Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 24. Feb. 2016 - 4 K 353/14 Z
Gericht
Tenor
Der Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten vom 8. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Streitig ist die zolltarifliche Einreihung sog. „Fiber-Coupled Modules“.
3Die Klägerin meldete unter dem 19. Januar 2012 „Laserdioden“ der A Ltd. aus B unter der Unterpos. 8541 40 10 der Kombinierten Nomenklatur in der für den Streitfall geltenden Fassung (KN) beim Zollamt X des Beklagten zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Als Zollwert gab sie 155.913,13 € an. Gemäß den Frachtpapieren handelte es sich um 9 Laserdioden à 130 W, 25 Laserdioden à 110 W und 12 Laserdioden à 60 W.
4Im Rahmen einer stichprobenweisen Beschaffenheitsbeschau traf das Zollamt folgende Feststellungen: „Verpackungseinheiten bestehend aus Kabeln, rechteckigen Teilen aus Metall mit der Bezeichnung ‚A….‘ […] mit Anschlussstücken versehen, augenscheinlich zur Montage auf Geräte bestimmt, und Beuteln mit der Aufschrift ‚………….‘.“
5Auf Anforderung des Beklagten übersandte die Klägerin die folgende Produktbeschreibung: „Die Laserdiode ist ein rechteckiger, quaderförmiger Körper aus Metall. Sie sieht aus wie ein Barren mit Anschlussstücken, in denen sich Bohrungen zum Festschrauben befinden. […] Die Laserdiode emittiert Laserlicht, das als solches unbrauchbar ist. Sie wird als Bauteil in unsere Laser […] eingebaut, wo der Lichtstrahl zu einem genauen und hochwertigen Laser verstärkt und umgewandelt wird. Zusätzlich befinden sich Kabel, die an einem 15-poligen Kunststoffstecker befestigt sind, in der Box bei der Laserdiode. Sie dienen als Leitung zur Stromversorgung für die Laserdiode. Die Enden der Kabel werden z.B. an einem Netzteil befestigt und der Stecker wird an die Laserdiode gesteckt, damit die Laserdiode mit Strom betrieben werden kann. Des Weiteren befindet sich ein Tütchen mit Indiumfolie bei der Laserdiode. Diese Indiumfolie […] wird unter die Laserdiode gelegt, wenn die Laserdiode auf eine Kühlplatte geschraubt wird. […]“
6Das Zollamt X des Beklagten setzte mit Einfuhrabgabenbescheid vom 19. Januar 2012 zunächst keinen Zoll und 29.645,33 € Einfuhrumsatzsteuer fest. Zur Begründung nahm es auf einen an das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) gerichteten Untersuchungsantrag Bezug.
7Unter dem 18. Mai 2012 legte das BWZ ein Gutachten vor, gemäß dem die streitgegenständliche Ware in die Unterpos. 9013 20 00 KN (Laser, keine Laserdiode) einzureihen sei. Es handele sich um ein Laserdiodenmodul, bestehend aus mehreren elektrisch parallel geschalteten Einzelemittern, einem Thermistor und einer Mikrooptik in einem Gehäuse aus unedlem Metall. Es diene als Pumpquelle zur Erzeugung von Ultrakurzpulslasern für den industriellen Einsatz. Eine Ware der Pos. 8541 KN liege nicht vor, da von dieser Position nur einzelne – sog. „diskrete“ – Bauelemente erfasst würden.
8Der Beklagte folgte dieser Auffassung und erhob für die Ware mit Einfuhrabgabenbescheid vom 8. August 2012 7.327,92 € Zoll nach.
9Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch. Sie vertrat die Auffassung, dass Laserdioden vom Wortlaut der Unterpos. 8541 40 10 KN erfasst seien. Weder in den Positionsbeschreibungen noch in den Anmerkungen und Erläuterungen zur KN (ErlKN) und zum Harmonisierten System (ErlHS) finde sich ein Hinweis darauf, dass es sich bei der Laserdiode um ein „diskretes“ Bauelement handeln müsse. Eine einzelne „diskrete“ Laserdiode ohne jegliche weitere Elemente zur Fixierung, Wärmeabfuhr oder Lichtführung gebe es zudem nicht. Laserdioden bestünden zwingend aus einem Spiegel und mindestens einem lichtemittierenden Chip, die eingebaut und fixiert werden müssten. Diese Bauelemente stünden der Einreihung als Laserdiode nicht entgegen, sondern machten eine Laserdiode überhaupt erst aus. Insoweit nahm die Klägerin auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 2. Oktober 2008 (C-411/07) zu sog. „Optokopplern“ Bezug. Im Übrigen sei die Laserdiode ein lichtempfindliches Halbleiterbauelement und kein Laser. Denn um das in der Laserdiode erzeugte kohärente Licht in einem Laser nutzen zu können, müsse es erst verstärkt werden.
10Hierzu nahm das BWZ im Einspruchsverfahren wie folgt Stellung: Bei der streitgegenständlichen Ware handele es sich um „Fiber-Coupled Modules“, bestehend aus 16 (110 und 130 W) bzw. 10 (60 W) elektrisch miteinander „verschalteten“ Laserdioden, einem Thermistor und einer Mikrooptik. Das Ganze sei in einem Gehäuse mit einem faseroptischen Anschluss mit „SMA-Adapter“ und einem 15-poligen Anschluss untergebracht. Die „Fiber-Coupled Modules“ erzeugten Laserlicht und unterschieden sich lediglich in ihrer Leistung voneinander. Sie würden zum Pumpen von Festkörperlasern verwendet. Aufgrund ihres technischen Aufbaus und ihrer Funktion stelle sich die Ware sowohl technisch als auch zolltariflich als „Laser“ und nicht als „Laserdiode“ dar.
11Unter Dioden verstehe man elektronische Halbleiterbauelemente mit zwei elektrischen Anschlüssen (Kathode und Anode), die nur in einer Richtung für Strom durchlässig seien. Laserdioden hätten – ebenso wie Leuchtdioden – einen Luminiszenzeffekt, d.h. elektrische Energie werde in Strahlungsenergie umgewandelt. Laser- und Leuchtdioden bestünden aus einem einzigen Halbleiterkristall mit i.d.R. zwei unterschiedlich leitenden Schichten. Bei Laserdioden handele es sich um spezielle Leuchtdioden mit einem zusätzlichen optischen Resonator zur Erzeugung kohärenten Lichts. Kohärentes Licht bedeute Strahlung, bei der alle Wellen in die gleiche Richtung, mit gleicher Frequenz und mit gleicher Phase schwingten. Laserdioden seien somit einzelne Halbleiterkristalle, die in der technischen Literatur als einzelne bzw. „diskrete“ Halbleiterbauelemente bezeichnet würden.
12Die KN lehne sich eng an die Technik an. In den ErlHS zur Pos. 8541, Rz. 43.0 bis 45.0, heiße es: „Elektroluminiszenzdioden auf der Grundlage z.B. von Galliumarsenid oder Galliumphosphid sind Vorrichtungen, die elektrische Energie in sichtbare Strahlen, Infrarotstrahlen oder ultraviolette Strahlen umwandeln.“ Die englische Sprachfassung laute: „Light emitting diodes, or electroluminescent diodes, (based, inter alia, on gallium arsenide or gallium phosphide) are devices which convert electric energy into visible, infra-red or ultra-violet rays.” Da die beiden beispielhaft aufgeführten Materialien einzelne Halbleiterkristalle seien und der in der englischen Sprachfassung verwendete Begriff „device“ mit „Bauelement“ übersetzt werde, sähen die ErlHS Laserdioden als einzelne – „diskrete“ – Halbleiterkristall-Bauelemente an. Laserdioden, die mit weiteren Laserdioden elektrisch verbunden seien, stellten keine einzelnen Halbleiterbauelemente mehr dar, sondern bildeten gemeinsam eine Schaltung. Als solche sei die streitbefangene Ware allerdings nicht in die Pos. 8542, sondern – als Baugruppe nach ihrer Gesamtfunktion (Erzeugung von Laserlicht) – in die Pos. 9013 (Laser) einzureihen.
13Entgegen dem Verständnis der Klägerin scheitere die Einreihung der „Fiber-Coupled Modules“ in die Pos. 8541 nicht daran, dass sich die Dioden in einem Gehäuse befänden und mit elektrischen Anschlüssen versehen seien. Auch das Vorhandensein von optischen Elementen sowie einer Vorrichtung zum Kühlen seien unschädlich. Der Einreihung in die Pos. 8541 stehe vielmehr entgegen, dass die Ware nicht aus einer „diskreten“ Laserdiode, sondern aus mehreren – 10 bzw. 16 – „verschalteten“ Laserdioden bestehe.
14Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und wies den Einspruch der Klägerin mit Entscheidung vom 10. Januar 2014 als unbegründet zurück.
15Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Entgegen der Ansicht des Beklagten bestünden Laserdiodenchips nicht unbedingt aus einem, sondern häufig aus mehreren Halbleiterkristallen. Auf eine „diskrete“ Bauweise könne es daher nicht ankommen. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass mehrere Laserdiodenchips, die miteinander „verschaltet“ würden, um ein stärkeres Licht für den späteren Bau eines Lasers zu erzeugen, bereits selbst einen Laser bilden sollten, während dies für eine einzelne Laserdiode mit denselben Merkmalen nicht gelte. Gemäß den ErlHS zu Kapitel 90 seien Teile und Zubehör nicht in dieses Kapitel einzureihen, wenn sie selbst Waren einer Position der Kapitel 84, 85 oder 91 seien. Dies müsse auch für Diodenchips gelten, auch wenn diese in einem Gehäuse miteinander „verschaltet“ seien.
16In der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin dem erstmals erhobenen Einwand des Beklagten, der Thermistor schließe eine Einreihung in die Pos. 8541 KN aus, entgegengetreten. Bei dem Thermistor handele es sich lediglich um einen Temperatursensor. Dieser überwache die Temperatur der Laserdioden und sende – wenn nötig – Signale an einen Kühlkörper, der sich außerhalb des „Fiber-Coupled Module“ befinde.
17Hilfsweise begehrt die Klägerin eine Einreihung der Ware als elektronische integrierte Schaltung in die Pos. 8542 KN.
18Die Klägerin beantragt,
19den Einfuhrabgabenbescheid vom 8. August 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2014 aufzuheben.
20Der Beklage beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er nimmt auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung Bezug und ergänzt, dass das Urteil des EuGH zu Optokopplern nicht auf den Streitfall übertragen werden könne. Denn anders als die „Fiber-Coupled Modules“ gehörten die Optokoppler als Fotoelemente zur Warengruppe der lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente. Eine Einreihung in die Pos. 8542 KN als elektronische integrierte Schaltung scheide aus, da die Ware nicht die Voraussetzungen der Anmerkung 8 Abs. 1 Buchst. b) zu Kapitel 85 erfülle. Sie stelle weder eine monolithische integrierte Schaltung (Nr. 1) noch eine hybride integrierte Schaltung (Nr. 2) noch eine integrierte Multichip-Schaltung (Nr. 3) dar. Seine Einreihungsauffassung werde im Übrigen von der niederländischen Zollverwaltung geteilt. Zwei verbindliche Zolltarifauskünfte vom 13. August 2013 reihten Laserdioden, die aus einer „unverschalteten“ Fotodiode und einer mit einer Zenerdiode „verschalteten“ Laserdiode bestünden, als Laser in die Pos. 9013 ein.
23In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass die Einreihung der streitgegenständlichen Ware in die Pos. 8541 KN daran scheitere, dass sie mit einem Thermistor zur Temperaturüberwachung ausgestattet sei.
24Entscheidungsgründe
25Die Klage ist begründet.
26Der Einfuhrabgabenbescheid vom 8. August 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)). Das beklagte Hauptzollamt hat den Zoll zu Unrecht von der Klägerin nacherhoben.
27Ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Art. 218 und 219 buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, so ist die buchmäßige Erfassung nachzuholen (Art. 220 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex (ZK) der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 302 S. 1)). Die Voraussetzungen für die Nacherhebung liegen im Streitfall nicht vor.
28Die einer Zollschuld entsprechenden Abgabenbeträge hinsichtlich der von der Klägerin zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldeten Ware sind ursprünglich nicht mit geringeren als den gesetzlich geschuldeten Beträgen buchmäßig erfasst worden. Die sog. „Fiber-Coupled Modules“ sind in die in der Anmeldung angegebene Unterpos. 8541 40 10 KN und nicht in die Unterpos. 9013 20 00 KN, die hier in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. EU Nr. L 282/1) anzuwenden ist, einzureihen.
29Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 Rs. C-291/11, Rn. 30). Nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN (AV) 1 und 6 sind maßgebend für die Einreihung von Waren der Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln der Nomenklatur, die rechtsverbindlich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 Rs. C-291/11, Rn. 31). Außerdem sind die ErlKN der Kommission und die ErlHS der Weltzollorganisation ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Ermittlung der Tragweite der einzelnen Tarifpositionen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 Rs. C-291/11, Rn. 32).
30Anders als der Beklagte meint, ist die Unterpos. 9013 20 00 KN vorliegend nicht einschlägig. Von dieser werden Laser erfasst; Laserdioden sind ausdrücklich ausgenommen. Schon der Wortlaut der Unterposition deutet darauf hin, dass in diese vollständige Laser einzureihen sind. Bestätigt wird dies durch Rn. 04.0 der ErlHS zur Pos. 9013, die den Aufbau von Lasern beschreibt. Danach bestehen Laser aus dem Lasermedium (z.B. Kristalle, Gase, Flüssigkeiten oder chemische Erzeugnisse), der Energiequelle (Energie-Pumpsystem) und dem optischen Resonanzsystem (Spiegelsystem). Diese sind als Grundbauelemente im Laserkopf vereinigt. Darüber hinaus besitzen Laser in der Regel Zusatzvorrichtungen, z.B. ein Stromversorgungsgerät, ein Kühlgerät, ein Steuergerät. Derart komplex ist die streitgegenständliche Ware nicht aufgebaut. Sie setzt sich vielmehr lediglich aus mehreren Laserdioden, einem Temperatursensor (Thermistor) und einer Linse (Mikrooptik) – umschlossen von einem Gehäuse – zusammen. Ein Stromversorgungsgerät, ein Kühlgerät oder ein Steuergerät sind nicht integriert. Strom und Kühlung werden stattdessen außerhalb des „Fiber-Coupled Module“ bereitgestellt. Mit Strom wird es über Kabel versorgt, die an ein externes Netzteil angeschlossen sind, und zur Kühlung wird es auf eine Kühlplatte geschraubt. Einen vollständigen Laser stellt die streitgegenständliche Ware nicht dar. Ein solcher entsteht erst, wenn sie mit weiteren Bauteilen zusammengefügt und als Pumpquelle dazu genutzt wird, ein anderes Lasermedium zum Strahlen anzuregen.
31Als Laserdioden werden die „Fiber-Coupled Modules“ von der Pos. 8541 KN, hier der Unterpos. 8541 40 10 KN erfasst. Die Pos. 8541 KN gilt für „Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden; gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle". Die Unterpos. 8541 40 10 KN nennt „Leuchtdioden, einschließlich Laserdioden". Die streitgegenständliche Ware enthält unstreitig Laserdioden. Ihrer Einreihung in die Unterpos. 8541 40 10 KN steht nicht entgegen, dass es sich nicht um eine einzelne – sog. „diskrete“ – Laserdiode, sondern um mehrere – 10 bzw. 16 – parallel geschaltete Einzelemitter, die zusammen mit einem Thermistor und einer Mikrooptik in einem Gehäuse verbaut sind, handelt.
32Weder dem Wortlaut der Position oder Unterposition noch dem Inhalt der Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln der Nomenklatur kann entnommen werden, dass mit dem Begriff der „Laserdioden“ nur einzelne, „diskrete“ Dioden gemeint sind. Auch das Fehlen des Klammerzusatzes „(einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln)“ bei der Erwähnung der Leuchtdioden in der deutschen Sprachfassung der Pos. 8541 KN lässt einen solchen Schluss nicht zu. Der Klammerzusatz stellt lediglich klar, dass Fotoelemente auch dann der Warengruppe der lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente unterfallen, wenn sie zu Modulen zusammengesetzt sind. Dass die übrigen Warengruppen der Pos. 8541 KN nicht in Modulform auftreten dürfen, bringt er nicht zum Ausdruck (a.A. Sächsische Finanzgericht (FG), Urteil vom 22. Mai 2014 7 K 728/13, juris; FG Hamburg, Urteile vom 18. Juli 2014 4 K 3/13, juris, und vom 4. Mai 2015 4 K 130/14, juris). Auch schließen weder die englische noch die französische Sprachfassung – die zwar keinen Klammerzusatz, aber einen diesem entsprechenden Relativsatz enthalten – Leuchtdioden in Gestalt von Modulen vom Wortlaut der Position aus.
33Die ErlKN der Kommission und die ErlHS der Weltzollorganisation bringen ebenso wenig zum Ausdruck, dass der Anwendungsbereich der Pos. 8541 KN auf „diskrete“ Laserdioden beschränkt ist. Der Argumentation des Beklagten, das Wort „devices“ in der englischen Sprachfassung der ErlHS zur Pos. 8541, Rn. 44.0, bedeute „Bauelemente“ und meine einzelne Laserdioden, kann nicht gefolgt werden. Gegen dieses Verständnis spricht schon die deutsche Sprachfassung, die „devices“ mit „Vorrichtungen“ übersetzt. Daneben kann „devices“ u.a. „Baugruppen“, „Geräte“, „Apparate“, „Anordnungen“ oder „Objekte“ heißen. Diese Begriffe stehen gerade nicht für einzelne Bauelemente.
34Ein weiteres Indiz gegen die enge Auslegung des Beklagten stellen die Regelungen der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1037/2014 der Kommission vom 25. September 2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur dar (vgl. FG München, Urteil vom 4. Dezember 2014 14 K 2827/11, juris). In dieser Einreihungsverordnung weist die Kommission vier Waren, die LEDs enthalten, der Unterpos. 8541 40 10 KN zu, obwohl zwei der Waren aus mehreren (4 bzw. 156) LED-Chips bestehen und in allen vier Fällen die LEDs mit weiteren Bauelementen – wie Zener-Schutzdioden, Kühlkörper oder Gehäuse – verbunden sind. Die Einreihung dieser Waren in die Unterpos. 8541 40 10 KN wird damit begründet, dass die verschiedenen Bauteile praktisch untrennbar miteinander verbunden seien. Insbesondere aus der Warenbezeichnung zu den Nr. 1, 3 und 4 der VO 1037/2014 ergebe sich, dass bestimmte Komponenten insofern untrennbar seien, als dass einige Bestandteile zwar theoretisch entfernt und ersetzt werden könnten, dies aber zeitaufwendig und schwierig sei und daher unter normalen Herstellungsbedingungen unwirtschaftlich wäre. In diesem Zusammenhang komme es auf die Anzahl der auf diese Weise miteinander verbundenen LED-Chips nicht an (vgl. die Begründung zu Nr. 3 und 4 der VO 1037/2014). Darüber hinaus hat die Kommission zusätzliche Bestandteile – wie Schutzdioden, Kühlkörper und Gehäuse – in zolltariflicher Hinsicht nicht für ausschlaggebend erachtet, weil diese die Merkmale und Eigenschaften der jeweiligen Ware als Leuchtdiode der Pos. 8541 KN grundsätzlich nicht veränderten (vgl. die Begründung zu Nr. 1, 2 und 3 der VO 1037/2014). Sofern diesen Komponenten lediglich die Aufgabe zukomme, die LEDs in ihrer Funktion zu unterstützen oder zu erhalten, ohne diese zu verändern, sei es sogar unschädlich, wenn der unterstützende Bestandteil vom LED-Modul getrennt werden könne (vgl. die Begründung zu Nr. 2 der VO 1037/2014).
35Diese Auffassung der Kommission steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 2. Oktober 2008 C-411/07, ABl EU 2008, Nr C 301, 11) zu sog. „Optokopplern“. Danach hindere die Ausstattung der Ware mit einer Verstärkerschaltung die Einreihung in die Warengruppe der lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente der Pos. 8541 KN nicht. Denn die Schaltung diene lediglich dazu, eine gute Signalübertragung zu gewährleisten. Die Merkmale und Eigenschaften des Optokopplers als lichtempfindliches Halbleiterbauelement würden durch ihre Einfügung nicht wesentlich geändert. Zwar gehören die streitgegenständlichen „Fiber-Coupled Modules“ nicht zu den lichtempfindlichen Halbleiterbauelementen. Der in dem Urteil des EuGH zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke kann jedoch auf die Warengruppe der Leuchtdioden übertragen werden.
36Nach diesen Maßstäben ist auch die streitgegenständliche Ware in die Unterpos. 8541 40 10 KN einzureihen. Denn die 10 bzw. 16 parallel geschalteten Einzelemitter, der Thermistor und die Mikrooptik sind in einem Gehäuse verbaut und über dieses – im o.g. Sinne – untrennbar miteinander verbunden. Vor allem aber haben der Thermistor, die Mikrooptik und das Gehäuse lediglich die Aufgabe, die Laserdioden in ihrer Funktion zu unterstützen bzw. zu erhalten, ohne diese zu verändern. Das gilt insbesondere für den Thermistor, der als Temperatursensor die Laserdioden vor Überhitzung schützen soll.
37Nach alldem braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden, ob die streitgegenständliche Ware – wie die Klägerin hilfsweise begehrt – als elektronische integrierte Schaltung in die Pos. 8542 KN einzureihen ist.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
40Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und angesichts des beim BFH (Az. VII R 2/15) anhängigen Revisionsverfahrens wird die Revision zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.