Finanzgericht Baden-Württemberg Entscheidung, 18. Juni 2009 - 3 K 1214/08

published on 18/06/2009 00:00
Finanzgericht Baden-Württemberg Entscheidung, 18. Juni 2009 - 3 K 1214/08
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Tatbestand

 
I. Die Klägerin ist albanische Staatsangehörige und Mutter der Kinder X.. und Y... Der Vater der Kinder, ........... (A), ist (früherer jugoslawischer und aufgrund der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo vom 17. Februar 2008, die die Bundesrepublik Deutschland am 20. Februar 2008 völkerrechtlich anerkannt hat, nunmehr) kosovarischer Staatsangehöriger. Er ist seit 27. September 2007 mit der Klägerin verheiratet. Die Kinder X.. und Y.. sind beide deutsche Staatsangehörige.
Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre gemeinsamen Kinder wohnen in einer gemeinschaftlichen Wohnung in P.., Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Die Klägerin ist nicht erwerbstätig. A ist seit 1. April 2006 bei der K.... in F.., Schweizerische Eidgenossenschaft (Schweiz), angestellt. Zuvor war er bei einem anderen Schweizerischen Arbeitgeber als Arbeitnehmer beschäftigt. A zahlt Beiträge zur Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und erhält von seinem Schweizerischen Arbeitgeber für beide Kinder Kinderzulagen (als Familienleistungen).
Die Klägerin bezog zunächst seit Geburt des Kindes X.. am 28. April 2005 Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem höheren deutschen Kindergeld und den A zustehenden, niedrigeren Schweizerischen Kinderzulagen (sog. „Differenzkindergeld“ oder „Teilkindergeld“). Der Beklagte (die Familienkasse --FK--) ging damals (noch) davon aus, dass aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft (EU) und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (ABlEG Nr. L 114 vom 30. April 2002, 6; BGBl II 2002, 1692; --FZA--) auf die Klägerin und A die Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (konsolidierte Fassung, ABlEG Nr. L 28 vom 30. Januar 1997, S. 1; --Verordnung 1408/71/EWG--) und der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung 1408/71/EWG (konsolidierte Fassung, ABlEG Nr. L 28 vom 30. Januar 1997, S. 1; --Verordnung 574/72/EWG--) anwendbar seien.
Nach Geburt der Tochter Y.. am 30. Juni 2007 beantragte die Klägerin am 13. Juli 2007 Differenzkindergeld auch für Y... Die FK hob daraufhin am 5. September 2007 die Kindergeldfestsetzung für X.. auf, weil A für X.. in der Schweiz Kinderzulagen beziehe. Da die Klägerin und A Staatsangehörige von Drittstaaten seien, fänden die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72 EWG keine Anwendung.
Am 12. Oktober 2007 (Eingang bei der FK jeweils am 15. Oktober 2007) zeigte der Klägervertreter gegenüber der FK die Vertretung der Klägerin an und beantragte erneut Kindergeld für X.. und Y... Am 25. Oktober 2007 lehnte die FK den „Antrag vom 15.10.2007“ ab. Ein Kindesname ist in diesem Ablehnungsbescheid nicht genannt.
Der Klägervertreter legte gegen den Bescheid fristgemäß Einspruch ein und rügte, dass der Ablehnungsbescheid gegen den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 des Grundgesetzes --GG--) verstoße. Beide Kinder, X.. und Y.., seien deutsche Staatsangehörige. Beide Eltern besäßen eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Beiden sei zudem die Erwerbstätigkeit gestattet.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 wies die FK den Einspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, dass mit der angefochtenen Entscheidung das Kindergeld für das Kind Y.., geboren am 30. Juni 2007, ab Juni 2007 abgelehnt worden sei. Der Einspruch sei zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Für das in Rede stehende Kind (gemeint wohl: Y..) stehe ab Juni 2007 eine dem Kindergeld vergleichbare ausländische Leistung zu. Es handele sich um Kinderzulagen nach Schweizerischen Rechtsvorschriften. Der Bezug dieser Leistung schließe den deutschen Kindergeldanspruch gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch dann vollständig aus, wenn --wie im Streitfall-- die ausländische Leistung niedriger sei als das deutsche Kindergeld. Da die Klägerin und A aufgrund ihrer Staatsangehörigkeiten nicht vom FZA erfasst würden, komme keine (Teil-)Kindergeldgewährung nach den Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG in Betracht.
Hiergegen richtet sich die Klage in ihrem --nach Einschränkung des Klagebegehrens vom 27. April 2009-- verbleibenden Teil, mit der die Klägerin unter Wiederholung ihres früheren Vortrags weiterhin Differenzkindergeld, nun ab Oktober 2007, beantragt.
Der Berichterstatter hat im Laufe des Verfahrens auf die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates vom 14. Mai 2003 zur Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen (ABlEG Nr. L 124 vom 20. Mai 2003, 1; --Verordnung 859/2003/EG--) hingewiesen. Die Klägerin hat sich im Anschluss auf die Verordnung 859/2003/EG berufen und macht geltend, im Streitfall sei danach auf sie, die Klägerin, und auf A, ihren Ehemann, die Verordnung 859/2003/EG anwendbar.
10 
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die FK unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 25. Oktober 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 zu verpflichten, ihr für die Kinder X.. und Y.. Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem höheren deutschen Kindergeld und den niedrigeren Schweizerischen Kinderzulagen zu gewähren.
11 
Die FK beantragt,  die Klage abzuweisen.
12 
Sie trägt zu dem Hinweis des Berichterstatters vor, dass die Verordnung 859/2003/EG „im Verhältnis zur Schweiz“ nicht gelte, weil der Gemischte Ausschuss EU-Schweiz deren Geltung im Verhältnis zur Schweiz noch nicht beschlossen habe.    
13 
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand am 28. April 2009 im Rahmen eines Erörterungstermins besprochen. Beide Beteiligte haben daraufhin auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
14 
Dem Senat liegt neben der Gerichtsakte eine Kindergeldakte der FK vor.
15 
II. Beurteilung von Vorfragen

Entscheidungsgründe

 
16 
Im Streitfall kommt es entscheidungserheblich auf die Auslegung von Gemeinschaftsrecht an, weil die Klage in ihrem verbliebenen Umfang zulässig ist und der Klägerin nicht schon nach nationalem Recht ein Anspruch auf Kindergeld zusteht.
17 
1. Die Klage ist hinsichtlich beider Kinder zulässig, obwohl die FK nur eine Einspruchsentscheidung zum Kind Y.. getroffen hat.
18 
a) Nach § 44 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruch) erfolglos geblieben ist. Hieran fehlt es hinsichtlich des Kindes X.. im Streitfall; denn die FK hat zum Kind X.. keine Einspruchsentscheidung erlassen.
19 
b) Die ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens erhobene Klage wegen Kindergeld für das Kind X.. ist jedoch als sog. „Untätigkeitsklage“ (§ 46 FGO) zulässig. Die FK hat insoweit am 25. Oktober 2007 den Antrag der Klägerin „vom 15. Oktober 2007“ abgelehnt. An diesem Tag hatte die Klägerin jedoch in zwei getrennten Schreiben für beide Kinder jeweils Kindergeld beantragt. Über den Einspruch vom 26. November 2007 (für beide Kinder, vgl. auch das Schreiben vom 8. Januar 2008) hat die FK am 19. Februar 2008 nur hinsichtlich Y.. entschieden, so dass im Beschlusszeitpunkt hinsichtlich X.. keine Entscheidung der FK innerhalb angemessener Frist ergangen ist.
20 
2. Der Klägerin steht bei isolierter Betrachtung des deutschen Rechts für beide Kinder kein Anspruch auf sog. „Differenzkindergeld“ zu.
21 
a) Die Klägerin ist zwar nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG grundsätzlich kindergeldberechtigt. X.. und Y.. sind Kinder i.S. des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG. Der Kindergeldanspruch der Klägerin ist nicht nach § 64 EStG ausgeschlossen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Grenzgänger im Wohnland keinen Anspruch auf (Differenz-)Kindergeld hat (z.B. BFH-Urteil vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639, m.w.N.). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
22 
b) Der Kindergeldanspruch der Klägerin ist aber --vorbehaltlich der Regelungen des Gemeinschaftsrechts (dazu III.)-- an sich durch § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG ausgeschlossen; denn A bezieht für die Kinder in der Schweiz Kinderzulagen. Schweizerische Kinderzulagen sind mit dem deutschen Kindergeld vergleichbar (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369; vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639; vgl. auch Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 11. Juli 2003 2P.131/2002, BGE 129 I 265, http://www.bger.ch). Es kommt auch nicht darauf an, ob die andere Leistung der nach deutschem Recht kindergeldberechtigten Person oder einem Dritten  --wie hier A-- zusteht (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Februar 2002 C-255/99, Humer, Slg 2002, I-1205 Randnr. 50; BFH-Beschluss vom 27. November 1998 VI B 120/98, BFH/NV 1999, 614).
23 
c) § 65 Abs. 2 EStG verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit eine Teilkindergeldregelung dann nicht vorgesehen ist, wenn --wie hier-- ein Anspruch auf vergleichbare, aber geringere Leistungen an einem Beschäftigungsort im Ausland besteht (so BVerfG-Beschluss vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33).
24 
III. Anrufung des EuGH
25 
Der Senat setzt das Verfahren aus (§ 74 FGO) und legt dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) die im Tenor genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor.
26 
A. Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor § 65 EStG
27 
1. Mit Vorrang vor den unter II.2.b zitierten Regelungen des nationalen Rechts ergibt sich aus den Kollisionsregeln der Verordnung 1408/71/EWG und der Verordnung 574/72/EWG, in welchem Umfang Leistungen eines anderen Staates, in dem diese beiden Verordnungen ebenfalls gelten, für dasselbe Kind auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50). Für Grenzgänger kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BFH --aufgrund der Formulierung des Art. 10 Abs. 1 Buchst a der Verordnung 574/72/EWG, dass der Anspruch auf Familienleistungen oder -beihilfen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschuldet werden, nur bis zur Höhe der im anderen Staat geschuldeten Leistungen ruht-- durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem einfachen Recht der Mitgliedstaaten die Ausschluss- und Teilkindergeldregelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 65 Abs. 2 EStG nicht zur Anwendung. Danach haben zwar Grenzgänger keine Ansprüche auf Differenzkindergeld im Wohnland; Ansprüche auf Differenzkindergeld stehen dagegen anderen Personen zu, die für dasselbe Kind aufgrund des Wohnsitzes kindergeldberechtigt sind (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 110, 412, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33, unter A.I.2.a; BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1639). Es ist vorrangig das nach Art. 249 Abs. 2 EGV unmittelbar geltende (vgl. EuGH-Urteil vom 28. Juni 1978 Rs. 1/78, Kenny, Slg. 1978, 1489; BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 2002 VIII B 166/01, BFH/NV 2003, 921, vom 16. Dezember 2002 VIII B 163/01, BFH/NV 2003, 497) Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Dieser Anwendungsvorrang gilt seit Inkrafttreten des FZA seit 1. Juni 2002 auch in Fällen mit Bezug zur Schweiz (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2008 III R 92/07, BFHE 223, 358, BFH/NV 2009, 456, Aktenzeichen des EuGH: C-16/09).
28 
2. Da der Anspruch auf Kindergeld im Wohnsitzstaat Deutschland nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhängt, kämen nach der Rechtsprechung des BVerfG und BFH § 65 Abs. 1 Nr. 2, Abs 2 EStG nicht zur Anwendung und würde der Klägerin Differenzkindergeld nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a  der Verordnung 574/72/EWG zustehen, falls die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG vorliegend Anwendung finden. Dies ist indes nicht völlig frei von Zweifeln.
29 
B. Vorschriften des Freizügigkeitsabkommens und des Gemeinschaftsrechts
30 
1. Die Verordnung 1408/71/EWG definiert ihren persönlichen Geltungsbereich wie folgt:
31 
„Artikel 2
32 
Persönlicher Geltungsbereich
33 
(1) Diese Verordnung gilt für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene.
34 
(2) Diese Verordnung gilt für Hinterbliebene von Arbeitnehmern und Selbständigen sowie von Studierenden, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten galten, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit dieser Personen, wenn die Hinterbliebenen Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen.
35 
Artikel 3
36 
Gleichbehandlung
37 
(1) Die Personen, für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen. …“
38 
Staatsangehörige von Drittstaaten sind (von Ausnahmen abgesehen) vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung 1408/71/EWG nicht erfasst und haben keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Die FK macht geltend, die Klägerin und A als Drittstaatsangehörige könnten sich wegen Art. 2 Abs. 1 der Verordnung 1408/71/EWG nicht auf die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG berufen. Der Umstand, dass beide Kinder deutsche Staatsangehörige sind, sei insoweit unerheblich.
39 
2. Allerdings hat sich die unter 1. genannte rechtliche Ausgangslage durch das Inkrafttreten der am 20. Mai 2003 veröffentlichten Verordnung 859/2003/EG zum 1. Juni 2003 verändert. Die Verordnung 859/2003/EG lautet auszugsweise wie folgt:
40 
„Artikel 1
41 
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Anhangs finden die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen, sowie auf ihre Familienangehörigen und ihre Hinterbliebenen Anwendung, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben und ihre Situation mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist. …
42 
Artikel 3
43 
Diese Verordnung tritt am ersten Tag des Monats nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
44 
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.  …
45 
ANHANG
46 
SONDERBESTIMMUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 1
47 
I. DEUTSCHLAND
48 
Im Bereich der Familienleistungen findet diese Verordnung nur auf Drittstaatsangehörige Anwendung, die einen im deutschen Recht vorgesehenen Aufenthaltstitel, wie eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Aufenthaltsberechtigung, besitzen.“
49 
Die Vorschriften der Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG sollen nach dem neunten und 15. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG künftig auf sich rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhaltende Drittstaatsangehörige, die derzeit aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht unter die Bestimmungen dieser Verordnungen fallen und die die anderen durch diese Verordnung vorgesehenen Bedingungen erfüllen, Anwendung finden; dazu wurde der persönliche Geltungsbereich der Vorschriften in allen Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme dieser Verordnung beteiligt haben, ausgedehnt. Motive für den Erlass waren nach dem ersten bis achten Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG eine Reihe von Feststellungen und Absichtserklärungen, nämlich: eine gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten rechtmäßig aufhalten, sicherzustellen, ihnen vergleichbare Rechte und Pflichten wie Bürgern der Europäischen Union zuzuerkennen, die Nichtdiskriminierung im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben zu fördern, die Rechtsstellung der Drittstaatsangehörigen derjenigen von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten anzunähern, Drittstaatsangehörigen Rechte zuzubilligen, die den Rechten der Bürger der Europäischen Union so weit wie möglich gleichen, und damit schlussendlich „große Schwierigkeiten“ für die betroffenen Personen, die Arbeitgeber und die für die soziale Sicherheit zuständigen nationalen Einrichtungen zu vermeiden.
50 
Die Verordnung 859/2003/EG berührt nach ihrem 16. Erwägungsgrund nicht die Rechte
51 
und Pflichten aus den mit Drittstaaten geschlossenen internationalen Übereinkünften, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist und in denen Leistungen der sozialen Sicherheit vorgesehen sind. Die FK trägt vor, hieraus ergebe sich, dass die Verordnung 859/2003/EG „im Verhältnis zur Schweiz“ unerheblich sei.
52 
Für die Auslegung des Streitfalls von indizieller Bedeutung könnten die Ausführungen zu Dänemark im 19. Erwägungsgrund sein: Da sich Dänemark nicht an der Annahme der Verordnung 859/2003/EG beteiligt hat, ist sie für Dänemark nicht bindend und Dänemark gegenüber (Hervorhebungen durch den Senat) nicht anwendbar.
53 
3. Die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72 EWG gelten seit 1. Juni 2002 ebenfalls in der Schweiz. Das am 21. Juni 1999 unterzeichnete FZA bestimmt nämlich u.a.:
54 
„Artikel 2
55 
Nichtdiskriminierung
56 
Die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, werden bei der Anwendung dieses Abkommens gemäß den Anhängen I, II und III nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert. …
57 
Artikel 8
58 
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
59 
Die Vertragsparteien regeln die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäß Anhang II, um insbesondere folgendes zu gewährleisten:
60 
a) Gleichbehandlung;
61 
b) Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften;
62 
c) Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften berücksichtigten Versicherungszeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;
63 
d) Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben;
64 
e) Amtshilfe und Zusammenarbeit der Behörden und Einrichtungen.  …
65 
Artikel 14
66 
Gemischter Ausschuss
67 
1. Ein aus Vertretern der Vertragsparteien bestehender Gemischter Ausschuss wird eingesetzt, der für die Verwaltung und die ordnungsgemäße Anwendung dieses Abkommens verantwortlich ist. Zu diesem Zweck gibt er Empfehlungen ab. Er fasst Beschlüsse in den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen. Der Gemischte Ausschuss beschließt einvernehmlich. …
68 
Artikel 16
69 
Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht
70 
1. Zur Erreichung der Ziele dieses Abkommens treffen die Vertragsparteien alle erforderlichen Maßnahmen, damit in ihren Beziehungen gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden.
71 
2. Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt. Über die Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens wird die Schweiz unterrichtet. Um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens sicherzustellen, stellt der Gemischte Ausschuss auf Antrag einer Vertragspartei die Auswirkungen dieser Rechtsprechung fest.
72 
Artikel 17
73 
Entwicklung des Rechts
74 
1. Sobald eine Vertragspartei das Verfahren zur Annahme eines Entwurfs zur Änderung ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften einleitet oder eine Änderung in der Rechtsprechung der Instanzen, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, in einem unter dieses Abkommen fallenden Bereich eintritt, unterrichtet die betroffene Vertragspartei die andere Vertragspartei im Rahmen des Gemischten Ausschusses hiervon.
75 
2. Der Gemischte Ausschuss führt einen Meinungsaustausch über die Auswirkungen der Änderung auf das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens. …
76 
ANHANG II
77 
KOORDINIERUNG DER SYSTEME DER SOZIALEN SICHERHEIT
78 
Artikel 1
79 
1. Die Vertragsparteien kommen überein, im Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit untereinander die gemeinschaftlichen Rechtsakte, auf die Bezug genommen wird, in der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens geltenden Fassung einschließlich der in Abschnitt A dieses Anhangs genannten Änderungen oder gleichwertige Vorschriften anzuwenden.
80 
2. Der Begriff "Mitgliedstaat(en)" in den Rechtsakten, auf die in Abschnitt A dieses Anhangs Bezug genommen wird, ist außer auf die durch die betreffenden gemeinschaftlichen Rechtsakte erfassten Staaten auch auf die Schweiz anzuwenden.
81 
Artikel 2
82 
1. Zwecks Anwendung dieses Anhangs berücksichtigen die Vertragsparteien die gemeinschaftlichen Rechtsakte, auf die Bezug genommen wird, in der durch Abschnitt B dieses Anhangs angepassten Fassung.
83 
2. Zwecks Anwendung dieses Anhangs nehmen die Vertragsparteien die gemeinschaftlichen Rechtsakte zur Kenntnis, auf die in Abschnitt C dieses Anhangs Bezug genommen wird.
84 
ABSCHNITT A: RECHTSAKTE, AUF DIE BEZUG GENOMMEN WIRD
85 
1. 371 R 1408(1): Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern,
86 
aktualisiert durch: …
87 
2. 372 R 0574: Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern.
88 
aktualisiert durch: …“
89 
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach der Grenzgängerstatistik des Schweizerischen Bundesamts für Statistik (http://www.bfs.admin.ch) im I. Quartal 2009 44.510 Grenzgänger aus Deutschland und insgesamt mehr als 215.000 Grenzgänger aus der EU in die Schweiz eingependelt sind.
90 
4. Die Verordnung 859/2003/EG ist --schon allein aus zeitlichen Gründen-- in Abschnitten A bis C des Anhangs II FZA nicht genannt. Die FK lässt vortragen, der Gemischte Ausschuss habe noch keine Anwendung der Verordnung 859/2003/EG beschlossen. Deshalb sei die Verordnung 859/2003/EG für die Entscheidung im Streitfall unerheblich.
91 
C. Vorlagefragen
92 
Der Senat hat bei dieser gemeinschaftsrechtlichen Ausgangslage Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Gemeinschaftsrechts und ersucht nach Art. 234 Abs. 1 und 2 EGV um Vorabentscheidung der im Tenor genannten Fragen.
93 
1. Der erkennende Senat neigt dazu anzunehmen, dass aufgrund der Verpflichtung aller Behörden und Gerichte der Gemeinschaft zur Beachtung des Gemeinschaftsrechts (Art. 10 EG) und der unmittelbaren Geltung der Verordnung 859/2003/EG in Deutschland (Art. 249 Abs. 2 EGV, Schlussformel der Verordnung 859/2003/EG) die FK nicht berechtigt ist, die Festsetzung von Differenzkindergeld mit der Begründung abzulehnen, A und die Klägerin seien Drittstaatsangehörige. Es mag zwar sein, dass die Verordnung 859/2003/EG für die (Behörden und Gerichte der) Schweiz nicht bindend ist und gegenüber (den Behörden und Gerichten) der Schweiz nicht anwendbar ist. Sie beansprucht aber nichtsdestotrotz unmittelbare Geltung in Deutschland: Der persönliche Geltungsbereich der Vorschriften wurde in allen Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme der Verordnung 859/2003/EG beteiligt haben, ausgedehnt. Von dem her vermag der Senat noch nicht zu erkennen, was die deutsche FK dazu berechtigen könnte, im Streitfall die Verordnung 859/2003/EG trotz Art. 249 Abs. 2 EGV unangewendet zu lassen und weiterhin nur Art. 2 Abs. 1 der Verordnung 1408/71/EWG anzuwenden, weil A in der Schweiz arbeitet und dort Familienleistungen bezieht. Eine Versagung von Differenzkindergeld stünde auch in einem Spannungsverhältnis zu Art. 34 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABlEG Nr. C 364 vom 18. Dezember 2000, 1).
94 
2. Eine Anwendung der Verordnung 859/2003/EG konfligiert nicht mit der Regelung des Art. 16 FZA sowie Art. 1 Abs. 1 und dem Abschnitt A des Anhangs II FZA. Die Gemeinschaft hat nämlich insoweit nicht Art. 2 der Verordnung 1408/71/EWG geändert, sondern --im Verhältnis zur Schweiz einseitig-- den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung 1408/71/EWG durch eine separate Verordnung in ihren Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) ausgedehnt. Daran wird die Gemeinschaft durch das FZA nicht gehindert; denn es werden nur Gleichbehandlungspflichten für die (Behörden und Gerichte der) Staaten begründet werden, in denen die Verordnung 859/2003/EG gilt. Solch einseitige Maßnahmen einer Vertragspartei sind durch das FZA nicht per se verboten, sondern begründen vielmehr nach Art. 17 Abs. 1 und 2 FZA eine Unterrichtungs- und Konsultationspflicht der Vertragsparteien.
95 
3. Der von der FK für ihre Auffassung herangezogene 16. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG nimmt zwar Sozialversicherungsabkommen mit Drittstaaten vom Anwendungsbereich der Verordnung 859/2003/EG aus. Der Senat neigt indes dazu, das FZA nicht als ein Sozialversicherungsabkommen mit einem Drittstaat anzusehen.
96 
a) Der 16. Erwägungsgrund führt aus, die Verordnung der Verordnung 859/2003/EG berühre nicht „die Rechte und Pflichten aus den mit Drittstaaten geschlossenen internationalen Übereinkünften, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist und in denen Leistungen der sozialen Sicherheit vorgesehen sind.“
97 
b) Dies trifft auf das FZA in doppelter Hinsicht nicht zu. Das FZA selbst sieht nämlich keine Leistungen der sozialen Sicherheit vor. Es ordnet vielmehr --über Art. 8 i.V.m. Anhang II FZA-- die Anwendung der Verordnung 1408/71/EWG und die Verordnung 574/72/EWG an. Überdies ist nach Art. 1 Abs. 2 des Anhangs II des FZA ist der Begriff "Mitgliedstaat(en)" in den in Abschnitt A genannten Rechtsakten (und damit auch in der Verordnung 1408/71/EWG sowie der Verordnung 574/72/EWG), außer auf die durch die betreffenden gemeinschaftlichen Rechtsakte erfassten Staaten auch auf die Schweiz anzuwenden. Die Schweiz ist nach dem FZA --i.S. der Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG-- ein „Mitgliedstaat“ und kein „Drittstaat“ mehr. Deshalb liegt es nicht nahe, das FZA nun seinerseits als Übereinkunft mit einem „Drittstaat“ i.S. des 16. Erwägungsgrunds der Verordnung 859/2003/EG, die sich auf die Verordnung 1408/71/EWG bezieht, anzusehen.
98 
Vielmehr gliche die Situation dann der Ausgangslage in Bezug auf Dänemark: Nach dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG wird lediglich Dänemark von der Beachtung der Verordnung 859/2003/EG entbunden; dies ermächtigt jedoch nicht die anderen Mitgliedstaaten, ihrerseits die Verordnung 859/2003/EG nicht zu beachten.
99 
4. Sieht man wegen Art. 1 Abs. 2 des Anhangs II FZA die Schweiz nicht als „Drittstaat“, widerspräche eine Anwendung unter Umständen wie denen des Streitfalls auch nicht dem Art. 1 a.E. der Verordnung 859/2003/EG sowie dem 12. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG (vgl. zu diesem Erwägungsgrund EuGH-Beschluss vom 27. April 2007 C-276/06, El Youssfi, Slg. 2007, I-2851, Randnr. 41 ff.), weil dann ein Bezug zu zwei „Mitgliedstaaten“ i.S. des Art. 1 Abs. 2 des Anhangs II FZA gegeben ist.
100 
5. Der erkennende Senat hält die Rechtslage allerdings nicht für zweifelsfrei. Es bedarf zur abschließenden Entscheidung der Auslegung dreier Verordnungen der Gemeinschaft sowie eines Abkommens der Gemeinschaft mit der Schweiz, zu der nach Art. 234 Abs. 1 EGV jeweils der EuGH berufen ist (zur Auslegungsbefugnis bezüglich des FZA siehe EuGH-Urteil vom 22. Dezember 2008 C-13/08, Stamm und Hauser, http://curia.europa.eu sowie Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 6. Juni 2006 C-339/05, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols, Slg. 2006, I-7097, Randnr. 28 ff.). Rechtsprechung des EuGH existiert bisher sowohl zum FZA als auch zur Verordnung 859/2003/EG nur vereinzelt. Daraus folgt die erste Vorlagefrage.
101 
6. Sollte der EuGH zu der Auffassung gelangen, dass die Verordnung 859/2003/EG „im Verhältnis zur Schweiz“ auch von den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft nicht beachtet werden muss, bittet der beschließende Senat um einen Hinweis des EuGH dazu, inwieweit die Versagung von Differenzkindergeld mit den Grundfreiheiten der Kinder X.. und Y.. vereinbar ist. Die Kindergeldberechtigung knüpft zwar formal an die Eltern an. Mittelbar soll das Kindergeld jedoch (auch) dem Kind zugute kommen, wie Art. 75 Abs. 2 der Verordnung 1408/71/EWG belegt. Im Streitfall sind beide Kinder Unionsbürger. Daraus ergibt sich die zweite Vorlagefrage.
102 
7. Beide Fragen sind entscheidungserheblich. Die Klägerin und A sind jeweils im Besitz von Aufenthaltstiteln i.S. des Anhangs „Deutschland“ zur Verordnung 859/2003/EG. Wäre die Verordnung 859/2003/EG im Streitfall von der deutschen FK zu beachten, wäre der Ablehnungsbescheid vom 25. Oktober 2007 sowie --bezüglich des Kindes Y..-- die Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 aufzuheben. Dies gälte auch, falls sich aus den Grundfreiheiten der Kinder ein Anspruch der Klägerin auf Nichtdiskriminierung ergäbe. Die wäre in beiden Fällen weiter zu verpflichten, über den Kindergeldantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des EuGH erneut zu entscheiden. Andernfalls wäre die Klage nach nationalem Recht abzuweisen.
103 
IV. Der Beschluss ergeht trotz § 5 Abs. 3 Satz 2 FGO durch den Senat unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (vgl. dazu Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 2. Februar 1999 295032K 2, ZfZ 1999, 161).

Gründe

 
16 
Im Streitfall kommt es entscheidungserheblich auf die Auslegung von Gemeinschaftsrecht an, weil die Klage in ihrem verbliebenen Umfang zulässig ist und der Klägerin nicht schon nach nationalem Recht ein Anspruch auf Kindergeld zusteht.
17 
1. Die Klage ist hinsichtlich beider Kinder zulässig, obwohl die FK nur eine Einspruchsentscheidung zum Kind Y.. getroffen hat.
18 
a) Nach § 44 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruch) erfolglos geblieben ist. Hieran fehlt es hinsichtlich des Kindes X.. im Streitfall; denn die FK hat zum Kind X.. keine Einspruchsentscheidung erlassen.
19 
b) Die ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens erhobene Klage wegen Kindergeld für das Kind X.. ist jedoch als sog. „Untätigkeitsklage“ (§ 46 FGO) zulässig. Die FK hat insoweit am 25. Oktober 2007 den Antrag der Klägerin „vom 15. Oktober 2007“ abgelehnt. An diesem Tag hatte die Klägerin jedoch in zwei getrennten Schreiben für beide Kinder jeweils Kindergeld beantragt. Über den Einspruch vom 26. November 2007 (für beide Kinder, vgl. auch das Schreiben vom 8. Januar 2008) hat die FK am 19. Februar 2008 nur hinsichtlich Y.. entschieden, so dass im Beschlusszeitpunkt hinsichtlich X.. keine Entscheidung der FK innerhalb angemessener Frist ergangen ist.
20 
2. Der Klägerin steht bei isolierter Betrachtung des deutschen Rechts für beide Kinder kein Anspruch auf sog. „Differenzkindergeld“ zu.
21 
a) Die Klägerin ist zwar nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG grundsätzlich kindergeldberechtigt. X.. und Y.. sind Kinder i.S. des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG. Der Kindergeldanspruch der Klägerin ist nicht nach § 64 EStG ausgeschlossen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Grenzgänger im Wohnland keinen Anspruch auf (Differenz-)Kindergeld hat (z.B. BFH-Urteil vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639, m.w.N.). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
22 
b) Der Kindergeldanspruch der Klägerin ist aber --vorbehaltlich der Regelungen des Gemeinschaftsrechts (dazu III.)-- an sich durch § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG ausgeschlossen; denn A bezieht für die Kinder in der Schweiz Kinderzulagen. Schweizerische Kinderzulagen sind mit dem deutschen Kindergeld vergleichbar (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369; vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639; vgl. auch Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 11. Juli 2003 2P.131/2002, BGE 129 I 265, http://www.bger.ch). Es kommt auch nicht darauf an, ob die andere Leistung der nach deutschem Recht kindergeldberechtigten Person oder einem Dritten  --wie hier A-- zusteht (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Februar 2002 C-255/99, Humer, Slg 2002, I-1205 Randnr. 50; BFH-Beschluss vom 27. November 1998 VI B 120/98, BFH/NV 1999, 614).
23 
c) § 65 Abs. 2 EStG verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit eine Teilkindergeldregelung dann nicht vorgesehen ist, wenn --wie hier-- ein Anspruch auf vergleichbare, aber geringere Leistungen an einem Beschäftigungsort im Ausland besteht (so BVerfG-Beschluss vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33).
24 
III. Anrufung des EuGH
25 
Der Senat setzt das Verfahren aus (§ 74 FGO) und legt dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) die im Tenor genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor.
26 
A. Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor § 65 EStG
27 
1. Mit Vorrang vor den unter II.2.b zitierten Regelungen des nationalen Rechts ergibt sich aus den Kollisionsregeln der Verordnung 1408/71/EWG und der Verordnung 574/72/EWG, in welchem Umfang Leistungen eines anderen Staates, in dem diese beiden Verordnungen ebenfalls gelten, für dasselbe Kind auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50). Für Grenzgänger kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BFH --aufgrund der Formulierung des Art. 10 Abs. 1 Buchst a der Verordnung 574/72/EWG, dass der Anspruch auf Familienleistungen oder -beihilfen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschuldet werden, nur bis zur Höhe der im anderen Staat geschuldeten Leistungen ruht-- durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem einfachen Recht der Mitgliedstaaten die Ausschluss- und Teilkindergeldregelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 65 Abs. 2 EStG nicht zur Anwendung. Danach haben zwar Grenzgänger keine Ansprüche auf Differenzkindergeld im Wohnland; Ansprüche auf Differenzkindergeld stehen dagegen anderen Personen zu, die für dasselbe Kind aufgrund des Wohnsitzes kindergeldberechtigt sind (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 110, 412, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33, unter A.I.2.a; BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1639). Es ist vorrangig das nach Art. 249 Abs. 2 EGV unmittelbar geltende (vgl. EuGH-Urteil vom 28. Juni 1978 Rs. 1/78, Kenny, Slg. 1978, 1489; BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 2002 VIII B 166/01, BFH/NV 2003, 921, vom 16. Dezember 2002 VIII B 163/01, BFH/NV 2003, 497) Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Dieser Anwendungsvorrang gilt seit Inkrafttreten des FZA seit 1. Juni 2002 auch in Fällen mit Bezug zur Schweiz (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2008 III R 92/07, BFHE 223, 358, BFH/NV 2009, 456, Aktenzeichen des EuGH: C-16/09).
28 
2. Da der Anspruch auf Kindergeld im Wohnsitzstaat Deutschland nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhängt, kämen nach der Rechtsprechung des BVerfG und BFH § 65 Abs. 1 Nr. 2, Abs 2 EStG nicht zur Anwendung und würde der Klägerin Differenzkindergeld nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a  der Verordnung 574/72/EWG zustehen, falls die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG vorliegend Anwendung finden. Dies ist indes nicht völlig frei von Zweifeln.
29 
B. Vorschriften des Freizügigkeitsabkommens und des Gemeinschaftsrechts
30 
1. Die Verordnung 1408/71/EWG definiert ihren persönlichen Geltungsbereich wie folgt:
31 
„Artikel 2
32 
Persönlicher Geltungsbereich
33 
(1) Diese Verordnung gilt für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene.
34 
(2) Diese Verordnung gilt für Hinterbliebene von Arbeitnehmern und Selbständigen sowie von Studierenden, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten galten, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit dieser Personen, wenn die Hinterbliebenen Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen.
35 
Artikel 3
36 
Gleichbehandlung
37 
(1) Die Personen, für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen. …“
38 
Staatsangehörige von Drittstaaten sind (von Ausnahmen abgesehen) vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung 1408/71/EWG nicht erfasst und haben keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Die FK macht geltend, die Klägerin und A als Drittstaatsangehörige könnten sich wegen Art. 2 Abs. 1 der Verordnung 1408/71/EWG nicht auf die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG berufen. Der Umstand, dass beide Kinder deutsche Staatsangehörige sind, sei insoweit unerheblich.
39 
2. Allerdings hat sich die unter 1. genannte rechtliche Ausgangslage durch das Inkrafttreten der am 20. Mai 2003 veröffentlichten Verordnung 859/2003/EG zum 1. Juni 2003 verändert. Die Verordnung 859/2003/EG lautet auszugsweise wie folgt:
40 
„Artikel 1
41 
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Anhangs finden die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen, sowie auf ihre Familienangehörigen und ihre Hinterbliebenen Anwendung, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben und ihre Situation mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist. …
42 
Artikel 3
43 
Diese Verordnung tritt am ersten Tag des Monats nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
44 
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.  …
45 
ANHANG
46 
SONDERBESTIMMUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 1
47 
I. DEUTSCHLAND
48 
Im Bereich der Familienleistungen findet diese Verordnung nur auf Drittstaatsangehörige Anwendung, die einen im deutschen Recht vorgesehenen Aufenthaltstitel, wie eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Aufenthaltsberechtigung, besitzen.“
49 
Die Vorschriften der Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG sollen nach dem neunten und 15. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG künftig auf sich rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhaltende Drittstaatsangehörige, die derzeit aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht unter die Bestimmungen dieser Verordnungen fallen und die die anderen durch diese Verordnung vorgesehenen Bedingungen erfüllen, Anwendung finden; dazu wurde der persönliche Geltungsbereich der Vorschriften in allen Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme dieser Verordnung beteiligt haben, ausgedehnt. Motive für den Erlass waren nach dem ersten bis achten Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG eine Reihe von Feststellungen und Absichtserklärungen, nämlich: eine gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten rechtmäßig aufhalten, sicherzustellen, ihnen vergleichbare Rechte und Pflichten wie Bürgern der Europäischen Union zuzuerkennen, die Nichtdiskriminierung im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben zu fördern, die Rechtsstellung der Drittstaatsangehörigen derjenigen von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten anzunähern, Drittstaatsangehörigen Rechte zuzubilligen, die den Rechten der Bürger der Europäischen Union so weit wie möglich gleichen, und damit schlussendlich „große Schwierigkeiten“ für die betroffenen Personen, die Arbeitgeber und die für die soziale Sicherheit zuständigen nationalen Einrichtungen zu vermeiden.
50 
Die Verordnung 859/2003/EG berührt nach ihrem 16. Erwägungsgrund nicht die Rechte
51 
und Pflichten aus den mit Drittstaaten geschlossenen internationalen Übereinkünften, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist und in denen Leistungen der sozialen Sicherheit vorgesehen sind. Die FK trägt vor, hieraus ergebe sich, dass die Verordnung 859/2003/EG „im Verhältnis zur Schweiz“ unerheblich sei.
52 
Für die Auslegung des Streitfalls von indizieller Bedeutung könnten die Ausführungen zu Dänemark im 19. Erwägungsgrund sein: Da sich Dänemark nicht an der Annahme der Verordnung 859/2003/EG beteiligt hat, ist sie für Dänemark nicht bindend und Dänemark gegenüber (Hervorhebungen durch den Senat) nicht anwendbar.
53 
3. Die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72 EWG gelten seit 1. Juni 2002 ebenfalls in der Schweiz. Das am 21. Juni 1999 unterzeichnete FZA bestimmt nämlich u.a.:
54 
„Artikel 2
55 
Nichtdiskriminierung
56 
Die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, werden bei der Anwendung dieses Abkommens gemäß den Anhängen I, II und III nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert. …
57 
Artikel 8
58 
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
59 
Die Vertragsparteien regeln die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäß Anhang II, um insbesondere folgendes zu gewährleisten:
60 
a) Gleichbehandlung;
61 
b) Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften;
62 
c) Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften berücksichtigten Versicherungszeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;
63 
d) Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben;
64 
e) Amtshilfe und Zusammenarbeit der Behörden und Einrichtungen.  …
65 
Artikel 14
66 
Gemischter Ausschuss
67 
1. Ein aus Vertretern der Vertragsparteien bestehender Gemischter Ausschuss wird eingesetzt, der für die Verwaltung und die ordnungsgemäße Anwendung dieses Abkommens verantwortlich ist. Zu diesem Zweck gibt er Empfehlungen ab. Er fasst Beschlüsse in den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen. Der Gemischte Ausschuss beschließt einvernehmlich. …
68 
Artikel 16
69 
Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht
70 
1. Zur Erreichung der Ziele dieses Abkommens treffen die Vertragsparteien alle erforderlichen Maßnahmen, damit in ihren Beziehungen gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden.
71 
2. Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt. Über die Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens wird die Schweiz unterrichtet. Um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens sicherzustellen, stellt der Gemischte Ausschuss auf Antrag einer Vertragspartei die Auswirkungen dieser Rechtsprechung fest.
72 
Artikel 17
73 
Entwicklung des Rechts
74 
1. Sobald eine Vertragspartei das Verfahren zur Annahme eines Entwurfs zur Änderung ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften einleitet oder eine Änderung in der Rechtsprechung der Instanzen, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, in einem unter dieses Abkommen fallenden Bereich eintritt, unterrichtet die betroffene Vertragspartei die andere Vertragspartei im Rahmen des Gemischten Ausschusses hiervon.
75 
2. Der Gemischte Ausschuss führt einen Meinungsaustausch über die Auswirkungen der Änderung auf das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens. …
76 
ANHANG II
77 
KOORDINIERUNG DER SYSTEME DER SOZIALEN SICHERHEIT
78 
Artikel 1
79 
1. Die Vertragsparteien kommen überein, im Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit untereinander die gemeinschaftlichen Rechtsakte, auf die Bezug genommen wird, in der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens geltenden Fassung einschließlich der in Abschnitt A dieses Anhangs genannten Änderungen oder gleichwertige Vorschriften anzuwenden.
80 
2. Der Begriff "Mitgliedstaat(en)" in den Rechtsakten, auf die in Abschnitt A dieses Anhangs Bezug genommen wird, ist außer auf die durch die betreffenden gemeinschaftlichen Rechtsakte erfassten Staaten auch auf die Schweiz anzuwenden.
81 
Artikel 2
82 
1. Zwecks Anwendung dieses Anhangs berücksichtigen die Vertragsparteien die gemeinschaftlichen Rechtsakte, auf die Bezug genommen wird, in der durch Abschnitt B dieses Anhangs angepassten Fassung.
83 
2. Zwecks Anwendung dieses Anhangs nehmen die Vertragsparteien die gemeinschaftlichen Rechtsakte zur Kenntnis, auf die in Abschnitt C dieses Anhangs Bezug genommen wird.
84 
ABSCHNITT A: RECHTSAKTE, AUF DIE BEZUG GENOMMEN WIRD
85 
1. 371 R 1408(1): Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern,
86 
aktualisiert durch: …
87 
2. 372 R 0574: Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern.
88 
aktualisiert durch: …“
89 
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach der Grenzgängerstatistik des Schweizerischen Bundesamts für Statistik (http://www.bfs.admin.ch) im I. Quartal 2009 44.510 Grenzgänger aus Deutschland und insgesamt mehr als 215.000 Grenzgänger aus der EU in die Schweiz eingependelt sind.
90 
4. Die Verordnung 859/2003/EG ist --schon allein aus zeitlichen Gründen-- in Abschnitten A bis C des Anhangs II FZA nicht genannt. Die FK lässt vortragen, der Gemischte Ausschuss habe noch keine Anwendung der Verordnung 859/2003/EG beschlossen. Deshalb sei die Verordnung 859/2003/EG für die Entscheidung im Streitfall unerheblich.
91 
C. Vorlagefragen
92 
Der Senat hat bei dieser gemeinschaftsrechtlichen Ausgangslage Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Gemeinschaftsrechts und ersucht nach Art. 234 Abs. 1 und 2 EGV um Vorabentscheidung der im Tenor genannten Fragen.
93 
1. Der erkennende Senat neigt dazu anzunehmen, dass aufgrund der Verpflichtung aller Behörden und Gerichte der Gemeinschaft zur Beachtung des Gemeinschaftsrechts (Art. 10 EG) und der unmittelbaren Geltung der Verordnung 859/2003/EG in Deutschland (Art. 249 Abs. 2 EGV, Schlussformel der Verordnung 859/2003/EG) die FK nicht berechtigt ist, die Festsetzung von Differenzkindergeld mit der Begründung abzulehnen, A und die Klägerin seien Drittstaatsangehörige. Es mag zwar sein, dass die Verordnung 859/2003/EG für die (Behörden und Gerichte der) Schweiz nicht bindend ist und gegenüber (den Behörden und Gerichten) der Schweiz nicht anwendbar ist. Sie beansprucht aber nichtsdestotrotz unmittelbare Geltung in Deutschland: Der persönliche Geltungsbereich der Vorschriften wurde in allen Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme der Verordnung 859/2003/EG beteiligt haben, ausgedehnt. Von dem her vermag der Senat noch nicht zu erkennen, was die deutsche FK dazu berechtigen könnte, im Streitfall die Verordnung 859/2003/EG trotz Art. 249 Abs. 2 EGV unangewendet zu lassen und weiterhin nur Art. 2 Abs. 1 der Verordnung 1408/71/EWG anzuwenden, weil A in der Schweiz arbeitet und dort Familienleistungen bezieht. Eine Versagung von Differenzkindergeld stünde auch in einem Spannungsverhältnis zu Art. 34 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABlEG Nr. C 364 vom 18. Dezember 2000, 1).
94 
2. Eine Anwendung der Verordnung 859/2003/EG konfligiert nicht mit der Regelung des Art. 16 FZA sowie Art. 1 Abs. 1 und dem Abschnitt A des Anhangs II FZA. Die Gemeinschaft hat nämlich insoweit nicht Art. 2 der Verordnung 1408/71/EWG geändert, sondern --im Verhältnis zur Schweiz einseitig-- den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung 1408/71/EWG durch eine separate Verordnung in ihren Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) ausgedehnt. Daran wird die Gemeinschaft durch das FZA nicht gehindert; denn es werden nur Gleichbehandlungspflichten für die (Behörden und Gerichte der) Staaten begründet werden, in denen die Verordnung 859/2003/EG gilt. Solch einseitige Maßnahmen einer Vertragspartei sind durch das FZA nicht per se verboten, sondern begründen vielmehr nach Art. 17 Abs. 1 und 2 FZA eine Unterrichtungs- und Konsultationspflicht der Vertragsparteien.
95 
3. Der von der FK für ihre Auffassung herangezogene 16. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG nimmt zwar Sozialversicherungsabkommen mit Drittstaaten vom Anwendungsbereich der Verordnung 859/2003/EG aus. Der Senat neigt indes dazu, das FZA nicht als ein Sozialversicherungsabkommen mit einem Drittstaat anzusehen.
96 
a) Der 16. Erwägungsgrund führt aus, die Verordnung der Verordnung 859/2003/EG berühre nicht „die Rechte und Pflichten aus den mit Drittstaaten geschlossenen internationalen Übereinkünften, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist und in denen Leistungen der sozialen Sicherheit vorgesehen sind.“
97 
b) Dies trifft auf das FZA in doppelter Hinsicht nicht zu. Das FZA selbst sieht nämlich keine Leistungen der sozialen Sicherheit vor. Es ordnet vielmehr --über Art. 8 i.V.m. Anhang II FZA-- die Anwendung der Verordnung 1408/71/EWG und die Verordnung 574/72/EWG an. Überdies ist nach Art. 1 Abs. 2 des Anhangs II des FZA ist der Begriff "Mitgliedstaat(en)" in den in Abschnitt A genannten Rechtsakten (und damit auch in der Verordnung 1408/71/EWG sowie der Verordnung 574/72/EWG), außer auf die durch die betreffenden gemeinschaftlichen Rechtsakte erfassten Staaten auch auf die Schweiz anzuwenden. Die Schweiz ist nach dem FZA --i.S. der Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72/EWG-- ein „Mitgliedstaat“ und kein „Drittstaat“ mehr. Deshalb liegt es nicht nahe, das FZA nun seinerseits als Übereinkunft mit einem „Drittstaat“ i.S. des 16. Erwägungsgrunds der Verordnung 859/2003/EG, die sich auf die Verordnung 1408/71/EWG bezieht, anzusehen.
98 
Vielmehr gliche die Situation dann der Ausgangslage in Bezug auf Dänemark: Nach dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG wird lediglich Dänemark von der Beachtung der Verordnung 859/2003/EG entbunden; dies ermächtigt jedoch nicht die anderen Mitgliedstaaten, ihrerseits die Verordnung 859/2003/EG nicht zu beachten.
99 
4. Sieht man wegen Art. 1 Abs. 2 des Anhangs II FZA die Schweiz nicht als „Drittstaat“, widerspräche eine Anwendung unter Umständen wie denen des Streitfalls auch nicht dem Art. 1 a.E. der Verordnung 859/2003/EG sowie dem 12. Erwägungsgrund der Verordnung 859/2003/EG (vgl. zu diesem Erwägungsgrund EuGH-Beschluss vom 27. April 2007 C-276/06, El Youssfi, Slg. 2007, I-2851, Randnr. 41 ff.), weil dann ein Bezug zu zwei „Mitgliedstaaten“ i.S. des Art. 1 Abs. 2 des Anhangs II FZA gegeben ist.
100 
5. Der erkennende Senat hält die Rechtslage allerdings nicht für zweifelsfrei. Es bedarf zur abschließenden Entscheidung der Auslegung dreier Verordnungen der Gemeinschaft sowie eines Abkommens der Gemeinschaft mit der Schweiz, zu der nach Art. 234 Abs. 1 EGV jeweils der EuGH berufen ist (zur Auslegungsbefugnis bezüglich des FZA siehe EuGH-Urteil vom 22. Dezember 2008 C-13/08, Stamm und Hauser, http://curia.europa.eu sowie Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 6. Juni 2006 C-339/05, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols, Slg. 2006, I-7097, Randnr. 28 ff.). Rechtsprechung des EuGH existiert bisher sowohl zum FZA als auch zur Verordnung 859/2003/EG nur vereinzelt. Daraus folgt die erste Vorlagefrage.
101 
6. Sollte der EuGH zu der Auffassung gelangen, dass die Verordnung 859/2003/EG „im Verhältnis zur Schweiz“ auch von den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft nicht beachtet werden muss, bittet der beschließende Senat um einen Hinweis des EuGH dazu, inwieweit die Versagung von Differenzkindergeld mit den Grundfreiheiten der Kinder X.. und Y.. vereinbar ist. Die Kindergeldberechtigung knüpft zwar formal an die Eltern an. Mittelbar soll das Kindergeld jedoch (auch) dem Kind zugute kommen, wie Art. 75 Abs. 2 der Verordnung 1408/71/EWG belegt. Im Streitfall sind beide Kinder Unionsbürger. Daraus ergibt sich die zweite Vorlagefrage.
102 
7. Beide Fragen sind entscheidungserheblich. Die Klägerin und A sind jeweils im Besitz von Aufenthaltstiteln i.S. des Anhangs „Deutschland“ zur Verordnung 859/2003/EG. Wäre die Verordnung 859/2003/EG im Streitfall von der deutschen FK zu beachten, wäre der Ablehnungsbescheid vom 25. Oktober 2007 sowie --bezüglich des Kindes Y..-- die Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 aufzuheben. Dies gälte auch, falls sich aus den Grundfreiheiten der Kinder ein Anspruch der Klägerin auf Nichtdiskriminierung ergäbe. Die wäre in beiden Fällen weiter zu verpflichten, über den Kindergeldantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des EuGH erneut zu entscheiden. Andernfalls wäre die Klage nach nationalem Recht abzuweisen.
103 
IV. Der Beschluss ergeht trotz § 5 Abs. 3 Satz 2 FGO durch den Senat unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (vgl. dazu Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 2. Februar 1999 295032K 2, ZfZ 1999, 161).
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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published on 18/04/2013 00:00

Tenor 1. Das Verfahren wird ausgesetzt.2. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:Frage 1: Hat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem eine deutsche Familienkasse am 17. Oktober
published on 24/03/2011 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.3. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger ist Vater der am 7. August 1996 geborenen Tochter T.2 Die Mutter von T und Ehefrau des Klägers, B (B), ist sei
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Annotations

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen; wird dem außergerichtlichen Rechtsbehelf innerhalb dieser Frist stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen.

(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, dass eine der in § 348 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Das Finanzgericht besteht aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl. Von der Ernennung eines Vorsitzenden Richters kann abgesehen werden, wenn bei einem Gericht nur ein Senat besteht.

(2) Bei den Finanzgerichten werden Senate gebildet. Zoll-, Verbrauchsteuer- und Finanzmonopolsachen sind in besonderen Senaten zusammenzufassen.

(3) Die Senate entscheiden in der Besetzung mit drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 90a) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(4) Die Länder können durch Gesetz die Mitwirkung von zwei ehrenamtlichen Richtern an den Entscheidungen des Einzelrichters vorsehen. Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen; wird dem außergerichtlichen Rechtsbehelf innerhalb dieser Frist stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen.

(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, dass eine der in § 348 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Das Finanzgericht besteht aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl. Von der Ernennung eines Vorsitzenden Richters kann abgesehen werden, wenn bei einem Gericht nur ein Senat besteht.

(2) Bei den Finanzgerichten werden Senate gebildet. Zoll-, Verbrauchsteuer- und Finanzmonopolsachen sind in besonderen Senaten zusammenzufassen.

(3) Die Senate entscheiden in der Besetzung mit drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 90a) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(4) Die Länder können durch Gesetz die Mitwirkung von zwei ehrenamtlichen Richtern an den Entscheidungen des Einzelrichters vorsehen. Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt.