Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2017 - X ZR 53/15

bei uns veröffentlicht am07.06.2017
vorgehend
Bundespatentgericht, 1 Ni 11/14, 16.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 53/15 Verkündet am:
7. Juni 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2017:070617UXZR53.15.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Berufungen gegen das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 16. Dezember 2014 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des am 23. November 2001 - unter Inan1 spruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 12. Januar 2001 - angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 223 302 (Streitpatents).
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Patentanspruch 1, auf den die weiteren Patentansprüche 2 bis 10 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind, hat in der Verfahrenssprache folgenden Wortlaut: "Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät mit einem Schneidzahn (10), welcher einen Zahnkopf (12) und einen Zahnschaft (14) aufweist, und einer Halterung (30) mit Einstecköffnung (32), in welche der Zahnschaft (14) in einer Einsteckrichtung einsteckbar ist, wobei in einer eingesteckten Position der Zahnschaft (14) in der Halterung (30) mittels einem quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstift (5) lösbar gehalten ist, dadurch gekennzeichnet, - dass die Halterung (30) gabelförmig mit zwei Haltearmen (34) ausgebildet ist, - dass die Haltearme (34) jeweils eine Anlageseite (36) aufweisen, welche an Schmalseiten (16) des Zahnschaftes (14) anliegen, - dass die Anlageseiten (36) und die Schmalseiten (16) zur Bildung eines Formschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen sind, und - dass an der Anlageseite (36) zumindest eines Haltearmes (34) und an der zugehörenden Schmalseite (16) des Zahnschaftes (14) jeweils eine Ausnehmung (18, 38) vorgesehen ist, welche in der eingesteckten Position gemeinsam einen Durchgang (3) für den Befestigungsstift (5) bilden." Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei
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nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und in der Fassung von sieben Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über den Hilfsantrag 6 hinausgeht. Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent im Hauptantrag weiterhin in der erteilten Fassung sowie mit den ersten fünf erstinstanzlichen gestellten Hilfsanträgen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen und erstrebt mit der von ihr eingelegten Berufung die uneingeschränkte Nichtigerklärung des Streitpatents. Gegenüber der Berufung der Klägerin verteidigt die Beklagte das Streitpatent in der Fassung ihrer erstinstanzlich gestellten Hilfsanträge 6 und 7 sowie eines weiteren, erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrags 8.

Entscheidungsgründe:


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Die Berufungen sind zulässig, bleiben aber in der Sache jeweils ohne Erfolg. I. Das Streitpatent betrifft eine Schneidzahnanordnung, die bei Erdbear5 beitungsgeräten, wie etwa einer Bohrvorrichtung, einem Fräsrad oder einer Fräskette, zum Abtrag von Boden eingesetzt werden kann. Nach den Erläuterungen in der Streitpatentschrift ist es beispielsweise aus der deutschen Patentanmeldung 40 02 907 bekannt, den Schaft des Schneidzahns einer solchen Anordnung in einen taschenförmigen Aufnahmeraum einer Bohrkrone zu stecken , so dass auch dessen Breitseiten von den Seitenflächen der Aufnahmetasche umgeben sind. Die Befestigung erfolge durch einen Stift, der etwa mittig an der Breitseite des quaderförmigen Zahnschaftes angeordnet sei und sowohl die Seitenflächen der Aufnahmetasche als auch einen Mittebereich des Zahnschaftes durchdringe.
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Die Schneidzähne, die beim Bodenabtrag durch Bohren oder Fräsen einem erheblichen Verschleiß unterliegen, könnten zwar aufgrund der lösbaren Befestigung durch den Befestigungsstift leicht ausgetauscht werden. Für einen Austausch der Aufnahmetaschen, die ebenfalls einem erheblichen Verschleiß ausgesetzt seien, sei es hingegen erforderlich, die gesamte Aufnahmetasche oder zumindest einzelne Wände auszuwechseln. Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, eineSchneidzahnanordnung
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für ein Erdbearbeitungsgerät vorzuschlagen, die es unter Beibehaltung einer sicheren Befestigung des Schneidzahns ermöglicht, sowohl den Verschleiß als auch den Instandhaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Das soll nach der Lehre aus Patentanspruch 1 des Streitpatents durch
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folgende, bereits vom Patentgericht verwendete Merkmalskombination erreicht werden: 1. Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät mit 1.1 einem Schneidzahn (10), weIcher einen Zahnkopf (12) und einen Zahnschaft (14) aufweist, und 1.2 mit einer Halterung (30) mit Einstecköffnung (32), in welche der Zahnschaft (14) in einer Einsteckrichtung einsteckbar ist. 2. In einer eingesteckten Position ist der Zahnschaft (14) in der Halterung (30) lösbar gehalten; 2.1 dies erfolgt mittels eines quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstiftes (5). 3. Die Halterung (30) ist gabelförmig mit zwei Haltearmen (34) ausgebildet. 4. Die Haltearme (34) weisen jeweils eine Anlagenseite (36) auf; 4.1 die Anlageseiten (36) liegen an Schmalseiten (16) des Zahnschafts (14) an. 5. Die Anlageseiten (36) der Haltearme (34) und die Schmalseiten (16) des Zahnschaftes (14) sind zur Bildung eines Formschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen. 6. An der Anlageseite (36) zumindest eines Haltearmes (34) und an der zugehörenden Schmalseite (16) des Zahnschafts (14) ist jeweils eine Ausnehmung (18, 38) vorgesehen; 6.1 die Ausnehmungen (18, 38) bilden in der eingesteckten Position einen Durchgang (3) für den Befestigungsstift (5).
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Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Streitpatentschrift und zeigen beispielhaft in verschiedenen Ansichten eine Halterung (Figurengruppe 1), einen Schneidzahn (Figurengruppe 2) und die montierte Schneidzahnanordnung (Figurengruppe 3) der erfindungsgemäßen Vorrichtung :
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II. Das Patentgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
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Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags habe sich für den Fachmann, einen Ingenieur des Maschinenbaus mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der Konstruktion und Wartung von Erdbearbeitungsgeräten, in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
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Das europäische Patent 439 821 (K3) betreffe eine Schneidkrone für Bohrrohre mit einfach auswechselbaren Zähnen. Die Bohrrohre würden zum Niederbringen einer verrohrten Bohrung, etwa einer Pfahlgründungs- oder Brunnenbohrung, und damit zur Erdbearbeitung verwendet. Die Schneidzahnanordnung bestehe aus einer Schneidzahnhalterung (Hülse 1) und einem darin verankerten Schneidzahn (Zahn 4). Der Schneidzahn weise einen Zahnkopf (7) und einen Zahnschaft (Zahnfuß 5) auf. Die Halterung sei mit einer Einstecköffnung (Ausnehmung 2) versehen, in die der Zahnschaft in einer Einsteckrichtung eingesteckt werden könne. In der eingesteckten Position sei der Zahnschaft mittels eines quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstiftes (Spannhülse 9) in der Halterung lösbar gehalten. Damit seien die Merkmale 1.1 bis 2.1, nicht jedoch die Merkmale 3 bis 6.1 offenbart.
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Der Fachmann erkenne aufgrund seiner fertigungstechnischen Kenntnisse , dass die in der K3 gezeigte separate Halterung für die Schneidzähne gegenüber einer Halterung der Schneidzähne direkt in der Bohrkrone den Vorteil einer vereinfachten Herstellung habe. Zudem könne die Halterung bei Verschleiß über die Schweißverbindung gegen eine neue Halterung ausgetauscht werden. Nachteilig sei hingegen die pyramidenstumpfförmige Vertiefung, da diese fertigungstechnisch aufwändig sei, so dass insoweit ein Bedarf an einer einfacheren, kostengünstigeren Lösung bestanden habe.
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Das deutsche Gebrauchsmuster 93 10 691 (K4) beschreibe einen Bohrring zur Anbringung an das bohrlochseitige Ende eines Bohrrohres. Die Schneidzähne (Schneidelemente 1) wiesen jeweils Zahnschäfte (Halteabschnitte
3) auf, die an ihrer vorderen und hinteren Stirnseite - und damit an den Schmalseiten des Zahnschaftes - jeweils mit einer Nut (4) versehen seien. Diese Nut bilde in Verbindung mit der Federwand (14) eine formschlüssige Verbin- dung quer zur Einsteckrichtung des Schneidzahnes. An der Schmalseite des Zahnschaftes sei eine Ausnehmung (Querbohrung 9) vorgesehen, in der ein Querstift fixiert werden könne. Eine solche Nut-Feder-Verbindung sei deutlich einfacher herzustellen als die pyramidenstumpfförmige Vertiefung der K3, so dass eine Veranlassung für den Fachmann bestanden habe, für die an sich vorteilhafte separate Verbindung zwischen Schneidzahn und Halterung anstelle der in der K3 gezeigten Art der Verbindung die aus der K4 bekannte Nut-FederVerbindung zu verwenden. Da die Halterung der K3 außen bereits U-förmig ausgebildet sei, nehme die Halterung nach Einbringung einer Nut-FederVerbindung eine gabelförmige Form mit zwei Haltearmen an. Diese wiesen dann jeweils eine Anlageseite auf, die an den Schmalseiten des Zahnschaftes zum Anliegen kämen.
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Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 5 ergebe sich ebenfalls in naheliegender Weise aus K3 und K4. Anders liege der Fall bei Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 6, der als zusätzliche Merkmale vorsehe, dass an einer dem Boden zugewandten Breitseite (22) des Zahnschaftes (14) eine pfeilförmige Erhebung angeordnet sei, welche gegenüber der Halterung (30) vorstehe, und dass von einer oberen Flachseite der pfeilförmigen Erhebung (24) verschleißmindernde Elemente (25) vorstünden. Denn in der K4 sei zwar an der Breitseite ebenfalls eine Erhebung (Hartmetallaufpanzerung 7) vorgesehen, die über die Außenmantelfläche (8) des Bohrrings (5) radial aufwärts vorstehe. Es sei aber keine Pfeilform offenbart und es seien auch keine zusätzlichen verschleißmindernden Elemente vorhanden. Der K3 sei zwar eine pfeilförmige Erhebung (Schneidfläche 12) zu entnehmen , die aber am Zahnkopf ausgebildet sei und als Schneidfläche diene. Eingelötete Widiastifte (= Verschleißelemente) seien außerdem alternativ zur Schneidfläche (12) genannt, dienten aber nicht als zusätzliche verschleißmindernde Elemente zum Schutz der oberen Flachseite der Erhebung.
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III. Das Urteil des Patentgerichts hält den Angriffen der Berufung der Beklagten stand.
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1. Patentanspruch 1 ist in der erteilten Fassung, die die Beklagte mit ihrem Hauptantrag verteidigt, nicht rechtsbeständig, weil sein Gegenstand dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war und deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
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a) Für den - vom Patentgericht zutreffend bestimmten - Fachmann, der sich vor das Problem gestellt sah, eine Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät zu entwickeln, die es unter Beibehaltung einer sicheren Befestigung der Schneidzähne ermöglicht, sowohl den Verschleiß als auch den Instandhaltungsaufwand zu verringern, gab es Anlass, die K3 und die K4 in seine Überlegungen einzubeziehen.
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b) Die K3 macht es sich zur Aufgabe, eine Schneidkrone für Bohrrohre zum Niederbringen einer verrohrten Bohrung wie zum Beispiel für Pfahlgründungs - oder Brunnenbohrungen (K3, S. 2, Z. 3 ff.) und damit ein Erdbearbeitungsgerät zu schaffen, bei dem die infolge großen Verschleißes erforderlichen Instandsetzungsarbeiten mit einfachen Mitteln vor Ort vorgenommen werden können (K3, S. 2, Z. 27 ff.). Als Lösung schlägt die K3 eine Schneidzahnanordnung vor, die einen Schneidzahn (Zahn 4) bestehend aus einem Zahnkopf (7) und einem Zahnschaft (Zahnfuß 5) sowie eine Halterung (Hülse 1) mit Einstecköffnung (Ausnehmung 2) aufweist. Der Zahnschaft ist in der Halterung lösbar durch einen quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstift (Spannhülse 9) gehalten. Damit offenbart die K3 zwar die Merkmale 1 bis 2.1 und dabei insbesondere eine Halterung mit Einstecköffnung, in welche der Zahnschaft in einer Einsteckrichtung einsteckbar ist. Die Halterung weist jedoch keine zwei Haltearme auf, deren Anlageseiten ebenso wie die Schmalseiten des Zahnschaftes zur Bildung eines Formschlusses profiliert sind.
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c) Interessant war für den Fachmann zudem die (knapp vier Jahre nach der K3 veröffentlichte) K4, die sich mit dem gleichgelagerten Problem befasst, einen Bohrring derart weiterzubilden, dass er schneller wieder in einen betriebsfähigen Zustand versetzbar ist (K4, S. 2, Abs. 2). Zu diesem Zweck sind an dem bohrlochsohlenseitigen Ende des hohlzylindrischen Grundkörpers des Bohrrings (5) Ausnehmungen (10) ausgebildet, in welche die Zahnschäfte (Halteabschnitte
3) der Schneidzähne (Schneidelemente 1) lösbar eingesetzt werden können, womit die Merkmale 1 und 1.1 offenbart sind. Die Verbindung zwischen der Ausnehmung (10) und dem Zahnschaft (3) erfolgt formschlüssig über die vordere und hintere Stirnseite des Zahnschafts (3), in der jeweils eine Nut (4) ausgebildet ist, in die eine Federwand (14) der Ausnehmung (10) eingreift. Damit sind die Anlageseiten der Federwände und die Schmalseiten des Zahnschaftes - teilweise entsprechend Merkmal 5 - zur Bildung eines Formschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen. Überdies befindet sich - teilweise entsprechend Merkmale 6 und 6.1 - an den Schmalseiten des Zahnschaftes jeweils eine Ausnehmung (Querbohrung 9), die mit einer entsprechenden Querausnehmung (13) der Federwand fluchtet, wodurch der Schneidzahn mittels eines Querstifts befestigt werden kann. Es fehlt jedoch insoweit an einer Verwirklichung der Merkmale 1.2 bis 6, als die Federwände Teil des Grundkörpers des Bohrrings sind und damit keine Halterung bzw. Haltearme einer Halterung bilden.
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d) Dem Fachmann war aufgrund seines Fachwissens und seiner praktischen Erfahrung nicht nur bekannt, dass die Schneidzähne aufgrund ihrer Beanspruchung im Betrieb einem hohen Verschleiß unterliegen und deshalb häufig , je nach Beschaffenheit des zu bearbeitenden Erdreichs sogar täglich, ausgetauscht werden müssen. Ihm war zudem geläufig, dass sich auch die die Zahnschäfte aufnehmenden Bereiche in erheblichem Maße abnutzen und deshalb ebenfalls ausgetauscht werden müssen, wenngleich dies nur in - verglichen mit den Schneidzähnen - größeren Zeitabständen erforderlich ist, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend vorgetragen haben. Vor diesem Hintergrund erschloss sich dem Fachmann, dass es die in der K3 offenbarte Schweißverbindung zwischen der Halterung (Hülse 1) der Zähne längs ihres Randes und dem Grundkörper der Schneidkrone (K3, Z. 3 ff.; Z. 9 ff.; Patentanspruch 1; Figur 5a) ermöglicht, bei Verschleiß die Hülse und damit den besonders strapazierten Aufnahmebereich des Schneidzahns auszutauschen , wodurch sich ein Austausch des gesamten Grundkörpers erübrigt. Das gab ihm Veranlassung, auch bei dem in der K4 offenbarten Bohrring über eine Austauschbarkeit des den Zahnschaft aufnehmenden und deshalb im Betrieb besonders beanspruchten Bereiches des Grundkörpers nachzudenken. Insoweit bot es sich an, diesen Bereich - wie die in der K3 offenbarte Halterung - als selbständiges Bauteil vorzusehen und in eine Ausnehmung des Ringkörpers einzuschweißen, so dass es austauschbar wird.
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Hinsichtlich der Ausgestaltung des selbständigen Bauteils als Halterung für den Zahnschaft hatte die Nut-Feder-Verbindung der K4 gegenüber der pyramidenstumpfförmigen Vertiefung der K3 den Vorzug, dass diese - entsprechend den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts - deutlich einfacher hergestellt werden kann. Der demgegenüber von der Berufung erhobene Einwand, der Fachmann habe die Nut-Feder-Verbindung der K4 dennoch verworfen, weil er diese Art der Befestigung als nicht hinreichend gegen ein Ausbrechen der Schneidzähne gesichert angesehen habe, greift nicht durch. Bereits die K3 geht davon aus, entsprechende Bedenken, die nach den Angaben der Entgegenhaltung ursprünglich gegenüber in Hülsen eingesetzten auswechselbaren Zähne bestanden haben sollen, überwunden zu haben (K3, S. 2, Z. 33 ff.). Nichts anderes gilt für die K4 und die dort offenbarte Nut-FederVerbindung. Die K4 ist nicht nur knapp vier Jahre nach der K3 veröffentlicht worden, sondern nimmt für sich in Anspruch, einen Bohrring zu offenbaren, der den Beanspruchungen im Betrieb auch im Hinblick auf die dort offenbarte Befestigung der Schneidzähne gewachsen ist (K4, S. 2, Abs. 2). Anhaltspunkte dafür, dass danach dennoch in der Fachwelt die genannten Vorbehalte bestanden haben, sind weder von der Beklagten dargelegt worden, noch sonst ersichtlich.
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Gab es demzufolge Veranlassung, die Formschlussverbindung der K4 für die Befestigung des Schneidzahnschaftes in der Halterung zu wählen, war es aus fachlicher Sicht nur konsequent, sich auch bei der weiteren Ausgestaltung der Halterung an den Vorgaben der K4 zu orientieren. Insofern führte die U-Form des dort gezeigten Zahnschaftes den Fachmann ohne weiteres zu einer damit korrespondierenden Ausgestaltung der Halterung mit zwei gabelförmigen Haltearmen, die jeweils eine profilierte Anlagenseite aufweisen, um mit den entsprechend profilierten Schmalseiten des Zahnschaftes eine Formschlussverbindung quer zur Einsteckrichtung zu bilden, wie auch das Patentgericht ausgeführt hat, so dass sich die Lehre aus Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags für den Fachmann insgesamt in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.
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2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 war dem Fachmann in den von der Beklagten mit den Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigten Fassungen ebenfalls nahegelegt.
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Die mit den Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigten Fassungen des Patentanspruchs 1 unterscheiden sich von der Fassung des Hauptantrags durch die Hinzufügung der folgenden Merkmale (Hilfsantrag 1: Merkmal 3.1; Hilfsantrag 2: Merkmale 3.1 bis 3.3; Hilfsantrag 3: Merkmale 3.1 bis 3.4): 3.1 Die gabelförmige Halterung (30) weist an ihrer Innenseite und an ihrer Außenseite eine U-Form auf. 3.2 Die zwei Haltearme (34) verlaufen etwa parallel. 3.3 Die zwei Haltearme (34) sind in ihrem Fußbereich mit einem halbkreisringförmigen Querjoch (42) miteinander verbunden und einstückig ausgebildet. 3.4 Die Halterung (30) weist eine U-Form auf, wobei entlang einer Uförmigen Außenseite der Halterung (30) eine schräg verlaufende Seitenfläche (43) angeordnet ist, welche zur Anbringung an einem Grundkörper des Erdbearbeitungsgerätes mittels Schweißnaht ausgebildet ist.
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Wie vom Patentgericht zutreffend ausgeführt worden ist, ergaben sich die Merkmale 3.1 bis 3.3 für den Fachmann in naheliegender Weise, wenn er sich bei der Ausgestaltung der Halterung an der U-Form des in der K4 gezeigten Zahnschaftes ausrichtete, den diese halten soll. Zur Ausbildung der Außenseite der Halterung entsprechend Merkmal 3.4 wurde der Fachmann durch Figur 5b der K3 angeregt, in der die Schweißnaht (11) im Schnitt dargestellt ist und aus der sich ergibt, dass die Halterung entlang der U-förmigen Außenseite eine schräg verlaufende Seitenfläche aufweist.
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3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 war dem Fachmann in der von der Beklagten mit dem Hilfsantrag 4 verteidigten Fassung ebenfalls nahegelegt.
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Diese hebt sich von der Fassung des Hilfsantrags 3 durch folgende weitere Merkmale ab: 3.2a Die zwei Haltearme (34) sind spiegelsymmetrisch zueinander gebildet. 7. Eine Breitseite (22) des Zahnschaftes (14), welche in der eingesteckten Position vom Erdbearbeitungsgerät abgewandt und dem Boden zugewandt ist, steht gegenüber der gabelförmigen Halterung (30) vor.
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Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, werden die Haltearme zwangsläufig spiegelsymmetrisch zueinander ausgebildet, wenn die Halterung der K3 an die Zahnform der K4 angepasst wird. Bei der in K4 gezeigten Anordnung nehmen die Zahnschäfte mit ihren im Querschnitt konkav ausgebildeten Schmalseiten die konvex ausgebildeten Schmalseiten der jeweils benachbarten Federwände (14) auf, wobei die Zahnschäfte mit ihren Breitseiten gegenüber den Breitseiten der Federwände vorstehen und das Vorstehen etwa durch eine auf den Breitseiten aufgebrachte Hartmetallpanzerung erreicht oder verstärkt werden kann (K4, S. 4, Abs. 3; S. 5, letzter Abs. Übergang auf S. 6; S. 7, letzter Abs.). In der K4 wird erläutert, dass damit ein Freischnitt des Bohrrings gewährleistet bzw. ein Festsetzen desselben vermieden werden soll (K4, aaO). Der Fachmann wurde dadurch zu einer entsprechenden Ausgestaltung des über eine Nut-Feder-Verbindung in einer Halterung angeordneten Zahnschaftes angeregt , weil er erkannte, dass es insoweit unerheblich ist, ob der Zahnschaft unmittelbar in einer entsprechenden Aufnahme des Grundkörpers angeordnet ist oder, wie entsprechend den obigen Erläuterungen nahegelegt, mittelbar in einer Halterung, die ihrerseits in den Grundkörper eingeschweißt ist. Nach den überzeugenden Ausführungen des Patentgerichts ergab sich für ihn aufgrund seines Fachwissens zudem, dass mit einem Vorstehen der Zahnschäfte auch ein erhöhter Schutz und damit einer geringere Abnutzung der demgegenüber zurückstehenden Halterung verbunden ist, da diese auf die Zahnschäfte umgeleitet wird.
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4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 war dem Fachmann schließlich auch in der von der Beklagten mit dem Hilfsantrag 5 verteidigten Fassung nahegelegt.
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Das gegenüber der Fassung des Hilfsantrags 4 hinzugekommene Merkmal : 3.5 Im Bereich der Einstecköffnung (32) sind die Haltearme (34) in ihrem Abstand zueinander erweitert.
ergab sich für den Fachmann aus der in seinem Fachwissen stehenden Überlegung , die Einstecköffnung für die Schneidezähne ein wenig zu erweitern, um den Zusammenbau zu erleichtern und Beschädigungen insbesondere bei scharfkantigen Ausbildungen zu vermeiden.
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IV. Das Urteil des Patentgerichts hält auch den Angriffen der Berufung der Klägerin stand.
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1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 6 entspricht der des Hilfsantrags 5 mit dem Unterschied, dass folgende Merkmale hinzutreten: 8. An einer dem Boden zugewandten Breitseite (22) des Zahnschaftes (14) ist eine pfeilförmige Erhebung (24) angeordnet, welche gegenüber der Halterung (30) vorsteht, und 8.1 von einer oberen Flachseite der pfeilförmigen Erhebung (24) stehen verschleißmindernde Elemente (25) vor.
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2. Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 6 ist zulässig.
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a) Sein Gegenstand geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
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Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des Patentanspruchs mit dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zu vergleichen. Er ist nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche beschränkt. Entscheidend ist vielmehr, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebietes der Technik der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen konnte (BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 Rn. 36; Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 162/12, BGHZ 204, 199 = GRUR 2015, 573 Rn. 21 - Wundbehandlungsvorrichtung). Danach ist auch ein gegenüber den in der Anmeldung formulierten Patentansprüchen "breit" formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich , wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung als zur Erfindung gehörend entnehmbar ist. Solche Verallgemeinerungen sind auch dann zulässig, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 Rn. 23 = GRUR 2014, 542 Rn. 24 - Kommunikationskanal; aaO Rn. 29 - Wundbehandlungsvorrichtung).
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In der Beschreibung der Streitpatentanmeldung wird im Hinblick auf das in Figur 2c gezeigte Ausführungsbeispiel erläutert, dass auf der Breitseite (22) eine sich sowohl über den Zahnschaft (14) als auch über den Zahnkopf (12) erstreckende pfeilförmige Erhebung (24) angeordnet sei. Dabei sei deren Dicke derart ausgebildet, dass sie definiert gegenüber der Halterung (30) vorstehe, so dass nicht nur der Schneidzahn (10), sondern auch die Halterung (30) vor Verschleiß geschützt werden könne (B5, Abs. 25). Dass es insoweit vor allem auf ein Vorstehen der Breitseite des Zahnschaftes ankommt, geht aus der allgemeinen Beschreibung der Streitpatentanmeldung hervor, in der im Hinblick auf eine bevorzugte Ausführungsform ausgeführt wird, dass bei der Erdbearbeitung Verschleiß nicht nur an der Zahnschneide, sondern insgesamt an allen dem Boden zugewandten Flächen auftrete und deshalb die Halterung zusätzlich durch den vorstehenden Zahnschaft geschützt werde (B5, Abs. 15). Dem entnimmt der Fachmann, dass bereits das Vorsehen einer sich lediglich über die Breitseite des Zahnschaftes erstreckenden pfeilförmigen Erhebung (24) dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich ist, weil dadurch die Halterung vor Verschleiß geschützt werden kann, und zwar unabhängig davon, ob sich die pfeilförmige Erhebung darüber hinaus auch über die Breitseite des Zahnkopfes erstreckt.
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b) Durch Hinzufügung der Merkmale 8 und 8.1 wird Patentanspruch 1 auch nicht in einer Weise geändert, dass sein Schutzbereich gegenüber der erteilten Fassung erweitert wird. Es wird lediglich die Ausgestaltung einer dem Boden zugewandten Breitseite des Zahnschaftes dahin konkretisiert, dass an dieser eine pfeilförmige Erhebung angeordnet ist, welche gegenüber der Halterung vorsteht, und dass von einer oberen Flachseite der pfeilförmigen Erhebung verschleißmindernde Elemente vorstehen. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt damit kein Fall vor, in dem unzulässiger Weise ein Gegenstand nachträglich in das Patent einbezogen und unter Schutz gestellt werden soll, der durch das erteilte Patent zwar offenbart, von ihm aber nicht geschützt wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. September 2004 - X ZR 149/01, GRUR 2005, 145, 146 - elektronisches Modul).
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3. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 6 war für den Fachmann nicht naheliegend.
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a) Wie bereits das Patentgericht ausgeführt hat, weist die Breitseite des in den Figuren 1 und 2 der K4 gezeigten Zahnschaftes zwar eine Erhebung (Hartmetallaufpanzerung 7) auf, die über die Außenmantelfläche (8) des Bohrrings (5) radial auswärts vorsteht (K4, S. 5, letzter Abs. Übergang auf S. 6). Es ist in der Entgegenhaltung aber weder offenbart, dass diese Erhebung pfeilförmig ausgestaltet sein kann, noch, dass zusätzliche verschleißmindernde Elemente vorgesehen sein können. In der K3 ist zwar in den Figuren 2a und 5a eine pfeilförmige Erhebung gezeigt, die jedoch an der Zahnspitze ausgebildet ist und nach der Beschreibung als Schneidfläche (12) dient. Einer Anregung, die in K3 offenbarte pfeilförmige Erhebung auf den Zahnschaft zu erweitern oder dahin zu verlagern oder die sich über die Breitseite des in K4 offenbarten Zahnschaftes erstreckende Erhebung pfeilförmig auszugestalten, steht entgegen , dass die pfeilförmige Erhebung nach der K3 als Schneidfläche dient und ihrer Funktion entsprechend allein am Zahnkopf positioniert werden kann.
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b) Ein Naheliegen ergibt sich auch dann nicht, wenn der Fachmann zusätzlich die deutsche Offenlegungsschrift 39 33 867 (K9) in den Blick nimmt. Diese offenbart zwar eine Bohrkrone (1) mit erhaben vorstehenden, dreieckförmigen "Freischnitträumern (10)" (K9, Sp. 4, Z. 1 ff.; Figur 1). Diese sind jedoch nicht an in Halterungen einsteckbaren Schneidezähnen angeordnet, sondern am Grundkörper (1) der Bohrkrone angegossen oder aufgeschweißt (K9, Sp. 4, Z. 1 ff.; Figur 1). Der Grundkörper ist seinerseits mit dem Bohrrohr (5) über eine Schweißnaht (2) verschweißt, und die Zahnspitzen (4) sind unterhalb der Freischnitträumer (10) mit Zahnansätzen (3) verschweißt, die an dem freien Ende des Grundkörpers (1) angeformt sind (K9, Sp. 3, Z. 57 ff.). Aus alledem ergibt sich keine Veranlassung, die in K3 offenbarte pfeilförmige Erhebung auf den Schaft des in die Halterung einsteckbaren Schneidezahns zu erweitern oder die sich über die Breitseite des in K4 offenbarten einsteckbaren Zahnschaftes erstreckende Erhebung pfeilförmig auszugestalten.
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c) Die Klägerin trägt schließlich nicht schlüssig vor, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 6 dem Fachmann durch vorbenutzten Stand der Technik nahegelegt war. Die von ihr eingereichte und auf den 31. Januar 1991 datierte Zeichnung "Wechselzahn" der B. (K10) entspricht im Wesentlichen der Zeichnung 2a der K3 und zeigt wie diese eine pfeilförmige Erhebung am Zahnkopf und nicht am Zahnschaft, so dass auf die obigen Ausführungen zum (fehlenden) Naheliegen des Merkmals 8 verwiesen werden kann. Im Unterschied zur K10 soll die weiterhin von der Klägerin vorgelegte und auf den 5. Mai 1992 datierte Zeichnung der B. (K11) eine Einschweißhülse mit einer pfeilförmigen Erhebung auf einer dem Boden zugewandten Breitseite der Hülse zeigen, in die der Zahnschaft eingreift. Selbst wenn dies angenommen wird, hat die Klägerin dennoch, auch nachdem dies von der Beklagten in der Berufungserwiderung beanstandet worden ist, nicht dargelegt, dass eine solche Einschweißhülse mit pfeilförmiger Erhebung der Öffentlichkeit vor dem 12. Januar 2001 zugänglich gemacht worden ist (Art. 54 Abs. 2, 56 EPÜ iVm Art. II § 6 Abs. 1 Ziff. 1 IntPatÜG). Die Frage, ob, wenn dies der Fall gewesen sein sollte, damit auch die Anordnung einer entsprechenden pfeilförmigen Erhebung auf einer erfindungsgemäßen Halterung naheliegend war, bedarf danach keiner Entscheidung.
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V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.12.2014 - 1 Ni 11/14 (EP) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2017 - X ZR 53/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2017 - X ZR 53/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d
Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2017 - X ZR 53/15 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2011 - X ZR 75/08

bei uns veröffentlicht am 12.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 75/08 Verkündet am: 12. Juli 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2014 - X ZR 107/12

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 107/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Sept. 2004 - X ZR 149/01

bei uns veröffentlicht am 14.09.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 149/01 Verkündet am: 14. September 2004 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nei

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erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Der Inhalt der Patentanmeldung ist der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen. Der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns nicht zur Erfindung gehörend erkennen lässt (Senat, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 30/02, GRUR 2005, 1023, 1024 - Einkaufswagen II; Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 28/06, Rn. 29, GRUR 2010, 513 - Hubgliedertor II). Dies ist jedoch hier der Fall. Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I unterscheidet sich
23
dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet. Insoweit ist zugrunde zu legen, dass das Interesse des Anmelders regelmäßig erkennbar darauf gerichtet ist, möglichst breiten Schutz zu erlangen , also die Erfindung in möglichst allgemeiner Weise vorzustellen und nicht auf aufgezeigte Anwendungsbeispiele zu beschränken. Soweit in der Anmeldung bereits Ansprüche formuliert sind, haben diese vorläufigen Charakter. Erst im Verlauf des sich anschließenden Prüfungsverfahrens ist herauszuarbeiten, was unter Berücksichtigung des Standes der Technik schutzfähig ist und für welche Ansprüche der Anmelder Schutz begehrt. Erst mit der Erteilung des Patents mit bestimmten Ansprüchen erfolgt eine endgültige Festlegung des Schutzgegenstands. aa) Dieser Gesichtspunkt liegt der Rechtsprechung des Senats zugrunde, wo24 nach bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen werden. Danach ist ein "breit" formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum). Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer; aus jüngerer Zeit BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum; BGH, GRUR 2012, 1133 Rn. 31 f. - UV-unempfindliche Druckplatte). bb) Nach vergleichbaren Maßgaben ist die Prüfung vorzunehmen, ob der Ge25 genstand der Erfindung im Prioritätsdokument identisch offenbart ist. Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich die dort anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 149/01 Verkündet am:
14. September 2004
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
elektronisches Modul
PatG (1981) §§ 81 ff., 110 ff.
Ein Gegenstand, der durch das erteilte Patent zwar offenbart, von ihm aber
nicht geschützt ist, kann im Patentnichtigkeitsverfahren nicht nachträglich in das
Patent einbezogen und unter Schutz gestellt werden.
BGH, Urt. v. 14. September 2004 - X ZR 149/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterinnen Ambrosius und
Mühlens und den Richter Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 15. März 2001 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Das europäische Patent 0 674 828 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1-5 dadurch teilweise für nichtig erklärt , daß an die Stelle des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung folgender Patentanspruch 1 tritt, die Patentansprüche 2 und 3 entfallen und die Patentansprüche 4 und 5 auf den neuen Patentanspruch 1 rückbezogen werden: "1. Elektronisches Modul, insbesondere Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17) aufweist zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (26) zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers, mit einem Kunststoffrahmen (1), der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Ober- und Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welche sich bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt, wobei - auf beiden Seiten eine Abdeckung (7, 8) vorhanden ist und - der Kunststoffrahmen (1) im Umfangsbereich Ausnehmungen (10) aufweist, in welche rechtwinklig abgebogene Laschen (11, 18) der beiden Abdeckungen (7, 8) hineinragen und auf Grund Federkraft aneinanderliegen und so eine elektrische Verbindung zwischen den Abdeckungen (7, 8) herstellen und - der Kunststoffrahmen (1) im Umfangsbereich weitere Ausnehmungen (10) aufweist, die derart ausgebildet sind, daß sie mit hineinragenden Haken (12) der Abdeckungen eine Rastverbindung eingehen." Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ein Viertel, die Beklagte drei Viertel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldungen 92 17 265 und 92 17 302 vom 17. Dezember 1992 am 8. Dezember 1993 international angemeldeten , mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 674 828 (Streitpatents). Das in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlichte Streitpatent betrifft eine "Vorrichtung mit einem Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung eines elektronischen Moduls" und umfaßt 14 Patentansprüche. Die allein angegriffenen Patentansprüche 1 bis 5 haben folgenden Wortlaut: "1. Elektronisches Modul, insbesondere Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17)

aufweist zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (26) zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers, mit einem Kunststoffrahmen (1), der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Oberund /oder Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welche sich bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt. 2. Elektronisches Modul nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , - daß auf beiden Seiten eine Abdeckung (7, 8) vorhanden ist und - daß der Kunststoffrahmen (1) im Umfangsbereich Ausnehmungen (10) aufweist, in welche rechtwinklig abgebogene Laschen (11, 18) der beiden Abdeckungen (7, 8) hineinragen und eine elektrische Verbindung zwischen den Abdekkungen (7, 8) herstellen. 3. Elektronisches Modul nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet , - daß der Kunststoffrahmen (1) im Umfangsbereich weitere Ausnehmungen (10) aufweist, die derart ausgebildet sind, daß sie mit hineinragenden Haken (12) der Abdeckungen eine Rastverbindung eingehen. 4. Elektronisches Modul nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet , - daß die Rastverbindung unlösbar ist. 5. Elektronisches Modul nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, - daß die beiden Abdeckungen (7, 8) identisch sind." Die Klägerin hat geltend gemacht, daß der Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 5 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die Veröffentlichungen der europäischen Patentanmeldungen 0 417 648 A2 (K3), 0 459 044 A1 (K4), zwei Datenblätter von Mitsubishi K.K. (K5 und K6), eine Veröffentlichung in „Elektronik“ vom 17./19. August 1988, S. 42/43 (K7) und ein Beitrag von Cathérine Gross in „Electronique“ Nr. 21, Oktober 1992, S. 80 bis 82, sowie von der Mitsubishi Electric Corporation 1991 gefertigte IC-Cards bildeten, nicht patentfähig sei. Sie hat beantragt, das Streit-

patent im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 5 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat Patentanspruch 1 des Streitpatents in einer eingeschränkten Fassung verteidigt, bei der der letzte Satzteil folgende Fassung erhalten sollte:
"welche sichzur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt", und auf die sich die Patentansprüche 2 bis 5 bei unverändertem Wortlaut zurückbeziehen sollen, und im übrigen die Abweisung der Klage begehrt.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent entsprechend der eingeschränkten Verteidigung der Beklagten teilweise für nichtig erklärt und die Klage im übrigen abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin die Nichtigerklärung des Streitpatents für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 5 begehrt. Zusätzlich stützt sich die Klägerin u.a. auf den PCMCIA PC Card Standard Release (November 1992; K11), die US-Patentschrift 4 955 817 (K12), die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 406 610 A2 (K13) sowie verschiedene Datenblätter (K14-K16).
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel nur insoweit entgegen, als sie das Streitpatent mit weiter eingeschränkten Patentansprüchen verteidigt, und zwar mit Patentansprüchen 1 bis 8 nach Hauptantrag, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 7 nach Hilfsantrag 1 und Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2,

auf den sich, wie sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, die erteilten Patentansprüche 4 und 5 zurückbeziehen sollen.
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
"1. Vorrichtung mit einem Kunststoffträger und mit einem elektronischen Modul, insbesondere mit einem Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17) aufweist zur Aufnahme und Halterung des elektronischen Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (28) zweier U-förmiger Schienen des Kunststoffträgers,
- wobei das elektronische Modul einen Kunststoffrahmen (1) aufweist, der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Ober- und Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welches sich bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt,
- wobei im Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung des Moduls zwei elektrisch leitende Blattfedern (29, 30, 31, 32) auf den Innenseiten der Schenkel mindestens einer Uförmigen Schiene (37, 38) des Kunststoffträgers einander gegenüberliegend angeordnet sind zur Kontaktierung der Abdeckungen (7, 8) des Moduls im Bereich der Leiste (16, 17) und
- wobei die Blattfedern (29, 30, 31, 32) an mindestens einem Ende durch ein das Joch der Nut in der U-förmigen Schiene übergreifendes Teil (33, 34) miteinander verbunden und mit

mindestens einer Fahne (47, 48) zur elektrischen Verbindung mit einem Bezugspotential versehen sind und
- wobei die Schienen (26, 38, 27, 37) zweigeteilt sind und daß das Schienenanfangsteil (20) in dem Schienenendeteil (21), das einen Steckverbinder für das elektronische Modul aufweist , durch eine lösbare Rastverbindung befestigt ist."
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:
"1. Vorrichtung mit einem Kunststoffträger und mit einem elektronischen Modul, insbesondere mit einem Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17) aufweist zur Aufnahme und Halterung des elektronischen Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (28) zweier U-förmiger Schienen des Kunststoffträgers,
- wobei das elektronische Modul einen Kunststoffrahmen (1) aufweist, der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Ober- und Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welches sich bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt,
- wobei im Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung des Moduls zwei elektrisch leitende Blattfedern (29, 30, 31, 32) auf den Innenseiten der Schenkel mindestens einer U-förmigen Schiene (37, 38) des Kunststoffträgers einander gegenüberliegend angeordnet sind zur Kontaktierung der Abdeckungen (7, 8) des Moduls im Bereich der Leiste (16, 17) und

- wobei die Blattfedern (29, 30, 31, 32) an mindestens einem Ende durch ein das Joch der Nut in der U-förmigen Schiene übergreifendes Teil (33, 34) miteinander verbunden und mit mindestens einer Fahne (47, 48) zur elektrischen Verbindung mit einem Bezugspotential versehen sind und
- wobei eine Fahne (47, 48) als Fortsatz am Ende einer Blattfeder (30, 32) ausgebildet ist, der um 180° gebogen a n der Außenseite des Schenkels zurückgeführt und mit einer Lasche (45, 46) versehen ist, die eine Grundplatte (44) des Kunststoffträgers im Bereich einer Bohrung zur Befestigung auf einer weiteren Leiterplatte abdeckt und
- wobei die Schienen (26, 38, 27, 37) zweigeteilt sind und daß das Schienenanfangsteil (20) in dem Schienenendeteil (21), das einen Steckverbinder für das elektronische Modul aufweist , durch eine lösbare Rastverbindung befestigt ist."
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet in der Fassung, in der ihn die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung verfolgt hat:
"1. Elektronisches Modul, insbesondere Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17) aufweist zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (26) zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers, mit einem Kunststoffrahmen (1), der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Ober- und Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welche sich bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt, wobei - auf beiden Seiten eine Abdeckung (7, 8) vorhanden ist und - der Kunststoffrahmen (1) im Umfangsbereich Ausnehmungen (10) aufweist, in welche rechtwinklig abgebogene La-

schen (11, 18) der beiden Abdeckungen (7, 8) hineinragen und auf Grund Federkraft aneinanderliegen und so eine elektrische Verbindung zwischen den Abdeckungen (7, 8) herstellen und - der Kunststoffrahmen (1) im Umfangsbereich weitere Ausnehmungen (10) aufweist, die derart ausgebildet sind, daß sie mit hineinragenden Haken (12) der Abdeckungen eine Rastverbindung eingehen." Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. G. R. ,
ein schriftliches , Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur weitergehenden Teilnichtigerklärung des Streitpatents, nämlich in dem Umfang, in dem die Patentansprüche 1-5 über die Fassung gemäß Hilfsantrag 2 der Beklagten hinausgehen.
I. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent nur mit diesem Hilfsantrag im Umfang der allein angegriffenen Patentansprüche 1-5 in zulässiger Weise.
1. In den Fassungen des erteilten Patents und des angefochtenen Urteils verteidigt die Beklagte die angegriffenen Patentansprüche des Streitpatents nicht mehr. An ihre abweichende Verteidigung in erster Instanz ist sie im Berufungsverfahren nicht gebunden (Sen.Urt. v. 17.2.2004 - X ZR 48/00, GRUR 2004, 583 - Tintenstandsdetektor, für die Berufung des Patentinhabers; v. 4.5.1995 - X ZR 29/93, GRUR 1996, 757, 758 - Zahnkranzfräser; st. Rspr.).

2. In den Fassungen, in denen sie diese Patentansprüche nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 verteidigen will, kann sie dies allerdings nicht tun, da sie hierdurch den Nichtigkeitsgrund der Erweiterung des Schutzbereichs des Streitpatents (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. d EPÜ) schaffen würde (vgl. u.a. Sen. Urt. v. 12.11.1996 - X ZR 103/94, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, BGH 1994-1998, 378, 383 - Deckengliedertor; Busse/Schwendy, PatG 6. Aufl. 2003, Rdn. 25 zu § 22 PatG mit umfassenden Nachw. in Fußn. 9; Schulte, PatG 6. Aufl. 2001 Rdn. 123 zu § 81 PatG). Die angegriffenen Patentansprüche 1-5 schützen nämlich jeweils nur elektronische Module als solche, während die Patentansprüche 6-14 "Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung eines elektronischen Moduls" betreffen. Der Gegenstand, für den die Patentinhaberin im Weg einer geänderten Verteidigung nach Hauptantrag und erstem Hilfsantrag Schutz haben will, ist demgegenüber eine "Vorrichtung mit einem Kunststoffträger und mit einem elektronischen Modul". Selbst wenn ein solcher Gegenstand durch das erteilte Patent offenbart werden sollte, wird er von ihm aber, da nicht in einem Patentanspruch unter Schutz gestellt, nicht geschützt. Eine nachträgliche Einbeziehung eines solchen, vom Streitpatent nicht geschützten Gegenstands in dieses ist im Patentnichtigkeitsverfahren nicht möglich. Ein Gegenstand, der durch das erteilte Patent zwar offenbart, von ihm aber nicht geschützt ist, kann im Patentnichtigkeitsverfahren nicht nachträglich in das Patent einbezogen und unter Schutz gestellt werden. Das Patentnichtigkeitsverfahren dient der Nichtigerklärung eines Patents, soweit bei ihm ein gesetzlich vorgesehener und vom Nichtigkeitskläger geltend gemachter Nichtigkeitsgrund vorliegt, und eröffnet in diesem Umfang dem Patentinhaber die in der Sache veranlaßten Verteidigungsmöglichkeiten, es dient aber nicht darüber hinaus der Gestaltung des Patents; diese Funktion ist vielmehr einzig dem Patenterteilungsverfahren zugewiesen (vgl. BGHZ 103, 262, 266 - Düngerstreuer

).



Daß das Patent im Nichtigkeitsverfahren vom Patentinhaber eingeschränkt verteidigt werden kann, rechtfertigt sich aus diesen Grundsätzen. Die Rechtsprechung hat es zugelassen, daß der einer Nichtigkeitsklage ausgesetzte Patentinhaber nur einen beschränkten Inhalt des Patents verteidigt und auf diese Weise eine Beschränkung des Prozeßstoffs herbeiführt, ohne daß er den vom Gesetz dafür an sich vorgegebenen Weg des Beschränkungsverfahrens (§ 64 PatG) beschreiten muß (BGHZ 21, 8, 11 f. - Spritzgußmaschine I; seither st. Rspr.; vgl. Benkard/Rogge, PatG 9. Aufl. § 22 Rdn. 33; Busse, PatG 6. Aufl. § 83 Rdn. 36; Schulte, PatG 6. Aufl. § 81 Rdn. 118, 143). In der Sache ist dies jedenfalls dadurch gerechtfertigt, daß ein Verlangen, im Rahmen des im Patentnichtigkeitsverfahren zur Überprüfung Stehenden ein gesondertes Beschränkungsverfahren durchzuführen, eine von der Sache nicht gebotene Erschwerung der Möglichkeiten des Patentinhabers bedeuten würde, das Patent in einem sich als schutzfähig erweisenden Umfang zu verteidigen. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der beschränkten Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren hat sich in der Praxis bewährt und ist aus dem Nichtigkeitsverfahren des deutschen Rechts nur mehr schwer hinwegzudenken. Die Selbstbeschränkung muß sich sachlich freilich immer in dem durch das Beschränkungsverfahren vorgegebenen Rahmen halten (vgl. BGHZ aaO - Spritzgußmaschine I), also zu einer (zulässigen) Einschränkung des Patents führen (vgl. hierzu Benkard/Schäfers aaO § 64 Rdn. 15; Busse/Schwendy aaO § 64 PatG Rdn. 32). Demgegenüber bedeutete die Zulassung der Einbeziehung vom Streitpatent nicht umfaßter Gegenstände durch eine Änd erung des Patents im Nichtigkeitsverfahren keine Einschränkung, sondern ein zugunsten des Patentinhabers korrigierendes Wiederaufgreifen des Erteilungsverfahrens, das dem deutschen Recht grundsätzlich fremd ist und deshalb selbst dann nicht in Betracht kommen kann, wenn im Einzelfall feststellbar sein sollte, daß eine Erweiterung des Schutzbereichs (ausnahmsweise) ausgeschlossen werden kann.

3. Was die Verteidigung des Streitpatents mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und den auf diesen rückbezogenen Patentansprüchen 4 und 5 betrifft, handelt es sich zunächst bei der Ersetzung der Formulierung "Oberund /oder Unterseite" durch "Ober- und Unterseite" um eine Beschränkung auf eine von zwei Lösungsalternativen, die ohne weiteres zulässig ist. Bei den zusätzlich aufgenommenen Merkmalen, "wobei auf beiden Seiten eine Abdekkung vorhanden ist", "der Kunststoffrahmen im Umfangsbereich Ausnehmungen aufweist, in welche rechtwinklig abgebogene Laschen der beiden Abdekkungen hineinragen und auf Grund Federkraft aneinanderliegen und so eine elektrische Verbindung zwischen den Abdeckungen herstellen" und "der Kunststoffrahmen im Umfangsbereich weitere Ausnehmungen aufweist, die derart ausgebildet sind, daß sie mit hineinragenden Haken der Abdeckungen eine Rastverbindung eingehen", handelt es sich um solche, die sowohl in den ursprünglichen Unterlagen (Patentansprüche 2 und 3 der PCT-Anmeldung) als zur Erfindung gehörend offenbart als auch im Streitpatent in seiner erteilten Fassung (ebenfalls Patentansprüche 2 und 3) genannt sind. Ihre Aufnahme in den Patentanspruch 1 beschränkt diesen mithin in zulässiger Weise.
II. Das Streitpatent betrifft, soweit es von der Nichtigkeitsklägerin angegriffen ist, ein elektronisches Modul, bei dem es sich insbesondere um ein Speichermodul handeln kann. Nach der Beschreibung des Streitpatents sind durch elektronische Module, die in einem Kunststoffträger auf einer Leiterplatte aufgenommen werden, Systemkomponenten mit einem variablen Speicherausbau realisierbar. Dabei muß das Modul den Anforderungen an die Industrietauglichkeit genügen (vgl. Beschr. Sp. 1 Z. 9-19).
Durch das Streitpatent soll ein Modul bereitgestellt werden, das mit einfachen Mitteln eine gute elektromagnetische Verträglichkeit gewährleistet und Potentialverschiebungen zwischen dem Modul und seiner Umgebung vermeidet (Beschr. Sp. 1 Z. 20-27). Die Beschreibung des Streitpatents spricht in die-

sem Zusammenhang insbesondere die Ausgestaltung der Rastverbindungen zwischen Abdeckungen und Kunststoffrahmen, also die mechanische Verbindung , und die Ausgestaltung der Kontaktierungsstellen im Umfangsbereich der Abdeckungen, also die elektrische Verbindung, an (Beschr. Sp. 1 Z. 42-52).
III. Das elektronische Modul nach dem mit Hilfsantrag 2 in der Formulierung in der mündlichen Verhandlung verteidigten Patentanspruch 1 weist folgende Merkmale auf:
1. an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste 1.1 zur Aufnahme und Halterung des Moduls 1.2 in dazu korrespondierenden Nuten zweier Uförmiger Schienen eines Kunststoffträgers, 2. einen Kunststoffrahmen, 2.1 der eine bestückte Leiterplatte aufnimmt und 2.2 an seiner Ober- und Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung trägt, 2.2.1 die sich bis auf die Leisten erstreckt, 2.3 der im Umfangsbereich Ausnehmungen aufweist, 2.3.1 in die rechtwinklig abgebogene Laschen der beiden Abdeckungen hineinragen, die 2.3.2 auf Grund Federkraft aneinanderliegen und so 2.3.3 eine elektrische Verbindung zwischen den Abdeckungen herstellen, und 2.4 im Umfangsbereich weitere Ausnehmungen aufweist , 2.4.1 die derart ausgebildet sind, daß sie mit hineinragenden Haken der Abdeckungen eine Rastverbindung eingehen. Dabei ist der Verweis auf weitere Ausnehmungen (Merkmal 2.4), wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend und von den Parteien unwidersprochen ausgeführt hat, dahin zu verstehen, daß es sich gegenüber den Ausnehmungen (mit elektrischer Funktion) in Merkmal 2.3 um zusätzliche Ausnehmungen (mit mechanischer Funktion) handelt. Der gerichtliche Sachverständige hat dies weiter dahin erläutert, daß das Streitpatent

in seiner verteidigten Fassung von dem bekannten Konstruktionsprinzip der Funktionstrennung Gebrauch macht, indem es mechanische und elektrische Verbindung trennt, und dadurch - anders als bei der Integration verschiedener Funktionen in einem Element - eine optimale Anpassung des Elements an die jeweilige Funktion erlaubt.
IV. Der Gegenstand des gemäß Hilfsantrag 2 verteidigten Patentanspruchs 1 ist neu, weil im Stand der Technik ein elektronisches Modul mit seinen sämtlichen Merkmalen nicht vorbeschrieben ist (Art. 52, 54 EPÜ). Hinsichtlich des nach Hilfsantrag 2 beschränkten Patentanspruchs 1 kann der Senat nicht feststellen, daß der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit vorliegt, weil sich die Lehre dieses Patentanspruchs für den Fachmann, einen Elektronikingenieur, in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hätte (Art. 52, 56 EPÜ); dies geht zu Lasten der das Patent angreifenden Klägerin.
1. Die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 417 648 A2 beschreibt eine IC-Karte mit integrierter Schaltung, die einen Rahmen mit einer Öffnung umfaßt, die mit einer oberen und einer unteren Oberfläche ausgebildet sein kann, mit einer im Rahmen enthaltenen elektronischen Einheit und einer Platte, die die Öffnung überdeckt, wobei der Rahmen mit einer Vielzahl von Aussparungen am Rand versehen ist und die Platte eine entsprechende Zahl von elastischen Vorsprüngen (25, 26) aufweist, die sich an den Aussparungen im Rahmen entsprechenden Stellen befinden. Dabei erstreckt sich jeder der elastischen Vorsprünge, der aus einem vorspringenden Stück (25a) und aus einem durch Umbiegen des vorspringenden Stücks gebildeten Haken (25b) besteht , senkrecht zur Plattenoberfläche in vertikaler Richtung. Jede der Aussparungen (27, 28) besteht aus einem Eingangsraum und einem Bodenraum, dessen Innenwand eine Schräge bildet. Die elastischen Vorsprünge sind derart geformt , daß ihr Haken bei Einführen in die Aussparung zunächst elastisch ver-

formt wird, bis der Bodenraum erreicht wird, in dem der Haken sich elastisch zurückstellt und mit der Innenwand des Bodens in Eingriff kommt. Eine Rastverbindung entsteht dabei nicht, wie dies etwa Figur 12 zeigt:

2. Figur 1 der vorveröffentlichten europäischen Patentanmeldung 0 406 610 A2 zeigt ein elektronisches Modul, insbesondere ein Speichermodul:

Dieses Modul weist an (jeweils) zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Längsleiste des Kunststoffrahmens 5 auf, die zur Aufnahme des Moduls in dazu korrespondierende Nuten 22 zweier U-förmiger Schienen eines Steckverbinders 20 dient (Merkmale 1, 1.1 und 1.2). Dabei ist in der inneren Randfläche des Steckverbinders 20 eine Kantenführungsnut 22 vorgesehen. Die elektrische Kontaktierung erfolgt über Verbindungselemente 8, die die obere und die untere

Platte verbinden und intern mit einem Masseanschluß der Leiterplatte 2 verbunden sind (Beschr. Sp. 2 Z. 43-46). Die Figuren 2 und 3 zeigen dabei die Aufnahme einer bestückten Leiterplatte in dem Kunststoffrahmen (Merkmale 2, 2.1):

An Ober- und Unterseite ist eine metallische, d.h. elektrisch leitende Abdichtung vorgesehen, die sich - wie Figur 1 zeigt - bis auf die Längsleisten des Rahmens 5 erstreckt (Merkmale 2.2, 2.2.1).
Dagegen zeigt die Entgegenhaltung nicht das Merkmal, daß der Kunststoffrahmen im Umfangsbereich Ausnehmungen aufweist, in die die rechtwinklig abgebogenen Laschen der beiden Abdeckungen hereinragen. Damit ist die

Merkmalsgruppe 2.3 insgesamt dem Fachmann nicht nahegelegt. Auch für eine Funktionstrennung zwischen elektrischer und mechanischer Verbindung (Merkmalsgruppe 2.4) bietet die Veröffentlichung keine Anregungen. Die mechanische Verbindung als solche ist in der Veröffentlichung nicht angesprochen. Anders als beim Streitpatent steht die Abschirmung in einer elektrisch leitenden Verbindung mit dem Masseanschluß der Leiterplatte der im Abschirmungsbereich untergebrachten elektrischen Einheit.
3. Die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 459 044 A1 zeigt eine IC-Karte, bei der einerseits die Festigkeit der Verbindung der beiden Platten mit dem Rahmen erhöht ist und andererseits die mechanische Verbindung aus elektrisch leitfähigem Material hergestellt wird, wodurch mechanische und elektrische Verbindung miteinander integriert werden; vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 15-22: "… provide an IC card in which the strength of bonding of both panels to the frame is enhanced and the necessity for the potential equalizer spring for electrically connecting both panels is eliminated so as to reduce the number of parts and to facilitate the assembly"; übersetzt: "… IC-Karte, bei der die Festigkeit der Verbindung beider Platten mit dem Rahmen erhöht ist und die Notwendigkeit der Verwendung der Potentialausgleichsfeder zum elektrischen Miteinanderverbinden der beiden Platten eliminiert ist, so daß die Zahl der Teile reduziert ist und die Montage erleichtert wird." Dies läuft der Zielsetzung einer Funktionstrennung nach dem mit Hilfsantrag 2 verteidigten Patentanspruch 1 des Streitpatents diametral entgegen.
4. Auch der Prospekt von Hosiden Electronics Co. Ltd. (K16) zeigt nur einen Sandwich-Aufbau des Moduls und keinen besonderen Aufbau des Rahmens im Sinn des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 1.
5. Anregungen in Richtung auf eine Funktionstrennung zwischen mechanischer und elektrischer Verbindung geben auch die übrigen Entgegenhaltun-

gen nicht. Der Fachmann kann ihnen keine Hinweise entnehmen, wie mechanische und elektrische Verbindung zueinander auszugestalten sind. Allerdings war ihm das Prinzip der Funktionstrennung, das das Modul nach dem mit Hilfsantrag 2 verteidigten Patentanspruch 1 verwirklicht, als allgemeines Konstruktionsprinzip geläufig, auch war ihm, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, bekannt, daß die Funktionstrennung eine optimale Funktionsanpassung ermöglicht. Daraus folgt jedoch noch nicht, daß der Fachmann Anlaß hatte, sich Gedanken in Richtung auf eine Entwicklung zu machen, die das Prinzip der Funktionstrennung verwirklichte. Wie etwa der europäischen Patentanmeldung 0 459 044 A1 zu entnehmen ist, wurde eine hohe Zahl von Teilen zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents durchaus als nachteilig angesehen (Beschr. Sp. 2 Z. 2-11). Das spricht gegen die Annahme, daß es für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt in dem Sinn naheliegend war, zur verteidigten Lösung des Streitpatents zu gelangen, daß er (im Sinn des in der Praxis insbesondere des Europäischen Patentamts entwikkelten "could-would"-Ansatzes; vgl. etwa Benkard, EPÜ, 2002, Art. 56 Rdn. 60; Kroher in Singer/Stauder, EPÜ, 2. Aufl. 2000, Art. 56 Rdn. 58 ff.) die Lösung nicht nur hätte finden können, sondern auch tatsächlich vorgeschlagen hätte.
V. Die Unteransprüche 4 und 5 werden durch ihre Rückbeziehung auf den erfolgreich verteidigten Patentanspruch 1 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags mitgetragen.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit §§ 91, 92 Abs. 1, 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Mühlens Asendorf

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.