Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2002 - XII ZR 28/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und wegen Beschädigungen einer Villa in B. N. , die er mit notariellem Kaufvertrag vom 19. April 1996 erworben hat.Die Voreigentümerin A. hatte das Hausgrundstück mit Mietvertrag vom 17. April 1991 für die Zeit bis zum 14. April 1996 an den Beklagten zu 1 und - nach Ansicht des Klägers - zugleich auch an die Beklagte zu 2 zu einem Mietzins von zunächst 3.000 DM und später 3.750 DM monatlich zur Unterbringung jüdischer Aussiedler aus der ehemaligen UdSSR vermietet. Mit Untermietvertrag vom 10. Juni 1991 hatte der Beklagte zu 1 das Hausgrundstück zu einem monatlichen Mietzins von 5.000 DM zur Unterbringung von Obdachlosen an die Beklagte zu 3 untervermietet, die das Objekt am 16. April 1996 geräumt hat. Der notarielle Kaufvertrag enthält die nachstehende Erklärung der Abtretung von Ansprüchen der Verkäuferin gegen die Beklagten zu 1 und 3 auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen sowie wegen Beschädigungen, die nach der Behauptung des Klägers während der Mietzeit der Beklagten zu 3 entstanden sind: "Dem Käufer ist der derzeitige renovierungsbedürftige Zustand des Hauses bekannt. Der Verkäufer tritt dem Käufer sämtliche ihm gegenüber dem Mieter, Herrn M. M., sowie der Stadt N. zustehenden Ansprüche, mit Ausnahme des Anspruchs auf Zahlung der Miete, das heißt insbesondere die Ansprüche auf Durchführung von Renovierungsarbeiten, Schadensersatz usw. an den Mieter mit sofortiger Wirkung ab. Dieser nimmt die Abtretung an." Mit privatschriftlicher Abtretungserklärung vom 1./18. Oktober 1996 erweiterten die Voreigentümerin A. und der Kläger diese Abtretung auch auf Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. Eingangs dieser Urkunde heißt es unter Bezugnahme auf den Kaufvertrag: "Dabei wurde vereinbart, daß sämtliche aus Mietvertrag und Eigentum und sonstigem Rechtsgrund herrührenden Ansprüche gegen die Mieter
und die Stadt B. N. als Untermieterin mit Ausnahme des Anspruchs auf Zahlung der Miete auf Dr. B., Käufer, übergehen sollen. Bei Abfassung der Abtretungserklärung wurde übersehen, daû auch die J. G. B. N. Mieterin ist. Zur Klarstellung bestätigen und bekräftigen die Kaufvertragsparteien ihre Erklärungen wie folgt: ..." Der Beklagte zu 1 trat seinerseits die ihm aus dem Untermietvertrag gegen die Beklagte zu 2 zustehenden Ansprüche an den Kläger ab. Die Klage hatte im ersten Rechtszug Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage ab. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen wurde. Im übrigen führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Sache an das Oberlandesgericht.I.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 seien schon deshalb nicht entstanden, weil die Auslegung des Mietvertrages vom 17. April 1991 ergebe, daû sie nicht neben dem Beklagten zu 1 Vertragspartei geworden sei. Im übrigen hat es dahinstehen lassen, ob und in welchem Umfang die Voreigentümerin Schadenser-satz von den Beklagten zu 1 und 3 habe verlangen können, weil derartige Ansprüche jedenfalls mit der Veräuûerung des Grundstücks erloschen seien. Denn wenn der Eigentümer sein beschädigtes Hausgrundstück veräuûere, bevor er den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag erhalten habe, werde die Herstellung mit der Folge unmöglich, daû der Anspruch aus § 249 Satz 2 BGB erlösche (BGHZ 81, 385, 390 ff; und Urteil vom 5. März 1993 - V ZR 87/91 - NJW 1993, 1793, 1794). Für den Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen könne nichts anderes gelten. Das hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand. 2. Mit der gegebenen Begründung kann die Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 keinen Bestand haben. Denn die Rechtsprechung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (zuletzt: Nichtannahmebeschluû vom 10. Juni 1998 - V ZR 324/97 - NJW 1998, 2905), auf die das Berufungsgericht seine Auffassung stützt, etwa bestehende Schadensersatzansprüche seien hier mit der Veräuûerung des Grundstücks erloschen, hat sich nach Erlaû der angefochtenen Entscheidung geändert. Zumindest für den hier vorliegenden Fall, daû ein Anspruch auf Zahlung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages spätestens mit dem Wirksamwerden der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück an den Erwerber abgetreten wird, geht der V. Zivilsenat nunmehr vom Fortbestand dieses Anspruchs aus (vgl. Urteil vom 4. Mai 2001 - V ZR 435/99 - ZIP 2001, 1205, 1206 f. m. Anm. Vogel, EWiR § 249 2/01). Dies entspricht auch der Auffassung des erkennenden Senats. Selbst wenn man mit dem V. Zivilsenat davon ausgeht, daû der Fortbestand des Anspruchs aus § 249 Satz 2 BGB davon abhängig ist, daû die Herstellung des ursprünglichen Zustandes noch möglich wäre, ist diese Voraussetzung jeden-
falls auch dann noch gegeben, wenn das Eigentum an dem Grundstück und der Herstellungsanspruch (in der Ausgestaltung des § 249 Satz 1 oder 2 BGB) in einer Hand verbleiben. Es ist auch nicht einzusehen, warum der Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 249 Satz 2 BGB, der im Falle der Gesamtrechtsnachfolge , zum Beispiel im Erbfall, auf den Rechtsnachfolger übergeht, im Fall der umfassenden Einzelrechtsnachfolge durch Eigentumsübertragung und Forderungsabtretung erlöschen soll. Der Senat kann indes nicht abschlieûend entscheiden, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Voreigentümerin und dem Beklagten zu 1 die an den Kläger abgetretenen Schadensersatzansprüche zustanden. Ebenso folgerichtig hat es sich auch nicht mit den Behauptungen der Beklagten auseinandergesetzt, die Schäden durch Gewalteinwirkung seien erst nach Rückgabe des Mietobjekts an die Voreigentümerin entstanden, die das Haus unverschlossen dem Zugriff Dritter preisgegeben habe, und ein weiterer Teil der Schäden sei bereits bei Mietbeginn vorhanden gewesen. 3. Hingegen hält die Abweisung der gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Klage der rechtlichen Prüfung stand. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Hauptmietvertrages dahin, daû allein der Beklagte zu 1 Mieter sein sollte, ist möglich und revisionsrechtlich unbedenklich; Auslegungsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Entgegen der Auffassung der Revision liegt insbesondere kein Geständnis der Beklagten zu 2 im Sinne des § 288 ZPO dahingehend vor, sie sei ebenfalls auf Mieterseite Vertragspartei geworden.
Richtig ist zwar, daû die Beklagte zu 2 im ersten Rechtszug vorgetragen hatte, der "ursprünglich abgeschlossene Mietvertrag mit der j. G. " sei niemals vollzogen worden, und diese sei von der Rechtsvorgängerin des Klägers "einverständlich aus dem ursprünglichen Mietvertrag entlassen worden". Richtig ist ferner, daû über diesen Vortrag mündlich verhandelt worden ist und die Wirksamkeit eines Geständnisses nicht von dessen in § 160 Abs. 3 Nr. 3 ZPO vorgesehenen Protokollierung abhängt (vgl. Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 288 Rdn. 5). Das Revisionsgericht kann aber selbst und auch erstmalig prüfen, ob die Prozeûhandlung einer Partei die Voraussetzungen eines Geständnisses erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 - IX ZR 115/93 - NJW 1994, 3109 m.N.). Das ist hier nicht der Fall. Gegenstand eines Geständnisses können nur Tatsachen sein; diese allerdings auch in ihrer juristischen Einkleidung als einfacher Rechtsbegriff (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1990 - V ZR 245/88 - BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Rechtsbegriff 3). Zur Auslegung eines Vertrages heranzuziehende Umstände sind auch dann, wenn es sich um innere Vorgänge wie die Willensrichtung des Erklärenden handelt, dem Beweis und damit auch einem Geständnis zugängliche Tatsachen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Dezember 1986 - IVa ZR 169/85 - NJW 1987, 901 m.N. und vom 26. März 1981 - IVa ZR 141/80 - NJW 1981, 1562, 1563). So kann auch die Tatsache, daû eine Person (auch) im Namen eines Dritten aufgetreten ist, Gegenstand eines Geständnisses sein (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 1996 - IV ZR 335/94 - BGHR ZPO § 288 Geständniswille
5).
Von dem Sachverhalt, der der zuletzt genannten Entscheidung zugrunde lag, unterscheidet sich der vorliegende Fall aber dadurch, daû die Beklagtezu 2 zu keinem Zeitpunkt vorgetragen oder zugestanden hat, der Beklagte zu 1 sei auch in ihrem Namen aufgetreten. Sie hat darüber hinaus auch weder zugestanden , daû der Beklagte zu 1 alleinvertretungsberechtigt oder von ihr zum Abschluû des Mietvertrages bevollmächtigt gewesen sei, noch daû sie im Nachhinein die Erklärungen des Beklagten zu 1 genehmigt oder eine anderweitige Mieteintrittsvereinbarung geschlossen habe. Ihre Erklärung, der ursprünglich (auch) mit ihr zustande gekommene Mietvertrag sei niemals vollzogen worden und die ursprüngliche Vermieterin habe sie aus dem Mietvertrag entlassen, erweist sich daher als bloûe Rechtsansicht, an die sie - anders als an ein Geständnis - ebensowenig gebunden war wie das Gericht. Zwar mag die Erklärung, Mieter geworden zu sein, im Einzelfall als Tatsachenerklärung gewertet werden können, da es sich insoweit um einen einfachen , auch Nichtjuristen geläufigen Rechtsbegriff handelt. Dies setzt aber voraus , daû für die Art und Weise, in der dieses Mietverhältnis im konkreten Fall zustande gekommen sein soll, ersichtlich nur ein ganz bestimmtes tatsächliches Geschehen in Betracht kommt. Denn nicht das Rechtsverhältnis als solches , sondern nur die Tatsachen, aus denen sich dieses Rechtsverhältnis ergeben soll, können bestritten oder aber zugestanden werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1986 - IVa ZR 13/85 - BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Rechtsbegriff
2).
Ist ein an sich einfacher Begriff hingegen im konkreten Fall zweifelhaft, scheidet ein Geständnis im Sinne des § 288 ZPO aus (vgl. Musielak, ZPO 2. Aufl. § 288 Rdn. 4 m.N.). Als Geständnis einer Tatsache kann die einen solchen Begriff verwendende Erklärung aber auch dann nicht angesehen werden, wenn - wie hier - schon der Mietvertrag selbst hinsichtlich der Frage, ob neben der auf Mieterseite unterzeichnenden Naturalperson auch eine juristische Per-son Mitmieterin sein sollte, der Auslegung bedarf und mehrere, einander zum Teil ausschlieûende tatsächliche Vorgänge in Betracht kommen, infolge derer die juristische Person ebenfalls Partei dieses Vertrages geworden sein könnte. Denn der Erklärung der Beklagten zu 2 ist hier lediglich zu entnehmen, daû sie einer bestimmten Vertragsauslegung (zunächst) nicht entgegentreten will, nicht aber, daû damit zugleich eine von mehreren in Betracht kommenden tatsächlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen des Vertrages auch mit ihr unstreitig gestellt werden solle.
Gerber Sprick Weber-Monecke Ahlt Vézina
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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.
(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.
(1) Das Protokoll enthält
- 1.
den Ort und den Tag der Verhandlung; - 2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers; - 3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits; - 4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen; - 5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.
(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.
(3) Im Protokoll sind festzustellen
- 1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich; - 2.
die Anträge; - 3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist; - 4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht; - 5.
das Ergebnis eines Augenscheins; - 6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts; - 7.
die Verkündung der Entscheidungen; - 8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels; - 9.
der Verzicht auf Rechtsmittel; - 10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.
(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.
(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.
(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.
(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.