Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 03. Jan. 2012 - 4 B 27/11
Gericht
Gründe
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Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.
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1. Die Beschwerde hält für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine Mobilfunksendeanlage eine fernmeldetechnische Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 ist.
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Diese Frage ist, soweit sie entscheidungserheblich wäre, nicht klärungsbedürftig. Der Verwaltungsgerichtshof hat als entscheidend für die Einordnung einer Mobilfunksendeanlage als fernmeldetechnische Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO angesehen, ob die in Rede stehende Anlage - wie hier - bezogen auf das gesamte infrastrukturelle Versorgungsnetz eine untergeordnete Funktion hat oder von ihrer Funktion und Bedeutung so gewichtig ist, dass sie als eigenständig und damit als Hauptnutzung anzusehen ist (UA Rn. 24). Dass eine Mobilfunksendeanlage, wenn sie bezogen auf das gesamte infrastrukturelle Versorgungsnetz eine untergeordnete Funktion hat, eine fernmeldetechnische Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ist, bedarf nicht der Bestätigung in einem Revisionsverfahren. Denn dies ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend dargelegt hat - in der obergerichtlichen Rechtsprechung inzwischen allgemein anerkannt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. Dezember 2004 - 1 ME 256/04 - BRS 67 Nr. 64; VGH Kassel, Urteil vom 6. Dezember 2004 - 9 UE 2582/03 - BRS 67 Nr. 65; OVG Münster, Beschluss vom 6. Mai 2005 - 10 B 2622/04 - BRS 69 Nr. 83; VGH München, Urteil vom 1. Juli 2005 - 25 B 01.2747 - BRS 69 Nr. 85; OVG Koblenz, Beschluss vom 5. Februar 2010 - 1 B 11356/09 - BRS 76 Nr. 178; VGH Mannheim, Beschluss vom 26. April 2010 - 8 S 33/10 - BRS 76 Nr. 82). Der 4. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Einstufung einer Mobilfunksendeanlage als fernmeldetechnische Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne nähere Begründung abgelehnt hatte (Beschluss vom 29. Juli 1999 - 4 TG 2118/99 - BRS 62 Nr. 83), hat bei den anderen Obergerichten keine Gefolgschaft gefunden. Der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der die Frage in einem Beschluss vom 25. Februar 2003 - 10 B 2417/02 - (ZfBR 2003, 377) noch offen gelassen hatte, hat sich inzwischen der dargelegten Auffassung der anderen Obergerichte angeschlossen (OVG Münster, Beschluss vom 6. Mai 2005 a.a.O.). Im Hinblick auf diesen Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich die Lage gegenüber dem für die stattgebende Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - BRS 71 Nr. 74) maßgebenden Zeitpunkt des dort angefochtenen Beschlusses (2. Februar 2005), in dem eine grundsätzliche Bedeutung der Qualifizierung einer Mobilfunksendeanlage als fernmeldetechnische Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO nicht hätte verneint werden dürfen, wesentlich geändert. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Qualifizierung von Mobilfunksendeanlagen ist in der Zwischenzeit zwar nicht ergangen; einen Hinweis zur Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO hat der Senat jedoch bereits in seinem Beschluss vom 1. November 1999 - BVerwG 4 B 3.99 - (BRS 62 Nr. 82) gegeben. Dort hat er die Anwendung des § 14 Abs. 2 BauNVO 1962/1968/1977 auf Mobilfunksendeanlagen abgelehnt. Er hat jedoch dargelegt, dass der Zweck der Ergänzung des § 14 Abs. 2 BauNVO im Jahr 1990 durch den neuen Satz 2 darin bestanden habe, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift auf fernmeldetechnische Nebenanlagen zu erweitern, weil auch sie der Versorgung der Baugebiete dienen könnten, jedoch vom Begriff der Elektrizität nicht erfasst würden. Er ist, ohne über die Voraussetzungen im Einzelnen entscheiden zu müssen, davon ausgegangen, dass Mobilfunksendeanlagen seit der Änderung der BauNVO Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO sein können.
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Dass Mobilfunksendeanlagen in aller Regel keine baugrundstücks- und baugebietsbezogenen Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind, weil sie regelmäßig nur in geringem Umfang dem Nutzungszweck eines Baugebiets oder Baugrundstücks dienend zu- und untergeordnet sind (OVG Münster, Beschluss vom 6. Mai 2005 a.a.O.), steht ihrer Einstufung als Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO nicht entgegen. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend dargelegt, dass mit § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO eine Spezialregelung geschaffen werden sollte, welche dazu dient, diesen speziellen Infrastruktursystemen einen erleichterten Zugang zu allen Baugebieten zu verschaffen. In diesem Zusammenhang hat der Begriff der Nebenanlage somit in erster Linie einen instrumentell-rechtstechnischen Zweck, der mit dem Begriffsinhalt, der ihm sonst in der Baunutzungsverordnung zukommt, nicht übereinstimmt. Welchen Einwänden dieses auch von den anderen Obergerichten geteilte Verständnis des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ausgesetzt sein sollte, hat die Beschwerde nicht dargelegt.
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2. Die Beschwerde möchte weiter geklärt wissen, ob es für den Gebietserhaltungsanspruch eines Nachbarn, der sich gegen eine Mobilfunksendeanlage im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO wendet, auf die Tatsache ankommen kann, dass eine solche Nebenanlage auch den Charakter eines Teils einer gewerblichen Hauptanlage aufweist. Sie knüpft damit an die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs an, dass eine Mobilfunk-Basisstation bauplanungsrechtlich nicht nur Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO sei, sondern als Bestandteil eines gewerblich betriebenen Mobilfunknetzes auch eine - nicht störende - gewerbliche Nutzung im Sinne der Baunutzungsverordnung darstelle und insoweit einen Teil einer Hauptanlage bilde (UA Rn. 24). Im Hinblick auf den geltend gemachten Gebietserhaltungsanspruch war der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ausnahmsweise mögliche Zulassung einer der dort genannten Nebenanlagen diesen Anspruch im Ergebnis nicht verletzen könne, auch wenn im vorliegenden Fall durch den bereits vorhandenen Gewerbebetrieb am nördlichen Rand des Gebiets von einer Vorschädigung des Gebiets ausgegangen werde; auf die Tatsache, dass diese Nebenanlage auch den Charakter eines Teils einer gewerblichen Hauptanlage aufweise, komme es insoweit nicht an (UA Rn. 30).
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Ob es zutreffend ist, dass der Gebietserhaltungsanspruch durch die Zulassung einer Mobilfunksendeanlage in einem faktischen reinen Wohngebiet selbst dann nicht verletzt wäre, wenn die Bauaufsichtsbehörde das ihr in § 34 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB eingeräumte Ausnahmeermessen im Hinblick auf eine Vorschädigung des Gebiets fehlerhaft ausgeübt hätte, kann dahingestellt bleiben. Denn das angefochtene Urteil beruht nicht auf dieser Rechtsauffassung; die von der Beschwerde aufgeworfene Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht offen gelassen, ob die Bauaufsichtsbehörde ihr Ausnahmeermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, sondern festgestellt, dass dies der Fall ist (UA Rn. 36). Insoweit ist er davon ausgegangen, dass ausnahmsweise zugelassene Anlagen keine prägende Wirkung auf das Baugebiet haben dürfen (UA Rn. 37). Eine solche prägende Wirkung durch die in Rede stehende Mobilfunksendeanlage hat er verneint (UA Rn. 38): Es handele sich um die erste und einzige Mobilfunk-Basisstation im faktischen reinen Wohngebiet. Eine prägende Wirkung insoweit scheide daher aus. Eine Mitprägung des Baugebiets durch eine Mobilfunk-Basisstation wäre denkbar bei einer Massierung solcher Anlagen innerhalb eines Baugebiets, was hier gerade nicht der Fall sei. Nur dann könne der Gebietscharakter des faktischen reinen Wohngebiets geändert oder verfälscht werden. Die ausnahmsweise zugelassene Anlage bleibe auch quantitativ hinter der Regelbebauung zurück. Zwar handele es sich hier um den Teil einer weiteren gewerblichen Hauptanlage neben der bereits vorhandenen Kfz-Werkstatt. Letztere befinde sich allerdings ohnehin am Rand des Baugebiets und zudem in einer immissionsträchtigen Umgebung, nämlich direkt südlich des Schnittpunkts zweier S-Bahn-Trassen. Zudem handele es sich bei der Mobilfunk-Basisstation lediglich um eine gewerbliche "Nebennutzung" auf dem Baugrundstück, das in der Hauptnutzung weiter der Wohnnutzung vorbehalten bleibe. Die gewerbliche Nutzung nehme sowohl in Hinsicht auf den Platzverbrauch auf dem Grundstück als auch im Hinblick auf die Nutzungsintensität nur eine untergeordnete Rolle ein. Daher liege auch insoweit keine Prägung des Gebiets durch das Bauvorhaben vor, die zu einem Umkippen führen könnte. Im Ergebnis hat der Verwaltungsgerichtshof damit eine Prägung des Baugebiets nicht nur im Hinblick auf eine - hier nicht gegebene - Massierung von Mobilfunksendeanlagen, sondern auch im Hinblick auf die angenommene gewerbliche Hauptnutzung unter Berücksichtigung der Vorschädigung des Gebiets durch die bereits vorhandene Kfz-Werkstatt verneint. Im Hinblick auf diese Begründung hat die Beschwerde einen Grund für die Zulassung der Revision nicht geltend gemacht. Wenn aber die Zulassung der Mobilfunksendeanlage in dem faktischen reinen Wohngebiet im Wege der Ausnahme objektiv rechtmäßig ist, kann der Gebietserhaltungsanspruch des Klägers bereits aus diesem Grund nicht verletzt sein.
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.
(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.
(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
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Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.