Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Juni 2017 - 2 K 154/16
Tatbestand
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Die Kläger begehren den Erlass von Säumniszuschlägen.
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Die Kläger sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 2011 und 2012 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
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Für die Streitjahre sowie das Jahr 2010 versäumten es die Kläger zunächst Steuererklärungen abzugeben. Daraufhin erließ der Beklagte Schätzungsbescheide über Einkommensteuer über null Euro für die Streitjahre. Nach Einreichung einer vorläufigen Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2011 am 8. August 2014, wonach der Jahresüberschuss ... € betrug, legte der Beklagte diese seinen Schätzungen zu Grunde. Aufgrund des Verlustvortrages aus dem Jahr 2010 setzte er zunächst die Einkommensteuer dennoch auf null Euro fest. Im Rahmen der Änderungen der Steuerfestsetzung für das Streitjahr 2010 und einem entsprechend angepassten Verlustvortrags und auf Grundlage der eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung änderte der Beklagte die Schätzungsbescheide erneut und setzte im Schätzwege erstmals am 12. November 2014 die Einkommensteuer auf ... € (2011) bzw. ... € (2012) fest. Erst im Rahmen zweier Klagverfahren gegen diese Schätzungsbescheide reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2011 am 27. Juli 2015 sowie die Einkommensteuererklärung 2012 am 9. September 2015 ein. Daraufhin änderte der Beklagte erneut die entsprechenden Einkommensteuerbescheide, wonach die Einkommensteuer jeweils auf null Euro festgesetzt wurde. Insgesamt ergingen für die Streitjahre folgende Einkommensteuerbescheide:
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Bescheide über Einkommensteuer 2011
Datum
Festgesetzte Steuer
Art der Festsetzung
Fälligkeit
2. September 2013
0,00 €
Schätzung
18. September 2014
0,00 €
Geänderte Schätzung
12. November 2014
... €
Änderung wegen Verlustvortrag aus 2010
15. Dezember 2014
13. Januar 2015
... €
Änderung wegen geänderten Verlustvortrags aus 2010
Sofort
18. November 2015
0,00 €
Änderung aufgrund Abgabe Steuererklärungen
Sofort
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Bescheide über Einkommensteuer 2012
Datum
Festgesetzte Steuer
Art der Festsetzung
Fälligkeit
21. Juli 2014
0,00 €
Schätzung
12. November 2014
.. €
Geänderte Schätzung
15. Dezember 2014
16. Dezember 2015
0,00 €
Änderung aufgrund Abgabe Steuererklärungen
Sofort
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Mit den geänderten Bescheiden über Einkommensteuer für 2011 vom 18. November 2015 bzw. für 2012 vom 16. Dezember 2015 forderte der Beklagte zugleich zur Zahlung der bis zu dem jeweiligen Zeitpunkt des Erlasses dieser letzten Änderungsbescheide entstandenen Säumniszuschläge in folgender Höhe auf:
Säumniszuschlag zur Einkommensteuer 2011 ... € Solidaritätszuschlag 2011 ... € Einkommensteuer 2012 ... € Solidaritätszuschlag 2012 ... € Summe ... €
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Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2016 beantragten die Kläger den Erlass der Säumniszuschläge.
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Mit Bescheid vom 23. Februar 2016 folgte der Beklagte diesem Antrag in Teilen und erließ gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) aus Billigkeitsgründen die Säumniszuschläge in folgender Höhe:
Säumniszuschlag zur Einkommensteuer 2011 ... € Solidaritätszuschlag 2011 ... € Einkommensteuer 2012 ... € Solidaritätszuschlag 2012 ... € Summe ... €
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Erlassen wurden die Säumniszuschläge nur soweit, als sie auf den Zeitraum des Eingangs der jeweiligen Einkommensteuererklärung bis zum Erlass der diesbezüglichen Änderungsbescheide mit der jeweiligen Festsetzung der Einkommensteuer auf null Euro entfielen. Einen darüber hinausgehenden Erlass lehnte der Beklagte ab. Der Beklagte verwies darauf, dass gemäß § 240 AO Säumniszuschläge kraft Gesetzes entstünden, wenn eine Zahlung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages geleistet worden sei. Auch bei späterer Herabsetzung der Steuerfestsetzung auf null Euro blieben die Säumniszuschläge grundsätzlich bestehen. Auch in einem solchen Fall sei die Erhebung grundsätzlich nicht sachlich unbillig, so dass ein - im Ermessen der Behörde stehender - Erlass der Säumniszuschläge grundsätzlich nicht in Betracht käme. Anders verhalte es sich vorliegend erst ab dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen. Erst ab diesem Zeitpunkt wäre die Vollziehung der entsprechenden Einkommensteuerbescheide auszusetzen gewesen. Die ab diesem Zeitpunkt verwirklichten Säumniszuschläge seien erlassen worden. Für einen weiteren Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen bestünden keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere zur Erlasswürdigkeit und Erlassbedürftigkeit hätten die Kläger nichts vorgetragen.
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Gegen den teilweisen Erlass legten die Kläger am 3. März 2016 Einspruch ein. Die Säumniszuschläge seien vollständig zu erlassen. Sie, die Kläger, vermittelten hauptsächlich Reisen nach Saudi-Arabien. Insbesondere im Jahr 2013 habe es Probleme mit den beantragten Visa gegeben. Gebuchte Reisen hätten nicht angetreten werden können. Urlauber als auch Hotel- und Flugzeugcharterer hätten ihr Geld zurück verlangt. Dadurch seien hohe finanzielle Einbußen in den Jahren 2012 bis 2014 entstanden, insbesondere im Jahr 2013. Aufgrund dieser schlechten Einnahmesituation hätten die Steuererklärungen erst spät gefertigt werden können. Der Zweck der Säumniszuschläge, den Steuerpflichtigen zur Zahlung zu bewegen, sei im vorliegenden Fall leergelaufen. Mangels entsprechender Liquidität hätten sie, die Kläger, die geforderten Summen gar nicht bezahlen können. Auch die Tatsache, dass die Steuerlast nunmehr null Euro betrage, lasse die Festsetzung der Säumniszuschläge unangemessen erscheinen.
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Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 2016 als unbegründet zurück.
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Über die bereits gewährte Höhe hinaus sei ein Erlass nicht gerechtfertigt.
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Der Erlass von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis stünde als Billigkeitsmaßnahme im Ermessen der Finanzbehörde. Die einen Erlass von Säumniszuschlägen begründende Unbilligkeit könne entweder in der Sache selbst liegen (sachliche Unbilligkeit) oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (persönliche Unbilligkeit).
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Die Erhebung der Säumniszuschläge sei nicht sachlich unbillig. Gemäß § 240 AO entstünden Säumniszuschläge kraft Gesetzes und entfielen auch nicht bei späterer Herabsetzung der Steuer. Nach ständiger Rechtsprechung seien Säumniszuschläge ein Druckmittel eigener Art, das zum einen den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten solle und zum andern die Gegenleistung für das Hinausschieben fälliger Zahlungen darstelle. Darüber hinaus werde schließlich auch der Verwaltungsaufwand abgegolten, der durch nicht fristgemäße Zahlung einer fälligen Steuer entstehe. Sachlich unbillig sei die Erhebung von Säumniszuschlägen dann, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich sei und deshalb die Ausübung von Druck zur Zahlung ihren Sinn verliere. Selbst in diesen Fällen komme jedoch nur ein Teilerlass in Betracht, da die Säumniszuschläge auch als Gegenleistung für das Aufschieben fälliger Zahlungen und der Abgeltung von Verwaltungsaufwand dienten. Sie seien nur zur Hälfte zu erlassen, denn ein säumiger Steuerpflichtiger solle grundsätzlich nicht besser stehen, als ein Steuerpflichtiger, dem die Aussetzung der Vollziehung oder Stundung gewährt worden sei. Vor diesem Hintergrund könnten sich die Kläger nicht darauf berufen, dass letztlich die Einkommensteuer auf null Euro festgesetzt worden sei. Mit ausdrücklicher Regelung habe der Gesetzgeber in § 240 Abs. 1 Satz 4 AO in Kauf genommen, dass Säumniszuschläge auch dann zu entrichten seien, wenn sich die Steuerfestsetzung später als überhöht erweist. Anderes gelte nur dann, wenn der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden alles getan habe, um die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids zu erreichen, und diese, obwohl an sich möglich und geboten, von der Finanzbehörde abgelehnt worden sei. Diese Voraussetzungen hätten allerdings vor Einreichung der Steuererklärungen nicht vorgelegen. Entsprechende Anträge auf Aussetzung der Vollziehung hätten die Kläger bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Erklärung nicht substantiiert begründet. Zutreffend habe er, der Beklagte, daher die Säumniszuschläge erst ab dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung gewährt.
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Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen scheide ebenfalls aus. Die Kläger seien weder erlassbedürftig noch erlasswürdig. Die Kläger hätten weder vorgetragen, noch sei aus den Akten ersichtlich, dass ihre wirtschaftliche oder persönliche Existenz ernstlich gefährdet sei. Auch hätten sie nicht nachgewiesen, dass sie zur Begleichung der Steuerverbindlichkeiten alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel (Kreditaufnahme u. ä.) in Anspruch genommen hätten. Schließlich seien sie nicht erlasswürdig, da sie ihre steuerlichen Erklärung- und Zahlungspflichten nachhaltig und erheblich vernachlässigt hätten.
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Am 6. Juni 2016 haben die Kläger beim Gericht Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründen:
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Entstanden sei ein Betrag von ... € an Säumniszuschlägen. Vom hälftigen Betrag i. H. v. ... € habe der Beklagte lediglich ... € erlassen. Sie, die Kläger, hätten damit einen Anspruch auf den Erlass weiterer ... € Säumniszuschläge. Als Druckmittel eigener Art sollten Säumniszuschläge den Steuerschuldner zwar zur rechtzeitigen Zahlung anhalten. Dies könne jedoch nur erfolgen, wenn Zahlungsmöglichkeit bestünde. Im Zeitpunkt der Bescheiderstellung seien sie, die Kläger, jedoch nicht in der Lage gewesen, die geforderten Zahlungen zu leisten. Dies könne auch den nunmehr beigefügten betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Jahre 2013 und 2014 und der Einkommens- und Vermögensübersicht entnommen werden. Aufgrund der geschilderten Probleme mit der Visa-Erteilung durch Saudi-Arabien sei es zu Umsatzeinbußen gekommen. Sie, die Kläger, seien im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide überschuldet und zahlungsunfähig gewesen und seien es noch. Begehrt werde der in diesen Fällen allgemein anerkannte Teil-Erlass i. H. v. 50 % der verwirklichten Säumniszuschläge, da deren Funktion als Druckmittel zur Zahlung ins Leere gelaufen sei.
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Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, unter Änderung des Bescheids vom 23. Februar 2016 und insoweit der Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 2016 weitere Säumniszuschläge i. H. v. ... € zu erlassen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Erlassen worden seien bereits 100 % der ab Einreichung der Steuererklärungen verwirklichten Säumniszuschläge, da ab diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung positiv zu bescheiden gewesen wäre. Ein darüber hinausgehender Erlass von Säumniszuschlägen komme nicht in Betracht. Die Kläger hätten im Antrags- als auch im Einspruchsverfahren über ihre wirtschaftliche Situation überhaupt keine Angaben gemacht, die eine Überprüfung ihrer Zahlungsfähigkeit ermöglicht hätten. Der klägerische Vortrag im Rahmen des Einspruchsverfahrens, aufgrund der schlechten Einnahmesituation in den Jahren 2012 bis 2014 hätten die Steuererklärungen erst spät gefertigt werden können und zu Begleichung der Schulden habe kein Geld zur Verfügung gestanden, sei unsubstantiiert und entbehre jeglicher Nachweise. Im Gegenteil seien in den im Klagverfahren eingereichten Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 2013 und 2014 erhebliche Rechts- und Beratungs- sowie Buchführungs-, Abschluss- und Prüfungskosten ausgewiesen.
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Die erst im Klagverfahren eingereichten betriebswirtschaftlichen Auswertungen hätten im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht vorgelegen und hätten deswegen gar nicht berücksichtigt werden können. Im Übrigen lasse sich diesen zur privaten Einkommens- und Vermögenssituation der Kläger im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuerforderungen nichts entnehmen. Ersichtlich sei, dass im Jahr 2013 Privatentnahmen in Höhe von ca. ... und im Jahr 2014 von zunächst ca. ... € bei Privateinlagen in Höhe von ca. ... € getätigt worden seien. Dies lasse auf einen gewissen Spielraum an Liquidität zur Zahlung der Steuern im Zeitpunkt der Fälligkeit zu. Jedenfalls sei nicht nachgewiesen, dass die Kläger zahlungsunfähig bzw. überschuldet gewesen seien. Persönliche Billigkeitsgründe hätten die Kläger weder im Einspruchs- noch im Klagverfahren geltend gemacht. Bei Erlass der Einspruchsentscheidung habe der Beklagte sein Ermessen daher in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
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Mit Beschluss vom 19. Mai 2017 hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf den Einzelrichter übertragen.
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Dem Gericht haben drei Bände Rechtsbehelfsakten sowie ein Band Einkommensteuerakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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I. Der Bescheid vom 23. Februar 2016 über die teilweise Ablehnung des Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen zu Einkommensteuer für die Kalenderjahre 2011 und 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
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1. Bei der gerichtlichen Überprüfung des Ablehnungsbescheids ist zu berücksichtigen, dass der Erlass von Steuern bzw. steuerlichen Nebenforderungen gemäß § 227 AO im Ermessen der Finanzbehörde liegt. Das Gericht darf deshalb nur überprüfen, ob die Ablehnung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist, § 102 Satz 1 FGO. Selbst bei einem Ermessensfehlgebrauch der Finanzbehörde darf das Gericht in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur dann, wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO, BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BStBl II 1995, 297). Abzustellen ist für die gerichtliche Prüfung der Ermessensentscheidung der Verwaltung dabei auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung als letzte Verwaltungsentscheidung (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642; BFH-Beschluss vom 4. März 1999 VII B 315/98, BFH/NV 1999, 1223).
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2. Vor diesem Hintergrund ist die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.
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Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles - aus persönlichen oder sachlichen Gründen - unbillig wäre. Zu diesen Ansprüchen gehören auch Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen einschließlich der nach § 240 Abs. 1 AO entstehenden Säumniszuschläge.
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Der Beklagte hat einen (weiteren) Erlass von Säumniszuschlägen aus sachlichen oder persönlichen Gründen ermessensfehlerfrei verneint.
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a) Der Beklagte hat ermessensfehlerfrei einen Erlass der Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit lediglich ab dem Zeitpunkt der Einreichung der jeweiligen Einkommensteuererklärungen ausgesprochen und im Übrigen zu Recht abgelehnt.
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Sachlich unbillig ist die Festsetzung bzw. Einziehung einer Steuer oder Nebenleistung, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte - im Sinne der begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Bei der Billigkeitsprüfung müssen solche Umstände außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt in der Regel keine Billigkeitsmaßnahme.
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Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die verwirkten Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird. Diese Regelung gilt uneingeschränkt auch für die Beseitigung rechtswidriger Steuerfestsetzungen, da die Vollstreckbarkeit eines Steuerbescheids nicht von seiner Bestandskraft abhängt (BFH-Urteil vom 10. März 2016 III R 2/15, BStBl II 2016, 508).
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aa) Abweichend von diesen Grundsätzen ist in der Rechtsprechung des BFH allgemein anerkannt, dass Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die AdV eines Steuerbescheids zu erreichen, das Finanzamt aber die Aussetzung "obwohl möglich und geboten" abgelehnt hat. Denn bei Aussetzung der Vollziehung fallen anstatt der Säumniszuschläge die lediglich halb so hohen Aussetzungszinsen an. Geboten ist daher regelmäßig ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge. Ein Erlass kommt hingegen nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige sich nicht um die AdV bemüht hat oder wenn die Vollziehung nicht ausgesetzt worden ist, weil - z. B. in Schätzungsfällen - keine ernstlichen Zweifel bestanden und der Steuerbescheid erst aufgrund nachgereichter Steuererklärungen aufgehoben worden ist (BFH-Urteil vom 24. April 2014 V R 52/13, BStBl II 2015, 106, m. w. N.).
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Der Beklagte ist ersichtlich von diesen Grundsätzen ausgegangen. Ermessensfehlerfrei hat er dabei darauf abgestellt, dass in den vorliegenden Schätzungsfällen eine AdV frühestens mit Einreichung der jeweiligen Einkommensteuererklärungen geboten war. Gründe, an der Rechtmäßigkeit der Schätzungsbescheide zu zweifeln, lagen bis zum Zeitpunkt der Vorlage der Steuererklärungen nicht vor. Ganz im Gegenteil hat sich der Beklagte bei seinen Schätzungen zunächst an der von den Klägern selbst eingereichten (vorläufigen) Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2011 orientiert. Substantiiert sind die Kläger dem erst mit Abgabe ihrer Steuererklärungen entgegengetreten. Über das eigentlich gebotene Maß hinaus hat der Beklagte zu Gunsten der Kläger die Säumniszuschläge ab diesem Zeitpunkt nicht nur hälftig, sondern in voller Höhe erlassen.
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bb) Einen weiteren Erlass aus sachlichen Gründen hat der Beklagte ermessensfehlerfrei abgelehnt.
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Zwar ist den Klägern zuzugestehen, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen ferner sachlich unbillig ist, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich ist und deshalb die Ausübung von Druck zur Zahlung ihren Sinn verliert. Jedoch kommt in diesen Fällen regelmäßig nur ein Teilerlass in Betracht, da Säumniszuschläge auch als Gegenleistung für das Hinausschieben der Fälligkeit und zur Abgeltung des Verwaltungsaufwands dienen. Die Säumniszuschläge sind dann nur zur Hälfte zu erlassen, denn ein säumiger Steuerpflichtiger soll grundsätzlich nicht besser stehen als ein Steuerpflichtiger, dem Aussetzung der Vollziehung oder Stundung gewährt worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 07. Juli 1999 X R 87/96, BFH/NV2000, 161; vom 30. März 2006 V R 2/04, BStBl. II 2006, 612). Der Steuerpflichtige hat aber seine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuerforderungen grundsätzlich zu belegen.
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Gemessen daran ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung über den Erlass davon ausging, dass die entsprechenden Voraussetzungen von den Klägern nicht mit hinreichender Klarheit vorgetragen und nachgewiesen worden seien. Bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, dem Erlass der Einspruchsentscheidung, haben die Kläger lediglich vorgetragen, dass zum Begleichen der Steuerforderungen kein Geld zur Verfügung gestanden habe. Zu Begründung verwiesen sie lediglich darauf, insbesondere im Jahr 2013 aufgrund geänderter Visa-Politik Saudi-Arabiens geschäftliche Schwierigkeiten gehabt zu haben, was zu hohen finanziellen Einbußen in den Jahren 2012 bis 2014, insbesondere 2013 geführt habe. Dieser Vortrag ist gleich in mehrfacher Hinsicht unsubstantiiert. Zum einen bezieht er sich lediglich auf die Jahre 2012 bis 2014. Die entsprechenden Steuerforderungen wurden jedoch erstmals am 15. Dezember 2014 fällig. Ausführungen zur Leistungsfähigkeit in den entscheidenden Jahren 2015 und 2016 fehlen vollständig. Darüber hinaus betreffen die Ausführungen nur die geschäftliche Situation der Kläger und dies auch nur rudimentär. Konkrete belastbare Ausführungen zur privaten Vermögenssituation, geschweige denn Nachweise, finden sich nicht.
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Da für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung vorliegend auf den Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung abzustellen ist, kann dahinstehen, ob sich aus den im gerichtlichen Verfahren eingereichten Jahresabschlüssen der Jahre 2013 und 2014 und der Einkommens-und Vermögensübersicht nunmehr ein substantiierter klägerischer Vortrag bezüglich der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ergibt. Umstände tatsächlicher Art, die der Steuerpflichtige in Verletzung seiner Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren dem Finanzamt nicht vorgetragen und dargetan hat, kann er im Klageverfahren nicht mehr mit Erfolg gegen die Ermessensentscheidung des Finanzamts einwenden.
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b) Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte auch in nicht zu beanstandender Weise einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen abgelehnt.
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Wegen persönlicher Unbilligkeit können Steuern und entsprechend Säumniszuschläge erlassen bzw. erstattet werden, wenn ihre Erhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Dies ist gegeben, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Hierbei ist ebenfalls von der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung bzw. bei Tilgung der Säumniszuschläge auszugehen (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 27. März 2014 4 K 863/10, juris).
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Auch insoweit konnte der Beklagte ermessensfehlerfrei darauf verweisen, dass ein entsprechender Vortrag der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung nicht oder nur unsubstantiiert vorlag. Denn der Antragsteller eines Erlasses aus persönlichen Gründen muss die Finanzbehörde dazu in die Lage versetzen, über den vollständigen Sachverhalt seiner Vermögensverhältnisse im Rahmen der Ermessensausübung entscheiden zu können. Dies haben die Kläger versäumt.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.
Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Juni 2017 - 2 K 154/16
Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Juni 2017 - 2 K 154/16
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Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Juni 2017 - 2 K 154/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
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die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.
Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 2014 1 K 1556/13 dahin geändert, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.
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Die Revision der Kläger wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Kläger, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger betreibt zusammen mit seinem Bruder die Firma ... OHG (OHG), deren Gesellschaftszweck der Betrieb eines Handelsgewerbes im Bereich der Güterbeförderung im Straßenverkehr ist. Außerdem erzielt der Kläger als Schiffsführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
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Im Rahmen einer für die Jahre 2001 bis 2003 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass sehr hohe Einlagen in das Betriebsvermögen der OHG geleistet wurden, welche den Gesellschaftern jeweils zu gleichen Teilen gutgeschrieben wurden. Eine Steuerfahndungsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass als einzig mögliche Geldquelle für die ungeklärten Bareinlagen die gewerbliche Schiffsführertätigkeit des Klägers in Betracht komme. Daraufhin erließ der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Jahre 2008 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2005.
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Dagegen legten die Kläger am 9. September 2008 zunächst ohne Begründung Einspruch ein. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 gaben sie zur Herkunft der ungeklärten Einlagen Spielbankgewinne im Ausland, einen Lottogewinn, Geschenke und die Veräußerung von Privatvermögen an. Im Mai und Juni 2010 änderten sie ihren Vortrag. In einem am 11. Mai 2010 durchgeführten Gespräch an Amtsstelle wiesen die Kläger auf Doppelbuchungen und weitere bisher nicht vorgetragene Möglichkeiten für die ungeklärten Einlagen hin, die mit mehreren Schreiben im Juni 2010 zusammengefasst und anhand von Buchungsunterlagen und Kontoauszügen belegt wurden. Dies führte dazu, dass das FA in den Einspruchsentscheidungen vom 10. Januar 2011 den Einsprüchen teilweise stattgab.
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Während des Rechtsbehelfsverfahrens hatten die Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 2008, 27. Oktober 2008 und 15. Februar 2011 beim FA Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gestellt, die das FA ablehnte.
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Aufgrund der Vollstreckungsrückstände nahm das FA bereits seit 2008 diverse Pfändungen vor, die jedoch nach einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem FA am 25. November 2008 überwiegend nicht verwertet wurden, um den Klägern Gelegenheit zu geben, Rechtsbehelfe einzulegen bzw. zu begründen.
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Die gegen die Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2011 erhobene Klage wegen Einkommensteuer 2002 bis 2005 wurde in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem sich die Kläger und das FA dahin verständigt hatten, dass die in der Einspruchsentscheidung angesetzten zusätzlichen Gewinne nur zur Hälfte dem Einzelunternehmen des Klägers, im Übrigen aber dem Bruder des Klägers als Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der Mitunternehmerschaft zuzurechnen seien. Den noch beim Finanzgericht (FG) anhängigen Anträgen auf AdV trug das FA insoweit Rechnung, als es rückwirkend ab Antragstellung beim FA --15. Februar 2011-- die AdV im Rahmen der Änderungen gewährte.
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Mit mehreren Schreiben vom 5. April 2012 beantragten die Kläger insgesamt Säumniszuschläge in Höhe von 125.515,50 € für die Jahre 1998 bis 2005 sowie für die angepassten Vorauszahlungsbeträge 2007 und 2008 gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) zu erlassen. Mit Bescheid vom 9. November 2012 erließ das FA die Säumniszuschläge zur Hälfte, soweit die Kläger in der Hauptsache Erfolg gehabt hatten. Die danach zu erlassenen Säumniszuschläge ermittelte es mit 32.059,83 €. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.
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Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Nachdem das FA die Kläger auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung hingewiesen hatte, hob es mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2013 den bisher gewährten Teilerlass auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die Kläger erstmals in diversen Schreiben vom Juni 2010 zur Mittelherkunft einzelner Hinzuschätzungsbeträge Stellung genommen hätten. Nach eingehender Überprüfung sei dem Sachvortrag teilweise stattgegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Antrag auf AdV nicht mehr gestellt gewesen.
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Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben die Kläger Klage. Sie begehrten die Aufhebung des Bescheids vom 9. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2013 und die Verpflichtung des FA, die Höhe der zu erlassenden Säumniszuschläge neu zu bestimmen. Zur Begründung trugen sie vor, sie hätten gegen die zugrunde liegenden Steuerfestsetzungen rechtzeitig Einspruch eingelegt und AdV beantragt. Schon während des Gesprächs im Mai 2011 habe ihr Bevollmächtigter vorgetragen, dass ein Betrag von 100.000 € bis 150.000 € unstreitig sei, und angeboten, die gepfändeten Geldguthaben bei der Bausparkasse und die Pfandbriefe bei der Bank zur Tilgung zu verwenden. Das FA hätte auf diesen Vorschlag nicht reagiert. Darüber hinaus habe der Bevollmächtige am 29. Mai 2010 für jedes einzelne Jahr zwischen 30 und 35 Geschäftsvorfälle nachweisen können, in denen in buchungstechnisch unkorrekter Weise zusätzliche Gewinnerhöhungen in Steuerbescheiden enthalten gewesen seien. Doppelbuchungen und die Verwechslung von Soll und Haben durch zwei Betriebsprüfer hätten ernstliche rechtliche Zweifel an den Steuerbescheiden begründet. Zudem seien ihnen sämtliche Geldmittel durch die Pfändungen entzogen worden.
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Das FG erachtete die Klage nur hinsichtlich der Aufhebung des Teilerlasses als begründet. Diese richte sich nach den §§ 130, 131 AO, wobei im Streitfall allein § 130 AO einschlägig sei. Dessen Voraussetzungen seien allerdings nicht gegeben. Im Übrigen habe das FA mit der Entscheidung, über den gewährten Teilerlass hinaus den Erlass abzulehnen, nicht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten und ermessensgerecht gehandelt.
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Gegen dieses Urteil wenden sich das FA und die Kläger mit der Revision.
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Das FA macht mit seiner Revision geltend, im Einspruchsverfahren sei auch eine Verböserung des angefochtenen Verwaltungsakts zulässig. Bei einem Teilerlass und der Ablehnung im Übrigen handele es sich um einen einheitlichen Verwaltungsakt. Erst die Bestandskraft des Erlasses führe zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. In der Sache bestehe auch auf einen Teilerlass kein Anspruch, weil die Kläger nicht alles getan hätten, um eine AdV zu erreichen.
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Die Kläger begründen ihre Revision damit, dass schon ein Teil der Säumniszuschläge nicht entstanden sei, weil aufgrund des Gesprächs am 25. November 2008 eine stillschweigende Stundung oder AdV gewährt worden sei, so dass allenfalls Stundungs- oder Aussetzungszinsen angefallen seien. Zur Klärung der genauen Höhe der Beträge sei ein Abrechnungsbescheid beantragt worden.
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Darüber hinaus habe das FG nicht beachtet, dass Säumniszuschläge für den Zeitraum zwischen der Vorlage der Ausarbeitungen des Steuerberaters im Mai 2010, die zu einer erheblichen Herabsetzung der Steuerfestsetzungen im Januar 2011 geführt hätten, und der tatsächlich gewährten AdV ab 15. Februar 2011 entstanden seien. Zumindest mit den Schreiben Mai/Juni 2010 hätten sie alles getan, was von ihnen habe verlangt werden können. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass die ursprünglichen Steuerfestsetzungen auch auf fehlerhaften Ermittlungen des FA beruht hätten.
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Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung und die Entscheidung des FA vom 9. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2013 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Höhe der zu erlassenden Säumniszuschläge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bestimmen und die Revision des FA zurückzuweisen.
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Das FA beantragt, die Revision der Kläger zurückzuweisen, die Vorentscheidung, soweit sie dem klägerischen Begehren entsprochen hat, aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Änderung der Vorentscheidung des FG und zur Klageabweisung in vollem Umfang (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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1. Der Senat kann über den beantragten Billigkeitserlass unabhängig von dem von den Klägern beantragten Abrechnungsbescheid über die Säumniszuschläge entscheiden. Denn das Billigkeitsverfahren nach § 227 AO und das Abrechnungsverfahren nach § 218 AO stehen selbständig nebeneinander (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2003 XI B 175/02, BFH/NV 2003, 1393, und vom 31. Juli 2007 VIII B 42/05, BFH/NV 2007, 2305). Deshalb muss das Billigkeitsverfahren auch nicht ausgesetzt werden, wenn geltend gemacht wird, Säumniszuschläge seien aus anderen Gründen bereits nicht entstanden (BFH-Urteil vom 20. Mai 2010 V R 42/08, BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955, Rz 28).
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2. Das FG hat zu Unrecht eine Änderungsmöglichkeit des mit Bescheid vom 9. November 2012 ausgesprochenen Teilerlasses verneint. Das FA war nach § 367 Abs. 2 AO verfahrensrechtlich berechtigt, in der Einspruchsentscheidung den zuvor gewährten Teilerlass aufzuheben.
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Gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde im Einspruchsverfahren den Verwaltungsakt "in vollem Umfang erneut zu prüfen". Sie kann nach Abs. 2 Satz 2 dieser Vorschrift den Verwaltungsakt auch zum Nachteil des Einspruchsführers ändern, wenn dieser zuvor auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu äußern. Die Finanzbehörde kann dann im Einspruchsverfahren ebenso entscheiden, als ob sie die Sache erstmals in einem Verwaltungsakt regelt.
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Dies gilt auch für die nach § 227 AO zu treffende Ermessensentscheidung, die ebenfalls vom Anwendungsbereich des § 367 Abs. 2 AO erfasst wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2015 V R 2/15, Deutsches Steuerrecht 2015, 2382, Rz 15; BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 30/07, BFH/NV 2008, 335). Die Rechtsbehelfsstelle hat eine eigenständige Entscheidung aufgrund der sich im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen. Sie kann daher auch geänderte Erwägungen anstellen und eine Entscheidung zum Nachteil des Einspruchsführers korrigieren, wenn sie die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des Verböserungshinweises einhält. Die Finanzbehörde verbraucht mithin durch die Gewährung eines Teilerlasses, sofern dieser mit dem Einspruch angefochten wird, das ihr in § 367 Abs. 2 Satz 2 AO eingeräumte Recht der Selbstkontrolle nicht. Ein Teilabhilfebescheid hindert daher die Verböserung nicht (vgl. BFH-Urteil vom 6. September 2006 XI R 51/05, BFHE 214, 83, BStBl II 2007, 83; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 367 AO Rz 22).
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Der umfassenden Überprüfungsmöglichkeit nach § 367 Abs. 2 AO steht die Rücknahmevorschrift des § 130 AO nicht entgegen. Zwar gilt § 130 AO gemäß § 132 Satz 1 AO auch während des Einspruchsverfahrens. Der zulässig eingelegte Einspruch gegen einen Verwaltungsakt hindert jedoch den Eintritt der formellen bzw. materiellen Bestandskraft. Damit wird die Behörde verpflichtet, über den durch den angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Lebenssachverhalt vollumfänglich erneut zu entscheiden (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO). Mangels Bestandskraft des Verwaltungsakts ist die Behörde damit nicht an die Voraussetzungen der allgemeinen Korrekturvorschriften, wie z.B. §§ 130 f., 172 ff. AO, gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 38/08, BFH/NV 2010, 1236, Rz 21; Wernsmann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 132 AO Rz 16; Cöster in Koenig, 3. Aufl., § 367 AO Rz 22; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 132 AO Rz 1).
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Das vom FG angeführte BFH-Urteil vom 5. Februar 1975 I R 85/72 (BFHE 115, 173, BStBl II 1975, 677) betrifft hingegen den Widerruf eines bestandskräftig gewährten Erlasses.
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Da das FA die Kläger in Übereinstimmung mit § 367 Abs. 2 Satz 2 AO auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben hat, sich zu äußern, war die Möglichkeit einer (auch negativen) Änderung nach § 367 Abs. 2 AO eröffnet.
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3. Die Revision der Kläger ist unbegründet. Die Entscheidung des FA, keine Säumniszuschläge zu erlassen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
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a) Entgegen der Ansicht der Kläger ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Frage, ob den verschiedenen Anträgen der Kläger auf Stundung oder AdV hätte entsprochen werden müssen, was zur Folge gehabt hätte, dass Säumniszuschläge in geringerer Höhe oder gar nicht entstanden wären. Diese Frage hätte nur durch Rechtsbehelfseinlegung in jenen Verfahren überprüft werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juli 2015 III B 168/14, BFH/NV 2015, 1344, Rz 7 f.). Darüber hinaus kann allein das Ausbleiben von Vollstreckungsmaßnahmen des FA und das Schweigen auf einen Antrag auf AdV vom Schuldner nicht dahin verstanden werden, dass das FA die AdV des betreffenden Verwaltungsakts gewährt hat (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 VII B 273/04, BFH/NV 2005, 1747).
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b) Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach der Lage des einzelnen Falls --aus persönlichen oder sachlichen Gründen-- unbillig wäre. Zu diesen Ansprüchen gehören auch Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen einschließlich der nach § 240 Abs. 1 AO entstehenden Säumniszuschläge.
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Sachlich unbillig ist die Festsetzung bzw. Einziehung einer Steuer oder Nebenleistung, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- i.S. der begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, m.w.N.). Bei der Billigkeitsprüfung müssen solche Umstände außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt (BFH-Urteil vom 21. Juli 1993 X R 104/91, BFH/NV 1994, 597). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt in der Regel keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, und vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663; jeweils m.w.N.); insbesondere kann § 227 AO nicht als Rechtsgrundlage für eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Befreiungsvorschrift dienen (BFH-Urteil vom 10. Mai 1972 II 57/64, BFHE 105, 458, BStBl II 1972, 649). Die Billigkeitsprüfung darf sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen beschränken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, m.w.N.).
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c) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die vom FA getroffene Entscheidung, Säumniszuschläge nicht zu erlassen, nicht zu beanstanden.
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aa) Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die verwirkten Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird. Diese Regelung gilt uneingeschränkt auch für die Beseitigung rechtswidriger Steuerfestsetzungen, da die Vollstreckbarkeit eines Steuerbescheids nicht von seiner Bestandskraft abhängt. Säumniszuschläge sind allerdings nicht verwirkt, soweit die Vollziehung des Steuerbescheids ausgesetzt ist.
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Deshalb ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die AdV eines Steuerbescheids zu erreichen, das FA aber die Aussetzung "obwohl möglich und geboten" abgelehnt hat. Ein Erlass kommt hingegen nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige sich nicht um die AdV bemüht hat oder wenn die Vollziehung nicht ausgesetzt worden ist, weil --z.B. in Schätzungsfällen-- keine ernstlichen Zweifel bestanden und der Steuerbescheid erst aufgrund nachgereichter Steuererklärungen aufgehoben worden ist (BFH-Urteil vom 24. April 2014 V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106, Rz 11, m.w.N.).
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bb) Im Streitfall haben die Kläger nach den Feststellungen des FG nicht alles getan, um die AdV zu erreichen. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide vom 9. September 2008 wurden zunächst --wie das FG zu Recht festgestellt hat-- nicht "ernsthaft" begründet, ebenso nicht die Anträge auf AdV bzw. Stundung. Die Ablehnung der am 16. und 27. Oktober 2008 gestellten Aussetzungsanträge war daher rechtmäßig. Eine nachvollziehbare Begründung ihres Einspruchs legten die Kläger erstmals im Mai/Juni 2010 vor. Aufgrund dieser Einwendungen hat das FA in den Einspruchsentscheidungen vom 10. Januar 2011 den Einsprüchen teilweise stattgegeben. Mit der erstmaligen substantiierten Einspruchsbegründung haben die Kläger aber keinen erneuten Antrag auf AdV gestellt. Erst nach Erlass der Einspruchsentscheidungen vom 10. Januar 2011 haben die Kläger mit Schreiben vom 15. Februar 2011 erneut AdV beantragt, dem rückwirkend ab Antragstellung in dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren aufgrund eines neuen Vorbringens teilweise entsprochen wurde.
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cc) Sachliche Unbilligkeit i.S. des § 227 AO lässt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass das FA zunächst auf Wunsch der Kläger auf die vorübergehende Einziehung der gepfändeten Forderungen verzichtet und insoweit einen Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO gewährt hat. Denn Maßnahmen des Vollstreckungsaufschubs, mit denen die Vollstreckungsbehörde lediglich auf einzelne Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet, lassen die Steuerforderungen und damit auch deren Fälligkeit unberührt. Der Vollstreckungsaufschub ist regelmäßig kein Grund für einen teilweisen Erlass wegen sachlicher oder persönlicher Unbilligkeit, da Vollstreckungsschutz bereits bei einer vorübergehenden Notlage zu gewähren ist, die nicht die Einziehung der Forderung, sondern lediglich die Art und Weise sowie den Umfang oder den Zeitpunkt ihrer Vollstreckung als unbillig erscheinen lässt (BFH-Urteil vom 14. Mai 1987 X R 26/81, BFH/NV 1988, 411).
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dd) Soweit die Kläger vorbringen, sie hätten das FA gebeten, hinsichtlich eines unstreitigen Teils der Steuerforderungen die gepfändeten Geldguthaben zu verwerten, begründet auch dies keinen sachlichen Billigkeitsgrund.
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Den Klägern blieb es trotz des (relativen) Verfügungsverbots nach § 309 Abs. 1 Satz 1 AO unbenommen, die Drittschuldner (Banken) anzuweisen, an das FA als Vollstreckungsgläubiger zu zahlen, um damit die Säumniszuschläge möglichst gering zu halten. Denn das Verfügungsverbot bezieht sich nur auf Verfügungen, die die Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen. Verfügungen, die die Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers nicht beeinträchtigen, werden von dem durch die Forderungspfändung begründeten Verfügungsverbot nicht berührt (Beermann in HHSp, § 309 AO Rz 117).
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ee) Das FA hat des Weiteren zu Recht eine (persönliche) Erlass- oder Stundungssituation (§ 222 AO), die einen Teilerlass der Säumniszuschläge hätte rechtfertigen können (vgl. BFH-Urteile vom 16. Juli 1997 XI R 32/96, BFHE 184, 193, BStBl II 1998, 7; vom 30. März 2006 V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612), verneint. Eine Stundung wäre nur dann geboten gewesen, wenn eine Erlass- oder Stundungsbedürftigkeit gegeben gewesen wäre (Senatsurteil vom 7. Mai 1993 III R 43/89, BFH/NV 1994, 144). Eine solche lag aber im vorliegenden Fall nicht vor, da den Klägern während des Säumniszeitraums ausreichende Mittel zur Zahlung der fälligen Steuerforderungen zur Verfügung gestanden haben.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob ein vollständiger (und nicht nur hälftiger) Erlass von Säumniszuschlägen gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) geboten ist, wenn bei einer rechtswidrigen Steuerfestsetzung zuvor Anträge des Steuerpflichtigen auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) und Finanzgericht (FG) versagt geblieben sind.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) handelte in den Streitjahren 2002 und 2003 mit polygrafischen Maschinen.
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Nachdem das FA zunächst am 12. Oktober 2005 Umsatzsteuern für 2002 und 2003 festgesetzt hatte und das FG einem Aussetzungsantrag stattgegeben hatte, setzte das FA die Umsatzsteuer auf Einspruch der Klägerin für das Jahr 2002 herab und wies den Einspruch hinsichtlich 2003 zurück. Ein weiterer Antrag auf AdV für den Zeitraum nach Ergehen der Einspruchsentscheidung wurde vom FA am 10. Juni 2008 und vom FG am 28. April 2010 zurückgewiesen.
- 4
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Im Hauptsacheverfahren gab das FG der Klage statt und setzte die Umsatzsteuer 2002 auf den unstreitigen und pünktlich bezahlten Betrag herab und hob die Festsetzung für 2003 vollständig auf. Aufgrund einer Abrechnung vom 6. Februar 2008 forderte das FA für den Zeitraum von der Einspruchsentscheidung bis zur Aufhebung der Steuerfestsetzungen im November 2010 Säumniszuschläge in Höhe von 11.476 € für 2002 und 16.922,50 € für 2003, die das FA auf Erlassantrag der Klägerin zur Hälfte erließ. Den Erlass der weiteren Hälfte lehnte es ab.
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Auf die hiergegen erhobene Klage verpflichtete das FG das FA zum vollständigen Erlass der Säumniszuschläge. Zwar seien gemäß § 240 Abs. 1 Satz 4 AO die Säumniszuschläge aufgrund der formellen Steuerfestsetzung durch das FA unabhängig von ihrer späteren Aufhebung entstanden, da die Aussetzungsanträge erfolglos geblieben waren. Nach Lage des Falles seien jedoch die verwirkten Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß § 227 AO vollständig zu erlassen. Die Klägerin habe aufgrund ihrer Aussetzungsanträge beim FA und beim FG alles ihr Mögliche getan, um das Entstehen von Säumniszuschlägen zu verhindern. Die Ablehnung dieser Anträge könne der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Mai 2010 V R 42/08 (BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955) folge, dass das Ermessen des FA in einem solchen Falle auf einen vollständigen Erlass der Säumniszuschläge reduziert sei.
- 6
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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Säumniszuschläge hätten nach der Rechtsprechung des BFH nicht nur den Sinn, eine Gegenleistung für das Hinausschieben der formell festgesetzten, nicht bezahlten Steuer zu bilden, sondern auch, als Druckmittel den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung der Steuern anzuhalten. Da der Steuerpflichtige nach der (rechtswidrigen) Ablehnung der AdV an sich die Steuer hätte zahlen müssen, behalte die Verwirkung von Säumniszuschlägen auch bei späterer Aufhebung der Steuerfestsetzung ihren Sinn. Säumniszuschläge seien deshalb nur zur Hälfte zu erlassen.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG das FA verpflichtet, die Säumniszuschläge zu erlassen. Diese Ermessensentscheidung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
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1. Ein Erlass von Säumniszuschlägen aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 227 AO ist geboten, wenn ihre Einziehung im Einzelfall, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Säumniszuschläge, nicht zu rechtfertigen ist, obwohl der Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, die Erhebung der Säumniszuschläge aber den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (sog. Gesetzesüberhang, vgl. BFH-Urteile vom 22. April 1975 VII R 54/72, BFHE 116, 87, BStBl II 1975, 727; vom 14. September 1978 V R 35/72, BFHE 126, 9, BStBl II 1979, 58).
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a) In der Rechtsprechung des BFH ist anerkannt, dass Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die AdV eines Steuerbescheides zu erreichen, das FA aber die Aussetzung "obwohl möglich und geboten" abgelehnt hat. Demgemäß hat der BFH entschieden, dass ein Erlass von Säumniszuschlägen nach Aufhebung der Steuerfestsetzung zwar dann nicht in Betracht komme, wenn der Steuerpflichtige sich nicht um die AdV bemüht hat oder wenn die Vollziehung deshalb nicht ausgesetzt worden ist, weil --z.B. in Schätzungsfällen-- keine ernstlichen Zweifel bestanden und der Steuerbescheid erst aufgrund nachgereichter Steuererklärungen aufgehoben worden ist (BFH-Urteil vom 29. August 1991 V R 78/86, BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906).
- 12
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b) Hat der Steuerpflichtige jedoch im Aussetzungsverfahren alles Erdenkliche getan, um den einstweiligen Rechtsschutz zu erreichen, und ist ihm dieser gleichwohl fehlerhaft versagt worden, liegt eine unbillige Härte vor, wenn trotz späterer Aufhebung der Steuerfestsetzung Säumniszuschläge erhoben wurden (BFH-Urteile in BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906; vom 16. September 1992 X R 169/90, BFH/NV 1993, 510; BFH-Beschluss vom 18. März 2003 X B 66/02, BFH/NV 2003, 886). Dementsprechend hat der Senat mit Urteil in BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955 entschieden, dass ein Anspruch auf vollständigen Erlass der Säumniszuschläge dann besteht, wenn dem Steuerpflichtigen die AdV aufgrund einer gesetzlichen Sonderregelung des § 361 Abs. 2 Satz 4 AO in einer dem Sinn und Zweck dieser Regelung nicht entsprechenden Weise verwehrt ist. Nichts anderes gilt, wenn eine rechtswidrige Steuerfestsetzung aufgehoben wird und der Steuerpflichtige zuvor alles getan hat, um die AdV zu erreichen und diese --obwohl möglich und geboten-- abgelehnt worden ist (Fortführung der Rechtsprechung).
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2. Bei der Höhe des gebotenen Erlasses ist zu berücksichtigen, dass Säumniszuschläge zwar zum einen Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern sind und zum anderen Entgelt für eine verspätet gezahlte Steuer, denn der säumige Steuerpflichtige soll nicht besser gestellt werden, als hätte er Stundungs- oder Aussetzungszinsen (§ 238 AO) zu zahlen (BFH-Urteile in BFHE 126, 9, BStBl II 1979, 58; vom 23. Mai 1985 V R 124/79, BFHE 143, 512, BStBl II 1985, 489). Bei rechtswidriger Steuerfestsetzung ist jedoch die gesetzgeberische Wertung des § 237 AO zu beachten, wonach der Steuerpflichtige bei Gewährung der AdV zwar grundsätzlich Aussetzungszinsen zu zahlen hat, dies aber dann nicht gilt, wenn der Steuerpflichtige mit seinem Rechtsbehelf Erfolg gehabt hat (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO). Erweist sich eine im Eilverfahren gewährte AdV somit im Ergebnis als berechtigte Abwehr gegen eine rechtswidrige Steuerforderung, hat der Steuerpflichtige keinerlei Aussetzungszinsen --auch nicht zur Hälfte-- zu tragen. Wird dem Steuerpflichtigen die gebotene AdV zu Unrecht versagt, ist er im Billigkeitsverfahren so zu stellen, als hätte er den gebotenen einstweiligen Rechtsschutz erlangt, sodass er nach § 237 AO keinerlei Säumniszuschläge zu zahlen hat (so auch BFH-Beschluss vom 2. Februar 2011 V B 141/09, BFH/NV 2011, 961, unter 3.b; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 240 AO Rz 57; Heuermann in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 240 AO Rz 114).
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3. Der Senat weicht nicht von Entscheidungen anderer Senate des BFH ab. Soweit sich das FA auf den BFH-Beschluss vom 4. Februar 1999 IX B 170/98 (BFH/NV 1999, 908) bezieht, liegt keine Divergenz vor, weil der BFH dort die Rechtsfrage eines Erlasses von Säumniszuschlägen bei rechtswidriger Versagung der AdV im Hinblick auf die Besonderheiten des Streitfalles als in einer Revision nicht klärungsfähig bezeichnet hat. In dem BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 886 ging es um die anders gelagerte Problematik eines Erlasses von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit, bei der der Normzweck der Säumniszuschläge als Druckmittel eigener Art zur pünktlichen Steuerzahlung wegen Insolvenz nicht mehr erreicht werden kann. Soweit der erkennende Senat mit Urteil in BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906 bei zu Unrecht verweigerter AdV nur zu einem hälftigen Erlass von Säumniszuschlägen gelangt ist, ist diese Entscheidung durch das vom FG seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Urteil des Senats in BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955 überholt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Gründe
–FGO– stattgefunden noch ist vom Finanzamt ein den Erlass dieser Umsatzsteuer ablehnender Bescheid oder ein Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 Abgabenordnung –AO–) wegen (Nicht-) Erstattung dieser Umsatzsteuer ergangen.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.