Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2010 - XII ZR 69/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien sind Vertragspartner eines gewerblichen Mietverhältnisses und streiten über die Erstattung von Verwaltungskosten.
- 2
- Die Klägerin ist Vermieterin von Gewerbeflächen in einem SB-Markt. Die Beklagte mietete noch vom Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1997 Flächen zum Betrieb eines Getränkeshops. Mit der Klage verlangt die Klägerin aufgrund von Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004 Nachzahlungen auf die Nebenkosten, von denen in der Revision noch die Verwaltungskosten von jährlich (brutto) 1.299,54 € im Streit stehen. Der Mietvertrag enthält insoweit die formularmäßig vereinbarte Verpflichtung des Mieters zur Übernahme von Nebenkosten , bei denen unter den "Kosten des Betriebes" u.a. "Verwaltungskosten" aufgeführt sind.
- 3
- Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage hinsichtlich der Verwaltungskosten abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin insoweit ihren Zahlungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil, das u.a. in GuT 2008, 200 veröffentlicht ist, die Auffassung vertreten, dass die Klausel zur Umlage der Verwaltungskosten nicht transparent und daher nach § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam sei. Eine nähere Beschreibung des Begriffs der Verwaltungskosten fehle ebenso wie eine Begrenzung der Höhe der Belastung des Mieters. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch könne dem Begriff auch durch Auslegung kein hinreichend bestimmter Inhalt beigemessen werden. Der Umfang der Verwaltungstätigkeit richte sich nach den Besonderheiten des Objektes und könne vom Mieter nicht beurteilt werden. Neben der kaufmännischen Verwaltung könnten auch Aufgaben der technischen Verwaltung umfasst sein. Letztlich sei ein Verständnis nicht auszuschließen, dass der Begriff "Verwaltungskosten" als eine Art Auffangregelung für alle Kosten verstanden "und missverstanden" werde, die mit der Objektbewirtschaftung zusammenhingen und nicht speziell aufgelistet seien. Damit werde dem Mieter ein nicht einschätzbares Risiko aufgebürdet. Eine Konkretisierung könne auch nicht unter Heranziehung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV erreicht werden, weil die Vorschrift keine Anwendung auf Gewerberaummietverhältnisse finde. Wegen ihrer vom Gewerberaummietrecht verschiedenen Zweckrichtung könne die Vorschrift auch nicht als Auslegungshilfe herangezogen werden. Auch ein Rückgriff auf § 27 WEG verbiete sich wegen der gänzlich anderen Struktur der Verwaltung nach dem WEG.
II.
- 6
- Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 7
- Im vorliegenden Fall ist nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anstelle des § 9 AGBG § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB anwendbar. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden, dass eine in einem gewerblichen Mietverhältnis vereinbarte Formularklausel zur Umlage der "Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung" nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Das gilt für die vorliegend vereinbarte Umlage der "Verwaltungskosten" in gleicher Weise.
- 8
- Die Formularklausel ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hinreichend transparent. Nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass allgemeine Geschäftsbe- dingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners (Senatsurteil vom 16. Mai 2007 – XII ZR 13/05 - NZM 2007, 516 m.w.N.). Dem genügt die vorliegende Klausel.
- 9
- Der in § 5 des Mietvertrages verwendete Begriff der "Verwaltungskosten" ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N.). Entgegen dem Berufungsgericht kann zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Definitionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV und § 26 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung zurückgegriffen werden. Dass diese Regelungen für die Geschäftsraummiete nicht einschlägig sind, steht ihrer Heranziehung als Hilfsmittel zur näheren Bestimmung der umlegbaren Kosten nicht im Wege. Auch die Herausnahme der Verwaltungskosten aus den umlegbaren Kosten nach der BetrKV hindert nicht daran, im Bereich der Geschäftsraummiete zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf die vorhandene gesetzliche Definition zurückzugreifen (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N.). Es trifft zwar zu, dass bei gewerblichen Mietobjekten andere Verwaltungskosten anfallen als bei der Wohnungsmiete. Daraus folgt aber nicht, dass die gesetzliche Definition bei der Gewerbemiete nicht sinnvoll anzuwenden wäre. Wenn die im Einzelfall anfallenden Verwaltungskosten auch weitere als die gesetzlich definierten Positionen erfassen, so folgt daraus allein, dass die Kosten insoweit bei Heranziehung der gesetzlichen Definition nicht umlegbar sind. Die Transparenz des Begriffs der Verwaltungskosten wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Verbleibende Unklarheiten gehen überdies nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Klauselverwenders (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 10
- Schließlich werden durch die technische Hausverwaltung auch nicht teilweise Kosten erfasst, die der Instandhaltung und Instandsetzung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV zuzuordnen wären. Vielmehr sind die Verwaltungskosten als Gemeinkosten von den Kosten von Dienst- oder Werkleistungen im Rahmen einer konkreten Instandhaltungsmaßnahme zu trennen (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 11
- Auch im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kosten bedurfte es keiner näheren Konkretisierung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen und auch nicht der Festlegung einer Höchstgrenze. Vielmehr hatte die Klägerin, etwa wegen eines möglichen Verwalterwechsels, ein legitimes Interesse an der variablen Ausgestaltung der Kostenregelung und war die Beklagte als Geschäftsraummieterin in der Lage, die entstehenden Kosten wenigstens im Groben abzuschätzen (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N. auch zur Abgrenzung von der bisherigen Senatsrechtsprechung). Gegen die Umlegung überhöhter oder nicht erforderlicher Kosten ist der Mieter schließlich durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend geschützt (vgl. Schmid Handbuch der Mietnebenkosten 11. Aufl. Rdn. 1053 ff., 1077 m.w.N.).
III.
- 12
- Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Denn das Berufungsgericht hat zum Anfall und zur Angemessenheit der Kosten, die von der Beklagten bestritten worden sind, aus seiner Sicht folgerichtig noch keine Feststellungen getroffen.
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 25.08.2006 - 2 O 179/05 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 10.04.2008 - 3 U 158/06 -
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Annotations
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Sach- und Arbeitsleistungen des Eigentümers oder Erbbauberechtigten dürfen mit dem Betrag angesetzt werden, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte; die Umsatzsteuer des Dritten darf nicht angesetzt werden.
(2) Zu den Betriebskosten gehören nicht:
- 1.
die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung (Verwaltungskosten), - 2.
die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten).
(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die
- 1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder - 2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.
(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Sach- und Arbeitsleistungen des Eigentümers oder Erbbauberechtigten dürfen mit dem Betrag angesetzt werden, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte; die Umsatzsteuer des Dritten darf nicht angesetzt werden.
(2) Zu den Betriebskosten gehören nicht:
- 1.
die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung (Verwaltungskosten), - 2.
die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten).