Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2012 - XII ZR 40/10

published on 11/01/2012 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2012 - XII ZR 40/10
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Landgericht Göttingen, 5 O 144/08, 20/05/2009
Oberlandesgericht Braunschweig, 8 U 98/09, 25/02/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 40/10 Verkündet am:
11. Januar 2012
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung bei einer mietvertraglich
vereinbarten Konkurrenzschutzklausel.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Dose, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Teil- und Grundurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 25. Februar 2010 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 20. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer mietvertraglichen Konkurrenzschutzklausel geltend.
2
Die Klägerin schloss 1986 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Mietvertrag über Gewerberäume in einem "Ärztehaus" zum Betrieb eines Optik- und Hörgerätegeschäfts. Der Mietvertrag enthält in § 14 die Klausel: "Konkurrenzschutz für den Mieter wird in folgendem Umfang vereinbart : Kein weiteres Optik- und Hörgerätegeschäft in Objekten der "U… in H..."
3
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wurde in dem Gebäude bereits eine Praxis für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde betrieben, die von der Streithelferin der Beklagten im Oktober 2005 übernommen wurde. Die Klägerin, die in den angemieteten Räumen zunächst nur ein Optikergeschäft betrieben hatte, erweiterte zum 1. August 2006 ihren Betrieb um eine Hörgeräteakustikabteilung.
4
In der Folgezeit begann die Streithelferin im sogenannten "verkürzten Versorgungsweg" Hörgeräte unmittelbar an Patienten abzugeben. Dabei übernimmt der HNO-Arzt u. a. die audiometrische Messung und das Erstellen von Ohrabdrücken zur Anpassung und Lieferung von Hörgeräten, die Feinanpassung der vom Hersteller direkt an ihn gelieferten Hörgeräte sowie die Einweisung der Patienten.
5
Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen die in § 14 des Mietvertrages enthaltene Konkurrenzschutzklausel. Sie begehrt daher im vorliegenden Verfahren von der Beklagten, gegenüber der Streithelferin auf die Einhaltung der Konkurrenzschutzklausel hinzuwirken (Klagantrag zu 1). Außerdem möchte die Klägerin gerichtlich feststellen lassen, dass sie wegen der Verstöße gegen die Konkurrenzschutzklausel bis zu deren Beseitigung zur Minderung der Miete berechtigt ist (Klaganträge zu 2 u. 3). Schließlich macht die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns (Klaganträge 4 und 5) geltend.
6
Das Landgericht hat einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel verneint und die Klage als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und im Wege eines Teil- und Grundurteils den Klaganträgen zu 1 bis 3 überwiegend und den Klaganträgen zu 4 und 5 dem Grunde nach stattgegeben. Die Revision hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Frage zugelassen, ob der Mieter bei einem Verstoß gegen einen vereinbarten Konkurrenzschutz zur Minderung der Miete berechtigt ist.
7
Mit der Revision möchte die Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung erreichen.

Entscheidungsgründe:

8
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Abänderung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

I.

9
Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel bejaht und zur Begründung ausgeführt, dies folge aus einer ergänzenden Vertragsauslegung des § 14 des Mietvertrages. Die dort vereinbarte Konkurrenzschutzklausel erfasse nach ihrem Wortlaut zwar lediglich das Verbot, Räume innerhalb der Objekte der U. GmbH & Co. KG an Optik- und Hörgerätegeschäfte zu überlassen. Da diese Regelung ihrem Wortlaut nach der Klägerin jedoch keinen Schutz vor konkurrierenden Tätigkeiten biete, die nicht in Geschäften , sondern in Praxisräumen ausgeübt würden, läge eine Lücke der ver- traglichen Regelung vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden müsse. Da es der Rechtsvorgängerin der Beklagten erkennbar darum gegangen sei, der Klägerin zu ermöglichen, als Optikerin und als Hörgeräteakustikerin konkurrenzlos Leistungen im gleichen Objekt zu erbringen , habe die Klägerin unabhängig von der Organisationsform und der Art der Räumlichkeiten, in denen die konkurrierende Tätigkeit erbracht werde, vor der Erbringung von Leistungen aus ihrem Berufsbild durch andere Mieter geschützt werden sollen. Dabei hätten die Parteien bei der Vereinbarung der Konkurrenzschutzklausel nicht die Möglichkeit vor Augen gehabt, dass die im Mietobjekt praktizierenden Ärzte abweichend von den damaligen traditionellen Berufsbildern einmal selbst im Wege des "verkürzten Versorgungsweges" Leistungen erbringen würden, die sonst von Gesundheitshandwerkern erbracht würden.
10
Der Vertrag sei insoweit ausfüllungsbedürftig, weil durch die konkurrierende Tätigkeit der Streithelferin im selben Objekt der Klägerin gerade der Standortvorteil genommen werde, der bei Abschluss des Mietvertrages vereinbart worden sei. Daher sei anzunehmen, dass die Parteien auch einen entsprechenden Schutz der Klägerin vereinbart hätten, wenn sie bei Abschluss des Mietvertrages die Möglichkeit bedacht hätten, dass die im selben Objekt praktizierenden Ärzte in Konkurrenz zur Klägerin treten könnten. Für die Klägerin sei der Umstand, dass die Ärzte nicht die gleichen Leistungen erbrächten, die auch sie anbiete, von zentraler Bedeutung. Denn für die Klägerin sei in diesen Fällen das Kerngeschäft des Verkaufs von Hilfsmitteln betroffen, während die dort praktizierenden Ärzte die Tätigkeiten der Vermittlung, des Verkaufs und der Abgabe der Hilfsmittel nur ergänzend zu ihren zentralen ärztlichen Leistungen erbringen würden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Leistungen, die die HNOÄrzte beim sogenannten "verkürzten Versorgungsweg" erbringen, als ärztliche Leistungen zu bezeichnen seien.
11
Die Klägerin sei auch nicht gehindert, den Verstoß gegen den vereinbarten Konkurrenzschutz geltend zu machen. Auch wenn die Klägerin zunächst nur ein Optikgeschäft betrieben und erst nach Abschluss des Mietvertrages zwischen der Beklagten und der Streithelferin ihr Hörgerätegeschäft eröffnet habe, sei es der Klägerin unbenommen gewesen, das Ausmaß ihrer Tätigkeit auch schon zuvor auf die Abgabe von Hörhilfen auszudehnen. Dass sie diese Tätigkeiten erst später aufgenommen habe, beeinträchtige ihren von Beginn des Mietverhältnisses an zugesicherten Konkurrenzschutz nicht.
12
Der Klägerin stehe damit ein Anspruch auf Mietminderung gemäß § 536 Abs. 1 und 2 BGB zu. Nach herrschender Meinung berechtige eine vertragswidrige Konkurrenzsituation zur Minderung der Miete. Dabei könne im Ergebnis dahinstehen, ob ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB vorliege. Jedenfalls stelle die ausdrückliche Konkurrenzschutzabrede eine zugesicherte Eigenschaft im Sinne des § 536 Abs. 2 BGB dar. Durch die streitbefangene Klausel sei der Klägerin zugesichert worden, dass andere Mieter im selben Objekt nicht zu ihr in Konkurrenz treten. Von der Konkurrenzschutzklausel sei die Ertragsfähigkeit des Mietobjekts betroffen. Deshalb handele es sich um eine Eigenschaft der Sache. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe die Konkurrenzfreiheit auch zugesichert.
13
Da ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 2 BGB vorliege, stünden der Klägerin zudem Schadensersatzansprüche nach § 536 a Abs. 1 BGB wegen entgangenen Gewinns dem Grunde nach zu.

II.

14
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie beruhen auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der in § 14 des Mietvertrags enthaltenen Konkurrenzschutzklausel.
15
1. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.
16
a) Grundsätzlich kann die Zulassung der Revision nicht auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen beschränkt werden (BGHZ 101, 276 = NJW 1987, 2586, 2587; Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 18 und vom 13. April 2011 - XII ZR 110/09 - NJW 2011, 2796 Rn. 13 ff.). Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Beschränkung der Revisionszulassung nur möglich, wenn sie sich auf einen abtrennbaren Teil der Klageforderung bezieht, der einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre oder auf den die Revision hätte beschränkt werden können (Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117 und vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405; BGH Urteile vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03 - NJW 2004, 3264 und vom 3. März 2005 - IX ZR 45/04 - NJW-RR 2005, 715). Danach ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisionszulassung auf den Ausspruch zur Mietminderung (Klaganträge zu 2 und 3) unwirksam.
17
b) Sofern man die Entscheidung des Berufungsgerichts dahingehend versteht, dass die Revision allein zur Klärung der Frage zugelassen werden sollte, ob bei einem Verstoß gegen einen vereinbarten Konkurrenzschutz der Mieter zur Minderung der Miete berechtigt ist, wäre diese Beschränkung bereits deshalb unwirksam, weil es sich insoweit um eine reine Rechtsfrage handelt, die nicht allein Gegenstand einer Revisionszulassung sein kann.
18
c) Sollte das Berufungsgericht eine Beschränkung der Revisionszulassung auf seine Entscheidung zu den Klaganträgen zu 2 und 3 beabsichtigt haben , wäre diese ebenfalls unzulässig, weil über diese Klaganträge nicht im Wege eines Teilurteils hätte entschieden werden können.
19
(1) Nach § 301 ZPO, an dessen Grundsätzen die Beschränkung der Revisionszulassung zu messen ist, ist ein Teilurteil nur zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes ergeht und der Ausspruch über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117). Der Erlass eines Teilurteils setzt neben der Teilbarkeit des Streitgegenstandes oder einer Mehrheit von Streitgegenständen voraus, dass die Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil garantiert ist (Zöller/ Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 301 Rn. 7 mwN). Die Widerspruchsfreiheit ist in einem weiten Sinne zu verstehen und erfasst daher auch Fälle der Vorgreiflichkeit. Daher darf die Entscheidung über den weiter rechtshängigen Streit nicht eine Vorfrage umfassen, die bereits für die erledigte Teilentscheidung erheblich war (Zöller/Vollkommer aaO). Da einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen eine Entscheidung aufbaut, grundsätzlich nicht von der Rechtskraft erfasst werden, besteht sonst die Gefahr einer unterschiedlichen Beantwortung der Vorfrage, wenn das Verfahren durch den Erlass eines Teilurteils aufgespaltet wird. Dabei ist der Erlass eines Teilurteils bereits dann unzulässig, wenn sich die Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug ergeben kann (Senatsurteil vom 24. Februar 1999 - XII ZR 155/97 - FamRZ 1999, 992, 993 mwN).
20
(2) Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht bei der Prüfung des Klagantrags zu 1 einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzvereinbarung bejaht und dem Leistungsantrag der Klägerin durch Teilurteil entsprochen. Nach § 322 Abs. 1 ZPO reicht die Rechtskraft eines Urteils jedoch nur so weit, als über den erhobenen (prozessualen) Anspruch entschieden ist. Sie beschränkt sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, d.h. auf die Rechtsfolge, die auf eine Klage oder Widerklage aufgrund eines bestimmten Sachverhalts bei Schluss der mündlichen Verhandlung den Entscheidungssatz bildet (BGHZ 170, 180 = NJW 2007, 1466 Rn. 7). Aus der Entscheidung über den Klagantrag zu 1 erwächst daher nur der Ausspruch des Berufungsgerichts über die Verpflichtung der Klägerin, auf eine Einhaltung der Konkurrenzschutzklausel hinzuwirken , in Rechtskraft. Die Frage, ob die Streithelferin gegen die Klausel verstößt , ist dabei nur eine Vorfrage, die an der Rechtskraft der (Teil-) Entscheidung nicht teilnimmt. Dieselbe Vorfrage ist jedoch auch für das Minderungsrecht entscheidungserheblich, auf das sich die Klägerin zur Begründung ihrer Klaganträge zu 2 und 3 beruft. Die Klägerin wäre nur dann zur Minderung der Miete berechtigt, wenn die Streithelferin durch die Abgabe der Hörgeräte im "vereinfachten Versorgungsweg" gegen die Konkurrenzschutzklausel verstoßen würde. Bei einer isolierten Entscheidung über die Klaganträge zu 2 und 3 könnte diese Frage daher ohne Bindungswirkung an das Teilurteil zu Klagantrag zu 1 frei und damit auch gegenteilig entschieden werden. Dem Gebot der Widerspruchsfreiheit wäre nicht genügt. Der Erlass eines Teilurteils wäre daher unzulässig.
21
Das Berufungsgericht durfte daher insoweit die Revisionszulassung nicht beschränken. Die Beschränkung ist somit unbeachtlich (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 17).
22
2. Auch in der Sache begegnet das Berufungsurteil revisionsrechtlich durchgreifenden Bedenken. Denn die Auslegung der Konkurrenzschutzklausel durch das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft.
23
a) Die Auslegung individueller privatrechtlicher Willenserklärungen unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur insoweit, als es sich darum handelt, ob sie gesetzlichen Auslegungsregeln, Erfahrungssätzen oder den Denkgesetzen widerspricht und ob sie nach dem Wortlaut der Erklärung möglich ist (Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - XII ZR 148/07 - NJW-RR 2010, 1508 Rn. 30 und vom 4. März 2009 - XII ZR 18/08 - FamRZ 2009, 768 Rn. 14). Die vom Berufungsgericht gewählte Auslegung erweist sich als rechtfehlerhaft. Denn es hat die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung verkannt. Insoweit unterliegt das Urteil der revisionsgerichtlichen Kontrolle (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 148/07 - NJW-RR 2010, 1508 Rn. 30).
24
b) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist das Bestehen einer Regelungslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der Bestimmungen des Rechtsgeschäfts (BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177, 1178), die nicht durch die Heranziehung von Vorschriften des dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann (BGHZ 137, 153 = NJW 1988, 450, 451). Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt nicht, dass es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGHZ 170, 311 = NJW-RR 2007, 687 Rn. 28; BGH Urteile vom 2. Juli 2004 - V ZR 209/03 - NJW-RR 2005, 205, 206; vom 13. Februar 2004 - V ZR 225/03 - WM 2004, 2125, 2126 und vom 1. Juli 1999 - I ZR 181/96 - WM 1999, 2553, 2555). Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages tatsächlich Vereinbarten stehen würde (BGHZ 40, 91 = NJW 1963, 2071, 2075). Zudem darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhaltes führen (BGHZ 40, 91 = NJW 1963, 2071, 2075).
25
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage begegnet die Annahme des Berufungsgerichts , die Konkurrenzschutzklausel in § 14 des Mietvertrages weise eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke auf, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
26
Es ist zwar richtig, dass die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Abschluss des Mietvertrages im Jahr 1986 die Möglichkeit der Versorgung von Patienten mit Hörgeräten durch den in dem Objekt praktizierenden HNO-Arzt nicht berücksichtigen konnten, weil die Leistungserbringung im "verkürzten Versorgungsweg" nach § 126 SGB V erst zum 1. Januar 1989 durch das Gesundheitsreform-Gesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) eingeführt worden ist. Dennoch ist es zur Verwirklichung des Regelungsplans der Vertragsparteien nicht erforderlich, den durch § 14 des Mietvertrags vereinbarten Konkurrenzschutz auf die Abgabe von Hörgeräten im "verkürzten Versorgungsweg" durch die Streithelferin auszudehnen.
27
Maßgeblich für die Prüfung, ob der Mietvertrag eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke enthält, ist, welchen Umfang an Konkurrenzschutz die Klä- gerin bei Abschluss des Mietvertrags erwarten konnte (vgl. OLG Köln NZM 2005, 866; OLG Hamm ZMR 1997, 581, 582).
28
Danach spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung, von dem jede Auslegung auszugehen hat und den auch das Berufungsgericht seiner Auslegung im Ansatz zugrunde legt, gegen die Annahme einer Regelungslücke. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin haben in § 14 des Mietvertrags den gewährten Konkurrenzschutz konkret beschrieben und auf das Verbot der Vermietung von Räumlichkeiten an Dritte zum Betrieb eines Optik- und Hörgerätegeschäfts begrenzt. Die Klägerin sollte demnach primär vor unmittelbarer Konkurrenz durch einen gleichartigen Geschäftsbetrieb geschützt werden.
29
Soweit das Berufungsgericht zur Begründung einer Regelungslücke ausführt , der Rechtsvorgängerin der Beklagten sei es erkennbar darum gegangen, der Klägerin zu ermöglichen, als Optikerin und als Hörgeräteakustikerin konkurrenzlos Leistungen im gleichen Objekt zu erbringen, unabhängig davon, in welcher Organisationsform oder in welcher Art von Räumlichkeiten die konkurrierende Tätigkeit erbracht werde, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Annahme findet weder im Wortlaut der Konkurrenzschutzklausel noch in den weiteren Feststellungen eine tragfähige Grundlage.
30
Der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Klägerin war bei Abschluss des Mietvertrages bekannt, dass in dem Mietobjekt eine Praxis für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten betrieben wird. Die Klägerin musste daher bereits zu diesem Zeitpunkt damit rechnen, dass der dort praktizierende Facharzt sämtliche Leistungen erbringen wird, zu denen er berechtigt ist und es zu Überschneidungen zwischen ihrem Leistungsangebot und der ärztlichen Tätigkeit kommen kann. Hätten die Vertragsparteien, wie vom Berufungsgericht angenommen , tatsächlich die Absicht gehabt, die Klägerin auch vor ärztlichen Leistungen zu schützen, die sich mit ihrem eigenen Geschäftsbereich überschneiden , hätte es nahegelegen, bei der Formulierung der Konkurrenzschutzklausel nicht auf den Betrieb eines weiteren Optik- und Hörgerätefachgeschäfts abzustellen, sondern die Leistungen, für die der Klägerin Konkurrenzschutz gewährt werden sollte, konkret zu benennen (vgl. dazu OLG Brandenburg GesR 2007, 540 ff.). Dass von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht wurde, spricht dafür, dass nach dem Regelungsplan der Parteien die Klägerin tatsächlich nur vor der Konkurrenz durch ein weiteres Optiker- und Hörgerätegeschäft geschützt werden sollte.
31
Die Streithelferin betreibt jedoch weder ein Hörgerätegeschäft noch übt sie die Tätigkeit eines Hörgeräteakustikers aus, wenn sie im "verkürzten Versorgungswege" Hörgeräte an Patienten abgibt. Bei den Tätigkeiten, die die Streithelferin in diesem Zusammenhang erbringt, handelt es sich um ärztliche Leistungen, die zum beruflichen Bereich eines HNO-Arztes gehören oder zumindest mit diesem in sehr engem Zusammenhang stehen (BGH Urteil vom 29. Juni 2000 - I ZR 59/98 - NJW 2000, 2745). Durch die Möglichkeit, Hörhilfen im "verkürzten Versorgungsweg" an Patienten abzugeben, hat sich lediglich der Umfang der ärztlichen Leistungen erweitert, die ein HNO-Arzt in seiner Praxis anbieten darf.
32
Eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke lässt sich auch nicht damit begründen, dass ohne eine Vervollständigung des Vertrages keine angemessene und interessengerechte Lösung zu erzielen wäre. Der Standortvorteil, der der Klägerin durch die Konkurrenzschutzklausel gewährt wurde, besteht auch nachdem die Streithelferin dazu übergegangen ist, Hörgeräte an ihre Patienten im "verkürzten Versorgungsweg" abzugeben, fort. Nach den in der Revisionsinstanz nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin nach Abschluss des Mietvertrages zunächst viele Jahre nur ein Optikge- schäft betrieben. Erst nach der Übernahme der HNO-Praxis durch die Streithelferin hat die Klägerin ihr Geschäft um eine Akustikabteilung erweitert. Die wirtschaftliche Grundlage ihres Betriebs war bis dahin nicht von der Möglichkeit des Verkaufs von Hörgeräten geprägt. Durch die Erweiterung ihres Geschäfts im Jahr 2006 hat die Klägerin sich nur die Möglichkeit geschaffen, durch eine Vergrößerung ihres Leistungsangebots ihre Ertragslage zu verbessern, indem sie den Vorteil nutzt, dass in dem Ärztehaus ein HNO-Arzt praktiziert. Da jedoch jeder Patient frei darüber entscheiden kann, wo er sich ein verordnetes Hörgerät anfertigen lässt, hat die Klägerin durch die Eröffnung der Akustikabteilung nur die Chance erworben, dass sie Patienten der HNO-Praxis als Kunden gewinnt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass ohne eine Ausdehnung der Konkurrenzschutzklausel auf die Tätigkeiten der Streithelferin im Rahmen des "verkürzten Versorgungswegs" der von den Mietvertragsparteien intendierte Schutz der Klägerin wesentlich beeinträchtigt und der Regelungsplan der Parteien unvollständig wäre.
33
d) Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits im Rahmen des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes ein Vermieter nicht gehalten ist, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist (vgl. BGHZ 70, 79 = NJW 1978, 585, 586). Diese Wertung ist auch bei der Auslegung einer vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutzklausel zu berücksichtigen.
34
3. Nach all dem ergibt sich durch die Abgabe von Hörgeräten im "verkürzten Versorgungsweg" durch die Streithelferin kein Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel aus § 14 des Mietvertrages. Die Frage, ob ein Verstoß gegen eine Konkurrenzschutzklausel den Mieter zur Minderung der Miete berechtigt , kann dahinstehen.
35
4. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Sie ist zur Endentscheidung reif, da sich die Klägerin zur Begründung aller ihrer Ansprüche allein auf einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel gestützt und keine anderweitigen Mängel der Mietsache geltend gemacht hat. Unter Abänderung des Berufungsurteils war daher die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen. Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht im Wege eines Teil- und Grundurteils entschieden hat. Im Rechtsmittelverfahren kann die Klage dann insgesamt abgewiesen werden, wenn dem Kläger insgesamt keine Ansprüche mehr zustehen können. Das ist hier der Fall.
Hahne Weber-Monecke Dose Schilling Günter
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 20.05.2009 - 5 O 144/08 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 25.02.2010 - 8 U 98/09 -
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
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published on 17/06/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 226/03 Verkündet am: 17. Juni 2004 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B
published on 02/07/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 209/03 Verkündet am: 2. Juli 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
published on 27/01/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 148/07 Verkündet am: 27. Januar 2010 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 13/04/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 110/09 Verkündet am: 13. April 2011 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGH
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published on 30/01/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 46/18 Verkündet am: 30. Januar 2019 Fahrner, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
published on 20/02/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 189/18 Verkündet am: 20. Februar 2019 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
published on 20/02/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 115/18 Verkündet am: 20. Februar 2019 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
published on 20/02/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 66/18 Verkündet am: 20. Februar 2019 Reiter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG
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Annotations

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Absatz 1 und 3 abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen nach Satz 2, einschließlich der Fortbildung der Leistungserbringer, ab.

(1a) Die Krankenkassen stellen sicher, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind. Die Leistungserbringer führen den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 durch Vorlage eines Zertifikats einer geeigneten, unabhängigen Stelle (Präqualifizierungsstelle); bei Verträgen nach § 127 Absatz 3 kann der Nachweis im Einzelfall auch durch eine Feststellung der Krankenkasse erfolgen. Die Leistungserbringer haben einen Anspruch auf Erteilung des Zertifikats oder eine Feststellung der Krankenkasse nach Satz 2 zweiter Halbsatz, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 haben die Präqualifizierungsstelle im Rahmen ihrer Zertifizierungstätigkeit und die Krankenkasse bei ihrer Feststellung die Empfehlungen nach Absatz 1 Satz 3 zu beachten. Die Zertifikate sind auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Erteilte Zertifikate sind einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen, wenn die erteilende Stelle oder die Stelle nach Absatz 2 Satz 6 auf Grund von Überwachungstätigkeiten im Sinne der DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, feststellt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 nicht oder nicht mehr erfüllt sind, soweit der Leistungserbringer nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Übereinstimmung herstellt. Die erteilenden Stellen dürfen die für den Nachweis der Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Daten von Leistungserbringern verarbeiten. Sie haben den Spitzenverband Bund der Krankenkassen entsprechend seiner Vorgaben über ausgestellte sowie über verweigerte, eingeschränkte, ausgesetzte und zurückgezogene Zertifikate einschließlich der für die Identifizierung der jeweiligen Leistungserbringer erforderlichen Daten zu unterrichten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist befugt, die übermittelten Daten zu verarbeiten und den Krankenkassen sowie der nationalen Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 bekannt zu geben.

(1b) Abweichend von Absatz 1a Satz 2 erster Halbsatz haben öffentliche Apotheken keinen Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 zu führen, soweit apothekenübliche Hilfsmittel an Versicherte abgegeben werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker eine Vereinbarung darüber abzuschließen, welche Hilfsmittel als apothekenübliche Hilfsmittel im Sinne des Satzes 1 einzustufen sind. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 2 nicht bis zum 27. Januar 2024 zustande, legt die Schiedsstelle nach § 129 Absatz 8 bis zum 27. April 2024 den Inhalt der Vereinbarung fest. Eine bestehende Vereinbarung gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort; ein Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden der ersten Vereinbarung fort.

(2) Als Präqualifizierungsstellen dürfen nur Zertifizierungsstellen für Produkte, Prozesse und Dienstleistungen gemäß DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, tätig werden, die die Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 beachten und von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Die Akkreditierung erlischt mit dem Ablauf der Frist, mit der Einstellung des Betriebes der Präqualifizierungsstelle oder durch Verzicht der Präqualifizierungsstelle. Die Einstellung und der Verzicht sind der nationalen Akkreditierungsstelle unverzüglich mitzuteilen. Die bisherige Präqualifizierungsstelle ist verpflichtet, die Leistungserbringer, denen sie Zertifikate erteilt hat, über das Erlöschen ihrer Akkreditierung zu informieren. Die Leistungserbringer haben umgehend mit einer anderen Präqualifizierungsstelle die Fortführung des Präqualifizierungsverfahrens zu vereinbaren, der die bisherige Präqualifizierungsstelle die ihr vorliegenden Antragsunterlagen in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen hat. Das Bundesministerium für Gesundheit übt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Fachaufsicht über die nationale Akkreditierungsstelle aus. Präqualifizierungsstellen, die seit dem 1. Juli 2010 Aufgaben nach Absatz 1a wahrnehmen, haben spätestens bis zum 31. Juli 2017 einen Antrag auf Akkreditierung nach Satz 1 zu stellen und spätestens bis zum 30. April 2019 den Nachweis über eine erfolgreiche Akkreditierung zu erbringen. Die nationale Akkreditierungsstelle überwacht die Einhaltung der sich aus der DIN EN ISO/IEC 17065 und den Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 für die Präqualifizierungsstellen ergebenden Anforderungen und Verpflichtungen. Sie hat die Akkreditierung einzuschränken, auszusetzen oder zurückzunehmen, wenn die Präqualifizierungsstelle die Anforderungen für die Akkreditierung nicht oder nicht mehr erfüllt oder ihre Verpflichtungen erheblich verletzt; die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend. Für die Prüfung, ob die Präqualifizierungsstellen ihren Verpflichtungen nachkommen, kann die nationale Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 auf Informationen der Krankenkassen oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, berufsständischer Organisationen und Aufsichtsbehörden zurückgreifen.

(3) Für nichtärztliche Dialyseleistungen, die nicht in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden, gelten die Regelungen dieses Abschnitts entsprechend.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.