Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 19. März 2014 - 4 K 697/13 Z
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betrieb den Im- und Export sowie den Großhandel mit Textilien.
3Auf Anordnung des Beklagten vom 06.02.2009 begann am 09.03.2009 bei der Klägerin eine Prüfung der Einfuhrabgaben durch das Sachgebiet Prüfungsdienst des Beklagten für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis zum 31.08.2008, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 07.12.2009, zusammengefasst wurde. Darin stellte der Prüfungsbeamte, der spätere Zeuge, u.a. folgendes fest:
4Die Klägerin erzielte nach Angaben in ihrer Buchhaltung 2006 bis 2008 folgende Ergebnisse:
5…
6Für die Klägerin erteilten ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin und der Prokurist der von ihr beauftragten Steuerberatungsgesellschaft Auskunft (Tz. 1.10). Da die Geschäftsführerin der Klägerin kein Deutsch sprach, wurden die Gespräche mit ihr übersetzt.
7Die Klägerin beschäftigte sich fast ausschließlich mit dem Großhandel von Bekleidung für Kinder zwischen dem 3. und 16. Lebensjahr. Nach eigenem Bekunden tätigte sie Kaufgeschäfte. Die Eingangsrechnungen wurden als Wareneinkäufe überwiegend gegen ein Verrechnungskonto gebucht. Zahlungen konnten nur in Einzelfällen über das Bankkonto nachgewiesen werden.
8Die Einfuhrwaren wurden per Seefracht über A geliefert und in B zwischengelagert. Danach sollen sie auf das eigene Lager verbracht worden sein. Sie wurden überwiegend ab Lager an Händler mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der EU verkauft (Tz. 3.1).
9In den abgegebenen Zollanmeldungen wurden die Lieferfirmen benannt.
10Diese Namen stimmten zum Teil nicht mit den Namen der angemeldeten Verkäufer überein (Tz. 3.2).
11In den Verkaufsräumen der Klägerin lagerte Kinderbekleidung erster Wahl für Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 16 Jahren.
12Weder die vorgelegten Rechnungen noch die vorhandenen Waren wiesen Artikelnummern oder ähnliche Bezeichnungen (z.B. Styles) auf. Rechnungen und Packlisten enthielten pauschale Bezeichnungen wie „girls and boys T-Shirts, Suits, Coats, Trousers, Skirts, Jackets, Ensembles“. Angaben zu Mengeneinteilungen, Farben und Größen fehlten. Gleiches gilt auch für die vorgelegten Präferenznachweise der Form A, in denen die Ware auch nur als „children´s garments“ bezeichnet wurde (Tzn. 3.3, 3.5.4).
13Bei den Zollanmeldungen, mit denen die Klägerin die Waren als Einführer und Zollschuldner in den zollrechtlich freien Verkehr überführen ließ, ließ sie sich durch zwei Speditionen vertreten.
14In ihren Zollwertanmeldungen gab die Klägerin die jeweiligen Lieferfirmen oder Rechnungsaussteller als Verkäufer für endgültige Käufe an. Verbundenheiten, Einschränkungen, Leistungen, Lizenzgebühren und besondere Vereinbarungen wurden immer verneint. Weiter meldete sie die in den Rechnungen ausgewiesenen Preise in US$ CIF an (Tz. 3.5.1).
15Bei der Prüfung konnte nicht geklärt werden, wie die in den Rechnungen ausgewiesenen Preise zu Stande kamen. Schriftliche Angebote, Bestellungen, Kaufverträge oder Unterlagen zur Preisfindung legte die Klägerin nicht vor. In den gebuchten Rechnungen waren Nettobeträge in US$ ausgewiesen. Zum Teil war den Eingangsrechnungen weder der Aussteller noch dessen Anschrift zu entnehmen. In allen Fällen fehlten Angaben zu Bankverbindungen und Zahlungsbedingungen.
16In ausgewählten Fällen konnte die Klägerin nicht nachweisen, wie, wann und an wen gezahlt wurde. Kreditorenkonten für die Lieferanten wurden nicht geführt. In Einzelfällen wurden Zahlungen über das eigene Bankkonto der Klägerin erst 18 Monate nach Rechnungsstellung geleistet. Die in den Zahlungsaufträgen benannten Empfänger wichen teilweise von den angemeldeten Verkäufern oder Rechnungsausstellern ab. Aufzeichnungen über der Wareneingang wurden ebenso wenig vorgelegt wie Inventuraufzeichnungen (Tz. 3.5.4).
17Trotz gebuchter Eingangsrechnungen mit der Lieferbedingung CIF buchte die Klägerin im Konto 4730 (Ausgangsfrachten) Seefrachtkosten über €, die nach Angaben der Klägerin im nichteuropäischen Ausland bezahlt worden seien. Belege existierten aber nicht. Weiter erklärte die Klägerin auf Nachfrage, die Seefrachtkosten für 2008 seien noch nicht berechnet worden.
18Außergemeinschaftliche Beförderungskosten sind in den Zollwertanmeldungen nicht angemeldet gewesen (Tz. 3.5.5).
19Zusätzlich buchte die Klägerin 2006 und 2007 unter dem Konto 4909 (Fremdleistungen und Fremdarbeiten) als vierteljährliche Zusatzkosten € auf Rechnungen des Ausstellers C Ltd. Der Aufforderung, den Grund der Rechnungen zu erläutern, Nachweise für die darin genannten Tätigkeiten vorzulegen und Zahlungen nachzuweisen, kam die Klägerin nicht nach (Tz. 3.5.6).
20Mangels eines Wareneingangsbuchs und mangels Kreditorenkonten wurden die Buchungen auf dem Konto 3200 (Wareneingang) geprüft. Von den acht Zollanmeldungen des Jahres 2006 waren nur 2 auf diesem Konto erfasst (Tz. 3.6).
21Der Durchschnittspreis der von der Klägerin eingeführten Kleidungsstücke lag bei 0,52 €/Stück.
22Auf Grund von Zweifeln an den angemeldeten Zollwerten aus dem o.a. Prüfungsergebnis forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 04.06.2009 zur Stellungnahme bis zum 22.06.2009 auf (Bl. 74 f. der Prüfungs-/Steuerakte des Beklagten). Auf dieses Schreiben antwortete die Klägerin nicht. Da sowohl Transaktionswerte als auch die Folgemethoden mangels geeigneter Angaben ausschieden, müsse der Zollwert nach Art. 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) ermittelt werden, was im Einzelnen erläutert wird (Tz. 3.7.3).
23Am 27.11.2009 fand ein abschließendes Gespräch des Prüfers mit den Auskunftspersonen über die Prüferfeststellungen statt, in dem die Klägerin durch ihre Auskunftspersonen erklärte, noch innerhalb einer Woche eine Stellungnahme abgeben zu wollen (Tz. 5).
24Die Anlage zum Prüfungsbericht vom 07.12.2009 enthält eine Aufstellung der zollwertrechtlich anders zu bewertenden Einfuhren.
25Mit Bescheid vom 23.12.2009 nahm der Beklagte die Klägerin für ihre Einfuhren vom 04.01.2007 bis zum 31.07.2008 auf € Zoll in Anspruch, wobei er als Zollwerte grundsätzlich die auf Stück umgerechneten Durchschnittswerte von Einfuhren nach Deutschland bezogen auf die jeweiligen angemeldeten Unterpositionen der KN in den Jahren 2007 und 2008 zu Grunde legte und um 30% kürzte. Nur bei Einfuhren von Unterwäsche ergaben sich die Durchschnittswerte aus einer Umrechnung nach Gewicht (Kg). Auf Grund der so ermittelten Zollwerte berechnete der Beklagte den Zoll und zog davon den jeweils bereits gezahlten Zoll ab.
26Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, sie habe die tatsächlichen Kaufpreise zutreffend angemeldet. Diese Preise seien auch marktüblich gewesen. Bei den von ihr angemeldeten Waren habe es sich um Billigtextilien gehandelt, die vornehmlich auf Märkten verkauft worden seien.
27Die Aufzeichnungen sind unfachmännisch geführt und trotz Aufforderung die Widersprüche nicht geklärt. Das Mandat sei daher beendet worden. Sie habe weder die Tatsachenfeststellungen des Prüfungsbeamten anerkannt noch ein Schreiben des Beklagten vom 04.06.2009 erhalten.
28Tatsächlich sei eine Zollwertermittlung nach Art. 29 ZK möglich. Sie bestelle die im Ausland hergestellten Textilien im Ausland bei örtlichen Lieferanten/Herstellern. Auf Grund der nunmehr vorliegenden Fracht- und Begleitpapiere, Packlisten und Präferenznachweise könne der Transaktionswert der Zollanmeldung zu Grunde gelegt werden. Es handele sich um Billigtextilien, die sie an Zwischenhändler weiterverkaufe und die von minderwertiger Qualität seien.
29Mit Einspruchsentscheidung vom 31.01.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da die Klägerin während der Prüfung die dort festgestellten außergewöhnlichen, Zweifel begründenden Umstände, auf Grund derer die Zollwerte unrichtig seien, trotz Aufforderung und mehrfacher Absichtserklärung nicht widerlegt habe. Da die Folgemethoden nach Art. 30 ZK nicht hätten angewendet werden können, habe der Zollwert nach Art. 31 ZK ermittelt werden müssen.
30Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, die von ihr vertriebenen Kindertextilien entsprächen den Waren, die bei Billigdiscountern, preiswerten Versendern und Billigmärkten anzutreffen seien. Darüber hinaus sei noch ein weiterer Abschlag vorzunehmen, da sei keine allgemeinen Qualitätsstandards, sondern erhebliche Mängel wie defekte Reißverschlüsse, Colour bleeding, unzutreffende Größen, mangelhafte Knöpfe usw. aufgewiesen hätten.
31Sie kaufe die Textilien vor Ort ein. Dabei würden auch die Preise verhandelt. Schriftliche Kaufverträge habe es nicht gegeben. Zum Teil nehme sie auch Dienste von Vermittlern in Anspruch. Zu deren Dienstleistungen zählten Beratung und Design, Bestellung und Inspektion sowie logistische Dienstleistungen.
32Sie habe die Ware nach Musterteilen der Hersteller geordert. Ein Teil der Waren sei in ihrem Auftrag mit ihren Etiketten versehen worden. Ganz überwiegend habe sie jedoch Restposten und Lagerware gekauft. Auf Grund eines Übersetzungsmissverständnisses sei dies nicht schon im Einspruchsverfahren vorgetragen worden.
33Die Zollstellen hätten ihre Zollanmeldungen und Zollwertanmeldungen nicht beanstandet. Das Schreiben vom 04.06.2009 habe sie erstmals nach Klageerhebung gesehen.
34Dass es sich bei den von ihr eingeführten Textilien um mangelhafte Kinderkleidung gehandelt habe, könne durch Zeugnis des Herrn X, ihrer Geschäftsführerin sowie dem Schreiben der C Ltd. vom 08.03.2010 und der Bestätigung der D Ltd. bewiesen werden.
35Eine Untersuchung ihrer Einfuhrwaren durch einen Textilsachverständigen habe nicht stattgefunden.
36Aus den in ihren Verkaufsräumen im Zeitpunkt der Zollprüfung vorliegenden Waren sei ein Rückschluss auf die Qualität nicht möglich, da es sich dabei nur um Muster gehandelt habe, die die beste Qualität aufgewiesen hätten. Die tatsächliche Qualität könne nur durch eine Untersuchung der Warenlieferung nachgewiesen werden.
37Auf Grund der niedrigen Preise habe sie keine Veranlassung gehabt, auf die Mängel der Ware hinzuweisen.
38Ihre Geschäftsführerin habe auch erst seit Gründung der Klägerin Erfahrung im Textilhandel sammeln können. Sie habe sich deshalb für die Zollabfertigung bestimmter Speditionen und sonst einer Steuerberatungsgesellschaft bedient, in der entsprechende ausländische Mitarbeiter tätig gewesen seien. Mit diesen habe sie sich verständigen können.
39Mit Schriftsatz vom 12.03.2014 überreichte die Klägerin weitere Unterlagen und erklärte hierzu, aus diesen Unterlagen ergebe sich jedenfalls für den größten Teil der Waren, wann und wie sie die zur Verzollung vorgelegten Rechnungen bezahlt habe. Danach sei eine Zollwertermittlung nach Art. 29 ZK möglich. An Stelle einer Zollwertermittlung nach Art. 31 ZK hätte der Beklagte jedenfalls eine Ermittlung nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. a ZK (Transaktionswert gleicher Waren) vornehmen müssen, nachdem sie die Bestätigung der C Ltd. und der D Ltd. vorgelegt habe.
40Die Klägerin beantragt,
41den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten vom 23.12.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.01.2013 aufzuheben.
42Der Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Dazu verweist er auf die Feststellungen im Prüfungsbericht und führt ergänzend aus: Im Rahmen der Prüfung seien Hinweise auf die nunmehr behauptete mindere Qualität der von der Klägerin eingeführten Waren nicht festgestellt worden. Insbesondere habe die Klägerin darauf nicht in den Zoll- und Zollwertanmeldungen hingewiesen.
45Zudem seien die von ihm ermittelten Richtwerte schon im Hinblick auf wertmindernde Umstände um 30% gekürzt worden. Die von ihm angenommenen Werte beruhten auf Werten aller Einfuhren von Textilwaren, für die Durchschnittspreise ermittelt und dann um 30% gekürzt worden seien.
46Im Klageverfahren hat die Klägerin eine Bescheinigung der C Ltd. vom 08.03.2010 vorgelegt, in dem diese bestätigte, für die Klägerin Kinderkleidung niedriger Preise wie Lagerware, geringwertige Ware und Ware mit unzutreffenden Größen ausgeführt zu haben. Dabei werde die Klägerin ihre Zahlungen an sie beenden, wenn sie die Ware verkauft haben werde.
47Weiter legte die Klägerin eine undatierte Bestätigung der D Ltd. vor, nach der sie keinen Vertrag unterzeichnet hätten, sondern mündlich oder telefonisch vereinbart füreinander tätig geworden seien. Danach habe die Klägerin der D Ltd. den Auftrag erteilt, für sie auf dem Klamottenmarkt im Ausland Kinderbekleidung mit unvollständigen Maßen, aus Lagerbeständen sowie defekte Kinderbekleidung anzuschaffen, wenn deren Preise weniger als 30% der Marktpreise betragen hätten. Dabei habe die D Ltd. der Klägerin die beabsichtigten Käufe per Fax oder telefonisch mitgeteilt. Diese hätten als vereinbart zu gelten, wenn die Klägerin nicht innerhalb von 15 Arbeitstagen widerspreche. Einzelheiten ergäben sich aus den beidseitig quittierten Frachtbriefen. Die Marktschwankungen unterliegenden Preise würden akzeptiert, wenn keiner Partei Verluste entstünden. Bei Fehlen gravierender Qualitätsprobleme trage die D Ltd. keine Verantwortung für Unterschiede der Ware selbst wie „Stil“, Farbe und Größe. Schwerwiegende Qualitätsprobleme habe die Klägerin innerhalb von 30 Tagen anzuzeigen. Die Klägerin trage die notwendigen Kosten der D Ltd. wie Stelleneinsatz, Reisekosten, Logistikkosten.
48Das Gericht hat Beweis erhoben zur Frage, ob die Klägerin das Schreiben des Beklagten vom 04.06.2009 während der Außenprüfung erhalten hat, durch Vernehmung des Prüfungsbeamten als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
49Entscheidungsgründe:
50Die Klage ist unbegründet.
51Der Beklagte hat die Klägerin mit seinem Einfuhrabgabenbescheid vom 23.12.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.01.2013 zu Recht für den darin festgesetzten Zoll in Anspruch genommen. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
52Der Zollwert eingeführter Waren ist nach Art. 29 ZK der Transaktionswert, d.h. der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende – und ggf. gemäß Art. 32 und 33 ZK zu berichtigende – Preis. Nur wenn der Zollwert nicht nach der Transaktionswert-Methode und auch nicht nach einer der in Art. 30 ZK beschriebenen Folgemethoden ermittelt werden kann, ist er nach der sog. Schlussmethode gemäß Art. 31 ZK zu ermitteln, die der Beklagte im Streitfall herangezogen hat.
53Die Zollbehörden müssen nach Art. 181a Abs. 1 ZKDVO den Zollwert eingeführter Waren nicht nach dem angegebenen Transaktionswert ermitteln, sondern können eine der Folgemethoden und ggf. die Schlussmethode anwenden, wenn sie ‑ nach Durchführung des Verfahrens gemäß Abs. 2 der Vorschrift ‑ wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis entspricht (BFH Beschluss v. 28.07.2010 VII B 270/09, BFH/NV 2010, 2312).
54Im Streitfall musste der Beklagte die angemeldeten Zollwerte nicht auf der Grundlage des Transaktionswerts ermitteln, weil er zu Recht wegen begründeter Zweifel nicht davon überzeugt sein durfte, dass die angemeldeten Werte den gezahlten oder zu zahlenden Preisen entsprachen.
55Die Klägerin hat ihren Zollwertanmeldungen Werte aus Rechnungskopien zu Grunde gelegt, aus denen nicht zu ersehen war, dass damit ein bestimmter Verkauf bestimmter Waren zur Ausfuhr in das Zollgebiet der EU in Rechnung gestellt werden sollte.
56Zwar war Adressat aller 48 Rechnungen die Klägerin. Fünf Rechnungen enthielten jedoch überhaupt keine Angabe über den Aussteller. In allen übrigen Rechnungen wurde der Aussteller zwar namentlich genannt, jedoch nicht in handelsüblicher Weise unter Angabe von Anschrift, telefonischer Erreichbarkeit und einer Bankverbindung bezeichnet. In keiner der Rechnungen war die Ware so bezeichnet, dass aus ihr die Ware durch Bezeichnung von Art, Muster, Größen und Farben hätte identifiziert werden können. Vielmehr begnügten sich die Verfasser der Rechnungen mit groben Bezeichnungen. Zudem enthielten die Rechnungen keine Angaben eines Zahlungsziels.
57Gegen die Annahme, die den Zollanmeldungen zu Grunde liegenden Rechnungskopien gäben tatsächlich vereinbarte Geschäfte wieder, spricht auch die Behandlung der Lieferbedingungen. Trotz der regelmäßigen Vereinbarung der Lieferbedingung CIF zahlte die Klägerin der D Ltd. Seefrachtkosten über € und erklärte zusätzlich, die Seefracht für 2008 sei noch nicht abgerechnet worden.
58Darüber hinaus ergaben die Zollprüfung und die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.03.2014 vorgelegten Unterlagen, dass eine Bezahlung der Rechnungen derart, dass den jeweiligen Ausstellern der Rechnungen die darin genannten Endbeträge von der Klägerin gezahlt worden waren, nicht festgestellt werden konnte.
59Ein Teil der Rechnungen war, wie in der Zollprüfung festgestellt, noch nicht einmal gebucht worden.
60Bei 16 der 48 Rechnungen konnte die Klägerin nicht angeben, wie sie bezahlt wurden.
61Bei allen übrigen Rechnungen erfolgten nach den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.03.2014 überreichten Unterlagen die Zahlungen nicht an den Rechnungsaussteller, sondern an Dritte, beispielsweise die D Ltd., die als Vermittlerin auftrat.
62Zudem wurde nur in den seltensten Fällen innerhalb weniger Monate gezahlt. Bei vielen Rechnungen sollen die Zahlungen, die die Klägerin diesen Rechnungen zuordnete, erst nach mehr als zwei Jahren nach der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr stattgefunden haben.
63Auch die Stellungnahme der Geschäftsführerin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung trug nicht zur Aufklärung bei: Nach den Angaben der Geschäftsführerin erhielt nicht der Vermittler, sondern der Hersteller das Geld. An den Hersteller werde unmittelbar gezahlt. Tatsächlich aber erfolgten die Zahlungen, soweit sie überhaupt nachgewiesen wurden, vor allem an die D Ltd. und die E. Dass diese Firmen Hersteller waren, ist nicht erkennbar. Die D Ltd. hat nach der im Klageverfahren vorlegten Bestätigung Vermittleraufgaben übernommen. Zudem waren beide Firmen in den für die Einfuhren vorgelegten Präferenznachweisen nach Formblatt A nicht als Ausführer angegeben. Selbst bei der einzigen Rechnungsstellung der D Ltd. an die Klägerin für Waren, die am 10.04.2007 in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurden (Zollbeleg des Zollamts), war die D Ltd. zwar im Präferenznachweis nach Formblatt A als Ausführer angegeben. Für diese Einfuhr aber konnte die Klägerin nicht angeben, wann sie und ob sie überhaupt bezahlt wurde.
64Die von der Klägerin angemeldeten Zollwerte betrugen ganz überwiegend nur Bruchteile der durch die Zollverwaltung für Waren der jeweiligen Unterpositionen ermittelten Durchschnittspreise, ohne dass für die angemeldeten Preise eine bezogen auf jede Zollwertanmeldung plausible Erklärung gegeben werden konnte.
65Weder während der Zollprüfung (Art. 78 Abs. 2 ZK in Verbindung mit §§ 193 ff. AO) noch im Einspruchs- oder im Klageverfahren konnten bezogen auf jede einzelne Einfuhr Umstände ermittelt werden, die den jeweils angemeldeten Zollwert als plausibel erscheinen lassen konnten.
66Dies ließen weder die Geschäftsunterlagen noch die Buchführung der Klägerin unabhängig von den bereits dargestellten Mängeln der Rechnungen und der Darstellung ihrer Zahlung zu. Aus der Buchhaltung der Klägerin, die weder über Aufzeichnungen des Warenein– und –ausgangs (§§ 143 f. AO), noch schriftliche Verträge über den Ankauf der gehandelten Waren verfügte, war kein durchschnittlicher Aufschlagssatz der Klägerin zu ermitteln. Damit war auch nicht feststellbar, ob die von ihr angemeldeten Zollwerte plausibel sein konnten.
67Weiter konnte nicht geklärt werden, wie die in den Rechnungen ausgewiesenen Preise zu Stande kamen. Schriftliche Angebote, Bestellungen, Kaufverträge oder Unterlagen zur Preisfindung legte die Klägerin weder vor noch behauptete sie, über derartige Unterlagen verfügt zu haben.
68Kreditorenkonten für die Lieferanten wurden nicht geführt.
69Inventuraufzeichnungen gab es nicht.
70Der Beklagte hat auch die Voraussetzungen des Art. 181a Abs. 2 ZKDVO eingehalten, denn er hat die Klägerin während der Zollprüfung mit Schreiben vom 04.06.2009 nach Art. 178 Abs. 4 ZKDVO aufgefordert, in der im Tatbestand dargestellten Weise weitere Angaben zu machen und weitere Belege vorzulegen. Diese Aufforderung hat die Klägerin nicht beantwortet. Sie hat weder weitere Belege vorgelegt noch substantiiert zu jeder einzelnen Sendung die tatsächliche Warenbeschaffenheit und die zutreffende Menge dargetan. Zudem hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid eine schriftliche, mit Gründen versehene Entscheidung im Sinne des Art. 181a Abs. 2 Satz 3 ZKDVO erlassen.
71Entgegen der schriftsätzlichen Behauptung der Klägerin, sie habe das Schreiben vom 04.06.2009 erst im Klageverfahren erhalten, ist davon auszugehen, dass sie dieses Schreiben im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Übersendung erhalten hat. Die Geschäftsführerin der Klägerin konnte sich nämlich nicht daran erinnern, dass die Klägerin das Schreiben vom 04.06.2009 nicht erhalten hat. Sie hielt es zumindest für möglich, dass der seinerzeitige steuerliche Berater der Klägerin dieses Schreiben erhalten, nur nicht an sie weitergeleitet hat.
72Nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen hat dieser zwar nicht den Zugang des Schreibens des Beklagten vom 04.06.2009 feststellen können, aber auf Grund des abschließenden Gesprächs am 27.11.2009 Umstände bemerkt, die nur den Schluss zulassen, dass der Klägerin der Inhalt des Schreibens vom 04.06.2009 bekannt war. Die Fragen des Zeugen anlässlich der Besprechung wurden nämlich hinsichtlich der Zollwerte so detailliert beantwortet, dass er zur Überzeugung gekommen ist, die Klägerin habe das Schreiben vom 04.06.2009 erhalten. Im Einzelnen wurden beim Gespräch vom 27.11.2009 Gründe für die niedrigen Preise angegeben.
73Die Bekundungen des Zeugen werden durch den Inhalt der Akten, die den von ihm vorgetragenen Geschehensablauf bestätigen, und den Gang des Besteuerungsverfahrens gestützt.
74Dementsprechend war der Beklagte berechtigt, die Zollwerte nach Art. 31 ZK zu ermitteln. Eine Ermittlung des Preises nach den Folgemethoden des Art. 30 ZK war nämlich nicht möglich. Der Transaktionswert gleicher Waren (Art. 30 Abs. 2 Buchst. a ZK in Verbindung mit Art. 150 ZKDVO und Anhang 23 ZKDVO) oder gleichartiger Waren (Art. 30 Abs. 2 Buchst. b ZK in Verbindung mit Art. 151 ZKDVO und Anhang 23 ZKDVO) war im Streitfall schon mangels nachvollziehbarer Angaben zu Art und Qualität der jeweils eingeführten Waren nicht ermittelbar.
75Ebenso wenig lagen Werte für die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. c ZK, Art. 152 ZKDVO (deduktive Methode) oder nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. d ZK, Art. 153 ZKDVO (additive Methode) vor.
76Im Rahmen der Bestimmung des Zollwerts nach Art. 31 Abs. 1 ZK sind die vom Beklagten angenommenen Zollwerte nicht zu beanstanden.
77Bei dieser Zollwertermittlung ist unter Ausschluss der in Art. 31 Abs. 2 ZK genannten Methoden eine zweckmäßige Methode zu wählen, die sich an den Leitlinien und Allgemeinen Regeln des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994, dem Artikel VII dieses Abkommens und dem Kapitel 3 des ZK orientiert. Hierbei konnte der Beklagte die von ihm angenommenen Zollwerte den statistisch aus ATLAS ermittelten Durchschnittspreisen für Waren der gleichen Unterposition im gleichen Zeitraum entnehmen, da andere verwertbare Angaben nicht vorlagen. Dabei kürzte der Beklagte schon zu Gunsten der Klägerin diese Priese um 30 %.
78Insbesondere gab es nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) keinen Anlass, die so ermittelten Durchschnittswerte im Hinblick auf die behauptete mindere Qualität (fehlerhafte Waren) oder die behaupteten Umstände der Erwerbs (Restposten) der von der Klägerin eingeführten Waren zu kürzen. Diese Umstände hat die Klägerin nur behauptet, aber weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
79Bei der Prüfung wurden nur Waren erster Qualität vorgefunden. Bei der Prüfung sowie in der Folgezeit ergaben sich keine Hinweise auf die Lieferung von Waren minderer Qualität, zumal der Gesellschaftszweck der Klägerin nicht der Handel mit derartigen Waren, sondern mit Waren ihrer Marke war.
80Aus der vorgelegten Erklärung der C Ltd. vom 08.03.2010 folgt nichts anderes, denn die Klägerin hat vom 01.01.2007 bis zum 31.07.2008 von dieser Firma nach den vorgelegten Unterlagen keine Waren bezogen.
81Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Erklärung der D Ltd., da mangels Datierung schon nicht erkennbar ist, auf welchen Zeitraum sich die Erklärung beziehen soll. Zudem hat die D Ltd. der Klägerin vom 01.01.2007 bis zum 31.07.2008 nur einmal, und zwar mit der am 10.04.2007 durch das Zollamt in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Sendung, Waren geliefert. Für diese Sendung hat die Klägerin einen minderwertigen Zustand der eingeführten Waren nicht angegeben.
82Zudem konnte – wie bereits dargelegt – nicht geklärt werden, wie die in den Rechnungen ausgewiesenen Preise zu Stande gekommen waren.
83Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 FGO.
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Annotations
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.