Bundessozialgericht Beschluss, 25. Juli 2017 - B 11 AL 23/17 B
Gericht
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den allein geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, nicht in der gebotenen Weise bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
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Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels gerügt, so müssen bei dessen Bezeichnung wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist bei der Rüge einer Gehörsverletzung die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36), denn eine Gehörsverletzung stellt gemäß § 202 SGG iVm § 547 ZPO keinen absoluten Revisionsgrund dar.
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Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er macht geltend, in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG habe das Gericht, nachdem die Parteivertreter nochmals zur Sach- und Rechtslage vorgetragen hätten, mit keinem Wort zu erkennen gegeben, zu welcher Rechtsauffassung es in dem einen oder anderen Punkt neige, sondern stattdessen in der Sache entschieden. Dies stelle eine Verletzung der §§ 112 Abs 2, 62 und § 106 Abs 1 SGG dar. Die Entscheidung des LSG sei vom Ergebnis überraschend, denn vor der mündlichen Verhandlung sei eine Beweisaufnahme erfolgt und es sei auch über vergleichsweise Regelungen gesprochen worden. Wegen des überraschenden Ergebnisses beruhe die Entscheidung auch auf den Verfahrensmängeln.
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Gemäß § 62 Halbsatz 1 SGG, der dem schon in Art 103 Abs 1 GG verankerten prozessualen Grundrecht entspricht(vgl Neumann in Hennig, SGG, § 62 RdNr 6 ff, Stand Juni 2015), ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren. Die richterliche Hinweispflicht (§ 106 Abs 1 SGG) konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Hauck in Hennig, SGG, § 106 RdNr 10, Stand September 2010) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (vgl BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-1500 § 114 Nr 2 RdNr 34 vorgesehen). Auch § 112 SGG, der den Gang der mündlichen Verhandlung regelt, dient der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör(B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 112 RdNr 2).
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Eine den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung liegt danach vor, wenn das Urteil auf Gesichtspunkte gestützt wird, die bisher nicht erörtert worden sind, und dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (vgl nur BSG vom 22.4.2015 - B 3 P 8/13 R - BSGE 118, 239 = SozR 4-3300 § 23 Nr 7, RdNr 37; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 62 RdNr 8b). Allerdings besteht keine allgemeine Pflicht des Gerichts zu einem Rechtsgespräch oder zu einem Hinweis zu seiner Rechtsauffassung (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 62 RdNr 8e mwN). Denn diese würde eine tatsächliche und rechtliche Würdigung voraussetzen, die sich regelmäßig erst aufgrund einer abschließenden Beratung des Gerichts ergeben kann (vgl hierzu BVerwG vom 21.9.2011 - 5 B 11/11 - RdNr 3; BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-1500 § 114 Nr 2 RdNr 35 vorgesehen).
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Bereits deshalb erscheint zweifelhaft, ob die offenbar von umfassenden Hinweispflichten des Gerichts ausgehende Beschwerdebegründung eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als Verfahrensmangel ausreichend bezeichnet hat. Doch kann dies im Ergebnis offen bleiben, weil der Kläger jedenfalls nicht aufzeigt, warum auf diesem Verfahrensmangel die Entscheidung des LSG beruhen kann. Denn er führt nicht aus, was er nach einem Hinweis des Gerichts dazu, wie es entscheiden werde, weiter vorgetragen hätte und warum dieser Vortrag geeignet gewesen wäre, die Entscheidung zu beeinflussen. Insofern hätte es auch einer Darstellung der Sach- und Rechtslage in Bezug auf den Streitgegenstand bedurft, an der es ebenfalls fehlt. Die Aussage, weil das Ergebnis überraschend gewesen sei, beruhe das anzugreifende Urteil bereits auf einem Verfahrensmangel, trifft nicht zu und vermag die unterbliebene Auseinandersetzung in der Sache nicht zu ersetzen.
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Der Kläger hat auch nicht schlüssig aufgezeigt, warum das Urteil des LSG auf einer möglicherweise verfahrensfehlerhaften unzureichenden Protokollierung beruhen könnte. Aus seinem Vorbringen ergibt sich, dass die Beteiligten vortragen konnten, Anträge gestellt haben und das Gericht sodann ein Urteil verkündet hat, die Verhandlung mithin tatsächlich beendet wurde. Welche Bedeutung es vor diesem Hintergrund für das Ergebnis der Entscheidung haben soll, ob der Vorsitzende des Senats die mündliche Verhandlung "förmlich" - wie es der Kläger für erforderlich hält - für geschlossen erklären muss und ob er dies getan hat, erschließt sich nicht.
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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.
(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
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wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts.
(2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, daß sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen.
(3) Die Anträge können ergänzt, berichtigt oder im Rahmen des § 99 geändert werden.
(4) Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Verlangen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu stellen. Wird eine Frage von einem Beteiligten beanstandet, so entscheidet das Gericht endgültig.
(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
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um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen, - 2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen, - 3.
Auskünfte jeder Art einholen, - 4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen, - 5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen, - 6.
andere beiladen, - 7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.
(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts.
(2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, daß sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen.
(3) Die Anträge können ergänzt, berichtigt oder im Rahmen des § 99 geändert werden.
(4) Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Verlangen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu stellen. Wird eine Frage von einem Beteiligten beanstandet, so entscheidet das Gericht endgültig.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.