Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 26. Juni 2017 - 6 B 54/16

ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2017:260617B6B54.16.0
published on 26/06/2017 00:00
Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 26. Juni 2017 - 6 B 54/16
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Gericht

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Gründe

I

1

Die Klägerin wendet sich gegen das Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung im Wiederholungsversuch.

2

Ihre Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Im Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht auf entsprechende Behauptungen der Klägerin das Landesjustizprüfungsamt am 7. Juli 2016 unter Bezug auf eine Zeugenaussage in einem Strafverfahren gegen einen früheren Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes aufgefordert mitzuteilen, in welchem Zeitraum die in verschiedenen Unterlagen erwähnte "Sonderarbeitsgemeinschaft/Zusatzunterricht" von Herrn M. stattgefunden habe, wie es dazu gekommen sei und welchen Inhalt der Zusatzunterricht gehabt habe. Hierauf hat der Beklagte mitgeteilt, durch eine Anzeige von Referendaren an das Landesjustizprüfungsamt sei im Juli 2010 bekannt geworden, dass der Prüfer M. damals einige Zusatzunterricht-Veranstaltungen mit einigen wenigen Referendaren durchgeführt habe. Herr M. sei zu diesem Zeitpunkt Prüfer und Leiter einer Arbeitsgemeinschaft für die dritte Pflichtstation gewesen. Das Landesjustizprüfungsamt habe hinsichtlich des Einsatzes als Prüfer sofort reagiert und Herrn M. im Rahmen eines Gesprächs zu dem Sachverhalt befragt. Dabei sei festgestellt worden, dass der Prüfer nur allgemein für die Ausbildung bestimmte Klausuren für die Arbeitsgemeinschaft und den Zusatzunterricht verwendet und keinen Zugang zu anderen Materialien gehabt habe. Vorsorglich sei er aber zunächst von der weiteren Durchführung von Prüfungen ausgenommen und erst ab Januar 2011 wieder als Prüfer in der ersten Prüfung und ab Oktober 2011 wieder als Prüfer für das zweite Staatsexamen eingesetzt worden.

3

In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin beantragt, über die Behauptung der Tatsache, dass der Prüfer M. in dem Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 1. Juli 2013 Zusatzunterricht/Sonderarbeitsgemeinschaften mit einigen Referendarinnen und Referendaren durchgeführt habe, diesen Zusatzunterricht nicht allen Referendarinnen und Referendaren angeboten habe, die sich in dem genannten Zeitraum in der Ausbildung zur Abnahme der großen juristischen Staatsprüfung befanden, und in diesem Zusatzunterricht Wissen vermittelt habe, das über das in den von ihm geführten Arbeitsgemeinschaften der dritten Pflichtstation vermittelte Wissen hinausging oder dieses vertiefte, Beweis durch Vernehmung des Herrn M. zu erheben. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung durch Beschluss als bloßen Beweisermittlungsantrag abgelehnt. In den Gründen des die Berufung der Klägerin zurückweisenden Urteils vom 14. Juli 2016 hat es dazu ausgeführt, die Klägerin habe keine plausiblen Anhaltspunkte für die Behauptung benannt, Herr M. sei ab Dezember 2012 in vergleichbarer Weise wie im Sommer 2010 tätig geworden. Derartiges lasse sich auch nicht den dem Senat vorliegenden Unterlagen entnehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde.

II

4

Die auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln gestützte Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Klägerin macht mit Erfolg einen Verfahrensmangel geltend, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Dies führt gemäß § 133 Abs. 6 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht.

5

1. Der von der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor. Das Oberverwaltungsgericht hat dadurch, dass es den Antrag auf Einvernahme von Herrn M. zu dem als erheblich erachteten Beweisthema "Zusatzunterricht/Sonderarbeitsgemeinschaften" als unzulässigen Beweisermittlungsantrag bewertet und abgelehnt hat, § 86 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 244 Abs. 3 StPO (analog) verletzt.

6

a) Bei der Prüfung, ob dem Berufungsgericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, ist von dessen materiellrechtlicher Rechtsauffassung auszugehen, auch wenn diese verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteile vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 und vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; stRspr).

7

b) Ein Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag, der als unzulässig abgelehnt werden kann, liegt nur in Bezug auf Tatsachenbehauptungen vor, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" erhoben worden sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. März 2000 - 9 B 518.99 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60, vom 30. Januar 2002 - 1 B 326.01 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 69 und vom 22. Oktober 2014 - 8 B 99.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:221014B8B99.13.0] - juris Rn. 40; stRspr). Eine Behauptung kann nicht schon dann als unerheblich behandelt werden, wenn sie nicht auf dem Wissen des Behauptenden, sondern auf einer Vermutung beruht. Denn ein Beteiligter wird häufig von einer entscheidungserheblichen Tatsache, die sich ihm als möglich oder wahrscheinlich darstellt, keine genaue Kenntnis haben. Wenn die Gegenseite der Vermutung aber mit einer plausiblen Erklärung entgegentritt, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Dem Beteiligten ist zuzumuten, sich hiermit auseinanderzusetzen, etwa greifbare Anhaltspunkte zu benennen, die für seine Vermutung oder gegen die Erklärung der Gegenseite sprechen. Einer Behauptung, die ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden ist und ohne ein Eingehen auf sie entkräftende Gegenbehauptungen aufrechterhalten wird, braucht das Gericht nicht nachzugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1988 - 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14).

8

An diesem Maßstab gemessen findet die Ablehnung des o.g. Beweisantrags als unzulässiger Beweisermittlungsantrag im Prozessrecht keine Stütze. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren - wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren - als selbständige Rüge geltend gemacht, der Grundsatz der Chancengleichheit sei bereits in der Ausbildung verletzt worden, da eine von Herrn M., Erstgutachter der von ihr verfassten VA-Klausur, durchgeführte Sonderarbeitsgemeinschaft nicht allen Referendaren offengestanden habe. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Vortrag nach seinem materiellrechtlichen Ansatz unter dem Aspekt einer selbständigen Verletzung des prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit als erheblich angesehen. Das ergibt sich daraus, dass es diesem Vortrag der Klägerin durch eine an den Beklagten gerichtete Aufklärungsverfügung der Berichterstatterin vom 7. Juli 2016 (GA Bl. 674) nachgegangen ist. Zudem hat es den Beweisantrag der Klägerin nicht als unerheblich, sondern als bloßen Beweisermittlungsantrag abgelehnt. Schließlich hat es diesen Themenkomplex in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils getrennt von der seitens der Klägerin in den Raum gestellten Möglichkeit der Informationsverschaffung über Prüfungsaufgaben abgehandelt (UA S. 15 f.: "Zum anderen ..."). Das detailarme Schreiben des Beklagten vom 11. Juli 2016 (GA Bl. 679 f.) hatte den Vortrag der Klägerin jedoch nicht in einer Weise entkräftet, dass die Beweisbehauptung der Klägerin nunmehr als unsubstantiiert anzusehen wäre. Denn zu den nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts für den hier vorliegenden Fall relevanten Fragen, in welchem Zeitraum der Zusatzunterricht stattgefunden habe, womit der für die Ausbildung der Klägerin maßgebliche Zeitraum von Dezember 2012 bis Juli 2013 im Fokus stand, wie es dazu gekommen sei und welchen Inhalt der Zusatzunterricht gehabt habe, verhält sich die Einlassung des Beklagten in dem Schreiben vom 11. Juli 2016 nicht. Damit hat der Beklagte nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass Herr M. ab Dezember 2012 in vergleichbarer Weise wie im Sommer 2010 tätig geworden ist und Zusatzunterricht nur für einige Referendare erteilt hat.

9

c) Das angefochtene Urteil beruht auch auf dem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Entscheidungsausspruch beurteilt sich aus der Perspektive des Berufungsgerichts; dabei reicht die Möglichkeit aus, dass ohne den Verfahrensmangel anders entschieden worden wäre (Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 41 ff. m.w.N.).

10

Das Oberverwaltungsgericht hat den Maßstab für einen "generelle[n] Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit" (UA S. 11 ff.) fallbezogen dahingehend konkretisiert, dass es nicht nur entscheidungserheblich darauf ankommt, ob einzelne Prüfungsteilnehmer "in vorwerfbarer Weise Kenntnis von den Prüfungsaufgaben erlangt" haben (UA S. 11). Die Ausführungen in den Entscheidungsgründen (UA S. 15 f.) lassen vielmehr erkennen, dass es nach seinem materiellrechtlichen Ansatz eine Verletzung des prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit grundsätzlich auch durch eine unterschiedlich intensive Wissensvermittlung in der Ausbildung für möglich erachtet, jedenfalls wenn Prüfer als Ausbilder fungiert haben. Ob diese Rechtsauffassung zutrifft, woran der beschließende Senat erhebliche Zweifel hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1984 - 7 B 169.83 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 189; VGH München, Urteil vom 16. Mai 2012 - 7 B 11.2645 - juris), ist für das Beruhenserfordernis ohne Bedeutung. Denn auch insoweit ist auf die materiellrechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz abzustellen, selbst wenn diese verfehlt sein sollte.

11

2. Liegen damit die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, kann das Bundesverwaltungsgericht nach § 133 Abs. 6 VwGO das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

12

3. Die Entscheidung über die Kosten ist der Schlussentscheidung vorzubehalten. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka
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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka
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published on 26/03/2018 00:00

Tenor I. Die Verfahren 12 BV 17.1765, 12 BV 17.1766, 12 BV 17.1767, 12 BV 17.1769 und 12 BV 17.1770 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Berufungen werden zurückgewiesen. III. Die Klägerin trägt die Kosten
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.