Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2000 - XII ZR 176/98

published on 19/07/2000 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2000 - XII ZR 176/98
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 176/98 Verkündet am:
19. Juli 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 242 Bb, 535 ff.
Zur Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach
Anmietung eines Ladenlokals in einem erst zu erstellenden Einkaufszentrum, wenn
dieses nach der Eröffnung nicht in der erwarteten Weise von den Kunden angenommen
wird (im Anschluß an Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97
= NJW 2000, 1714).
BGH, Urteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 176/98 - OLG Naumburg
LG Halle
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Sprick

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. Mai 1998 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin mietete mit Vertrag vom 20. April 1994 einen Laden in dem damals noch zu erstellenden Büro- und Geschäftshaus C. der Beklagten in H. . In der Folgezeit gelang es ihr nicht, eine Finanzierung des geplanten Vorhabens zu erreichen. Mit Vertrag vom 29. August 1995 mietete sie sodann - unter einverständlicher Aufhebung des Vertrages vom 20. April 1994 - in dem C. einen größeren Laden mit einer Grundfläche von ca. 382 qm zum Betrieb eines Geschäfts für Spielwaren und Kindermoden. Das Mietverhältnis sollte mit der für November 1995 in Aussicht genommenen
Übergabe des Objekts beginnen und war zunächst auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Der Mietzins sollte monatlich 19.100 DM zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer betragen. Der Mietvertrag enthielt unter anderem nähere Regelungen über die Nutzung der Mieträume, die Betriebspflicht, die Ladenöffnungszeiten und die Verpflichtung der Klägerin, einer zu gründenden Werbegemeinschaft anzugehören, sowie über die Aufgaben der Beklagten als Vermieterin, unter anderem hinsichtlich der "Organisation eines objektbezogenen Center-Managements", wodurch "die Voraussetzungen und Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts geschaffen und gefördert werden" sollten. Die Laden- und Büroflächen des C. waren weder 1994 noch 1995 vollständig vermietet. Am 31. August 1995 schlossen sich die Mieter der Ladengeschäfte zu einer Interessengemeinschaft zusammen, die gegenüber der Beklagten die unvollständige Vermietung, die unbefriedigende Parkplatzsituation und die unzureichende Verkehrsanbindung beanstandete und - unter anderem - eine Reduzierung des Mietzinses in der Anfangszeit forderte. Am 7. September 1995 teilte die A. C. H. der Klägerin mit, der Laden werde ihr am 15. September 1995 für den Eigenausbau übergeben werden. Darauf erklärte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 11. September 1995 die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung mit der Behauptung, ihr sei zugesichert worden, daß das Objekt so gut wie vollständig an erstklassige Anbieter vermietet sei; nur deshalb habe sie die Verträge geschlossen. Die Klägerin lehnte die Übernahme des gemieteten Ladens ab. Mit Schreiben vom 13. November 1995 forderte die Beklagte sie zur Zahlung des auf 50 % reduzierten Mietzinses für November 1995 auf. Später
sah die Beklagte von einer Mietzinsforderung für November 1995 ab, da das Mietverhältnis mangels Übergabe des Ladens noch nicht begonnen habe. Sie forderte die Klägerin auf, die Mieträume zum 1. Dezember 1995 zu übernehmen. Da die Klägerin zu dem Termin nicht erschien, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 1. Dezember 1995, sie habe die Mieträume ohne Beisein der Klägerin übergeben und werde ab Dezember 1995 Mietzins verlangen. Die Klägerin, die mit Schreiben vom 14. November 1995 das Mietverhältnis zusätzlich gekündigt hatte, weil in dem ihr vermieteten Laden die Einweihungsfeier für das C. s tattgefunden habe, hat unter Berufung auf die von ihr erklärte Anfechtung des Vertrages und die ausgesprochene Kündigung die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis zwischen ihr und der Beklagten über den - näher bezeichneten - Laden Nr. 16 in dem

C.

nicht mehr bestehe. Die Beklagte hält sowohl die Anfechtung des Vertrages als auch die fristlose Kündigung für unwirksam und bestreitet, daß die behaupteten Zusagen hinsichtlich des Vermietungsstandes in dem C. gemacht worden seien. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung die Klage abgewiesen mit der Begründung: Die Klägerin habe Zusicherungen der Vermieterin, daß die Gewerbeflächen des C. v ollständig vermietet seien, nicht nachzuweisen vermocht. Die kurzfristige Benutzung der Mieträume durch die Beklagte anläßlich der Einweihungsfeier stelle keine die fristlose Kündigung des Mietvertrages rechtfertigende schwerwiegende Vertragsverletzung dar. Schließlich seien auch die Voraussetzungen für eine Vertragsauflösung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht gegeben.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Nachdem der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg in einer Parallelsache, die ebenfalls einen Laden in dem C. betraf (4 U 189/96 OLG Naumburg = BGH XII ZR 279/97), die auf nicht eingehaltene Zusagen hinsichtlich der Auslastung, der Anzahl der zur Verfügung stehenden Parkplätze und der Verkehrsanbindung gestützte fristlose Kündigung eines anderen Mieters für berechtigt erklärt hatte, hat die Klägerin behauptet, auch ihr gegenüber seien die in jenem Urteil behandelten Zusagen gemacht worden. Das Oberlandesgericht hat seinerseits eine Beweisaufnahme durchgeführt und sodann unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die von der Klägerin begehrte Feststellung getroffen, daß das streitige Mietverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr bestehe. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, das Mietverhältnis zwischen den Parteien sei nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgelöst. Dazu hat das Gericht im einzelnen ausgeführt:
Ob die Klägerin bei Abschluß des Vertrages arglistig getäuscht worden sei, lasse sich nicht abschließend beurteilen, weil der von der Beklagten gegenbeweislich benannte Zeuge A. C. nicht vernommen worden sei. Im Ergebnis komme es aber auf die Frage einer arglistigen Täuschung oder eines Verschuldens bei Vertragsschluß nicht an, weil jedenfalls die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben seien. Geschäftsgrundlage des am 29. August 1995 geschlossenen Vertrages sei gewesen, daß das von der Klägerin zu betreibende Einzelhandelsgeschäft Teil eines "Branchenmixes" in einem Einkaufszentrum sein würde. Die Klägerin habe nicht irgendein Ladengeschäft, sondern eine Ladenfläche im C. angemietet. Beide Parteien seien davon ausgegangen, daß sich im C. eine Vielzahl von Einzelhändlern, Läden und gastronomischen Einrichtungen befinden würden, die in ihrer Gesamtheit mehr Kunden anlocken würden als dies einem Spielwarenladen allein möglich gewesen wäre. Dementsprechend habe der Mietvertrag vom 29. August 1995 zahlreiche Bestimmungen enthalten, die - wie die Festlegung des Sortiments, die Betriebspflicht mit Verpflichtung zur Ausschöpfung der Ladenöffnungszeiten und die Verpflichtung zur Beteiligung an der Werbegemeinschaft mit deren Aktivitäten - dieser besonderen Situation Rechnung getragen hätten. Die geschilderte Geschäftsgrundlage sei dadurch entfallen, daß nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Ladenflächen tatsächlich bewirtschaftet worden sei. Während ein Konzept wie das des C. als Erfolgsbedingung voraussetze, daß die Ladenflächen vollständig oder zumindest nahezu vollständig mit attraktiven Geschäften, Lokalen oder ähnlichem belegt seien, hätten tatsächlich viele Ladenlokale leergestanden, und es habe wenige Tage nach der Eröffnung kaum noch Kundschaft gegeben. Der Umstand, daß das
C. k eine Kunden anziehe, falle nicht in den Risikobereich der Klägerin, nachdem das Einkaufszentrum von Anfang an nicht gelaufen sei. Das Risiko eines völligen Fehlschlagens des gesamten Einkaufszentrums treffe die Beklagte als Vermieterin. Denn sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin habe das Konzept entwickelt, die Mieter ausgesucht und die Läden vermietet. Nur sie wäre demgemäß in der Lage gewesen dafür zu sorgen, daß alle Mieter ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllten, wobei sie beispielsweise die Betriebspflicht der Mieter gerichtlich hätte durchsetzen können. So habe auch nur die Beklagte die Maßnahmen treffen können, die das Zentrum insgesamt betrafen, zumal ihr nach dem Mietvertrag die "Organisation eines objektbezogenen Center-Mana-gements" oblegen habe. Wenn auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich nicht zur Aufhebung, sondern nur zur Anpassung des Vertrages an die veränderten Umstände führe, sei es für die Klägerin hier schlechthin unzumutbar, an den vertraglichen Pflichten festgehalten zu werden. Ihr könne bei der gegebenen Situation selbst im Falle der Vereinbarung eines geringeren Mietzinses nicht zugemutet werden, in die Einrichtung eines Geschäfts im C. z u investieren, weil das investierte Geld dann verloren wäre. Der Klägerin sei es auch nicht verwehrt, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen, obwohl sie sich selbst nicht vertragstreu verhalten habe und ihrer Betriebspflicht nicht nachgekommen sei. Angesichts der völlig unzureichenden Belegung der Ladenflächen des Einkaufszentrums hätte von keinem Mieter verlangt werden können, ein Geschäft zu eröffnen, bevor nicht die Vermieterin ihrerseits die vertraglichen Voraussetzungen für ein Einkaufszentrum , das diesen Namen verdiente, geschaffen hätte.
2. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht geltend macht, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zur Begründung wird insoweit zunächst auf das Senatsurteil vom 16. Februar 2000 in dem bereits erwähnten Verfahren XII ZR 279/97 (= WM 2000 S. 1012 ff. = NJW 2000, 1714 ff. m. Anm. Eckert in EWiR 2000, 469 f.) verwiesen, das ebenfalls ein Ladengeschäft in dem C. in H. betrifft, und dem ein inhaltsgleicher Mietvertrag wie im vorliegenden Fall zugrunde liegt. Wie der Senat in diesem Urteil näher dargelegt hat, berechtigen die mietvertraglichen Vereinbarungen über die Ladengeschäfte in dem C. die Mieter grundsätzlich nicht, sich unter Berufung auf die Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage von ihren vertraglich eingegangenen Verpflichtungen zu lösen. Das gilt auch für die Klägerin, deren vertragliche und unternehmerische Situation sich, wie sie selbst betont und auch das Berufungsgericht angenommen hat, nicht wesentlich von derjenigen der übrigen Ladenmieter unterscheidet.
a) Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage - hier etwa der beiderseitigen Vorstellung von einer positiven Entwicklung des Einkaufszentrums aufgrund des darin vorgesehenen Branchenmixes - ist grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen sich, wie hier, die Anfangsschwierigkeiten , die typischerweise mit der Existenzgründung oder der Eröffnung ei-
nes neuen Ladenlokals verbunden sind, für den Mieter wirtschaftlich negativ auswirken. Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht als solchen nicht verkannt. Es hält ihn allerdings im vorliegenden Fall nicht für anwendbar. Darin kann ihm jedoch nicht gefolgt werden.
b) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht auf den Vermieter verlagern kann. Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, daß das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können. Wie auch in anderen Geschäftslagen fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfaßt bei einem erst geplanten Einkaufszentrum neben der Chance, in einem später florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtobjekts mit entsprechenden negativen Folgen für das gemietete Einzelgeschäft. Allein der Umstand, daß auch der Vermieter von einem wirtschaftlichen Erfolg des Projekts ausgeht, verlagert das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für das einzelne gemietete Geschäft in dem Einkaufszentrum nicht von dem Mieter auf den Vermieter. Dieser trägt seinerseits ohnehin das gesamte Ver-
mietungsrisiko und damit die Gefahr, bei einem Scheitern des Projekts seine Investitionen zu verlieren.
c) Die Parteien können allerdings die Risikoverteilung ändern und vereinbaren , daß der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Das hat das Berufungsgericht hier angenommen. Die von ihm als Begründung für seine Auffassung angeführten Umstände tragen dieses Ergebnis jedoch nicht. Der Inhalt des Mietvertrages vom 29. August 1995 rechtfertigt nicht die Annahme, die Parteien hätten eine Verlagerung des unternehmerischen Geschäftsrisikos von dem Mieter auf den Vermieter vereinbart. Dafür reicht es nicht aus, daß die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) das Konzept für das Einkaufszentrum entwickelt, die Mieter ausgesucht und die Läden v ermietet hat, sowie daß nur sie die Maßnahmen treffen konnte, die das C. insgesamt betrafen. Diese Umstände sind für den Betreiber eines Einkaufszentrums allgemein üblich. Sie lassen nicht auf eine vertragliche Risikoübernahme schließen. Hierzu bedürfte es vielmehr konkreter Anhaltspunkte, etwa in der Form von Vereinbarungen, die den Mieter in seinen unternehmerischen Entscheidungen über das übliche Maß hinaus einschränken, sein Geschäft nach dem äußeren Erscheinungsbild zu einem eingefügten Teil einer Anlage werden lassen oder etwa dem Vermieter das Risiko einer Betriebsunterbrechung auch dann auferlegen, wenn nicht das vermietete Geschäft, sondern nur ein anderer Teil der Anlage dem Publikumsverkehr nicht mehr zugänglich ist. Solche Vereinbarungen sind dem hier streitigen Vertrag jedoch nicht zu entnehmen. Die in den einzelnen Vertragsvorschriften enthaltenen, für Einkaufszentren nicht ungewöhnlichen Regelungen - wie etwa: Beschränkung
des Sortiments, Betriebspflicht während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten, Pflichtmitgliedschaft in der Werbegemeinschaft und Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtanlage - führen nicht zu einer Verlagerung des unternehmerischen Risikos auf den Vermieter. Die Festlegung des Mietzweckes, hier zum Betrieb eines Geschäftes für Spielwaren und Kindermoden (§ 1 Nr. 4), ist in einem Mietvertrag über Gewerberäume üblich. Soweit nach § 2 Nr. 1 des Vertrages jede Ä nderung des Betriebszwecks und die Übernahme branchenfremder Artikel der Zustimmung des Vermieters bedürfen und die Gestaltung des Sortiments und des Geschäftsbetriebes so erfolgen muß, daß keine Überschneidung mit dem Sortiment eines anderen Geschäfts besteht (§ 2 Nr. 3), handelt es sich zwar um einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Mieters; dieser korrespondiert jedoch mit dem festgelegten Vertragszweck und schützt umgekehrt - bei entsprechender Planung und Gestaltung des Einkaufszentrums - auch den Mieter vor der Konkurrenz durch andere Geschäfte in dem Zentrum. Hingegen betrifft die Pflicht, die Ladenöffnungszeiten "maximal auszuschöpfen" und für Beleuchtung zu sorgen (§ 2 Nr. 2) in erster Linie das Gesamtinteresse. Ä hnliches gilt für die Nebenkosten, die für die Gesamtanlage zu zahlen sind (§ 7). Derartige Kosten, die ein Mieter eines Geschäfts in Einzellage nicht zu zahlen hat, hat der Mieter des C. z u dem Zweck übernommen, auf diese Weise für den erhofften wirtschaftlichen Erfolg seines Geschäfts von der Gesamtattraktivität des Einkaufszentrums zu profitieren. Damit läßt sich keine Verlagerung des Risikos des einzelnen Unternehmers auf den Vermieter begründen. Ebenso wie ein Unternehmer in einer Einzelgeschäftslage möglicherweise, ohne dazu verpflichtet zu sein, in Außenanlagen in der Umgebung seines Geschäfts investiert, um die Lage attraktiver zu gestalten, steigert ein Mieter in einem Einkaufszentrum seine Umsatzchancen,
indem er sich an den Kosten der Gesamtgestaltung des Zentrums beteiligt. Der Mieter erwirbt damit einen (durchsetzbaren) Anspruch gegen den Vermieter auf Verwendung der gezahlten Nebenkosten für die vorgesehene Gestaltung des Umfeldes innerhalb und außerhalb des Einkaufszentrums. Auf die Risikoverteilung für den Fall, daß das Zentrum vom Publikum dennoch nicht angenommen wird und die Kunden ausbleiben, hat dies jedoch keinen Einfluß. Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob der Vermieter durch die Begründung eines Gesamtkonzeptes, in das die einzelnen Mieter finanziell und mit Betriebspflichten vertraglich eingebunden werden, eine Gesamtverkaufsstrategie entwickelt, mit welcher er über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines Einkaufszentrums hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernimmt. Das kann äußerlich etwa durch einheitliche Gestaltung der Geschäfte und unternehmerisch durch ein Gesamtmanagement der Anlage geschehen. Hierfür bieten sich jedoch im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Mietvertrages vom 29. August 1995 - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Regelung des § 10 des Vertrages über das Center-Management und die Werbegemeinschaft rechtfertigt nicht die Annahme eines "Gesamtmanagements" mit Risikoübernahme durch die Beklagte in dem vorbeschriebenen Sinn. Zwar ist der Beklagten nach § 10 die Organisation eines objektbezogenen Center-Managements als Vermieteraufgabe zugewiesen. Insoweit sollte jedoch ersichtlich die - in erster Linie verwaltungstechnische - Organisation angesprochen sein und nicht zugleich die umfassende unternehmerische Verantwortung für die Vermarktungsstrategie übernommen werden, zumal die Werbung durch eine Werbegemeinschaft gestaltet werden sollte, der alle Mieter als Mitglieder angehören sollten. Insoweit ist nach § 10 des Mietvertrages allenfalls die Aufgabe einer Koordinierung zwischen den einzelnen Mietern im Bereich der Werbung
auf die Beklagte übertragen worden. Das begründet jedoch ebenfalls keine Verlagerung des Geschäftsrisikos auf den Vermieter.
d) Die in dem Mietvertrag vom 29. August 1995 getroffenen Vereinbarungen halten sich nach alledem, sowohl einzeln betrachtet als auch bei einer Gesamtwürdigung, insgesamt in dem üblichen Rahmen einer Regelung über die allgemeinen organisatorischen Grundlagen für ein Einkaufszentrum. Eine Verlagerung des typischerweise dem gewerblichen Mieter obliegenden Unternehmerrisikos auf den Vermieter ist ihnen nicht zu entnehmen. Damit scheidet eine Kündigung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus Rechtsgründen aus. Das angefochtene Urteil, das den Mietvertrag zwischen den Parteien unter Anwendung dieser Grundsätze für beendet erklärt hat, kann daher nicht bestehenbleiben. Das Berufungsurteil kann auch nicht aus anderen Gründen gehalten werden (§ 563 ZPO). 3. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Mietvertrag vom 29. August 1995 wirksam wegen arglistiger Täuschung von der Klägerin angefochten worden ist (§§ 123, 142 BGB). Diese Frage kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Insoweit bedarf es vielmehr der Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme, die das Oberlandesgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher nicht für erforderlich gehalten hat. Sollten sich die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung nach erneuter Prüfung nicht bestätigen, dann kann der Klägerin unter Umständen ein Anspruch wegen Verschuldens der Beklagten beim Vertragsschluß zustehen, der eine fristlose Kündigung - unter Heranziehung des § 554 a BGB - rechtfer-
tigen könnte (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2000 aaO WM S. 1017 = NJW S. 1718). Der Anspruch setzt voraus, daß die Beklagte der Klägerin unter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht schuldhaft unzutreffende Informationen über das Mietobjekt hinsichtlich solcher Umstände erteilt hat, die für die Beklagte erkennbar von besonderer Bedeutung für den Entschluß der Klägerin zur Eingehung des Vertrages waren. Auch hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Diese sind gegebenenfalls nachzuholen. Dabei wird zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Mitarbeiter und/oder Vertreter der Beklagten über die allgemeine Anpreisung der erwarteten Attraktivität des C. hinaus der Klägerin konkrete
Angaben über bestimmte tatsächliche Umstände, insbesondere etwa die angeblich bereits erfolgte "Vollvermietung" des Einkaufszentrums, gemacht und hierdurch, für sie erkennbar, ihren Entschluß zur Eingehung des Mietvertrages maßgeblich beeinflußt haben. Außerdem muß ein etwaiges der Beklagten zuzurechnendes Verschulden ihrer Mitarbeiter tatrichterlich festgestellt werden. Zu diesem Zweck ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Sprick
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.