Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2013 - X ZR 21/12

published on 28/05/2013 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2013 - X ZR 21/12
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Bundespatentgericht, 4 Ni 5/11, 06/12/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 21/12 Verkündet am:
28. Mai 2013
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Walzstraße
Lässt das Patentgericht in seinem gemäß § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis
erkennen, dass es die Argumentation des Nichtigkeitsklägers in einem bestimmten
Punkt für zutreffend erachtet, hat der Kläger in der Regel keine Veranlassung
, zu diesem Punkt in erster Instanz weitere Angriffsmittel vorzutragen
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 28. August 2012 - X ZR 99/11, BGHZ 194,
290 = GRUR 2012, 1236 Rn. 38 - Fahrzeugwechselstromgenerator).
Die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Verteidigung eines Patents
mit einer geänderten Fassung ist in der Regel gemäß § 116 Abs. 2 PatG
zulässig, wenn der Beklagte mit der Änderung einer von der erstinstanzlichen
Beurteilung abweichenden Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Rechnung
trägt und den Gegenstand des Patents auf dasjenige einschränkt, was
sich nach Auffassung des Patentgerichts schon aus der erteilten Fassung
ergab.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - X ZR 21/12 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 28. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin
Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 6. Dezember 2011 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Das europäische Patent 857 522 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass in Patentanspruch 1 die Worte "mit den Walzensätzen (12) verbunden" ersetzt werden durch "an die Walzensätze (12) angebaut" und die weiteren Patentansprüche auf diese Fassung zurückbezogen sind.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 857 522 (Streitpatents), das am 12. Januar 1998 unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Anmeldung vom 16. Januar 1997 angemeldet worden ist und eine Walzstraße betrifft. Die drei Patentansprüche lauten in der Verfahrenssprache: "1. Walzstraße (1), insbesondere Tandemgerüstgruppe, bestehend aus drei jeweils Führungsarmaturen (20) aufweisenden Walzgerüsten (2, 3, 4), insbesondere zwei Universalgerüsten (2, 3) und einem zwischen diesen angeordneten Stauchgerüst (4), mit einer bedienungsseitig angeordneten Verschiebebühne (11) und zum Walzenwechsel verfahrbaren Wechselwagen (17), dadurch gekennzeichnet, dass die Führungsarmaturen (20) mit den Walzensätzen (12) verbunden sind und als Einheit zusammen mit den bedienungsseitigen Walzenständern (2a, 3a, 4a) der drei Walzgerüste (2, 3, 4) aus der Walzlinie herausfahrbar sind. 2. Walzstraße nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass an die Walzeneinbaustücke (21) angeschraubte Führungshalter (22a, 22b, 23a, 23b) gelenkig mit den Armaturen (20) verbunden sind. 3. Walzstraße nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Armaturen (20) an jeweils einen mit gelenkigen Armaturlagerungen (26) ausgebildeten Walzbalken (24) angeschraubt sind, der als Überbrückungsglied zwischen zwei einander zugewandten Führungshaltern (221, 22b, 23a, 23b) angeordnet ist."
2
Die Klägerin hat das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit angegriffen. Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die Nichtigerklärung des Streitpatents begehrt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent zusätzlich mit fünf Hilfsanträgen in geänderter Fassung.

Entscheidungsgründe:


3
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents, soweit dessen Gegenstand über die mit dem ersten Hilfsantrag verteidigte Fassung hinausgeht.
4
I. Das Streitpatent betrifft eine Walzstraße.
5
1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift waren im Stand der Technik Walzstraßen aus zwei stationären Universalwalzgerüsten und einem dazwischen angeordneten Stauchgerüst bekannt, bei denen das mittlere Gerüst zum Wechsel der Walzen und Armaturen aus der Walzlinie heraus zur Bedienseite hin verschoben werden kann. Als Nachteil einer bekannten Ausführungsform wird in der Streitpatentschrift angegeben, für die Walzensätze und die Führungsarmaturen seien separate Verschiebe- und Arbeitsbühnen erforderlich , so dass sich kreuzende Bahnen ergäben. Außerdem sei zum Wechseln der Walzensätze ein Hilfskran erforderlich.
6
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine Walzstraße zur Verfügung zu stellen, bei der die Walzensätze und Führungsarmaturen mit geringerem Aufwand gewechselt werden können.
7
2. Zur Lösung dieses Problems wird in Patentanspruch 1 des Streitpatents eine Walzstraße vorgeschlagen, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (die abweichende Gliederung des Patentgerichts ist in eckigen Klammern wiedergegeben): 1. Die Walzstraße (1) [1] besteht aus
a) drei Walzgerüsten (2, 3, 4) [2],
b) einer bedienungsseitig angeordneten Verschiebebühne (11) [4] und
c) zum Walzenwechsel verfahrbaren Wechselwagen (17) [5].
2. Die Walzgerüste (2, 3, 4) weisen Führungsarmaturen (20) auf [3], die
a) mit den Walzensätzen (12) verbunden [6] und
b) als Einheit zusammen mit den bedienungsseitigen Walzenständern (2a, 3a, 4a) der drei Walzgerüste (2, 3, 4) aus der Walzlinie herausfahrbar [7] sind.
8
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
9
Der Gegenstand des Streitpatents umfasse lediglich Walzstraßen, die aus genau drei Walzgerüsten bestünden. Dies ergebe sich aus dem Oberbegriff, jedenfalls aber aus dem kennzeichnenden Teil von Patentanspruch 1.
10
Als Wechselwagen im Sinne von Merkmal 1 c [5] sei ein Wagen zu verstehen , auf dem ein Walzensatz abgesetzt werden könne und der den Walzensatz eigenständig tragen und transportieren könne.
11
Merkmal 2 a [6] sei dahin auszulegen, dass die Führungsarmaturen über dafür vorgesehene Halterungen direkt mit den Lagerungen der einzelnen Walzen verbunden sein müssten. Dies erschließe sich dem Fachmann, einem Diplom -Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Konstruktionstechnik und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Walzstraßen, vor allem aus den Angaben in der Beschreibung, wonach die Walzensätze fest integrierte Führungsarmaturen aufwiesen.
12
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents sei neu. Eine Walzstraße aus drei Walzgerüsten sei lediglich in der europäischen Patentanmeldung 329 998 (D9) offenbart. Dort seien jedoch zumindest zwei Walzenständer auf der Bedienseite nicht aus der Walzlinie herausfahrbar.
13
Die Klägerin habe es - das Patentgericht - auch nicht davon überzeugen können, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
14
Bei dem in der europäischen Patentschrift 597 265 (D1) offenbarten Walzgerüst könnten zwar die Walzen zusammen mit den Führungsarmaturen entfernt werden. Diese Möglichkeit bestehe aber nur bei einem einzigen Walzenständer. Außerdem seien die Führungsarmaturen nicht an den Walzensätzen befestigt, sondern an einem Wechselrahmen. Verfahrbare Wechselwagen im Sinne von Merkmal 1 c [5] seien der Entgegenhaltung ebenfalls nicht zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund habe auch eine Kombination der Entgegenhaltungen D1 und D9 den Fachmann nicht dazu anhalten können, eine Walzstraße mit den Merkmalen 2 a und 2 b [6 und 7] auszugestalten.
15
In der US-Patentschrift 3 712 102 (D2) sei eine Walzstraße offenbart, bei der die Walzensätze in Kassetten angeordnet seien, an denen gegebenenfalls auch Führungsarmaturen befestigt sein könnten. Verfahrbare Wechselwagen im Sinne von Merkmal 1 c [5] seien der Entgegenhaltung nicht zu entnehmen. Ferner könnten die Walzensätze nicht zusammen mit den Walzenständern entnommen werden. Diese verblieben beim Wechsel der Walzensätze an ihrer Position und könnten allenfalls zu der von der Verschiebebühne abgewandten Seite hin aus der Walzlinie herausgezogen werden. Weil damit auch in D2 die Merkmale 2 a und 2 b [6 und 7] nicht offenbart seien, habe selbst eine Kombination von D1 und D2 den Fachmann nicht dazu anleiten können, eine Walzstraße mit diesen Merkmalen zu versehen.
16
In der US-Patentschrift 4 907 437 (D5) sei ein Walzgerüst offenbart, das auf der Bedienseite keinen Walzenständer aufweise. Schon deshalb habe D5 weder für sich gesehen noch in Kombination mit D1 das Merkmal 2 b [7] des Streitpatents nahelegen können.
17
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren hinsichtlich der erteilten Fassung des Streitpatents in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
18
1. Die Auslegung des Streitpatents durch das Berufungsgericht ist nicht in jeder Hinsicht frei von Rechtsfehlern.
19
a) Zu Recht ist das Patentgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass das Streitpatent nur Walzstraßen schützt, die aus drei Walzgerüsten mit Führungsarmaturen bestehen.
20
Der zwischen den Parteien auch in der Berufungsinstanz umstrittenen Frage, ob sich diese Anforderung bereits aus dem in Patentanspruch 1 definierten Oberbegriff ergibt oder ob, wie die Klägerin geltend macht, die Merkmale 1 a und 2 [2 und 3] optional sind, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Die genannte Anforderung ergibt sich, wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, jedenfalls aus dem kennzeichnenden Teil.
21
Merkmal 2 b [7] sieht ausdrücklich vor, dass die Führungsarmaturen und Walzensätze der drei Walzgerüste als Einheit aus der Walzlinie herausfahrbar sind. Dieses Merkmal kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als patentrechtlich unbeachtliche Überbestimmung angesehen werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die übrigen Merkmale des Patents auch in einer Walzstraße mit mehr oder weniger als drei Walzgerüsten ihre erfindungsgemäßen Wirkungen entfalten würden. Auch wenn dies zu bejahen wäre, dürfte die ausdrückliche Beschränkung des Gegenstandes auf Walzstraßen mit drei Walz- gerüsten bei der Auslegung des Streitpatents aufgrund des klaren Wortlauts des Patentanspruchs nicht unberücksichtigt bleiben.
22
b) Zu Recht hat das Patentgericht als Führungsarmaturen im Sinne von Patentanspruch 1 diejenigen Einrichtungen des Walzgerüsts angesehen, die das Walzgut in den Walzspalt hinein und aus dem Walzspalt heraus leiten. Diese Beurteilung hat es zutreffend auf die Ausführungen in der Beschreibung (Abs. 11) und die dort in Bezug genommene Figur 4 des Streitpatents gestützt, die durch Aufnahme des dort erläuterten Begriffs "Führungsarmaturen" Niederschlag in Patentanspruch 1 gefunden haben.
23
c) Rechtsfehlerhaft hat das Patentgericht hingegen aus der Beschreibung des Streitpatents die Schlussfolgerung abgeleitet, Merkmal 2 a [6] erfordere eine "direkte" Verbindung der Führungsarmaturen mit den Walzensätzen.
24
Aus der in Patentanspruch 1 enthaltenen Anforderung, dass "die Führungsarmaturen" mit den Walzensätzen verbunden sind, ergibt sich allerdings, dass nicht nur einzelne Teile der Führungsarmaturen, sondern alle Einrichtungen , die dem oben angegebenen Zweck dienen, eine Verbindung mit den Walzensätzen aufweisen müssen. Patentanspruch 1 enthält aber - anders als die Patentansprüche 2 und 3 - keine näheren Festlegungen dazu, wie diese Verbindung beschaffen sein muss.
25
Einschränkungen lassen sich nur aus der Funktion der Verbindung ableiten. Diese ist in Merkmal 2 b [7] festgelegt, wonach die Führungsarmaturen und die Walzensätze zusammen mit den auf der Bedienseite angeordneten Walzenständern aus der Walzlinie herausfahrbar sein müssen. Die Verbindung zwischen Führungsarmaturen und Walzensätzen muss mithin so ausgestaltet sein, dass beide eine Einheit bilden, die zur Bedienseite hin verfahrbar ist. Dies erfordert nicht zwingend eine direkte Verbindung zwischen den beiden Bauteilen. Wie sich zum Beispiel aus D1 ergibt, kann dieser Anforderung vielmehr auch dadurch genügt werden, dass Walzensatz und Führungsarmatur auf einem gemeinsamen Wechselrahmen angebracht sind.
26
Aus den vom Patentgericht herangezogenen Ausführungen in der Beschreibung , wonach die Führungsarmaturen in die Walzensätze fest integriert sind (Abs. 4 Z. 52), ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Diese Anforderung hat in der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden. Sie darf deshalb nicht herangezogen werden, um den Gegenstand des Streitpatents enger zu definieren, als dies durch den Wortsinn des Patentanspruchs vorgegeben ist.
27
d) Ebenfalls nicht zutreffend ist die Auslegung, die das Patentgericht dem Merkmal 1 c [5] gegeben hat.
28
Die danach vorgesehenen verfahrbaren Wechselwagen (17) haben nach der Beschreibung des Streitpatents die Funktion, die Walzensätze auf den Schienen (16) zu bewegen (Abs. 9 Z. 43-47). Diese Schienen verlaufen, wie sich aus Figur 1 ergibt, senkrecht zur Walzlinie. Sie dienen mithin dazu, die Walzensätze aus der Walzlinie herauszufahren, wie dies in Merkmal 2 c [7] vorgesehen ist.
29
Zur Verwirklichung dieser Funktion ist nicht erforderlich, dass die Wechselwagen als separate Bauteile ausgestaltet sind, auf die der Walzensatz erst nach Entfernen des Walzenständers aufgesetzt wird. Eine solche Ausgestaltung ist zwar an der vom Patentgericht herangezogenen Stelle der Beschreibung dargestellt (Abs. 4 Z. 54-58). Auch diese Anforderung hat aber in Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden.
30
Entgegen der Auffassung des Patentgerichts reicht es deshalb zur Verwirklichung von Merkmal 1 c [5] aus, wenn die Walzensätze oder die Einheit aus Walzensatz, Führungsarmaturen und Walzenständer so ausgestaltet wer- den, dass sie auf Schienen oder einer sonstigen geeigneten Unterlage zur Bedienseite hin verfahren werden können. Ob die dafür vorgesehenen Einrichtungen fest mit den übrigen Teilen verbunden sind oder ob der Walzensatz nur lose auf dem Wagen aufliegt, ist nach Patentanspruch 1 unerheblich.
31
2. Dennoch hat das Patentgericht den Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents zu Recht als neu angesehen. Insoweit beruht die angefochtene Entscheidung nicht auf den aufgezeigten Rechtsfehlern.
32
a) In der Entgegenhaltung D9 ist eine Walzstraße offenbart, die aus drei Walzgerüsten besteht, aber nicht das Merkmal 2 b [7] aufweist.
33
Die in D9 beschriebene Walzstraße, mit der sich (unter Bezugnahme auf die aus D9 hervorgegangene Patentschrift) auch die Beschreibung des Streitpatents befasst, weist die Besonderheit auf, dass das in der Mitte angeordnete Walzgerüst vollständig aus der Walzlinie herausgefahren werden kann. Dadurch wird Platz geschaffen, um die Führungsarmaturen (10) von dafür vorgesehenen Arbeitsbühnen (18, 18') aus auf einfache Weise demontieren zu können (D9 Sp. 7 Z. 4-20). Nach der Demontage der Führungsarmaturen können alle drei Walzensätze (27, 28, 29) mit Hilfe von daran angebrachten Rollen (11) auf Schienen (30) aus der Walzlinie herausgefahren und auf einem Bauplatz (26) abgelegt werden (D9 Sp. 7 Z. 29-36).
34
Damit fehlt es, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, an Merkmal 2 b [7]. Die Walzensätze können zwar aus der Walzlinie herausgefahren werden. Dafür müssen jedoch zuerst die Führungsarmaturen entfernt werden. Zudem ist den Ausführungen in D9 nicht zu entnehmen, dass zusammen mit den Walzensätzen auch die Walzenständer verschoben werden.
35
Ebenfalls nicht offenbar ist Merkmal 2 a [6]. Auf welche Weise die Führungsarmaturen mit dem Walzgerüst verbunden sind, wird in D9 nicht näher ausgeführt.
36
b) In der Entgegenhaltung D1 ist ein Walzgerüst offenbart. Damit fehlt es, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits an Merkmal 1 a [2]. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist indes Merkmal 2 a [6] offenbart.
37
D1 befasst sich wie das Streitpatent mit dem Problem, den Wechsel der Walzen zu vereinfachen und die dafür erforderlichen Stillstandszeiten zu verringern. Zur Lösung dieses Problems wird ein Walzgerüst vorgeschlagen, bei dem der Walzenständer in einem Wechselrahmen angeordnet ist, der seitlich aus der Walzlinie herausbewegt werden kann (D1 Sp. 2 Z. 9-12). Dieser Wechselrahmen ist zugleich als Armaturenträger ausgebildet (D1 Sp. 32 Z. 22-23). Er enthält sämtliche Verschleißteile (D1 Sp. 2 Z. 31-33: vertikale und horizontale Walzen sowie Armaturen bzw. profilabhängige Teile) und kann als Einheit ausgetauscht werden. Hierzu wird der mit dem Wechselrahmen verriegelte Walzenständer auf der Bedienseite zunächst ein Stück weit zur Seite hin weggefahren. Danach wird die Verriegelung gelöst und der Walzenständer in eine Endposition verfahren. Der Wechselrahmen liegt danach frei in einer Zwischenposition , zum Beispiel auf einem Fundament oder auf Schienen, und kann mit einem Kran oder einer Verschiebebühne entfernt werden (Sp. 2 Z. 16-34).
38
Damit ist Merkmal 2 a [6] offenbart. Dieses kann wie bereits ausgeführt auch dadurch verwirklicht werden, dass Walzensatz und Führungsarmaturen auf einem gemeinsamen Rahmen angeordnet sind.
39
Merkmal 2 b [7] ist nicht vollständig offenbart. Allerdings sind auch bei dem in D1 beschriebenen Walzgerüst die Führungsarmaturen, der Walzensatz und der bedienungsseitige Walzenständer als Einheit aus der Walzlinie heraus- fahrbar. Diese Funktion wird in D1 aber nur für ein einzelnes Walzgerüst offenbart , nicht für alle drei Walzgerüste einer Walzenstraße.
40
Nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist ferner Merkmal 1 c [5]. Zwar wird in D1 mehrfach ausgeführt, der Walzenständer werde zusammen mit dem Wechselrahmen "verfahren". In welcher Weise dies geschieht, wird aber nicht näher dargestellt. Erwähnt wird lediglich ein nicht dargestellter Verschiebezylinder (Sp. 3 Z. 50-55). Daraus ergibt sich nicht eindeutig, dass die Einheit aus Walzenständer, Walzensatz und Führungsarmaturen auf einem Wagen angeordnet ist, wie dies nach Merkmal 1 c [5] erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund lassen sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch aus der Darstellung in den Figuren 1 bis 3 keine weitergehenden Schlussfolgerungen ziehen. Zwar könnten diese Zeichnungen dahin interpretiert werden, dass der verfahrbare Walzenständer auf Schienen angeordnet ist. Dann könnte das auf diesen Schienen ruhende Unterteil des Walzenträgers als Wagen angesehen werden. Die Darstellung ist aber nicht so deutlich, dass sie auch ohne ergänzende Angaben in der Beschreibung als unmittelbare und eindeutige Offenbarung dieses Merkmals ausreicht.
41
c) In der Entgegenhaltung D2 ist eine Walzstraße mit zwei Walzgerüsten offenbart. Damit fehlt es, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, an Merkmal 1 a [2].
42
Die in D2 beschriebene Walzstraße kann durch Umrüsten der beiden Walzgerüste an verschiedene Einsatzzwecke angepasst werden. Um die Umrüstzeiten zu verringern, sind die Walzen bei beiden Walzgerüsten in Kassetten angeordnet, die mit verhältnismäßig geringem Aufwand gewechselt werden können. Diese Kassetten können neben Anschlüssen für Hydraulik-, Schmierund Kühlmittelleitungen auch Führungselemente (D2 Sp. 4 Z. 29-33: guides) aufweisen. Beim Auswechseln werden sie auf Schienen (24, 26, 27) bewegt (D2 Sp. 4 Z. 55-56), die senkrecht zur Walzlinie stehen (D2 Fig. 1-5). Zu diesem Zweck sind an ihrer Unterseite Räder (63) angebracht (D2 Sp. 9 Z. 49-51 und Fig. 15).
43
Entgegen der Auffassung der Berufung werden die Walzenständer (2, 3) beim Austausch der Kassetten nicht zusammen mit diesen verfahren. Vielmehr werden zunächst die beiden Kassetten (5, 6) seitlich herausgezogen. Diese beiden Vorgänge erfolgen gleichzeitig. Nach ihrem Abschluss sind die beiden Kassetten auf der Verschiebevorrichtung (19) positioniert (D2 Sp. 4 Z. 50-61). Danach wird diese Vorrichtung in eine neue Position versetzt, so dass zwei andere Kassetten zum Einbau in die Walzgerüste bereitstehen. Gleichzeitig mit diesem Positionswechsel werden die Walzenständer bewegt, um den Einbau einer breiteren Kassette zu ermöglichen (D2 Sp. 4 Z. 65-68). Diese Bewegung findet mithin, anders als dies die Berufung postuliert, erst statt, nachdem die Kassetten aus der Walzlinie herausgefahren worden sind.
44
Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist damit allerdings das Merkmal 1 c [5] offenbart. Wie bereits oben ausgeführt wurde, reicht es zur Verwirklichung dieses Merkmals aus, wenn der Walzensatz so ausgestaltet ist, dass er senkrecht zur Walzlinie verfahren werden kann. Dies ist in D2 durch die Räder (63) gewährleistet.
45
Nicht vollständig offenbart ist Merkmal 2 a [6]. Bei der in D2 offenbarten Walzstraße sind zwar an den zu den Walzensätzen gehörenden Walzeneinbaustücken bestimmte Bauteile angebracht, die als "stripping guides (163)" bezeichnet werden. Diese Bauteile entsprechen jedoch nicht den Führungsarmaturen im Sinne von Patentanspruch 1. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich die Funktion der "stripping guides" darin erschöpft, anhaftendes Material von den Walzen abzustreifen. Selbst wenn sie, wie die Klägerin geltend macht, in gewissem Umfang dazu beitragen könnten, das Walzgut in den Walzspalt hinein und aus dem Walzspalt heraus zu leiten, reichten sie allein jedenfalls nicht aus, um diese Funktion zu erfüllen. Die in D2 offenbarte Walzstraße weist viel- mehr, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, zusätzliche Führungselemente (170) auf, die nicht an den Walzensätzen, sondern an den Walzenständern befestigt sind (Sp. 6 Z. 61-67). Damit fehlt es an Merkmal 2 a [6], das wie oben dargelegt erfordert, dass alle Führungselemente mit den Walzensätzen verbunden sind.
46
d) In der Entgegenhaltung D5 ist ein Walzgerüst mit horizontalen Walzringen offenbart, die einseitig eingespannt sind. Damit fehlt es, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, schon an den Merkmalen 1 a [2] und 2 b [7].
47
Entgegen der Auffassung der Berufung ist diese Beurteilung nicht deshalb fehlerhaft, weil das in D5 erwähnte und als bekannt vorausgesetzte Installationssystem (installation system 15) als Walzenständer bezeichnet werden könnte. Ein Walzenständer im Sinne des Streitpatents dient der Lagerung der Walzensätze. Diese Funktion kommt dem in D5 offenbarten Installationssystem nicht zu. Dieses ist auf der von der einseitigen Lagerung des Walzrings abgewandten Seite angebracht und dient dazu, eine aus Walzringen und einer Führungseinrichtung bestehende Universalvorrichtung (universal device 13) an der Antriebseinheit (drive unit 11) zu montieren (D5 Sp. 2 Z. 39-43).
48
3. Zu Unrecht ist das Patentgericht aber zu dem Ergebnis gelangt, der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
49
a) Wie auch das Patentgericht im Ansatz nicht verkannt hat, hatte der Fachmann, der auf der Suche nach Möglichkeiten war, den Walzenwechsel bei einer aus drei Walzgerüsten bestehenden Walzstraße, wie sie in D9 beschrieben ist, weiter zu vereinfachen, Veranlassung, auch Veröffentlichungen heranzuziehen , die sich nur mit einzelnen Walzgerüsten oder mit Walzstraßen befassen , die mehr oder weniger als drei Walzgerüste aufweisen. Auch bei der in D9 offenbarten Walzstraße erfolgt der Wechsel der Walzgerüste - anders als das diesem vorangehende Verschieben der Walzgerüste insgesamt - bei allen drei Walzgerüsten im Wesentlichen nach dem gleichen Prinzip. Der Fachmann hatte damit Anlass, bei der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten auch solche Vorschläge in Betracht zu ziehen, die sich nur auf ein einzelnes Walzgerüst beziehen , und gegebenenfalls zu prüfen, ob dieser Vorschlag auch bei einer aus drei Walzgerüsten bestehenden Walzstraße umgesetzt werden kann.
50
b) Bei der Suche nach solchen Verbesserungsmöglichkeiten ergab sich für den Fachmann aus D1 die Anregung, die Walzensätze und die Führungselemente so miteinander zu verbinden, dass sie zusammen ausgewechselt werden können und die weitere Demontage an einem anderen Ort erfolgen kann. Aus D1 ergab sich darüber hinaus die Anregung, zusammen mit dem Walzensatz und den Führungselementen auch den bedienungsseitigen Walzenständer aus der Walzlinie herauszufahren und diesen erst dann von den übrigen Teilen abzulösen, wenn Walzensatz und Führungselemente auf einer Verschiebeeinrichtung positioniert sind.
51
Um zum Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents zu gelangen , musste der Fachmann das in D1 für ein einzelnes Walzgerüst offenbarte Konzept lediglich auf eine aus drei Walzgerüsten bestehende Walzstraße übertragen. Hierzu hatte er aus den bereits oben dargelegten Gründen Veranlassung.
52
Nicht ausdrücklich erwähnt ist in D1 zwar ein Wechselwagen im Sinne von Merkmal 1 c [5]. Die Ausführungen in D1, wonach Walzenständer und Wechselrahmen miteinander "verfahren" werden, gab dem Fachmann aber Veranlassung , hierzu auf bekannte Lösungselemente zurückzugreifen, wie sie auch in anderen Entgegenhaltungen dargestellt sind, also auf Rollen, mit denen die Walzensätze auf Schienen bewegt werden können.
53
Den vom Patentgericht als ausschlaggebend angesehenen Unterschieden zwischen den in D1 und D2 offenbarten Lösungen und dem Gegenstand des Streitpatents kommt demgegenüber keine Bedeutung zu. Die Beurteilung des Patentgerichts beruht auf der Annahme, die Merkmale 1 c [5] und 2 a [6] erforderten eine besondere Ausgestaltung des Wechselwagens und der Verbindung zwischen Führungsarmaturen und Walzensätzen. Diese Annahme trifft aus den oben dargelegten Gründen nicht zu.
54
IV. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 und der darauf zurückbezogenen weiteren Patentansprüche ist aber in der mit dem ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung patentfähig.
55
1. Nach dem ersten Hilfsantrag sollen in Merkmal 2 a [6] die Worte "mit den Walzensätzen (12) verbunden" ersetzt werden durch "an die Walzensätze (12) angebaut". Mit dieser Änderung verteidigt die Beklagte das Streitpatent in zulässiger Weise.
56
a) Dem Hilfsantrag steht nicht entgegen, dass ihn die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz gestellt hat. Die hierfür geltenden Voraussetzungen des § 116 Abs. 2 PatG sind erfüllt.
57
Die Verteidigung des Streitpatents mit dieser Fassung ist sachdienlich. Die Beklagte trägt damit der Rechtsauffassung des Senats Rechnung und schränkt den Gegenstand im Wesentlichen auf dasjenige ein, was sich nach Auffassung des Patentgerichts bereits aus der erteilten Fassung ergab. Der geänderte Antrag kann deshalb auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat.
58
b) Das geänderte Merkmal ist, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart.
59
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Änderung nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs.
60
Wie bereits oben dargelegt wurde, umfasst der Gegenstand von Patentanspruch 1 jede Ausführungsform, bei der die Führungsarmaturen in irgendeiner Weise mit den Walzensätzen verbunden sind. Die geänderte Fassung schränkt dies dahin ein, dass die Führungsarmaturen an die Walzensätze angebaut sein müssen. Damit sind mittelbare Verbindungen, etwa durch die Anbringung beider Bauteile an einen gemeinsamen Wechselrahmen, ausgeschlossen. Ein Anbau erfordert vielmehr eine unmittelbare Verbindung zwischen den Führungsarmaturen und den Walzensätzen. Damit ist der Gegenstand des Streitpatents im Vergleich zur erteilten Fassung eingeschränkt.
61
Aus der von der Klägerin angeführten Stelle in der Beschreibung des Streitpatents, wonach Führungsarmaturen und Walzensätze miteinander fest verbunden sein müssen (Abs. 11 Z. 16 f.), ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Diese Anforderung hat wie bereits dargelegt in der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden. Selbst wenn die mit dem Hilfsantrag verteidigte Fassung auch Ausführungsformen umfasste, bei denen die Führungsarmaturen nur lose an die Walzensätze angebaut sind, ergäbe sich daraus mithin keine Erweiterung des Schutzbereichs.
62
Unabhängig davon ergibt sich gerade aus dem nach dem Hilfsantrag vorgesehenen Merkmal, wonach die Führungsarmaturen an die Walzensätze angebaut sind, dass die Führungsarmaturen so an den Walzensätzen befestigt sein müssen, dass sie auch die während des Betriebs der Walzstraße auftretenden Kräfte aufnehmen können.
63
2. Der so eingeschränkte Gegenstand des Streitpatents ist nicht durch den Stand der Technik nahegelegt.
64
a) In D1 ist, wie das Patentgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, lediglich eine Anordnung offenbart, bei der die Walzensätze und die Führungsarmaturen in einem gemeinsamen Wechselrahmen angebracht sind, ohne dass eine unmittelbare Verbindung zwischen den beiden Bauteilen besteht. Dies gab dem Fachmann keine Veranlassung, den vom Streitpatent geschützten Anbau ohne Zwischenschaltung eines solchen Rahmens in Betracht zu ziehen.
65
b) In D2 ist, wie bereits oben im Zusammenhang mit der erteilten Fassung dargelegt wurde, das Merkmal 2 a [6] nicht vollständig offenbart, weil nicht alle Führungselemente an die Walzensätze angebaut sind.
66
Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob der Fachmann Anlass hatte , bei der Suche nach möglichen Weiterentwicklungen der in D1 offenbaren Lösung auch Walzstraßen in Betracht zu ziehen, bei denen die Walzensätze durch Fenster in den Walzensätzen hindurchgeführt werden. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, hätte sich für den Fachmann aus D2 nicht die Anregung ergeben , abweichend von der dort offenbarten Ausgestaltung nicht nur einzelne, sondern alle Führungsarmaturen in der vom Streitpatent geschützten Weise an die Walzensätze anzubauen.
67
3. Das neue Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz führt nicht zu einer ihr günstigeren Beurteilung.
68
a) Dieses Vorbringen ist allerdings nach § 117 PatG und § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen, obwohl es, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, neu ist.
69
aa) Mit ihrem auf drei Konstruktionszeichnungen (LS16 bis LS18 mit farbigen Hervorhebungen in LS19 und LS20) gestützten Vortrag zu einer offenkundigen Vorbenutzung durch ein später von ihr übernommenes Unternehmen im Jahr 1969 in den USA und in Mexiko und mit ihrem Vorbringen zu den er- gänzend vorgelegten US-Patentschriften 4 706 484 (LS21) und 3 212 314 (LS22) macht die Klägerin geltend, die Kombination der Merkmale 2 a und 2 b [6 und 7] sei im Stand der Technik bekannt gewesen. Insbesondere trägt sie vor, die aus diesen Entgegenhaltungen ersichtlichen Walzgerüste wiesen eine direkte Verbindung zwischen den Führungsarmaturen und den Walzensätzen auf, wie sie nach Auffassung des Patentgerichts zur Verwirklichung von Merkmal 2 a [6] erforderlich ist.
70
bb) In erster Instanz hatte die Klägerin keinen Anlass, zu diesem Punkt näher vorzutragen.
71
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Nichtigkeitskläger grundsätzlich nicht gehalten, den Angriff gegen die Patentfähigkeit des Streitpatents auf alle denkbaren Gesichtspunkte zu stützen. Vielmehr dient der Hinweis, den das Patentgericht nach § 83 Abs. 1 PatG gibt, auch dazu, die sich aus der Klagebegründung ergebende Fokussierung der Argumentation entweder als nach der vorläufigen Sicht des Patentgerichts sachgerecht zu bestätigen oder aber als nicht angemessen oder jedenfalls nicht zulänglich aufzuzeigen. Lässt das Patentgericht in seinem Hinweis erkennen, dass es die Argumentation des Klägers in einem bestimmten Punkt für zutreffend erachtet, hat der Kläger in der Regel keine Veranlassung, zu diesem Punkt weitere Angriffsmittel vorzutragen (BGH, Urteil vom 28. August 2012 - X ZR 99/11, BGHZ 194, 290 = GRUR 2012, 1236 Rn. 38 - Fahrzeugwechselstromgenerator).
72
Im Streitfall hat das Patentgericht in seinem Hinweis zwar mitgeteilt, dass es das Klagevorbringen als nicht ausreichend ansieht. Es hat dies jedoch damit begründet, bei den als am nächsten liegend zu erachtenden Entgegenhaltungen D1 und D2 seien die Merkmale 2 b, 1 c und 1 a [7, 5 und 2] nicht verwirklicht. Zu Merkmal 2 a [6] hat es hingegen ausgeführt, dieses erschließe sich aus D2. Dass dieses Merkmal möglicherweise eine direkte Verbindung zwischen den Führungsarmaturen und den Walzensätzen erfordern und deshalb auch in D2 nicht offenbart sein könnte, ergibt aus dem Hinweis nicht. Angesichts dessen hatte die Klägerin keinen Anlass, zusätzliche Entgegenhaltungen vorzulegen , in denen dieses Merkmal offenbart ist. Ihr innerhalb der Frist für die Berufungsbegründung eingegangenes ergänzendes Vorbringen ist deshalb zu berücksichtigen.
73
b) In der Sache führen die neuen Angriffsmittel nicht zur Verneinung der Patentfähigkeit.
74
aa) Hinsichtlich der Neuheit ergibt sich schon deshalb keine abweichende Beurteilung, weil die zusätzlich vorgelegten Entgegenhaltungen keine Walzstraße zum Gegenstand haben, die aus drei Walzgerüsten besteht.
75
bb) Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit vermögen die neuen Entgegenhaltungen keine der Klägerin günstige Entscheidung zu stützen.
76
(1) Durch die behaupteten und anhand der Zeichnungen LS16 bis LS20 veranschaulichten Vorbenutzungen ist ein Walzgerüst offenbart, bei dem Führungsarmaturen unmittelbar an Bauteile angeschraubt sind, die die obere bzw. untere Walze umschließen und deshalb als Teil eines Walzensatzes im Sinne von Merkmal 2 a [6] angesehen werden können. Wie die Beklagte zu Recht geltend macht, ergibt sich daraus jedoch nicht, dass die Walzensätze zusammen mit diesen Führungsarmaturen und dem bedienungsseitigen Walzenständer aus der Walzlinie herausgefahren werden können. Vor diesem Hintergrund konnte der Fachmann dieser Vorbenutzung nicht die Anregung entnehmen, die Merkmale 2 a und 2 b [6 und 7] von Patentanspruch 1 des Streitpatents miteinander zu kombinieren.
77
Der abweichende Vortrag der Klägerin, aus den zeichnerischen Darstellungen ergebe sich, dass Walzen und Führungsarmaturen als Einheit zusammen mit den bedienungsseitigen Walzenständern der Walzgerüste aus der Walzlinie herausgefahren würden, gibt keinen Anlass zur Erhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises. Die Klägerin zeigt keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, aus welchen Teilen der zeichnerischen Darstellung sich die von ihr behauptete Vorgehensweise ergeben soll. Anlass zu konkretem Vortrag hierzu hätte schon deshalb bestanden, weil die Beklagte überzeugende Anhaltspunkte dafür aufgezeigt hat, dass die Walzenständer fest mit dem Untergrund verbunden sind.
78
Der ergänzende Antrag auf Vernehmung eines Zeugen ist zum Beweis der behaupteten Tatsache ungeeignet. Gegenstand der Beweiserhebung durch Zeugen sind Wahrnehmungen über vergangene - ausnahmsweise auch gegenwärtige - Tatsachen und Zustände (BGH, Urteil vom 18. März 1993 - IX ZR 198/92, NJW 1993, 1796, 1797). Der unter Beweis gestellte Vortrag der Klägerin betrifft keine solche Tatsache, sondern die Frage, was den vorgelegten Zeichnungen zu entnehmen ist. Zeugen, die die behauptete Vorbenutzung unabhängig von den Zeichnungen aus eigener Anschauung schildern könnten, stehen, wie die Klägerin klargestellt hat, nicht zur Verfügung.
79
Unabhängig davon ist der Darstellung in LS16 bis LS20 nicht zu entnehmen , dass alle zur Walzstraße gehörenden Führungsarmaturen in der in Rede stehenden Weise an die Walzensätze angeschraubt sind, wie dies nach Merkmal 2 a [6] erforderlich ist. Mangels eines solchen Hinweises hatte der Fachmann keine Veranlassung, eine solche Ausgestaltung in Betracht zu ziehen.
80
(2) Die Entgegenhaltung LS21 gab dem Fachmann ebenfalls keine Anregung , die Merkmale 2 a und 2 b [6 und 7] miteinander zu kombinieren.
81
In LS21 ist ein Walzgerüst mit einem Satz horizontaler und vertikaler Walzen offenbart. Als Stand der Technik werden unter anderem Walzgerüste beschrieben , bei denen ein Kassettenrahmen sowohl die horizontalen als auch die vertikalen Walzen trägt. Daran wird als nachteilig bemängelt, dass zum Wech- seln der Walzen stets der gesamte Kassettenrahmen entfernt und zur Demontage und Wiedermontage zu einem Arbeitsbereich transportiert werden müsse (LS 21 Sp. 1 Z. 54-63).
82
Als Alternative wird in LS21 ein Walzgerüst vorgeschlagen, bei dem der die Walzen tragende Rahmen nur zum Teil entfernt werden muss, um die Walzen wechseln zu können (LS21 Sp. 2 Z. 8-15). Um dies zu ermöglichen, weisen die beiden Walzenständer (16, 18) jeweils eine Öffnung auf. Darin ist ein innerer Rahmen (24) angeordnet (LS21 Sp. 3 Z. 31-33). In diesem Rahmen sind die Rollen gelagert. Zum Wechseln der Rollen verbleibt der Rahmen im Walzgerüst. Es muss lediglich ein Joch (42) entfernt werden. Dann kann der Rollensatz mittels eines Wagens (80) entnommen werden (LS 21 Sp. 5 Z. 47-68).
83
Daraus ergab sich für den Fachmann nicht die Anregung, zusammen mit dem Walzensatz und den Führungsarmaturen auch den bedienungsseitigen Walzenständer aus der Walzlinie herauszufahren. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bei der in LS21 offenbarten Ausführungsform nur der innere Rahmen (24) als Walzenständer im Sinne des Streitpatents anzusehen ist oder zusätzlich auch die diesen aufnehmenden Ständer (16 und 18). Alle diese Bauteile verbleiben beim Wechsel eines Rollensatzes zumindest teilweise im Walzgerüst.
84
(3) Aus der Entgegenhaltung LS22 ergaben sich keine weitergehenden Anregungen.
85
In LS 22 ist ein Walzgerüst mit auswechselbaren Walzen offenbart. Es besteht aus zwei vertikalen Walzenständern (11, 12), die an ihrem unteren Ende starr an Auflagerplatten (13) befestigt sind (LS22 Sp. 3 Z. 24-29). Die Walzen sind in Einbaustücken (17, 18) angeordnet (LS22 Sp. 3 Z. 32-37). Zur Positionierung der Einbaustücke sind Balken (24, 25) vorgesehen. Diese erleichtern auch den Wechsel der horizontalen Walze. Hierzu müssen zunächst die vertika- len Walzen entfernt werden. Dann kann die untere Walze mit den Einbaustücken über den Balken (25) zu einer Wechselvorrichtung geschoben werden (LS22 Sp. 5 Z. 8-26). Zum Auswechseln der oberen Walze wird der Balken (24) ebenfalls zu einer Wechselvorrichtung ausgerichtet (LS22 Sp. 5 Z. 60-63).
86
Auch aus dieser Entgegenhaltung ergab sich für den Fachmann nicht die Anregung, einen vollständigen Walzensatz zusammen mit den Führungsarmaturen und dem bedienungsseitigen Walzenständer aus der Walzlinie herauszufahren.
87
V. Der Senat hat gemäß § 119 Abs. 5 Satz 2 PatG in der Sache zu entscheiden , weil diese zur Endentscheidung reif ist. Die fehlerfreien Tatsachenfeststellungen des Patentgerichts und der Vortrag der Parteien bilden eine ausreichende Grundlage, um die Auslegung des Streitpatents und die Patentfähigkeit von dessen Gegenstand in der erteilten und der mit dem ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung zu beurteilen.
88
Über den von der Klägerin vorsorglich gestellten Vertagungsantrag war nicht zu entscheiden. Diesen Antrag hat die Klägerin nur für den Fall gestellt, dass über den dritten Hilfsantrag (ursprünglich Hilfsantrag II) zu entscheiden ist. Diese - zulässige - innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.
89
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG sowie § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 06.12.2011 - 4 Ni 5/11 (EP) -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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published on 28/08/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 99/11 Verkündet am: 28. August 2012 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja
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published on 26/03/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 21/17 Verkündet am: 26. März 2019 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2019:260319UXZR21.17.0
published on 12/01/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 20/15 Verkündet am: 12. Januar 2017 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2017:120117UXZR20.15.0
published on 03/09/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 106/17 Verkündet am: 3. September 2019 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2019:030919UXZR106.1
published on 21/06/2016 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 41/14 Verkündet am: 21. Juni 2016 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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Annotations

Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.

(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.

(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.

(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde und
2.
die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
die betroffene Partei über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.

(1) Der Prüfung des Bundesgerichtshofs unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Eine Klageänderung und in dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats eine Verteidigung mit einer geänderten Fassung des Patents sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder der Bundesgerichtshof die Antragsänderung für sachdienlich hält und
2.
die geänderten Anträge auf Tatsachen gestützt werden können, die der Bundesgerichtshof seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 117 zugrunde zu legen hat.

Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.

(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.

(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.

(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde und
2.
die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
die betroffene Partei über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.

(1) Ergibt die Begründung des angefochtenen Urteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Berufung zurückzuweisen.

(2) Insoweit die Berufung für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(3) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Nichtigkeitssenat erfolgen.

(4) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Der Bundesgerichtshof kann in der Sache selbst entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Er hat selbst zu entscheiden, wenn die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)