Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juli 2013 - X ZR 36/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des am 13. Dezember 1993 angemelde1 ten europäischen Patents 0 635 373 (Streitpatents), das die Priorität einer japanischen Patentanmeldung vom 20. Juli 1993 und dreier japanischer Patentanmeldungen vom 29. November 1993 in Anspruch nimmt.
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- Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache: "An ink cartridge comprising: an ink-reserving portion with a porous member for storing ink; an ink-supply portion for supplying ink from said ink-reserving portion to an outside of said ink cartridge; characterized in that an ink-inducing element is arranged between said inkreserving portion and said ink-supply portion so as to press said porous member of said ink-reserving portion so that said porous member is deformed; a holding member for holding said ink inducing element; a restriction member to limit said ink inducing element to slide toward said ink-supply portion; said ink-inducing element is slidably held by said holding member, and is formed as a bundle of fibers in which each fiber is provided along a sliding direction of said ink-inducing element."
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- Das Streitpatent war bereits Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, mit der mangelnde Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 geltend gemacht wurde. Die Klage ist erfolglos geblieben; die Berufung hat der Senat mit Urteil vom 4. Oktober 2007 (X ZR 182/03, juris ) zurückgewiesen. Mit ihrer Klage greift die Klägerin das Streitpatent erneut im Umfang
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- des Patentanspruchs 1 wegen mangelnder Patentfähigkeit an. Sie macht geltend, die Beklagte habe die Erfindung vor dem ersten Prioritätstag, jedenfalls aber nach diesem offenkundig vorbenutzt; die Priorität der japanischen Patentanmeldung Hei 5-179195 vom 20. Juli 1993 sei nicht wirksam in Anspruch genommen. Außerdem sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik nicht neu, jedenfalls aber durch diesen nahegelegt. Das Patentgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewie5 sen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihr Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
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- Die Berufung ist nicht begründet. I. Zu Recht hat das Patentgericht die Klage für zulässig gehalten.
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- Weder wirkt die Rechtskraft des Urteils im ersten Nichtigkeitsverfahren gegen die Klägerin, noch ist die Klägerin als "Strohmann" der Klägerin des vorangegangenen Verfahrens an einer erneuten Klage gehindert. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass die jetzige Klägerin die
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- Rechtsnachfolgerin der damaligen Klägerin sei. Sie trägt vielmehr vor, die Geschäftstätigkeit des Vertriebs von Tintenpatronen in Deutschland habe unter der vollen Kontrolle der Schweizer Muttergesellschaft beider Klägerinnen, der P. AG, gestanden. Von dieser habe die jetzige Klägerin diesen Geschäftsbereich im Wege von "Asset Deals" erworben, während die frühere Nichtigkeitsklägerin nicht mehr geschäftlich tätig sei. Daraus ergibt sich nicht, dass die Klägerin nach § 325 ZPO gehindert wäre, Nichtigkeitsklage zu erheben. Hierfür genügt eine enge wirtschaftliche Verflechtung nicht. Die Rechtskraft wirkt vielmehr grundsätzlich nur zwischen den Parteien des rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits und den Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Soweit sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf § 631a BGB und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu berufen hat, kommt eine Übertragung des dieser Vorschrift zugrundeliegenden Rechtsgedankens auf den vorliegenden Fall nicht in Betracht. Sinn dieser Vorschrift ist es, dass der Arbeitnehmer durch den Betriebsübergang keinen Nachteil erleidet, insbesondere seine Arbeitsstelle nicht verliert (BAG, Urteil vom 19. März 2009 - 8 AZR 722/07, BAGE 130, 90 = NJW 2009, 3260). Derartige oder vergleichbare Ge- sichtspunkte stehen hier nicht im Raum, so dass schon von daher eine entsprechende Anwendung ausscheidet. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die jetzige Klägerin als
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- "Strohmann" der früheren Klägerin an der Klage gehindert wäre. Dem steht entgegen, dass die Klägerin jedenfalls auch ein Eigeninteresse an der Nichtigerklärung des Streitpatents hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1987 - X ZR 97/86, GRUR 1987, 900, 903 - Entwässerungsanlage). Auf diese Entscheidung hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bezogen und ausgeführt, es komme danach jedenfalls die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben in Betracht. Anders als in dem dort Entschiedenen liegen im vorliegenden Fall jedoch keine Besonderheiten vor, die dies gerechtfertigt erscheinen ließen. Diese Besonderheiten bestanden in dem dort entschiedenen Fall darin, dass der Geschäftsführer der Klägerin zugleich deren alleiniger Gesellschafter war. Nach der Entscheidung des Senats wäre in einem solchen Fall eine den Alleingesellschafter treffende Nichtangriffspflicht wertlos, wenn er diese im "Gewand der Gesellschaft" umgehen könnte. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. II. Das Streitpatent betrifft eine Tintenpatrone zum Speichern von
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- Tinte, die dem Tintenstrahlkopf eines Druckers zugeführt werden soll. Die Patentschrift beschreibt eingangs die Nachteile, die bei bekannten Druckern mit lösbarer Verbindung von Patrone und Druckkopf im Falle der Trennung der Verbindung auftreten. Es könne Luft in die Tintenpatrone eindringen und verhindern, dass eine Tintenbahn zwischen dem Aufzeichnungskopf und der Tintenpatrone gebildet werde (S. 2 Z. 56 bis 58). Auch könne Luft im Tintenzuführabschnitt in dem Tintenabsorber komprimiert werden, wenn der Tinteneinlassabschnitt des Aufzeichnungskopfes in die Tintenpatrone eingesetzt werde, wobei die Luft ebenfalls die Ausbildung der Tintenbahn verhindere (S. 3 Z. 22 bis 34). Zur Vermeidung dieser Nachteile sei ein Ventilmechanismus zum Schließen des Tintenauslasses vorgeschlagen worden, um das Einströmen von Luft in die Tintenbahn während des Trennens und Wiederverbindens zu verhindern. Dies führe jedoch zu höheren Produktionskosten und zu zusätzlichen Teilen. Die Patrone weise zudem eine höhere Baugröße und ein schlechtes Betriebsverhalten auf (S. 13 Z. 43 bis 47). Dem Streitpatent liegt das Problem zugrunde, nach dem Trennen
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- und Verbinden der Tintenpatrone mit einem Aufzeichnungskopf kostengünstig und zuverlässig das Lecken von Tinte zu verhindern und eine beständige Tintenzufuhr sicherzustellen.
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- Die erfindungsgemäße Lösung hat der Senat in seinem Urteil vom 4. Oktober 2007 wie folgt gegliedert: 1. Tintenpatrone mit 1.1 einem Tintenspeicherteil mit einem porösen Element zum Speichern von Tinte, 1.2 einem Tintenzuführabschnitt zum Zuführen der Tinte vom Tintenspeicherteil zur Außenseite der Tintenpatrone und 1.3 einem Tinteninduzierelement zwischen dem Tintenspeicherteil und dem Tintenzuführabschnitt. 2. Das Tinteninduzierelement 2.1 ist so gegen das poröse Element gedrückt, dass dieses verformt ist, 2.2 ist von einem Halteglied so gehalten, 2.2.1 dass es zum Tintenzuführabschnitt gleiten kann, 2.2.2 wobei die Gleitbewegung durch ein Begrenzungsglied begrenzt wird, und 2.3 ist als Faserbündel ausgebildet, dessen Fasern in Gleitrichtung angeordnet sind.
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- keine optionale Ausgestaltung, die zur Verwirklichung der patentgemäßen Lehre nicht zwingend vorliegen müsste. Es trifft allerdings zu, dass die Streitpatentschrift als erstes Ausführungsbeispiel in Figur 3a und 3b eine Tintenpatrone zeigt, bei der das Tinteninduzierelement (47) vom Lagerabschnitt (41) der Patrone gehalten wird (S. 7 Z. 18), während beim zweiten Ausführungsbeispiel das Element (47) gleiten kann. Diesen Unterschied stellt die Streitpatentschrift auf Seite 14 Zeilen 5 bis 8 dar. Dort heißt es: "Fig.12 is a cross sectional view of a second embodiment of the recording unit in accordance with the present invention. In this embodiment an ink-including element 47 is able to slide in a holder portion 41 to contact with filter 43 of the recording head 2 in a direction of a pointing arrow D.” Weiter werden in der Streitpatentschrift die Vor- und Nachteile der beiden Ausführungsformen dargestellt (S. 14 Z. 12 bis 16). Auch dort wird der Unterschied zwischen beiden Ausführungsformen darin gesehen, dass bei der zweiten Ausführungsform das Tinteninduzierelement gleitfähig sein soll, während es bei der ersten feststehend gehalten ist. Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist demgegenüber (nur) ein gleitfähiges, in seiner Bewegung zum Tintenzuführabschnitt durch ein Begrenzungselement limitiertes Tinteninduzierelement. Der Widerspruch zwischen Patentanspruch und Beschreibung kann nicht dadurch aufgelöst werden, dass Patentanspruch 1 des Streitpatents so ausgelegt wird, dass gleichwohl beide Ausführungsformen unter Patentanspruch 1 fallen. Vielmehr darf die Beschreibung nur insoweit berücksichtigt werden, wie sie sich als Erläuterung des Gegenstands des Patentanspruchs lesen lässt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 - Okklusionsvorrichtung). Insbesondere darf der engere Patentanspruch nicht nach Maßgabe der weiter gefassten Beschreibung interpretiert werden. Der Patentanspruch hat vielmehr Vorrang gegenüber der Beschreibung (BGH, Urteile vom 7. September 2004 - X ZR 255/01, BGHZ 160, 204, 209 - bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; vom 13. Februar 2007 - X ZR 74/05, BGHZ 171, 120 - Kettenradanordnung I; vom 17. April 2007 - X ZR 72/05, BGHZ 172, 88, 97 - Ziehmaschinenzugeinheit I; vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung
).
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- III. Das Patentgericht hat diesen Gegenstand für patentfähig erachtet und dies wie folgt begründet: Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass Patronen mit den
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- Merkmalen des Streitpatents vor dem ersten Prioritätstag offenkundig vorbenutzt worden seien. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zeigten dies nicht. Die vernommenen Zeugen hätten den Vortrag der Klägerin nicht bestätigt. Eine weitere Beweisaufnahme sei nicht veranlasst. Es sei von der Klägerin auch kein Anscheinsbeweis erbracht worden, aufgrund dessen die Beklagte, wie von der Klägerin gefordert, Geschäftsunterlagen über Produktion und Vertrieb der Tintenpatronen aus dem Jahr 1993 vorzulegen habe. Nach der Vernehmung des gegenbeweislich benannten Zeugen U. bestehe vielmehr kein Zweifel, dass es zwei Versionen der Patrone gegeben habe, die von außen gesehen kaum Unterscheidungsmerkmale aufgewiesen hätten. Zur Planung der verbesserten (patentgemäßen ) Version habe der Zeuge eindeutige Angaben gemacht, die es als unzutreffend, zumindest aber als höchst zweifelhaft erscheinen ließen, dass zum Prioritätszeitpunkt bereits die patentgemäße Version vertrieben worden sei oder sich in einem auf der CEBIT 1993 ausgestellten Rechner befunden hätten.
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- Auf die behauptete Benutzung im Prioritätsintervall komme es nicht an. Die Tintenpatrone nach Patentanspruch 1 sei in der ersten Prioritätsanmeldung als eigenständiger Erfindungsgegenstand offenbart. Zwar umfasse die Voranmeldung ein Tintenstrahlaufzeichnungsgerät als Ganzes. Hieraus entnehme der Fachmann aber nicht, dass die angemeldete Erfindung nur ein derartiges Aufzeichnungsgerät betreffe. Schon die Darstellung der Aufgabe der Erfindung lasse vielmehr erkennen, dass die vorgeschlagene Lösung im Wesentlichen von der Beschaffenheit der Tintenpatrone getragen werde. Zudem sei die Tintenpatrone als solche ausdrücklich als zweite Ausführungsform der Erfindung beschrieben. Auch wenn ein allein auf die Ausgestaltung der Tintenpatrone gerichteter Patentanspruch nicht formuliert sei, so zeige die Beschreibung der zweiten Ausführungsform , dass schon die Tintenpatrone allein Gegenstand der Erfindung sein solle. Dies erkenne der Fachmann auch deshalb, weil die in den Patentansprüchen und in der Beschreibung enthaltenen Angaben zum Aufzeichnungsgerät und zum Druckkopf dem am Anmeldetag bekannten Stand der Technik entsprochen hätten. Der Gegenstand des Streitpatents werde auch durch die veröffent17 lichte europäische Patentanmeldung 0 444 654 (D1) nicht vorweggenommen. Bei der Aufzeichnungseinheit nach der D1 würden die Komponenten Druckkopf und Tintenbehälter untrennbar miteinander verbunden. Sie sei mithin nicht für ein wiederholtes Trennen und Zusammenfügen geeignet. Die Lehre des Streitpatents beruhe auch auf erfinderischer Tätig18 keit. Wenn der Fachmann eine Ausgestaltung habe auffinden wollen, die für ein wiederholtes Trennen und Zusammenfügen von Druckkopf und Patrone geeignet sei, habe er die in der D1 vorgeschlagene Lösung nicht zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht. Jedenfalls führe die in der D1 vorgeschlagene Lösung nicht in naheliegender Weise zur Lehre des Streitpatents. Die japanische Offenlegungsschrift Hei 5-104735 (D3) gebe bereits eine Ausgestaltung der Patrone und ihrer tintenleitenden Verbindungselemente für eine separate Handhabung an. Damit bestehe kein Anlass, diese abzuändern. Überlegungen des Fachmanns zu einer solchen Abänderung führten im Übrigen nicht zur Erfindung. Die japanische Offenlegungsschrift Hei 4-179553 (D2) zeige schon kein poröses Element im Tintenspeicherabschnitt der Patrone. Außerdem sei das Induzierelement (50) wie bei der D1 und der D3 unverschiebbar befestigt und stehe über die Patronenwandung nach außen vor. Schon deswegen habe der Fachmann dieser Schrift keine Anregung zur Schaffung der patentgemäßen Tintenpatrone entnehmen können. Eine Zusammenschau der Druckschriften sei schon für sich ge19 nommen nicht naheliegend gewesen. Jede der bekannten Ausführungsformen habe bereits eine konstruktiv abgeschlossene Ausgestaltung gezeigt. Die Veränderung eines einzelnen Verbindungselements oder Verbindungsprinzips ziehe eine Anpassung der übrigen Elemente nach sich und zwinge daher zur Neukonstruktion. Selbst wenn man unterstelle, dass der Fachmann gleichwohl eine Zusammenschau vornehme, fehle es an einem Anlass, gerade die entsprechenden Merkmale zu einem Ganzen zusammenzuführen und andere Merkmale wegzulassen.
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- IV. Dies wird von der Berufung nur zum Teil angegriffen und hält insgesamt der Nachprüfung stand. 1. Soweit das Patentgericht nach dem Ergebnis der Beweis21 aufnahme eine offenkundige Vorbenutzung vor dem ersten Prioritätstag verneint hat, greift die Klägerin diese - aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende - Beweiswürdigung nicht mehr an. Sie macht vielmehr geltend, in der von der Beklagten vorgetragenen Übermittlung der konstruktiven Details des Tintentanks an einen Zulieferer zum Zwecke der Kostenschätzung in der Zeit von Ende Juni bis zum 23. Juli liege eine offenkundige Vorbenutzung. Dies trifft nicht zu, da unter den gegebenen Umständen auch unabhängig von der von der Beklagten behaupteten ausdrücklichen Geheimhaltungsvereinbarung eine vertrauliche Behandlung der Unterlagen zu der Neuentwicklung zu erwarten war (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1998 - X ZR 137/94, Mitt. 1999, 362, 364 - Herzklappenprothese
).
2. Auf eine offenkundige Benutzung in der Folgezeit kommt es- 22
- nicht an, denn das Streitpatent kann die Priorität vom 20. Juli 1993 in Anspruch nehmen. Der Gegenstand der Erfindung ist in dieser Voranmeldung unmittelbar und eindeutig offenbart. Das Patentgericht hat dies mit rechtsfehlerfreien Erwägungen, die
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- als solche auch nicht angegriffen werden und keiner Ergänzung bedürfen, zutreffend ausgeführt. Die Berufung legt demgegenüber ein nicht gerechtfertigtes Gewicht auf den Umstand, dass die Erfindung in der Anmeldung als Tintenstrahlaufzeichnungseinheit bezeichnet wird und die Patentansprüche der Anmeldung auf eine solche Einheit gerichtet sind. Dies ist solange unschädlich, wie der Anmeldung nicht entnommen werden muss, dass die zum Patentschutz angemeldete Erfindung erst und nur darin besteht , dass die in Übereinstimmung mit dem Streitpatent näher beschriebene Tintenpatrone mit einem Aufzeichnungskopf bestimmter Beschaffenheit zusammengefügt wird. Davon kann aus den vom Patentgericht angeführten Gründen keine Rede sein, und dies liegt auch deswegen fern, weil Aufzeichnungskopf und Tintenpatrone ohnehin voneinander abtrennbar sind und bereits in Anspruch 1 der Prioritätsanmeldung ausdrücklich als voneinander abtrennbar bezeichnet werden. Die durch das Streitpatent geschützte, zur Verbindung mit einem Tintenstrahlaufzeichnungskopf bestimmte und geeignete Tintenpatrone wird in der Anmeldung offenbart, die diese Tintenpatrone - sachlich übereinstimmend - als in neuer Weise ausgebildeten Bestandteil einer - an sich bekannten - Tintenstrahlaufzeich- nungseinheit beschreibt. Klar gestützt wird dies schon durch die Darstellung der Aufgabe der Erfindung in Abschnitt 6 der Beschreibung, wonach die Erfindung darauf zielt, für Tintenstrahlaufzeichnungseinheiten, bei denen Tintenstrahlaufzeichnungskopf und Tintenpatrone beliebig voneinander trennbar sind, eine kostengünstige Tintenpatrone mit einer hohen Zuverlässigkeit anzubieten, die gegenüber dem Stand der Technik eine höhere Leistungsfähigkeit aufweist und durch die eine konstante Tintenversorgung erzielbar ist. Allein eine solche Tintenpatrone wird demgemäß auch bei der Erörterung einer zweiten Ausführungsform der Erfindung beschrieben (Abschn. 21). Dort wird auch dargestellt, dass durch den Aufbau der Patrone der Tinteninduzierungskörper stabil mit dem Filter anliegt, auch wenn der Tinteninduzierungskörper mit einer großen Maßtoleranz in den Längsrichtungen ausgelegt wird. Damit kann der Fachmann erkennen , dass die angemeldete Erfindung - auch und vor allem - in der Gestaltung der Tintenpatrone zum Ausgleich von Längentoleranzen liegt. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass Merkmal 2.2 in der
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- Anmeldung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart sei, kann ihr nicht beigetreten werden. In Abschnitt 21 der Beschreibung ist ausdrücklich erwähnt , dass das Tinteninduzierelement parallel zur Filteranlagerichtung des Tintenstrahlaufzeichnungskopfes verschiebbar angeordnet und durch einen an der Tintenpatrone vorgesehenen Anschlag vor einem Herausfallen nach außen geschützt sei; durch diesen Aufbau liege der Tinteninduzierungskörper stabil in dem Filter an. Der in Bezug genommenen Figur 10 ist zu entnehmen, dass der Verschiebeweg durch die seitliche Führung des Tinteninduzierelements einerseits und den in der Beschreibung erwähnten Anschlag andererseits bestimmt wird. Damit ist die gleitende Lagerung in einem Halteglied nach Merkmal 2.2 klar offenbart.
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- 3. Der druckschriftliche Stand der Technik nimmt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht vorweg, dieser war dem Fachmann auch nicht durch den druckschriftlichen Stand der Technik nahegelegt.
a) Die Ausführungen des Patentgerichts zu den Druckschriften D1
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- und D2 werden von der Berufung nicht angegriffen und lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung vor allem
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- auf die neu entgegengehaltene japanische Offenlegungsschrift Hei 5-96742 (D5) bezogen und ausgeführt, das Tinteninduzierelementsei bei dieser Ausgestaltung innerhalb des Auslassabschnitts durch den Abschnitt 55, der ein Halteelement sei, gleitfähig gehalten. Eine Verhinderung einer solchen Gleitbewegung werde im Dokument nicht angesprochen. Da das Faserbündel nicht fixiert sei, sei es ebenso wie das Tinteninduzierelement des Streitpatents gleitfähig oder beweglich angeordnet. Dies trifft nicht zu. In Abschnitt 21 der Beschreibung der D5 wird
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- allerdings angegeben, dass von der Unterfläche des porösen Teils ausgehend ein Ende des Faserbündelstreifens in die Spitzbohrung eingesetzt wird. Dies lässt es offen, ob das Faserbündel auch nach dem Einsetzen in die Spitzbohrung beweglich bleibt. Abschnitt 25 beschreibt jedoch sodann, dass die Tintenpatrone so ausgebildet ist, dass bei dem Anbringen des Faserbündelstreifens das Vorderteil dieses Streifens dicht an dem elastischen porösen Teil anliegt, wodurch das Eindringen von Luft verhindert und der Durchfluss der Tinte vereinfacht werde. Dies bedeutet, dass zwischen dem elastischen Element und dem Faserbündelstreifen ein Kontakt besteht, der voraussetzt, dass die Lagerung des Faserbündels die erforderliche Festigkeit aufweist, damit gewährleistet ist, dass das Faserbündel gegenüber dem elastischen porösen Teil nicht zurückweicht, sondern dort dicht anliegt. Dies wird in Abschnitt 27 dahingehend näher beschrieben, dass der Faserbündelstreifen mit hoher Dichte an der Spitzbohrung vorgesehen sei, um die Leckage der Tinte so gering wie möglich zu halten. Die hohe Dichte wird auch im Abschnitt 21 der Beschreibung hervorgehoben. Danach kann der Fachmann der D5 keine gleitfähige oder bewegliche Anordnung im Sinne des Merkmals 2.2 entnehmen. Er erhält mithin durch die D5 auch keine Anregung, eine solche zum Ausgleich von Längentoleranzen einzusetzen.
c) Die von der Klägerin weiter neu eingeführte japanische
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- Offenlegungsschrift Hei 4-110157 (D4) kommt dem Streitpatent nicht näher als die D5. Insbesondere ist auch in dieser Schrift eine gleitfähige Lagerung nicht beschrieben. Die Annahme, die D4 offenbare mit dem Faserbündel 49 ein gleitfähiges Tinteninduzierelement, ist eine aus dem Streitpatent an den Stand der Technik herangetragene Interpretation und findet in der Schrift keine Stütze. Die Stirnseite des Faserbündelteils ist nach der Beschreibung der D4 eben ausgebildet und ragt vom Öffnungsende des Tintenreservoirs 48 derart nach oben hervor, dass diese Stirnseite dicht am Filterelement 38 anliegt, wenn die Tintenpatrone 30 montiert wird, d.h. wenn das Tintenreservoir 48 ins Öffnungsteil des Tintenwegs 33 der Tintenpatrone eingesteckt wird (Übers. S. 10, letzter Abs.). Alternativ kann ein Filterelement 138 statt auf der Seite der Tintenpatrone 130 auf der Seite des Tintenaufnahmeteils 142 vorgesehen sein (Übers. S. 13, 3. Abs.). Eine gleitfähige oder bewegliche Anordnung im Sinne des Merkmals 2.2 des Streitpatents ist bei keiner Alternative beschrieben, dargestellt oder aus dem funktionalen Zusammenhang ableitbar. Damit ergab sich für den Fachmann aus der D4 auch keine Anregung, eine solche Anordnung zum Ausgleich von Längentoleranzen des Faserbündelteils vorzusehen.
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- d) Was schließlich die D3 betrifft, so sieht der Senat keinen Anlass, von seiner bereits im Urteil vom 4. Oktober 2007 getroffenen Würdigung abzuweichen. Soweit die Klägerin mit einer Gleitfähigkeit des Tinteninduzierelements bei der Montage oder einer theoretischen Gleitfähigkeit , die bestünde, wenn sie nicht verhindert würde, argumentiert, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung.
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- V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO. Meier-Beck Mühlens Grabinski Schuster Deichfuß
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.01.2011 - 5 Ni 103/09 (EU) -
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(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.
(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.
(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.
(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.
(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.
(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)