Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2005 - X ZR 167/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Kläger war Inhaber des am 1. Dezember 1983 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 116 701 (Klagepatent), das eine elektronische Diebstahlsicherung betrifft und inzwischen durch Zeitablauf erloschen ist. Er hat das Klagepatent auf der Grundlage des Lizenzvertrages mit der O. Alarmsysteme GmbH (nachfolgend O. GmbH) verwertet. Die Beklagten betreiben als Gesellschafter bürgerlichen Rechts gemeinsam eine Patentanwaltskanzlei und werden vom Kläger mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch genom- men, der Beklagte zu 1 habe dem Kläger zu einem ungünstigen Vergleichsabschluss in einem das Klagepatent betreffenden Verletzungsprozess und Patentnichtigkeitsverfahren geraten.
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- Das Landgericht hat dem Zahlungsbegehren des Klägers in Höhe von 127.145,-- DM nebst Zinsen stattgegeben, festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm ab dem 1. Januar 1995 dadurch entstanden ist und künftig entstehen wird, dass die Beklagten den Kläger und die O. GmbH dazu bewogen haben, mit der S. AG (nachfolgend S. ), der Beklagten des Patentverletzungsprozesses (und Nichtigkeitsklägerin), den Vergleich vom 29. Juli 1992 abzuschließen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Mit dem ersten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Auf die erste Revision des Klägers hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Sen.Urt. v. 30.11.1999 - X ZR 129/96, GRUR 2000, 396 ff. - Vergleichsempfehlung I). Mit dem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht erneut die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit Versäumnisurteil vom 5. Juli 2005, auf das Bezug genommen wird, hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Sen.Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 167/03, GRUR 2005, 935 ff. - Vergleichsempfehlung II).
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- Gegen dieses den Beklagten am 25. August 2005 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 8. September 2005 Einspruch eingelegt, diesen in der Einspruchsschrift begründet und beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Revision zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil vom 5. Juli 2005 aufrechtzuhalten.
Entscheidungsgründe:
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- II. 1. Die Beklagten haben mit der Einspruchsschrift geltend gemacht, nach Abschluss des Vergleichs mit S. sei es dieser gestattet gewesen, das gesamte Klagepatent zu benutzen, so dass S. die Möglichkeit gehabt habe, das ursprünglich von ihr hergestellte Gerät zu modifizieren. Nach Feststellung des Landgerichts Düsseldorf im Verletzungsprozess, der dem Vergleich vorausgegangen ist, habe das von S. hergestellte Gerät, das Gegenstand des Verletzungsprozesses gewesen sei, von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung Gebrauch gemacht. Das Landgericht Düsseldorf habe nicht geprüft, ob es auch von Unteransprüchen oder von einem entsprechend dem Urteil des Senats im Patentnichtigkeitsverfahren X ZR 22/99 weiter eingeschränkten Patentanspruch 1 Gebrauch gemacht habe. Habe S. vor dem Vergleichsabschluss ein Gerät hergestellt, welches zwar von Patentanspruch 1 des Patents des Klägers in seiner erteilten Fassung Gebraucht gemacht habe, nicht aber von weiteren Merkmalen und insbesondere nicht von Anspruch 1 des Klagepatents in seiner beschränkten Fassung, so hätte S. ohne den Vergleich mit dem Kläger dieses Gerät weiterbauen können und nach aller Lebenserfahrung auch weiter gebaut. S. hätte damit letztlich das Klagepatent nicht verletzt, da dieses später mit Rückwirkung eingeschränkt worden sei. Auch ohne den Vergleich hätte der Kläger also keine Ansprüche gegen S. geltend machen können, solange S. bei der vor dem Vergleichsabschluss hergestellten Form des Geräts geblieben wäre. Die mögliche Feststellung, dass ein von S. nach Abschluss des Vergleichs hergestelltes Gerät auch unter die beschränkte Fassung des Klagepatents falle, könne somit nicht zu dem Ergebnis führen, dass dem Kläger durch den Vergleich ein Schaden entstanden sei.
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- 2. Dieses Vorbringen der Beklagten rechtfertigt keine anderweite Entscheidung.
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- Entgegen der von den Beklagten in der Einspruchsschrift vorgetragenen Auffassung lässt sich im Revisionsverfahren eine Feststellung, dass dem Kläger durch den Vergleichsabschluss kein Schaden entstanden sein kann, nicht treffen.
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- Der Kläger hat behauptet, dass S. jedenfalls mit dem Gerät "D 60 IR" vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents in der Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002 (X ZR 22/99) Gebrauch gemacht habe; die Beklagte habe dies bestritten. Feststellungen zu der Frage, ob die umstrittenen Geräte vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002 Gebrauch gemacht haben, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Diese Feststellungen waren entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil im Verletzungsprozess vor dem Landgericht Düsseldorf festgestellt worden ist, dass die dort angegriffenen Gegenstände vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents in der erteilten Fassung Gebrauch gemacht haben. Dem Verletzungsprozess vor dem Landge- richt Düsseldorf hat der Patentanspruch 1 des Klagepatents in der erteilten Fassung zu Grunde gelegen, nicht dagegen in der beschränkten Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002. Aus dem Umstand, das ein angegriffener Gegenstand Gebrauch von der Lehre eines weiter gefassten Patentanspruchs macht, ergibt sich nicht notwendig, dass er nicht in den Schutzbereich des Patents in einer beschränkten Fassung dieses Patentanspruchs fällt. Deshalb lässt sich aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf im Verletzungsprozess nicht herleiten, es sei ausgeschlossen, dass die angegriffene Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents in der durch das Senatsurteil vom 9. Oktober 2002 beschränkter Fassung des Patentanspruchs 1 fallen könne. Dies kann der Fall sein, bedarf aber der Prüfung. Ob dies der Fall ist, wird im erneuten Berufungsverfahren zu klären sein, wobei es aus den im Versäumnisurteil des Senats ausgeführten Gründen nicht darauf ankommt, ob die angegriffene Ausführungsform schon vor oder erst nach dem Vergleichsabschluss hergestellt worden ist, worauf das Berufungsurteil abgestellt hat. Selbst wenn sich nach Sachaufklärung nicht ausschließen ließe, dass S. erst nach Vergleichsschluss dazu übergegangen ist, vom Patentanspruch 1 des Klagepatents in der Fassung Gebrauch zu machen, die er durch das Senatsurteil vom 9. Oktober 2002 erhalten hat, wäre hierdurch ein Schaden des Klägers nicht ausgeschlossen. Denn ein solcher Gegenstand hätte ohne den Vergleich nur vom Kläger oder mit seiner Zustimmung von der O. GmbH hergestellt und vertrieben werden dürfen. Der Verlust dieses Ausschlussrechts gegenüber S. stellt einen Schaden dar. Welchen wirtschaftlichen Wert sein Fortbestand gehabt hätte, ist eine Frage der Schadenshöhe.
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- 3. Eine anderweite Entscheidung ist auch nicht deshalb geboten, weil, wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung über den Einspruch geltend gemacht haben, ein Schaden des Klägers schon deshalb ausgeschlossen ist, weil S. - unterstellt, die erste Nichtigkeitsklage gegen das Patent des Klägers wäre abgewiesen und der Vergleich nicht geschlossen worden - andere Geräte entwickelt hätte, die vom Gegenstand des Patents des Klägers weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002 (X ZR 22/99) Gebrauch gemacht hätten und dem Kläger unter dieser Voraussetzung infolge der Marktstärke von S. der geltend gemachte Schaden ebenfalls entstanden wäre, der geltend gemachte Schaden somit nicht kausal auf die behauptete fehlerhafte Beratung und den darauf beruhenden Abschluss des Vergleichs zurückzuführen ist.
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- Mit diesen Erwägungen wenden die Beklagten einen hypothetischen Sachverhalt ein. Aus den zu 2. genannten Gründen schließt auch er einen Schaden des Klägers nicht dem Grunde nach aus. Er betrifft wiederum die Schadenshöhe, nämlich die Frage, welcher Gewinn von dem Kläger - das schädigende Ereignis hinweggedacht - nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen des Falles mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (§ 252 BGB). Diese Frage zu beantworten, ist Sache des Tatrichters.
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 15.09.1995 - 7 O 17/94 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.11.2003 - 6 U 165/02 -
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Annotations
(1) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben, die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
(2) Die Vorschriften der §§ 348 bis 350 sind nicht anzuwenden.
(3) Ein Anerkenntnisurteil ergeht nur auf gesonderten Antrag des Klägers.
Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.