festgesetzt worden. Darauf kann sich der Kläger berufen, so dass seine Haftung insoweit ausscheiden würde.
- 33
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3. Das FG wird ggf. auch prüfen müssen, ob eine Haftung für diejenige Umsatzsteuer der GmbH ausscheidet, die auf dem Verkauf von Backwaren beruht.
- 34
-
Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Haftung des Erwerbers nicht dadurch eingeschränkt, dass er einen nicht wesentlichen Betriebsbestandteil nicht übernommen hat (vgl. Urteil vom 10. Dezember 1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712, unter 4.b).
- 35
-
Auch hat der BFH entschieden, dass für die Haftung nach § 75 AO nicht die Übertragung solcher Grundlagen erforderlich sei, die zu einem früheren, vor der Übernahme liegenden Zeitpunkt zum Betrieb gehört haben, von dem vorherigen Unternehmer aber bereits vor der Übertragung aus irgendeinem Grund veräußert, weggegeben oder sonst aufgegeben sind (vgl. Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226, unter 1.).
- 36
-
Etwas Anderes gelte jedoch dann, wenn durch die Einstellung eines Teils der bisherigen unternehmerischen Tätigkeiten die Identität des Unternehmens in Frage gestellt sei. An dieser Identität könne es fehlen, wenn der Unternehmer sein Unternehmen auf einen Kernbestand reduziere und nur diesen an einen Erwerber übereigne (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226, unter 1.).
- 37
-
Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang prüfen müssen, ob der Backwarenverkauf ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmens vor der Veräußerung gewesen war und durch die Beschränkung auf die Vermietung und Verpachtung die Identität des ursprünglichen Unternehmens nicht gewahrt worden wäre.
- 38
-
Wäre durch die Einstellung des Backwarenverkaufs ein Identitätsverlust eingetreten, käme eine Haftung für diejenige Umsatzsteuer nicht in Betracht, die auf den vor der Veräußerung aufgegebenen Unternehmensteil entfällt.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Tatbestand
- 1
-
I. Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) für Umsatzsteuer der "R-GmbH i.L" (im Folgenden: GmbH) nach § 75 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) haftet.
- 2
-
Der Antrag der GmbH auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mit Beschluss des zuständigen Amtsgerichts (AG) vom 8. Januar 1999 mangels Masse abgelehnt. Die durch ihren Liquidator vertretene GmbH verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 25. Februar 1999 ihren mit einer Produktionshalle bebauten Grundbesitz sowie im Einzelnen aufgeführte bewegliche Gegenstände an den Kläger zum Miteigentum zu 4/10, an H zum Miteigentum zu 5/10 und an A zum Miteigentum zu 1/10. Der Kaufpreis für das Grundstück betrug netto ... DM und für die beweglichen Gegenstände ... DM.
- 3
-
Die Produktionshalle war im Jahr 1995 errichtet worden. Zunächst hatte die GmbH darin Back- und Konditoreiwaren produziert und diese Produkte vertrieben. Ab dem 1. Dezember 1997 hatte die GmbH die Produktionshalle an die B-GmbH vermietet.
- 4
-
Die aus dem Kläger und den beiden anderen Miteigentümern bestehende Bruchteilsgemeinschaft (im Folgenden: Bruchteilsgemeinschaft) meldete das Unternehmen am 30. März 1999 beim zuständigen Finanzamt an und bezeichnete als Unternehmensgegenstand die Vermietung der erworbenen Objekte.
- 5
-
Mit Vertrag vom 4. Mai 2000 vermietete die Bruchteilsgemeinschaft das erworbene Grundstück mit Rückwirkung zum 25. Februar 1999 an die H-GmbH, die eine der beiden Gesellschafter der bisherigen Mieterin, der B-GmbH, war.
- 6
-
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ gegenüber den Miteigentümern unter dem Datum des 9. Januar 2003 jeweils gleichlautende Haftungsbescheide wegen der Umsatzsteuer der GmbH für 1998 und für das 1. Quartal 1999 über insgesamt ... €. Die Haftung war auf § 75 AO gestützt. Der Haftungsbescheid enthielt den Hinweis, dass die Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkt sei.
- 7
-
In der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2004 beschränkte das FA den Haftungsbetrag auf die Umsatzsteuer für 1998. Zur Begründung führte es aus, das Finanzgericht (FG) habe mit Urteil vom 13. November 2003 14 K 3494/01 entschieden, dass es sich bei dem Kaufvertrag vom 25. Februar 1999 um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gehandelt habe, so dass die Umsatzsteuer für 1999 durch Bescheid vom 26. Juli 2004 entsprechend geändert worden sei. Es setzte den Haftungsbetrag auf ... € herab. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
- 8
-
Das FG wies die Klage ab.
- 9
-
Die unternehmerische Tätigkeit der GmbH habe im Zeitpunkt des Kaufvertrages ausschließlich in der Vermietung von Ladeneinrichtungen und in der Verpachtung des Produktionsbetriebs bestanden. Dass die GmbH nach der Übertragung der Produktionshalle weiter die Ladeneinrichtung verschiedener Geschäfte verpachtet und daraus Mieteinnahmen erzielt habe, sei nicht entscheidend. Insoweit habe es sich laut Konkursgutachten vom 28. Dezember 1998 um wertlose Gegenstände gehandelt, die keine wesentlichen Betriebsgrundlagen der GmbH gewesen seien.
- 10
-
Es komme auch nicht darauf an, dass die Erwerber die Vermietungstätigkeit der GmbH aufgrund der fristlosen Kündigung des Mietvertrages mit der bisherigen Mieterin nicht hätten fortführen können, da es der Bruchteilsgemeinschaft möglich gewesen sei, die Vermietungstätigkeit ohne Unterbrechung mit einem anderen Mieter rückwirkend weiterzuführen.
- 11
-
Der Haftungsausschluss nach § 75 Abs. 2 AO greife nicht ein, wenn der Erwerber nach Ablehnung des Konkursantrags --wie im Streitfall-- das Unternehmen ohne nennenswerte Investitionen weiterführen könne (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. September 1992 VII R 73-74/91, BFH/NV 1993, 215).
- 12
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Der Haftungsbescheid sei insbesondere auch der Höhe nach rechtmäßig. Es könne dahingestellt bleiben, ob zwischen der GmbH und R --wie das FG in seinem Urteil vom 13. November 2003 14 K 3494/01 angenommen habe-- ein Organschaftsverhältnis bestanden habe. Die bestandskräftige Festsetzung der Umsatzsteuer für 1998 müsse der Kläger aufgrund der Betriebsübernahme gegen sich gelten lassen. Die Möglichkeit einer Umsatzsteuerberichtigung der GmbH hinsichtlich möglicherweise ausgefallener Mietforderungen gegen die B-GmbH bestehe nicht.
- 13
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Der Kläger macht zur Begründung der Revision im Wesentlichen geltend:
- 14
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Der Haftungsschuldner dürfe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- (Beschluss vom 29. November 1996 2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415) entgegen der Rechtsauffassung des FG Einwendungen gegen die Primärschuld erheben. Das FG hätte deshalb sowohl die Möglichkeit einer Umsatzsteuerberichtigung wegen ausgefallener Mietforderungen als auch den Umstand berücksichtigen müssen, dass die Umsatzsteuer für Umsätze bis Oktober 1998 nicht gegenüber der GmbH, sondern gegenüber dem Organträger hätte festgesetzt werden müssen.
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Außerdem sei die Umsatzsteuer für einen anderen Betrieb entstanden als den übernommenen. Denn nach den Feststellungen des FG sei ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen worden, während die Umsatzsteuer, für die er haften solle, im Wesentlichen aus dem Verkauf von Backwaren --also einem anderen Betrieb-- resultiere.
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Ferner sei kein lebendes Unternehmen erworben worden, da die GmbH bei Abschluss des Kaufvertrages den Mietvertrag über die Produktionshalle mit der bisherigen Mieterin wegen deren Insolvenzverfahren fristlos gekündigt habe.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass Einwendungen des Klägers gegen die Höhe der Haftungsschuld aufgrund der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gegenüber der GmbH unerheblich sind.
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1. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 75 AO u.a. für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden.
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a) Der Erwerb "im Ganzen" bedeutet, dass das Unternehmen bzw. der gesondert geführte Betrieb mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen muss und der Erwerber dieses bzw. diesen ohne nennenswerte Investitionen fortführen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. November 2002 VII R 11/01, BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226). Kann der Betrieb ohne nennenswerte Investitionen fortgeführt werden, steht der Haftung auch nicht entgegen, dass --wie im Streitfall-- der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Veräußerin mangels Masse abgelehnt worden war (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 215, unter 2.b).
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b) Der Unternehmensbegriff des § 75 AO entspricht dem des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), so dass auch --wie im Streitfall-- die Übereignung steuerpflichtig vermieteter oder verpachteter Grundstücke erfasst wird (vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Dezember 1992 V R 90/92, BFHE 170, 299, BStBl II 1993, 700, und vom 7. März 1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726, m.w.N.).
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Insoweit steht dem nicht der Einwand des Klägers entgegen, es sei kein "lebendes" Unternehmen übertragen worden, weil das zuständige AG noch zuvor den Antrag auf Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgelehnt habe. Denn die Vermietung des Grundstücks konnte ohne weiteres fortgeführt werden.
- 25
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c) Der Kläger war auch Erwerber i.S. des § 75 AO. Er hat zwar nicht das bebaute Grundstück und die mitverkauften beweglichen Gegenstände, sondern nur das Bruchteilseigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) daran erworben. Er hat aber durch den gemeinsamen Abschluss des Kaufvertrages mit den beiden anderen Käufern den Tatbestand des Erwerbs i.S. des § 75 AO gemeinsam mit diesen erfüllt.
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Diese gemeinsame Tatbestandsverwirklichung begründet eine Haftung der Miteigentümer als Gesamtschuldner i.S. des § 44 AO. Es ist in Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 II R 7/91, BFHE 173, 306, BStBl II 1995, 300) und Literatur (vgl. z.B. Pahlke/Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 44 Rz 10; Klein/Ratschow, AO, 10. Aufl., § 44 Rz 5 und 6; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 44 AO Rz 7 und 8; Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 44 AO Rz 11) anerkannt, dass eine Gesamtschuld insbesondere durch eine gemeinsame Tatbestandsverwirklichung begründet wird, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Nach § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gehört gemäß § 37 Abs. 1 AO nicht nur der Steueranspruch, sondern auch der Haftungsanspruch. Deshalb haften mehrere Personen, die einen gesetzlichen Haftungstatbestand gemeinsam verwirklicht haben, als Gesamtschuldner.
- 27
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2. Es entspricht der Rechtsprechung des BFH und des BVerfG, dass der Haftungsschuldner Einwendungen nicht nur gegen die Haftungsschuld, sondern grundsätzlich auch gegen die Steuerschuld erheben kann, für die er als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 44/03, BFH/NV 2005, 998, unter II.2.c cc, m.w.N.; BVerfG-Beschluss in BStBl II 1997, 415, unter B.II.2.a).
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a) Zwar sind gemäß § 166 AO dem Haftungsschuldner ausnahmsweise Einwendungen gegen die Steuerschuld dann abgeschnitten, wenn diese unanfechtbar gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt worden ist und der Haftungsschuldner entweder Gesamtrechtsnachfolger des Steuerschuldners ist oder er rechtlich in der Lage gewesen wäre, den gegen diesen erlassenen Steuerbescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
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Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall aber nicht vor. Das FG hat nicht festgestellt, dass der Kläger eine Position innegehabt hat, aufgrund deren er befugt gewesen sei, den gegen die GmbH erlassenen Umsatzsteuerbescheid für 1998 anzufechten.
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Der Kläger ist auch nicht Gesamtrechtsnachfolger der GmbH. Die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge (§ 45 AO) sind gesetzlich abschließend geregelt (vgl. Klein/Ratschow, a.a.O., § 45 Rz 2). Der Fall der Betriebsübernahme i.S. des § 75 AO gehört nicht dazu (vgl. BFH-Urteile vom 28. Mai 1963 V 224/60 U, BFHE 77, 148, BStBl III 1963, 371, und vom 2. Mai 1984 VIII R 239/82, BFHE 141, 312, BStBl II 1984, 695).
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b) Da das FG von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist seine Entscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zurückzuverweisen. Es wird sich im zweiten Rechtsgang mit den Einwendungen des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung gegenüber der GmbH auseinandersetzen müssen.
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Es wird insbesondere klären müssen, ob die GmbH entsprechend dem Vorbringen des Klägers bis zum 15. Oktober 1998 Organgesellschaft und damit nicht Unternehmerin i.S. des § 2 UStG gewesen ist. In diesem Fall wäre die bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Umsatzsteuer zu Unrecht gegenüber der GmbH festgesetzt worden. Darauf kann sich der Kläger berufen, so dass seine Haftung insoweit ausscheiden würde.
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3. Das FG wird ggf. auch prüfen müssen, ob eine Haftung für diejenige Umsatzsteuer der GmbH ausscheidet, die auf dem Verkauf von Backwaren beruht.
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Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Haftung des Erwerbers nicht dadurch eingeschränkt, dass er einen nicht wesentlichen Betriebsbestandteil nicht übernommen hat (vgl. Urteil vom 10. Dezember 1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712, unter 4.b).
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Auch hat der BFH entschieden, dass für die Haftung nach § 75 AO nicht die Übertragung solcher Grundlagen erforderlich sei, die zu einem früheren, vor der Übernahme liegenden Zeitpunkt zum Betrieb gehört haben, von dem vorherigen Unternehmer aber bereits vor der Übertragung aus irgendeinem Grund veräußert, weggegeben oder sonst aufgegeben sind (vgl. Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226, unter 1.).
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Etwas Anderes gelte jedoch dann, wenn durch die Einstellung eines Teils der bisherigen unternehmerischen Tätigkeiten die Identität des Unternehmens in Frage gestellt sei. An dieser Identität könne es fehlen, wenn der Unternehmer sein Unternehmen auf einen Kernbestand reduziere und nur diesen an einen Erwerber übereigne (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226, unter 1.).
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Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang prüfen müssen, ob der Backwarenverkauf ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmens vor der Veräußerung gewesen war und durch die Beschränkung auf die Vermietung und Verpachtung die Identität des ursprünglichen Unternehmens nicht gewahrt worden wäre.
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Wäre durch die Einstellung des Backwarenverkaufs ein Identitätsverlust eingetreten, käme eine Haftung für diejenige Umsatzsteuer nicht in Betracht, die auf den vor der Veräußerung aufgegebenen Unternehmensteil entfällt.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
- 1.
- a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7), - b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
- 2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8); - 3.
die folgenden sonstigen Leistungen: - a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen - aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder - bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
- b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden; - c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat; - 4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken; - 4a.
die folgenden Umsätze: - a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen, - b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet; - 4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein; - 4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert; - 5.
die Vermittlung - a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze, - b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen, - c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden, - d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, - 6.
- a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland, - b)
(weggefallen) - c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern, - d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden, - e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
- 7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen - a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen, - b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden, - c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder, - d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder, - e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und - f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat; - 8.
- a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten, - b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden, - c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen, - d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren, - e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren, - f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen, - g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze, - h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes, - i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert; - j)
(weggefallen) - k)
(weggefallen)
- 9.
- a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, - b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
- 10.
- a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt; - b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
- 11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler; - 11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG: - a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen, - b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes, - c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
- 11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt - a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder - b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
- 12.
- a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen, - b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags, - c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind; - 13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen; - 14.
- a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat; - b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von - aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen, - bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten, - cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind, - dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, - ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen, - ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten, - gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder - hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
- ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
- c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen; - d)
(weggefallen) - e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen; - f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von - aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts, - bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder - cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
- 15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge - a)
untereinander, - b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
- 15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch; - 15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, - a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind, - b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder - c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
- 15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind; - 16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von - a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts, - b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht, - c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind, - d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind, - e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht, - f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind, - g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind, - h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht, - i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht, - j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind, - k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden, - l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder - m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
- 17.
- a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch, - b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
- 18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht; - 18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist; - 19.
- a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2, - b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch: - aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren, - bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
- 20.
- a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen, - b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
- 21.
- a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, - aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder - bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
- b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer - aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder - bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
- 21a.
(weggefallen) - 22.
- a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden, - b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
- 23.
- a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden, - b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie - aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder - bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
- c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
- 24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen; - 25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind - a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts, - b)
Einrichtungen, soweit sie - aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen, - bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden, - cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder - dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
- a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen, - b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren, - c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden, - d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
- 26.
die ehrenamtliche Tätigkeit, - a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder - b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
- 27.
- a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands, - b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
- 28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat; - 29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
Verpflichten sich mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesamtschuldner.
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Wenn nichts anderes bestimmt ist, darf ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat oder gesetzlich verpflichtet war, Steuern einzubehalten und abzuführen oder zu Lasten eines anderen zu entrichten.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) für Umsatzsteuer der "R-GmbH i.L" (im Folgenden: GmbH) nach § 75 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) haftet.
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Der Antrag der GmbH auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mit Beschluss des zuständigen Amtsgerichts (AG) vom 8. Januar 1999 mangels Masse abgelehnt. Die durch ihren Liquidator vertretene GmbH verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 25. Februar 1999 ihren mit einer Produktionshalle bebauten Grundbesitz sowie im Einzelnen aufgeführte bewegliche Gegenstände an den Kläger zum Miteigentum zu 4/10, an H zum Miteigentum zu 5/10 und an A zum Miteigentum zu 1/10. Der Kaufpreis für das Grundstück betrug netto ... DM und für die beweglichen Gegenstände ... DM.
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Die Produktionshalle war im Jahr 1995 errichtet worden. Zunächst hatte die GmbH darin Back- und Konditoreiwaren produziert und diese Produkte vertrieben. Ab dem 1. Dezember 1997 hatte die GmbH die Produktionshalle an die B-GmbH vermietet.
- 4
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Die aus dem Kläger und den beiden anderen Miteigentümern bestehende Bruchteilsgemeinschaft (im Folgenden: Bruchteilsgemeinschaft) meldete das Unternehmen am 30. März 1999 beim zuständigen Finanzamt an und bezeichnete als Unternehmensgegenstand die Vermietung der erworbenen Objekte.
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Mit Vertrag vom 4. Mai 2000 vermietete die Bruchteilsgemeinschaft das erworbene Grundstück mit Rückwirkung zum 25. Februar 1999 an die H-GmbH, die eine der beiden Gesellschafter der bisherigen Mieterin, der B-GmbH, war.
- 6
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ gegenüber den Miteigentümern unter dem Datum des 9. Januar 2003 jeweils gleichlautende Haftungsbescheide wegen der Umsatzsteuer der GmbH für 1998 und für das 1. Quartal 1999 über insgesamt ... €. Die Haftung war auf § 75 AO gestützt. Der Haftungsbescheid enthielt den Hinweis, dass die Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkt sei.
- 7
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In der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2004 beschränkte das FA den Haftungsbetrag auf die Umsatzsteuer für 1998. Zur Begründung führte es aus, das Finanzgericht (FG) habe mit Urteil vom 13. November 2003 14 K 3494/01 entschieden, dass es sich bei dem Kaufvertrag vom 25. Februar 1999 um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gehandelt habe, so dass die Umsatzsteuer für 1999 durch Bescheid vom 26. Juli 2004 entsprechend geändert worden sei. Es setzte den Haftungsbetrag auf ... € herab. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
- 8
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Das FG wies die Klage ab.
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Die unternehmerische Tätigkeit der GmbH habe im Zeitpunkt des Kaufvertrages ausschließlich in der Vermietung von Ladeneinrichtungen und in der Verpachtung des Produktionsbetriebs bestanden. Dass die GmbH nach der Übertragung der Produktionshalle weiter die Ladeneinrichtung verschiedener Geschäfte verpachtet und daraus Mieteinnahmen erzielt habe, sei nicht entscheidend. Insoweit habe es sich laut Konkursgutachten vom 28. Dezember 1998 um wertlose Gegenstände gehandelt, die keine wesentlichen Betriebsgrundlagen der GmbH gewesen seien.
- 10
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Es komme auch nicht darauf an, dass die Erwerber die Vermietungstätigkeit der GmbH aufgrund der fristlosen Kündigung des Mietvertrages mit der bisherigen Mieterin nicht hätten fortführen können, da es der Bruchteilsgemeinschaft möglich gewesen sei, die Vermietungstätigkeit ohne Unterbrechung mit einem anderen Mieter rückwirkend weiterzuführen.
- 11
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Der Haftungsausschluss nach § 75 Abs. 2 AO greife nicht ein, wenn der Erwerber nach Ablehnung des Konkursantrags --wie im Streitfall-- das Unternehmen ohne nennenswerte Investitionen weiterführen könne (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. September 1992 VII R 73-74/91, BFH/NV 1993, 215).
- 12
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Der Haftungsbescheid sei insbesondere auch der Höhe nach rechtmäßig. Es könne dahingestellt bleiben, ob zwischen der GmbH und R --wie das FG in seinem Urteil vom 13. November 2003 14 K 3494/01 angenommen habe-- ein Organschaftsverhältnis bestanden habe. Die bestandskräftige Festsetzung der Umsatzsteuer für 1998 müsse der Kläger aufgrund der Betriebsübernahme gegen sich gelten lassen. Die Möglichkeit einer Umsatzsteuerberichtigung der GmbH hinsichtlich möglicherweise ausgefallener Mietforderungen gegen die B-GmbH bestehe nicht.
- 13
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Der Kläger macht zur Begründung der Revision im Wesentlichen geltend:
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Der Haftungsschuldner dürfe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- (Beschluss vom 29. November 1996 2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415) entgegen der Rechtsauffassung des FG Einwendungen gegen die Primärschuld erheben. Das FG hätte deshalb sowohl die Möglichkeit einer Umsatzsteuerberichtigung wegen ausgefallener Mietforderungen als auch den Umstand berücksichtigen müssen, dass die Umsatzsteuer für Umsätze bis Oktober 1998 nicht gegenüber der GmbH, sondern gegenüber dem Organträger hätte festgesetzt werden müssen.
- 15
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Außerdem sei die Umsatzsteuer für einen anderen Betrieb entstanden als den übernommenen. Denn nach den Feststellungen des FG sei ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen worden, während die Umsatzsteuer, für die er haften solle, im Wesentlichen aus dem Verkauf von Backwaren --also einem anderen Betrieb-- resultiere.
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Ferner sei kein lebendes Unternehmen erworben worden, da die GmbH bei Abschluss des Kaufvertrages den Mietvertrag über die Produktionshalle mit der bisherigen Mieterin wegen deren Insolvenzverfahren fristlos gekündigt habe.
- 17
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.
- 18
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass Einwendungen des Klägers gegen die Höhe der Haftungsschuld aufgrund der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gegenüber der GmbH unerheblich sind.
- 21
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1. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 75 AO u.a. für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden.
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a) Der Erwerb "im Ganzen" bedeutet, dass das Unternehmen bzw. der gesondert geführte Betrieb mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen muss und der Erwerber dieses bzw. diesen ohne nennenswerte Investitionen fortführen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. November 2002 VII R 11/01, BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226). Kann der Betrieb ohne nennenswerte Investitionen fortgeführt werden, steht der Haftung auch nicht entgegen, dass --wie im Streitfall-- der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Veräußerin mangels Masse abgelehnt worden war (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 215, unter 2.b).
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b) Der Unternehmensbegriff des § 75 AO entspricht dem des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), so dass auch --wie im Streitfall-- die Übereignung steuerpflichtig vermieteter oder verpachteter Grundstücke erfasst wird (vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Dezember 1992 V R 90/92, BFHE 170, 299, BStBl II 1993, 700, und vom 7. März 1996 VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726, m.w.N.).
- 24
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Insoweit steht dem nicht der Einwand des Klägers entgegen, es sei kein "lebendes" Unternehmen übertragen worden, weil das zuständige AG noch zuvor den Antrag auf Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgelehnt habe. Denn die Vermietung des Grundstücks konnte ohne weiteres fortgeführt werden.
- 25
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c) Der Kläger war auch Erwerber i.S. des § 75 AO. Er hat zwar nicht das bebaute Grundstück und die mitverkauften beweglichen Gegenstände, sondern nur das Bruchteilseigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) daran erworben. Er hat aber durch den gemeinsamen Abschluss des Kaufvertrages mit den beiden anderen Käufern den Tatbestand des Erwerbs i.S. des § 75 AO gemeinsam mit diesen erfüllt.
- 26
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Diese gemeinsame Tatbestandsverwirklichung begründet eine Haftung der Miteigentümer als Gesamtschuldner i.S. des § 44 AO. Es ist in Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 II R 7/91, BFHE 173, 306, BStBl II 1995, 300) und Literatur (vgl. z.B. Pahlke/Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 44 Rz 10; Klein/Ratschow, AO, 10. Aufl., § 44 Rz 5 und 6; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 44 AO Rz 7 und 8; Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 44 AO Rz 11) anerkannt, dass eine Gesamtschuld insbesondere durch eine gemeinsame Tatbestandsverwirklichung begründet wird, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Nach § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gehört gemäß § 37 Abs. 1 AO nicht nur der Steueranspruch, sondern auch der Haftungsanspruch. Deshalb haften mehrere Personen, die einen gesetzlichen Haftungstatbestand gemeinsam verwirklicht haben, als Gesamtschuldner.
- 27
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2. Es entspricht der Rechtsprechung des BFH und des BVerfG, dass der Haftungsschuldner Einwendungen nicht nur gegen die Haftungsschuld, sondern grundsätzlich auch gegen die Steuerschuld erheben kann, für die er als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 44/03, BFH/NV 2005, 998, unter II.2.c cc, m.w.N.; BVerfG-Beschluss in BStBl II 1997, 415, unter B.II.2.a).
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a) Zwar sind gemäß § 166 AO dem Haftungsschuldner ausnahmsweise Einwendungen gegen die Steuerschuld dann abgeschnitten, wenn diese unanfechtbar gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt worden ist und der Haftungsschuldner entweder Gesamtrechtsnachfolger des Steuerschuldners ist oder er rechtlich in der Lage gewesen wäre, den gegen diesen erlassenen Steuerbescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
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Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall aber nicht vor. Das FG hat nicht festgestellt, dass der Kläger eine Position innegehabt hat, aufgrund deren er befugt gewesen sei, den gegen die GmbH erlassenen Umsatzsteuerbescheid für 1998 anzufechten.
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Der Kläger ist auch nicht Gesamtrechtsnachfolger der GmbH. Die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge (§ 45 AO) sind gesetzlich abschließend geregelt (vgl. Klein/Ratschow, a.a.O., § 45 Rz 2). Der Fall der Betriebsübernahme i.S. des § 75 AO gehört nicht dazu (vgl. BFH-Urteile vom 28. Mai 1963 V 224/60 U, BFHE 77, 148, BStBl III 1963, 371, und vom 2. Mai 1984 VIII R 239/82, BFHE 141, 312, BStBl II 1984, 695).
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b) Da das FG von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist seine Entscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zurückzuverweisen. Es wird sich im zweiten Rechtsgang mit den Einwendungen des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung gegenüber der GmbH auseinandersetzen müssen.
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Es wird insbesondere klären müssen, ob die GmbH entsprechend dem Vorbringen des Klägers bis zum 15. Oktober 1998 Organgesellschaft und damit nicht Unternehmerin i.S. des § 2 UStG gewesen ist. In diesem Fall wäre die bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Umsatzsteuer zu Unrecht gegenüber der GmbH festgesetzt worden. Darauf kann sich der Kläger berufen, so dass seine Haftung insoweit ausscheiden würde.
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3. Das FG wird ggf. auch prüfen müssen, ob eine Haftung für diejenige Umsatzsteuer der GmbH ausscheidet, die auf dem Verkauf von Backwaren beruht.
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Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Haftung des Erwerbers nicht dadurch eingeschränkt, dass er einen nicht wesentlichen Betriebsbestandteil nicht übernommen hat (vgl. Urteil vom 10. Dezember 1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712, unter 4.b).
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Auch hat der BFH entschieden, dass für die Haftung nach § 75 AO nicht die Übertragung solcher Grundlagen erforderlich sei, die zu einem früheren, vor der Übernahme liegenden Zeitpunkt zum Betrieb gehört haben, von dem vorherigen Unternehmer aber bereits vor der Übertragung aus irgendeinem Grund veräußert, weggegeben oder sonst aufgegeben sind (vgl. Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226, unter 1.).
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Etwas Anderes gelte jedoch dann, wenn durch die Einstellung eines Teils der bisherigen unternehmerischen Tätigkeiten die Identität des Unternehmens in Frage gestellt sei. An dieser Identität könne es fehlen, wenn der Unternehmer sein Unternehmen auf einen Kernbestand reduziere und nur diesen an einen Erwerber übereigne (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 31, BStBl II 2003, 226, unter 1.).
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Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang prüfen müssen, ob der Backwarenverkauf ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmens vor der Veräußerung gewesen war und durch die Beschränkung auf die Vermietung und Verpachtung die Identität des ursprünglichen Unternehmens nicht gewahrt worden wäre.
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Wäre durch die Einstellung des Backwarenverkaufs ein Identitätsverlust eingetreten, käme eine Haftung für diejenige Umsatzsteuer nicht in Betracht, die auf den vor der Veräußerung aufgegebenen Unternehmensteil entfällt.
(1) Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g, Nr. 9 Buchstabe a, Nr. 12, 13 oder 19 steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird.
(2) Der Verzicht auf Steuerbefreiung nach Absatz 1 ist bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten (§ 4 Nr. 9 Buchstabe a), bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a) und bei den in § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe b und c bezeichneten Umsätzen nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen nachzuweisen.
(3) Der Verzicht auf Steuerbefreiung nach Absatz 1 ist bei Lieferungen von Grundstücken (§ 4 Nr. 9 Buchstabe a) im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig. Bei anderen Umsätzen im Sinne von § 4 Nummer 9 Buchstabe a kann der Verzicht auf Steuerbefreiung nach Absatz 1 nur in dem gemäß § 311b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden.
Tatbestand
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I. Das Finanzgericht (FG) trennte die auf Feststellung, dass etwaige Säumniszuschläge zu erlassen seien, gerichtete Klage von der Klage gegen die die Säumniszuschläge ausweisenden Abrechnungsbescheide ab und wies den abgetrennten Teil als unzulässige Feststellungsklage ab.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe überwiegend bereits nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt; ansonsten liegen sie jedenfalls nicht vor.
- 3
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1. Soweit der Kläger sich gegen die erfolgte Abtrennung wendet und insofern die Frage aufwirft, ob es mit der FGO vereinbar sei, dass ein Gericht in einem Verfahren einen Hilfsantrag isoliere und abtrenne, damit es diesen Antrag sodann als unzulässige Klage abweisen könne, ist bereits nicht erkennbar, ob er die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt. Eine Zulassung kommt indes weder aus dem einen noch aus dem anderen Grund in Betracht.
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a) Allein das Formulieren einer abstrakten Rechtsfrage genügt nicht zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
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b) Da Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren (§ 73 FGO) nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden können und daher nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann auch eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf eine angeblich fehlerhafte Verfahrenstrennung gestützt werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Februar 2006 X B 138/05, BFH/NV 2006, 972).
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Derartige Anordnungen begründen allenfalls dann einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn das FG sie willkürlich --also ohne sachlichen Grund-- erlassen hat oder wenn der Steuerpflichtige dadurch prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wird (vgl. etwa BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353; BFH-Beschluss vom 20. August 1998 XI B 110/95, BFH/NV 1999, 329, m.w.N.).
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aa) Dass er durch die Abtrennung prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wurde, macht der Kläger nicht geltend; dies ist auch nicht ersichtlich.
- 8
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bb) Anders als der Kläger meint, ist aber auch eine willkürliche Trennung der Verfahren durch das FG nicht gegeben. So hatte der Kläger die Klage ausdrücklich sowohl wegen der die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 2001 und 2002 ausweisenden Abrechnungsbescheide als auch "wegen Erlass der Säumniszuschläge" erhoben. Insoweit hatte er ausdrücklich den von dem FG im abgetrennten Verfahren 11 K 1046/11 beschiedenen --und auch nach Ergehen des Trennungsbeschlusses von ihm weiter aufrechterhaltenen-- Feststellungsantrag gestellt.
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Dass es sich bei diesem Feststellungsantrag nach seinem Willen lediglich um einen Hilfsantrag handeln sollte, hat der Kläger zweifelsfrei erstmals in der Beschwerdebegründung klargestellt. Verfolgt ein Kläger --wie hier-- in einer Klage mehrere Klagebegehren, so muss das FG ggf. im Wege der Auslegung ermitteln, ob eine kumulative oder nur eine eventuelle Klagenhäufung gewollt ist (vgl. hierzu z.B. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 43 FGO Rz 63).
- 10
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Vorliegend ist das FG ersichtlich von einer kumulativen Klagenhäufung ausgegangen. Es sah sich deshalb zunächst zu einer Trennung des Verfahrens über die Abrechnungsbescheide einerseits und des Verfahrens auf Feststellung des Erlasses von Säumniszuschlägen andererseits sowie weiter zu einer Entscheidung über den abgetrennten Teil berechtigt an.
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Da das Verfahren über einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und das Billigkeitsverfahren über den Erlass von Säumniszuschlägen nach § 227 AO zudem selbständig nebeneinander stehen können (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Juli 2007 VIII B 42/05, BFH/NV 2007, 2305), musste sich dem FG auch nicht aufdrängen, dass es sich nach dem Willen des Klägers in Bezug auf den Erlass offenbar nur um einen Hilfsantrag handeln sollte. Vielmehr konnte es den Kläger --wie geschehen-- auch dahin verstehen, dass er beide Begehren gleichrangig nebeneinander geltend machen wollte. Zu berücksichtigen ist hierbei zum einen, dass der Kläger auf eine richterliche Nachfrage hinsichtlich seines "Erlassbegehrens" nicht reagiert hat. Zum anderen hat er auch auf den Trennungsbeschluss seinen Willen nicht zweifelsfrei klargestellt, sondern den Trennungsbeschluss vielmehr lediglich als "nicht hilfreich und nicht sinnvoll" bemängelt, um dann weiter auszuführen, für den Fall, dass er mit seinem Begehren hinsichtlich der Höhe der Säumniszuschläge keinen (vollständigen) Erfolg habe, werde "schon" die Feststellung begehrt, dass die verbleibenden Säumniszuschläge zu erlassen seien.
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Insoweit kann die Verfahrenstrennung im Streitfall nicht als willkürlich angesehen werden, da ein solches Verständnis der von dem Kläger geäußerten Begehren jedenfalls möglich war.
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Die Abtrennung einer subsidiären und deshalb unzulässigen Feststellungsklage (§ 41 Abs. 2 FGO) kann auch ansonsten nicht als willkürlich angesehen werden.
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2. Eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt auch darüber hinaus nicht in Betracht.
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a) Soweit der Kläger in seiner Beschwerdebegründung einleitend geltend macht, er sei in dem Verfahren vor dem FG mit seinem eigentlichen Vortrag nicht gehört, Beweis- und Verfahrensanträge, insbesondere nach § 74 FGO, seien übergangen, das Recht auf Akteneinsicht (nach Zuziehung von Akten) sei verweigert und über zugezogene Akten sei er nicht informiert worden, fehlt es in der Folge an weiteren Ausführungen zu den --nach Ansicht des Klägers gegebenen-- Verfahrensfehlern.
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Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Hierzu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO mit einem Mindestmaß an Klarheit und Verständlichkeit darlegt. Die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel ergeben sollen, sind dabei konkret und schlüssig zu bezeichnen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26). Dem genügt das bloße Aufzählen der angeblich von dem FG begangenen Verfahrensfehler nicht.
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b) Soweit es sich --wie bei dem Übergehen von Beweisanträgen und dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO)-- um verzichtbare Verfahrensmängel handelt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 101, m.w.N.), fehlt es zudem an Ausführungen, warum der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende Kläger sein Rügerecht nicht verloren hat (zum Verlust des Rügerechts des ordnungsgemäß geladenen, aber nicht zur mündlichen Verhandlung erschienenen Klägers vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, BFH/NV 2000, 580; vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576).
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Hieran ändert auch der "zum Gegenstand und Inhalt" der Beschwerdebegründung gemachte Schriftsatz des Klägers vom 4. Mai 2011 nichts. In diesem Schriftsatz, der im Übrigen nicht nur zu dem Verfahren 11 K 1046/11, sondern auch zu den Verfahren 11 K 4401/05 sowie 11 K 4400/08 erging, beantragte der Kläger vor dem FG u.a. die Zuziehung einer Vielzahl von Akten, (insbesondere der Steuer- und Verfahrensakten des Beklagten und Beschwerdegegners --Finanzamt--, der FG-Akten in mehreren anderen Verfahren, etlicher Akten des Amtsgerichts und der Staatsanwaltschaft … sowie diverser Akten des Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen …), die Vernehmung zweier Zeugen, die Einholung sowohl eines "arbeitspsychologischen" als auch eines "umfassenden forensischen" Gutachtens sowie --"so es darauf nach Ansicht des Gerichts noch ankommen" könne-- eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens. Des Weiteren beantragte der Kläger, ihm nach Zuziehung Akteneinsicht zu gewähren, das abgetrennte Verfahren 11 K 1046/11 wegen Vorgreiflichkeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im verbleibenden Verfahren 11 K 4401/05 nach § 74 FGO auszusetzen sowie den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen.
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Abschließend führte er aus,
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"1. das Übergehen von Beweisanträgen, wie bereits gestellt
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oder noch zu stellen, ohne den damit zu beweisenden Tatsachenvortrag dem Urteil zu unterlegen,
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2. das Übergehen von Anträgen auf Aktenzuziehung, wie bereits beantragt oder noch zu beantragen,
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3. das Übergehen von Anträgen auf Akteneinsicht nach --ggf. jeweils- Zuziehung von Akten,
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4. das Übergehen von Anträgen auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO,
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5. das Übergehen des gestellten Vertagungsantrags zum Zweck, das bzw. die Verfahren entsprechend Sinn und Zweck des § 76 FGO vorzubereiten",
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"vorsorglich wie ausdrücklich" zu rügen.
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Eine solche pauschale und im Vorhinein erklärte Rüge genügt indes nicht, um einen fehlenden Rügeverzicht konkret und schlüssig darzulegen.
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c) Weiter ist auch ein --durch das Unterlassen der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO möglicher-- Verfahrensfehler durch die bloße Behauptung der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Da es sich bei § 74 FGO um eine Ermessensvorschrift handelt ("kann"), hätte der Kläger schon angesichts der vom FG im Urteil auf Seite 10 angestellten Erwägungen schlüssig dartun müssen, weshalb das dem FG eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll, die Aussetzung des Verfahrens mithin aufgrund der besonderen Umstände des Falles die einzige richtige Entscheidung gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92, m.w.N.). Dies ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben vom 4. Mai 2011.
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3. Soweit der Kläger schließlich geltend macht, das Urteil des FG verstoße gegen Gesetze der Logik sowie gegen Denkgesetze und sei deshalb "schlicht falsch", wendet er sich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils. Hiermit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht begründet werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2010 VII B 60/10, BFH/NV 2011, 869).
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.