Bundessozialgericht Urteil, 18. Juni 2014 - B 3 P 7/13 R

published on 18/06/2014 00:00
Bundessozialgericht Urteil, 18. Juni 2014 - B 3 P 7/13 R
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Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. August 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der beklagten Pflegekasse die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II.

2

Der 1990 geborene Kläger leidet am Downsyndrom. Für die ständige häusliche Pflege gewährte die Beihilfestelle der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz (seit 1.1.2007: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd) für den Kläger als berücksichtigungsfähigen Angehörigen seines bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz verbeamteten Vaters bis 31.3.1995 eine Beihilfe in Höhe von 400 DM monatlich (Art 11 Abs 1 Bayerisches Besoldungsgesetz idF des § 4 Nr 1 Buchst c Zehntes Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 3.8.1986 iVm § 6 Abs 1 Nr 7 S 3 Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen idF des Art 1 Nr 2.2 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 10.12.1991, GMBl 1051). Seit der Einführung des Leistungsrechts der Pflegeversicherung zum 1.4.1995 war der Kläger bei dem Versicherungsunternehmen D., Krankenversicherungsverein auf Gegenseitigkeit, mit einem Versicherungstarif von 20 % privat pflegeversichert. Über die Beihilfe waren die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu einem Anteil von 80 % abgedeckt. Wegen des vorangegangenen Leistungsbezugs stufte die Beihilfestelle den Kläger ab 1.4.1995 automatisch in die Pflegestufe II ein (Art 2 Nr 2 S 1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 29.12.1994, GMBl 1995, 51). Das private Pflegeversicherungsunternehmen stufte den Kläger lediglich in die Pflegestufe I ein (Schreiben vom 11.7.1995) und zahlte demgemäß ein anteiliges Pflegegeld von 20 %. Die Beihilfestelle gewährte dem Kläger unter Anrechnung des ihm aus der privaten Pflegeversicherung zustehenden Pflegegeldes eine Pauschalbeihilfe nach der Pflegestufe II (§ 9 Abs 4 S 2 Nr 2 BhV idF des Art 1 Nr 5.3 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 29.12.1994, GMBl 1995, 51), sodass dem Kläger im Ergebnis ein volles Pflegegeld nach der Pflegestufe II zur Verfügung stand.

3

Da der Kläger zum 1.9.2010 eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen aufgenommen hatte, stellte die beklagte Pflegekasse seine Pflichtversicherung in der sozialen Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme fest und bewilligte ihm zugleich Pflegegeld nach der Pflegestufe I (Bescheid vom 2.9.2010, Widerspruchsbescheid vom 6.10.2011), nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) einen täglichen Grundpflegebedarf von 82 Minuten bei erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz festgestellt hatte (Gutachten vom 1.12.2010). Die Beihilfestelle sagte daraufhin bis zur rechtskräftigen Klärung der Einstufung des Klägers unter dem Vorbehalt der Rückforderung die Zahlung von Pflegegeld in Höhe der Differenz zwischen dem Pflegegeld der Pflegestufe I und der Pflegestufe II zu (Bescheid vom 23.9.2011).

4

Im Klageverfahren hat der Kläger die (erneute) Begutachtung seiner Pflegebedürftigkeit als ihn zu sehr belastend abgelehnt, zugleich aber eingeräumt, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe II in tatsächlicher Hinsicht wohl nicht erfüllt seien. Sein Leistungsanspruch nach der Pflegestufe II beruhe vielmehr auf dem Bestandsschutz nach Art 45 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz vom 26.5.1994, BGBl I 1014), da er bis zum 31.3.1995 eine den damaligen krankenversicherungsrechtlichen Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit (§§ 53 bis 57 SGB V aF) entsprechende beihilferechtliche Pauschalbeihilfe bezogen habe. Die Klage (Urteil vom 21.11.2012) und die Berufung des Klägers (Urteil vom 7.8.2013) sind ohne Erfolg geblieben: Ein Anspruch des Klägers ergebe sich weder aus der unmittelbaren noch aus der analogen Anwendung des Art 45 PflegeVG. Dem Gesetzgeber sei es mit der Übergangsregelung des Art 45 PflegeVG nicht um materielle Gerechtigkeit oder Vertrauensschutz gegangen, sondern darum, mit der Einführung der Pflegeversicherung zum 1.4.1995 eine für die Verwaltung nicht zu bewältigende Antrags- und Begutachtungsflut zu vermeiden. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) sei nicht festzustellen, da in den unterschiedlichen Absicherungssystemen des Versicherungsfalls Pflege ein sachlicher Differenzierungsgrund liege.

5

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision begehrt der Kläger weiterhin Pflegegeld nach der Pflegestufe II auf der Grundlage von Art 45 PflegeVG. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift seien erfüllt, da die bis 31.3.1995 bezogene Pauschalbeihilfe und die Leistungen nach den §§ 53 ff SGB V aF inhaltlich vergleichbar seien. Die Überlegung, zum 1.4.1995 eine Antragsflut zu vermeiden, sei inzwischen obsolet und könne heutzutage keine Ungleichbehandlung von Beihilfeempfängern gegenüber Leistungsberechtigten nach den §§ 53 ff SGB V aF begründen.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. August 2013 und des Sozialgerichts Landshut vom 21. November 2012 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2011 im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. September 2010 Pflegegeld nach der Pflegestufe II unter Anrechnung der bereits erbrachten Zahlungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Entscheidung des LSG ist nicht zu beanstanden, da die auf Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II gerichtete Klage zwar zulässig (dazu 1.), aber nicht begründet ist. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II, und zwar weder nach § 37 SGB XI(dazu 2.) noch aufgrund einer unmittelbaren (dazu 3.) oder analogen Anwendung von Art 45 PflegeVG (dazu 4.). Hierin liegt schließlich kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (dazu 5.).

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere kann dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) nicht abgesprochen werden, obwohl er die von ihm begehrte Leistung, dh Pflegegeld nach der Pflegestufe II, in der Summe durch die Leistungen der Beklagten (Pflegegeld nach der Pflegestufe I) und die aufstockende Leistung der Beihilfestelle (Leistung in Höhe der Differenz zum Pflegegeld nach der Pflegestufe II) tatsächlich bereits erhält. Denn die Höhe seines Anspruchs gegen die Beihilfestelle hängt ua davon ab, in welchem Umfang ihm Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung zusteht (§ 32 Abs 2 S 3 BhV). Vor diesem Hintergrund leistet die Beihilfestelle derzeit an den Kläger auch lediglich unter dem Vorbehalt der Rückforderung - und zwar "bis eine endgültige Entscheidung vor dem Sozialgericht bezüglich der Höhe der Pflegestufe getroffen wird" (Schreiben vom 23.9.2011). Es wäre auch mit dem Grundsatz der Prozessökonomie nicht zu vereinbaren, den Kläger zunächst auf einen Streit mit der Beihilfestelle zu verweisen, um dann ggf die Verwaltungsgerichtsbarkeit den Anspruch des Klägers auf Leistungen nach Art 45 PflegeVG prüfen zu lassen, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in die Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fällt (zum Rechtsschutzinteresse aus dem Grundsatz der Prozessökonomie vgl BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 1 RdNr 4 mwN).

10

Die Instanzgerichte haben die Klage allerdings zu Recht abgewiesen, da der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II besitzt.

11

2. Der Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 37 Abs 1 S 3 SGB XI, da nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG die hierfür nötige Schwerpflegebedürftigkeit(§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Abs 3 S 1 Nr 2 SGB XI) beim Kläger nicht besteht. Zwar ist der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen, dass das LSG den für die Pflegestufe II benötigten Umfang des Grundpflegebedarfs von mindestens zwei Stunden für zweifelhaft hielt. Das LSG verweist insoweit zunächst auf das Ergebnis der letzten MDK-Prüfung mit einem täglichen Grundpflegebedarf in Höhe von 82 Minuten, führt in der Folge aber aus, dass der Kläger eine gerichtliche Begutachtung abgelehnt und zugleich das Nichtvorliegen der zeitlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II unstreitig gestellt habe. Damit seien weitere Ermittlungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II unmöglich geworden, für deren Vorliegen der Kläger die Beweislast trage. Diese Würdigung des Verhandlungsergebnisses erscheint indes mit Blick auf § 128 Abs 1 S 1 SGG bedenklich, weil das LSG zu erkennen gibt, dass die vorliegenden Unterlagen aus seiner Sicht keine Klarheit über den Grundpflegebedarf gebracht haben, eine solche aber durch eine gerichtliche Begutachtung des Klägers hätte erzielt werden können. Dies habe der Kläger durch seine Weigerung, an deren Erstellung mitzuwirken, vereitelt, sodass aus diesem Grund die unterbliebene Sachaufklärung zu seinen Ungunsten ins Gewicht falle und ein Grundpflegebedarf in Höhe von mindestens zwei Stunden zu verneinen sei. Das LSG wäre stattdessen verpflichtet gewesen, zunächst die vorhandenen Begutachtungsergebnisse und die sonstigen Ermittlungsergebnisse ohne Rücksicht auf die verweigerte Einwilligung des Klägers zu würdigen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Auffassung darüber zu bilden, welchen Grundpflegebedarf der Kläger im streitigen Zeitraum hatte. Erst wenn es sich im Rahmen dieser Gesamtwürdigung keine Überzeugung über den Umfang des tatsächlichen Pflegebedarfs des Klägers hätte bilden können, hätte es seine Entscheidung nach der (objektiven) Beweislast ausrichten dürfen (BSGE 4, 116 = SozR Nr 11 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 43 zu § 103 SGG; BSG SozR 4-1500 § 103 Nr 5 RdNr 14 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 103 RdNr 17a ff). Dies hätte zudem einen vorherigen Hinweis an den Kläger auf die möglichen Folgen seiner verweigerten Mitwirkung erfordert (BSG SozR Nr 55 zu § 103 SGG; BSG SozR 1500 § 103 Nr 23 S 15; Leitherer aaO RdNr 17a). Da Verfahrensrügen gegen das Berufungsurteil allerdings nicht erhoben worden sind, darf der Senat gemäß § 163 SGG bei seiner materiell-rechtlichen Würdigung allein von den Feststellungen des LSG ausgehen(BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 17). Die weitere Beurteilung der Rechtslage muss deshalb daran anknüpfen, dass die zeitlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II (§ 15 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB XI) als nicht erfüllt anzusehen sind.

12

3. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht unmittelbar auf Art 45 PflegeVG stützen. Danach werden pflegebedürftige Versicherte, die bis zum 31.3.1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 bis 57 SGB V aF erhalten haben, mit Wirkung vom 1.4.1995 ohne Antragstellung in die Pflegestufe II eingestuft und erhalten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XI in dem Umfang, der für Pflegebedürftige im Sinne des § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB XI vorgesehen ist. Der Kläger hat nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG bis zum 31.3.1995 gerade keine Leistungen nach den §§ 53 bis 57 SGB V aF bezogen. Damit sind die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 45 PflegeVG nicht erfüllt.

13

4. Er kann seinen Anspruch aber auch nicht aus einer analogen Anwendung des Art 45 PflegeVG herleiten.

14

a) Ein Analogieschluss setzt insbesondere voraus, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre im Zuge einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Analogie ist die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestandes auf einen ihm ähnlichen, aber ungeregelten Sachverhalt. Sie beruht - in Anlehnung an Art 3 Abs 1 GG - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, im Wesentlichen Gleichartiges auch gleich zu behandeln (BSGE 108, 8 = SozR 4-5425 § 4 Nr 1, RdNr 18 mwN).

15

b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke (dazu c) und darüber hinaus an der für eine Vergleichbarkeit nötigen Ähnlichkeit zwischen dem Tatbestand des Art 45 PflegeVG und dem streitigen Sachverhalt (dazu d) fehlt.

16

c) Eine Regelungs- oder Gesetzeslücke liegt nur vor, wenn das Gesetz gemessen an der Regelungsabsicht des Gesetzgebers und den gesetzesimmanenten Zwecken planwidrig unvollständig ist (BSGE 83, 68, 70 = SozR 3-1500 § 84 Nr 2 S 70 f mwN). Der nach den Gesetzesmaterialien mit der Übergangsvorschrift des Art 45 PflegeVG verbundene Regelungszweck lässt auf eine solche Regelungslücke hinsichtlich des vorliegend streitigen Sachverhalts nicht schließen.

17

aa) Ausgangspunkt für die dem späteren Art 45 PflegeVG entsprechende Regelung des Art 32 des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP für ein Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (BT-Drucks 12/5262) war die Überlegung, dass mit Einführung der Pflegeversicherung die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Pflegebedürftigkeit nach den §§ 53 bis 57 SGB V aF entfallen(BT-Drucks 12/5262 S 174 zu Art 32). Für diesen Kreis leistungsberechtigter Versicherter war zunächst eine Fristverlängerung geplant, um bei der zuständigen Pflegekasse einen Antrag auf Pflegeleistungen nach dem SGB XI zu stellen. Bis zur Entscheidung der Pflegekasse über den Antrag sollten diese Versicherten Leistungen nach der Pflegestufe I in Höhe von 400 DM erhalten (Art 32 des Gesetzentwurfs idF der BT-Drucks 12/5262). Mit der Fristverlängerung sollte den Interessen der Pflegebedürftigen entgegengekommen und zugleich bewirkt werden, dass die anfängliche Antragsflut nach Inkrafttreten des Gesetzes zeitlich gestreckt werden kann. Mit der Zahlung der Leistungen nach der Pflegestufe I bis zur Entscheidung über den Antrag sollte sichergestellt werden, dass die Pflegebedürftigen zunächst Pflegegeld in der bisherigen Höhe automatisch weiter erhalten (BT-Drucks 12/5262 S 174 zu Art 32). Die noch heute maßgebliche Fassung des Art 45 PflegeVG geht auf die entsprechende Änderung des Art 32 des Gesetzentwurfs im Rahmen der Ausschussberatungen zurück. Ausgangspunkt dieser Änderung war die auf die Erfahrungen des MDK gestützte Annahme, dass die große Mehrzahl der Pflegebedürftigen, die bisher von den Krankenkassen Leistungen aufgrund der §§ 53 bis 57 SGB V aF erhalten, vom Hilfebedarf her regelmäßig der neuen Pflegestufe II zuzuordnen sind, ein kleinerer Teil sogar der Stufe III(BT-Drucks 12/5962 - Allgemeiner Teil VI 4 a S 22). Die Neufassung des Art 32 sollte dieser Einschätzung gerecht werden und so eine Antragsflut bei den Pflegekassen vermeiden, die zum Zeitpunkt der Einführung der Pflegeversicherungsleistungen bei häuslicher Pflege ansonsten unvermeidlich gewesen wäre (BT-Drucks 12/5962 - Besonderer Teil, zu Art 32 Abs 1 S 59). Im Ergebnis zielt Art 45 PflegeVG damit darauf ab, nahtlos Leistungen bei häuslicher Pflege für all jene Versicherten sicherzustellen, die entsprechende Leistungen der Krankenkasse nach dem SGB V aF durch die Einführung einer eigenständigen sozialen Pflegeversicherung zum 31.3.1995 verloren haben, sowie gleichzeitig die nach dem SGB XI auch für diese Versicherten vorgesehene Antragstellung und den damit für die Pflegekassen und den MDK entstehenden anfänglichen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Allerdings war es Leistungsbeziehern, die meinten, einen Grundpflegebedarf im zeitlichen Umfang der Pflegestufe III zu haben (§ 15 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB XI), freigestellt, einen entsprechenden Höherstufungsantrag zu stellen.

18

bb) Gemessen an dieser Zielsetzung ist bereits eine Regelungslücke nicht ersichtlich. Denn durch die Einführung einer eigenständigen sozialen Pflegeversicherung wäre es - ohne die Überleitungsregelung des Art 45 PflegeVG - ausschließlich bei Leistungsbeziehern nach dem SGB V aF zur Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung und der damit ggf verbundenen Unterbrechung des Bezugs von Leistungen bei häuslicher Pflege gekommen. Schwerpflegebedürftige, die zuvor, also bis zum 31.3.1995, nicht pflichtversichert bzw leistungsberechtigt nach dem SGB V waren, sind durch die Einführung der sozialen Pflegeversicherung auch nicht in dieser pflichtversichert und ggf leistungsberechtigt geworden. Dies folgt aus dem für die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung geltenden Grundsatz, dass die Pflegeversicherung der Krankenversicherung folgen solle (§ 20 Abs 1 S 1 SGB XI; BT-Drucks 12/5262 S 2 und S 101 ff sowie BT-Drucks 12/5962 S 3; zum Zusammentreffen der Versicherungspflicht mit bestehenden privaten Pflegeversicherungsverträgen vgl Art 42 PflegeVG). Weder die Zielsetzung der nahtlosen Leistungsgewährung noch die der Vermeidung von erheblichem Verwaltungsaufwand zum Stichtag 1.4.1995 lässt schließlich für solche Sachverhalte auf eine Regelungslücke schließen, die zeitlich erst nach der Einführung der sozialen Pflegeversicherung Leistungen bei häuslicher Pflege begründet haben, sei es, weil die Pflichtversicherung nach dem SGB XI - wie beim Kläger - erst nach dem 1.4.1995 begründet oder der Leistungsfall erst nach dem 1.4.1995 eingetreten und an den Leistungsträger herangetragen worden ist.

19

cc) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine darüber hinausgehende Regelung für Personen getroffen werden sollte, die - wie der Kläger - in anderen Sicherungssystemen den Leistungen nach den §§ 53 ff SGB V aF entsprechende Leistungen schon bis zum 31.3.1995 bezogen haben oder einen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 53 ff SGB V aF im Hinblick auf den Grad ihrer Pflegebedürftigkeit zwar gehabt hätten, solche aber tatsächlich nicht erhalten haben. Dabei kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe bei der Einführung der eigenständigen sozialen Pflegeversicherung jene Fallkonstellationen übersehen, in denen Betroffene zuvor Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit (auch) aus anderen Sicherungssystemen als den §§ 53 ff SGB V aF bezogen haben. Dies zeigt insbesondere Art 51 PflegeVG, der ein besonderes Pflegegeld für jene Pflegebedürftigen regelt, die am 31.3.1995 bereits Pflegegeld nach § 69 Bundessozialhilfegesetz aF bezogen haben.

20

dd) Die Bedeutung des Art 45 PflegeVG hat sich auch nicht durch Zeitablauf erledigt. Nach den Gesetzesmaterialien war von Anfang an beabsichtigt, dass auf der Grundlage von Art 45 PflegeVG einmal der Pflegestufe II zugeordnete Versicherte auch dort verbleiben sollen (BT-Drucks 12/5952 S 22: "Eine Rückstufung in Stufe I ist nicht vorgesehen."; vgl hierzu auch BSG SozR 3-3300 § 18 Nr 2, wonach ein Versicherter, der in den Anwendungsbereich der Bestandschutzregelung des Art 45 PflegeVG fällt, nur dann in die Pflegestufe I herabgestuft oder vom Leistungsbezug ganz ausgeschlossen werden kann, wenn sich der Pflegebedarf durch Umstände verringert hat, die erst nach dem 31.3.1995 eingetreten sind). Zielsetzung des Art 45 PflegeVG war es, den durch die Überleitung der Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff SGB V aF in das System des SGB XI entstehenden Verwaltungsaufwand nicht nur - wie im Gesetzentwurf mit Art 32 PflegeVG zunächst geplant - zeitlich zu strecken, sondern endgültig und vollständig entfallen zu lassen. Hierzu aber bedarf es des Festhaltens an der entsprechenden Rechtsgrundlage des Art 45 PflegeVG. Denn der Anwendungsbereich des Art 45 PflegeVG bleibt solange bestehen, wie Versicherte seit dem 1.4.1995 Leistungen nach dem SGB XI beziehen und bis zum 31.3.1995 bereits Leistungen nach den §§ 53 ff SGB V aF bezogen haben.

21

d) Der Regelungszweck des Art 45 PflegeVG steht schließlich auch der für die Vergleichbarkeit notwendigen Ähnlichkeit des vorliegend streitigen Sachverhalts mit dem Tatbestand dieser Übergangsvorschrift entgegen. Denn die Ähnlichkeit muss in den für die gesetzliche Bewertung maßgeblichen Kriterien bestehen, die aus dem Gesetzeszweck und dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zu erschließen ist (vgl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 381 f). Damit genügt es nicht, nur auf die pflegebezogene und finanzielle Ähnlichkeit der Leistungen nach den §§ 53 bis 57 SGB V aF und der vom Kläger bis 31.3.1995 bezogenen beihilferechtlichen Pauschalbeihilfe abzustellen. Gegen die gesetzessystematische Ähnlichkeit spricht allerdings nicht bereits der Umstand, dass die Pauschalbeihilfe die "Vermeidung der dauernden Unterbringung" voraussetzt. Denn die dem Kriterium gleichstehende "Vermeidung stationärer Pflege" nach § 55 Abs 1 S 1 und 2 SGB V aF war auch bei der Entwicklung des Katalogs der Verrichtungen berücksichtigt worden, an Hand derer die Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff SGB V aF zu beurteilen war(BSGE 73, 146, 155 = SozR 3-2500 § 53 Nr 4 S 24). Unabhängig davon unterscheidet sich der Sachverhalt des vorliegenden Falles bezüglich der für die Zielsetzung maßgeblichen Gesichtspunkte vom Tatbestand des Art 45 PflegeVG. Der Beginn des Bezug von Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI beruht beim Kläger nämlich nicht auf der Einführung der eigenständigen Pflegeversicherung zum 1.4.1995, sodass hier auch keine Unterbrechung des Leistungsbezugs zu befürchten war, weil die Pflegekassen die Antragsflut nur zeitlich gestreckt abarbeiten konnten. Konnte aber die Zielsetzung des Art 45 PflegeVG beim vorliegenden Sachverhalt gar nicht greifen, fehlt ihm die für eine Analogie notwendige Vergleichbarkeit mit dem Gesetzeszweck des Art 45 PflegeVG.

22

5. Zu einer gegenteiligen Auslegung zwingt auch nicht das Verfassungsrecht. Es verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, dass die Überleitungsvorschrift des Art 45 PflegeVG nur solche Versicherte betrifft, die bis zum 31.3.1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 bis 57 SGB V aF erhalten haben.

23

a) Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 71, 146, 154 f mwN). Maßgeblicher Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ist also die Frage, ob eine Personengruppe gegenüber einer anderen ohne hinreichenden sachlichen Grund unterschiedlich behandelt wird (BVerfGE 78, 232, 247 = SozR 5850 § 14 Nr 11).

24

b) Sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der pflegebedürftigen Versicherten, die bis zum 31.3.1995 bereits Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 ff SGB V aF bezogen haben, und solchen, die entsprechende Leistungen nach anderen Sicherungssystemen wie dem Beihilferecht bezogen haben, war das Interesse des Gesetzgebers, den Versicherten der GKV bei Einführung der sozialen Pflegeversicherung zum 1.4.1995 nahtlos Leistungen bei häuslicher Pflege gewährleisten zu wollen, ohne gleichzeitig die Pflegekassen mit einer entsprechenden Antragsflut zu befassen. Sowohl das Interesse, den Pflegebedürftigen, deren Leistungen durch die Einführung der sozialen Pflegeversicherung neu zu beantragen waren, nahtlos Leistungen bei häuslicher Pflege zu gewähren (§§ 36 ff SGB XI), als auch das Interesse, das Anlaufen der Verwaltungspraxis der Pflegekassen möglichst reibungslos zu gestalten, sind hinreichende sachliche Gründe, die es dem Gesetzgeber im Rahmen der ihm eingeräumten Gestaltungsfreiheit gestatten, Überleitungsregelungen wie Art 45 PflegeVG zu schaffen. Der Senat hat hierzu bereits darauf hingewiesen, dass die Einführung der Pflegeversicherung zu den komplexen Sachverhalten gehört, die dem Gesetzgeber im Anfangsstadium "gröbere" Typisierungen und Generalisierungen gestatten (BSG SozR 3-2500 § 55 Nr 2 S 8 aE f). Dazu gehört auch die Entscheidung, sämtliche Leistungsempfänger nach den §§ 53 ff SGB V aF nicht nur vorübergehend, sondern unabhängig vom tatsächlichen Grundpflegebedarf der Pflegestufe II zuzuordnen, um den andernfalls nötigen Verwaltungsaufwand vollständig zu vermeiden und nicht nur zeitlich zu strecken, eine entsprechende "Vergünstigung" für Betroffene aus anderen Sicherungssystemen, die - wie der Kläger - erst zu einem späteren Zeitpunkt in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig geworden sind, aber nicht vorzusehen.

25

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat

1.
316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.

(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.

(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben in folgenden Intervallen eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen:

1.
bei den Pflegegraden 2 und 3 halbjährlich einmal,
2.
bei den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich einmal.
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen. Auf Wunsch der pflegebedürftigen Person erfolgt im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis einschließlich 30. Juni 2024 jede zweite Beratung abweichend von den Sätzen 1 bis 3 per Videokonferenz. Bei der Durchführung der Videokonferenz sind die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden einzuhalten. Die erstmalige Beratung nach den Sätzen 1 bis 3 hat in der eigenen Häuslichkeit zu erfolgen.

(3a) Die Beratung nach Absatz 3 dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.

(3b) Die Beratung nach Absatz 3 kann durchgeführt werden durch

1.
einen zugelassenen Pflegedienst,
2.
eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder
3.
eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft, sofern die Durchführung der Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann.

(3c) Die Vergütung für die Beratung nach Absatz 3 ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von dem zuständigen Beihilfeträger. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach den Sätzen 2 und 4 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.

(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens

1.
zu Beratungsstandards,
2.
zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie
3.
zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall.
Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend.

(5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.

(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.

(7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 bis 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.

(8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.

(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat

1.
316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.

(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.

(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben in folgenden Intervallen eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen:

1.
bei den Pflegegraden 2 und 3 halbjährlich einmal,
2.
bei den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich einmal.
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen. Auf Wunsch der pflegebedürftigen Person erfolgt im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis einschließlich 30. Juni 2024 jede zweite Beratung abweichend von den Sätzen 1 bis 3 per Videokonferenz. Bei der Durchführung der Videokonferenz sind die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden einzuhalten. Die erstmalige Beratung nach den Sätzen 1 bis 3 hat in der eigenen Häuslichkeit zu erfolgen.

(3a) Die Beratung nach Absatz 3 dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.

(3b) Die Beratung nach Absatz 3 kann durchgeführt werden durch

1.
einen zugelassenen Pflegedienst,
2.
eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder
3.
eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft, sofern die Durchführung der Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann.

(3c) Die Vergütung für die Beratung nach Absatz 3 ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von dem zuständigen Beihilfeträger. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach den Sätzen 2 und 4 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.

(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens

1.
zu Beratungsstandards,
2.
zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie
3.
zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall.
Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend.

(5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.

(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.

(7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 bis 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.

(8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.

(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Versicherte haben nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 anerkannt ist. Die Festzuschüsse umfassen 60 Prozent der nach § 57 Abs. 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 5 und 6 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne erhöhen sich die Festzuschüsse nach Satz 2 auf 70 Prozent. Die Erhöhung entfällt, wenn der Gebisszustand des Versicherten regelmäßige Zahnpflege nicht erkennen lässt und der Versicherte während der letzten fünf Jahre vor Beginn der Behandlung

1.
die Untersuchungen nach § 22 Abs. 1 nicht in jedem Kalenderhalbjahr in Anspruch genommen hat und
2.
sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht wenigstens einmal in jedem Kalenderjahr hat zahnärztlich untersuchen lassen.
Die Festzuschüsse nach Satz 2 erhöhen sich auf 75 Prozent, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren vor Beginn der Behandlung die Untersuchungen nach Satz 4 Nr. 1 und 2 ohne Unterbrechung in Anspruch genommen hat. Abweichend von den Sätzen 4 und 5 entfällt die Erhöhung der Festzuschüsse nicht aufgrund einer Nichtinanspruchnahme der Untersuchungen nach Satz 4 im Kalenderjahr 2020. In begründeten Ausnahmefällen können die Krankenkassen abweichend von Satz 5 und unabhängig von Satz 6 die Festzuschüsse nach Satz 2 auf 75 Prozent erhöhen, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Behandlungen die Untersuchungen nach Satz 4 Nummer 1 und 2 nur mit einer einmaligen Unterbrechung in Anspruch genommen hat. Dies gilt nicht in den Fällen des Absatzes 2. Bei allen vor dem 20. Juli 2021 bewilligten Festzuschüssen, die sich durch die Anwendung des Satzes 6 rückwirkend erhöhen, ist die Krankenkasse gegenüber dem Versicherten zur Erstattung des Betrages verpflichtet, um den sich der Festzuschuss nach Satz 6 erhöht; dies gilt auch in den Fällen, in denen die von der Krankenkasse genehmigte Versorgung mit zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen zwar begonnen, aber noch nicht beendet worden ist. Das Nähere zur Erstattung regeln die Bundesmantelvertragspartner.

(2) Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in Höhe von 40 Prozent der nach § 57 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 5 und 6 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach Absatz 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nur den Festzuschuss nach Absatz 1 Satz 2 und den Betrag in Höhe von 40 Prozent der nach § 57 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 5 und 6 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Eine unzumutbare Belastung liegt vor, wenn

1.
die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches nicht überschreiten,
2.
der Versicherte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz, Leistungen nach dem Recht der bedarfsorientierten Grundsicherung, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Dritten Buch erhält oder
3.
die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden.
Als Einnahmen zum Lebensunterhalt der Versicherten gelten auch die Einnahmen anderer in dem gemeinsamen Haushalt lebender Angehöriger und Angehöriger des Lebenspartners. Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht Grundrenten, die Beschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der in Satz 2 Nr. 1 genannte Vomhundertsatz erhöht sich für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches.

(3) Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen weiteren Betrag. Die Krankenkasse erstattet den Versicherten den Betrag, um den die Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2 das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur Gewährung eines Gesamtbetrages aus dem Festzuschuss nach Absatz 1 Satz 2 und des zusätzlichen Betrages nach Absatz 2 Satz 1 maßgebenden Einnahmegrenze übersteigen. Die Beteiligung an den Kosten umfasst höchstens einen Betrag in Höhe eines Gesamtbetrages bestehend aus dem Festzuschuss nach Absatz 1 Satz 2 und des zusätzlichen Betrages nach Absatz 2 Satz 1, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.

(4) Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, haben sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen.

(5) Die Krankenkassen haben die bewilligten Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2 bis 7, den Absätzen 2 und 3 in den Fällen zu erstatten, in denen eine von der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 abweichende, andersartige Versorgung durchgeführt wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.