Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Mai 2014 - 5 K 1165/10
Gericht
Tenor
1. Unter Abänderung der Bescheide vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2010 werden entsprechend herabgesetzt
a) die Einkommensteuer ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 46.770 DEM (zuvor 52.270 DEM) und
b) die Umsatzsteuer ausgehend von Lieferungen und Leistungen zu 16% in Höhe von 516.976 DEM (zuvor 521.717 DEM).
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Berechnung der neu festzusetzenden Einkommen- und Umsatzsteuer wird dem Beklagten übertragen.
5. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 40% und im Übrigen der Beklagte zu tragen.
6. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Streitig ist die Höhe der Hinzuschätzung.
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Der Kläger war als Einzelunternehmer in der Baubranche tätig. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) i. S. d. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Seine Steuererklärungen gab der Kläger im Februar 2003 ab.
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Wegen einer im Jahr 2002 telefonisch angebrachten anonymen Anzeige, wonach der Kläger üblicherweise Bauleistungen ohne Rechnungserstellung erbringen würde, führte das damalige Finanzamt ... vom Februar 2007 bis November 2008 beim Kläger eine Betriebsprüfung (Bp) durch.
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Der Prüfer stellte fest, dass viele Bargeschäfte getätigt und monatlich Kassenbücher geführt worden sind. Die Tageseinnahmen wurden einzeln ermittelt, die Kassen- und Bankbelege und das Journal in Dateiform aufbewahrt. Ein Rechnungseingangs- und -ausgangsbuch sowie ein Bestandsverzeichnis für das Anlagevermögen wurden geführt. Die Belegführung war geordnet, die Belege enthielten Kontierungsvermerke. Inventuren wurden durchgeführt. Unterlagen über die Bestandsaufnahme des Vorratsvermögens und Saldenlisten für Forderungen lagen vor. Die vom Prüfer durchgeführte Umsatz- und Vorsteuerverprobung blieb ebenso ohne Beanstandung wie die Auswertung von Kontrollmitteilungen über teilweise erfolgte Barzahlungen, die der Kläger als Einnahmen erfasst hatte. Der Prüfer forderte von der Ehefrau des Klägers deren private Girokontounterlagen bei der „N.-Bank“ und das Konto des Klägers bei der „D-Bank“ an. Der Prüfer verneinte die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen wegen unstreitiger Kassenfehlbeträge sowie Falschbuchungen zu Entnahmen per Scheck. Während sich nach der ersten vom Prüfer erstellten Geldverkehrsrechnung bei einem Privatverbrauch von ca. 84.000 DEM ein Fehlbetrag i.H.v. ca. 60.000 DEM ergeben hatte, verblieb nach der dem Kläger übersandten zweiten Geldverkehrsrechnung u.a. bei Ansatz eines Privatverbrauchs von ca. 56.000 DEM ein Fehlbetrag von ca. 30.000 DEM. Die letzte handschriftliche Geldverkehrsrechnung des Prüfers ergab einen Fehlbetrag i.H.v. 8.700 DEM, wobei im Wesentlichen die dem Kläger zur Verfügung stehenden Barmittel erhöht worden waren. Im Ergebnis der Prüfung blieben ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge (Bl. 126 und 127 Bp-Arbeitsakte) die Geldeingänge auf dem Konto des Klägers bei der „D-Bank“ vom 30. März 2001 i.H.v. 2.000 DEM und am 9. April 2001 i.H.v. 1.500 DEM (nicht 1.525 DEM) ungeklärt. Letztlich schätzte der Prüfer für das Streitjahr brutto einen Erlös i.H.v. 9.000 DEM hinzu, wobei es sich um eine von zwei Prüfungsfeststellungen handelte; die andere Prüfungsfeststellung betraf als steuerpflichtig angesehene Einnahmen der Ehefrau.
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Das damalige Finanzamt ... folgte dem Prüfer und erließ unter dem 23. Dezember 2008 die streitgegenständlichen Änderungsbescheide. Im Einspruchsverfahren half das damalige Finanzamt ... dem Einspruch hinsichtlich der Einnahmen der Ehefrau ab und wies in seiner Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2010 den Einspruch im Übrigen, d.h. wegen der vorliegend streitigen Hinzuschätzung, zurück.
- 6
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vorliegenden Klage.
- 7
Der Kläger hat im Klageschriftsatz vom 11. August 2010 (sinngemäß) beantragt,
die Bescheide vom 23. Dezember 2008 über Einkommensteuer 2001 und Umsatzsteuer 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
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Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 10. Dezember 2010 beantragt,
die Klage abzuweisen.
- 9
Das während des Klageverfahrens am 1. Juni 2013 durch gesetzlichen Organisationsakt (Fusion) in die Beklagtenstellung eingetretene nunmehr beklagte Finanzamt (FA) hat seinen bisherigen Vortrag vertieft.
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Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 9. Mai 2014 übereinstimmend ihr Einverständnis erklärt, dass anstelle des Senats der Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entscheidet; wegen der weiteren Einzelheiten zum Erörterungstermin wird auf das Protokoll (Bl. 81ff Finanzgerichtsakte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Der Berichterstatter konnte als Einzelrichter i.S.d. § 79a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) und ohne mündliche Verhandlung i.S.d. § 90 Abs. 2 FGO entscheiden, weil die Beteiligten übereinstimmend Ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung erklärt und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben.
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2. Die zulässige Klage war insoweit begründet, als das FA einen Betrag über die ungeklärten Geldeingänge i.H.v. 3.500 DEM hinaus hinzugeschätzt hat. Das Gericht hält auf Grund der Gesamtumstände des vorliegenden Falles eine über 3.500 DEM hinausgehende Hinzuschätzung nicht für sachgerecht. Im Einzelnen:
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a) Das Gericht hat gem. § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 162 AO eine eigene, selbstständige Schätzungsbefugnis und kann daher – wie vorliegend – seine Schätzung ganz oder teilweise an die Stelle der Schätzung des FA setzen, ohne die Schätzung des FA als rechtsfehlerhaft einstufen zu müssen (z. B. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171). Inhaltlich geht es beim Schätzen darum, aus einem unvollständigem Sachverhalt anhand der zugänglichen gewissen Tatsachen und Indizien, zu denen auch die verletzte Mitwirkungspflicht gehört, Schlussfolgerungen zu ziehen und mit Hilfe dieser Schlussfolgerungen zu einem Ergebnis größtmöglicher Wahrscheinlichkeit zu gelangen. Dabei hängt der Grad der Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Schätzung zutreffend ist, von den Umständen des Einzelfalls (z. B. BFH-Urteil vom 14. August 1991 X R 86/88, BStBl II 1992, 128).
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b) Vorliegend besteht gem. § 162 Abs. 1 und Abs. 2 Abgabenordnung (AO) dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis wegen der ungeklärt gebliebenen Geldeingänge und der Kassenfehlbeträge. Die anfänglich getroffene Prüfungsfeststellung von Falschbuchungen zu Entnahmen per Scheck ist für das Gericht weder aus den Akten nachvollziehbar noch hat sich der Prüfer im Weiteren Verlauf der Bp darauf gestützt.
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Die Kassenführung ist – was der Kläger eingeräumt hat – nicht ordnungsgemäß, weil mehrfach und betragsmäßig vereinzelt erhebliche Kassenfehlbeträge zu verzeichnen sind. Auch wenn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs nicht besteht, wenn ein Steuerpflichtiger zulässigerweise seinen Gewinn durch EÜR ermittelt (z.B. Entscheidungen vom 13. März 2013 X B 16/12, BFH/NV 2013, 902; vom 16. Februar 2006 X B 57/05, BFH/NV 2006, 940), existieren offenkundig solche Aufzeichnungen. Deshalb kann offenbleiben, ob – woran wegen der Art des Betriebes und im Hinblick auf die Höhe der Umsätze Zweifel bestehen – der Kläger seinen Gewinn nach den Grundsätzen der EÜR zulässigerweise ermitteln durfte. Soweit der Kläger eingewandt hat, dass die Kasse Mutter unzulänglich geführt worden ist, ändert dies an der fehlenden Ordnungsmäßigkeit nichts [siehe aber unter 2. c)].
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c) Soweit gem. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO bei einer Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass angesichts der Höhe der Umsätze im Streitjahr von über einer halben Million DEM die Buchführung im Übrigen ohne jegliche Beanstandungen geblieben ist und sich dagegen auch die vom FA vorgenommene Hinzuschätzung von 9.000 DEM als gering darstellt. Ausgehend vom Anlass der Bp, d.h. der anonymen Anzeige über üblicherweise Bargeschäfte ohne Rechnungen, haben sich dafür während der fast zwei Jahre andauernden Bp mit Ausnahme der beiden ungeklärten Geldeingänge weder Anhaltspunkte geschweige denn irgendwelche andere Prüfungsfeststellungen ergeben. Daher kommt dem unbestritten gebliebenen Einwand des Klägers, seine in solchen Dingen unbedarfte Mutter habe die Kassenführung unzulänglich gestaltet, vorliegend bei der vom Gericht für sachgerecht gehaltenen Höhe der Hinzuschätzung eine relevante Bedeutung zu. Auch die Geldverkehrsrechnung des FA mit einem zuletzt verbliebenen Fehlbetrag i.H.v. 8.700 DEM (von ehemals ca. 60.000 DEM) lässt keinen Raum für die Annahme zu, der Kläger habe über die ungeklärt gebliebenen 3.500 DEM hinaus Schwarzgelder vereinnahmt, die eine höhere Hinzuschätzung rechtfertigen könnten.
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c) Die im Tenor genannten Beträge errechnen sich wie folgt:
- 18
Gewinn aus Gewerbetrieb vor Bp
43.270 DEM
Erhöhung brutto (Hinzuschätzung) lt. FG
3.500 DEM
Gewinn aus Gewerbetrieb lt. FG
46.770 DEM
- 19
Lieferungen + Leistungen zu 16% vor Bp
513.959 DEM
Erhöhung netto (Hinzuschätzung) lt. FG
3.017 DEM
Lieferungen + Leistungen zu 16% lt. FG
516.976 DEM
- 20
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz1 FGO. Der Kläger begehrte eine Aufhebung der Hinzuschätzung i.H.v. 9.000 DEM (100%). Da eine Hinzuschätzung i.H.v. 3.500 DEM verblieben ist, ist der Kläger mit seiner Klage zu rund 40% unterlegen.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
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Annotations
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.
(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.
(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.