Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2011 - X ZR 144/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 199 27 698 (Streitpatents), das am 17. Juni 1999 angemeldet wurde.
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- Patentanspruch 22, auf den die Patentansprüche 23 bis 29 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogen sind, hat folgenden Wortlaut: „Mehrgangnabe für Fahrräder, umfassend - eine Nabenachse (1); - ein Getriebe (2); - eine das Getriebe (2) umgreifende Nabenhülse; - einen Antreiber, der zum Antrieb der Nabenhülse antriebswirksam mit mindestens einem der Elemente des Getriebes (2) verbindbar ist, - eine Steuereinrichtung (6) zur Steuerung mehrerer Gangstufen, mit welcher mindestens eines der Elemente des Getriebes (2) wahlweise festgesetzt oder gelöst werden kann oder in seiner Lage im Getriebe verändert werden kann, wobei die Steuereinrichtung (6) eine Servokrafterzeugungseinrichtung (7) aufweist, umfassend eine Eingangsseite, die einem um die Nabenachse drehbar angeordneten, auf Grundlage eines auf den Antreiber ausgeübten Benutzer-Antriebsmoments in eine Drehbewegung um die Nabenachse versetzbaren Antriebsteil (21) zugeordnet ist und die mit dem Antriebsteil (21) in Drehmomentübertragungsverbindung steht, und eine Ausgangsseite, die einem Schaltelement (18) des Getriebes zugeordnet ist, wobei die Servokrafterzeugungseinrichtung (10, 13, 7) dafür ausgeführt ist, aus der Drehbewegung des Antriebsteils (21) um die Nabenachse eine in der Höhe begrenzbare Servokraft (P) abzuleiten und an der Ausgangsseite zum Verstellen des Schaltelements (18) bereitzustellen; d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass über eine Reibeinrichtung (27) eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil (21) und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung (7) hergestellt ist, derart, dass die an der Ausgangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung (7) bereitgestellte, auf das Schaltelement (18) ausgeübte Servokraft (P) im Falle einer nicht vorhandenen Schaltwilligkeit des Schaltelements (18) durch die Reibeinrichtung (27) eingangsseitig begrenzt wird, wobei die Reibeinrichtung (27) dafür ausgeführt ist, den Zustand der durch den Reibschluss begrenzten Servokraft (P) bis zur eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltelements (18) zu erhalten.“
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- Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Patentanspruchs 22 sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Er gehe zudem über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und sei auch nicht patentfähig.
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- Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
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- Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie zuletzt im Hauptantrag Patentanspruch 22 mit der Maßgabe verteidigt, dass gegenüber der erteilten Fassung die Worte „dadurch gekennzeichnet, dass über“ gestrichen und stattdessen hinter „bereitzustellen“ die Worte „hierzu zusammenwirkend mit“ sowie hinter „Reibeinrichtung (27)“ die Worte „über die“ eingefügt werden. Außerdem verteidigt sie das Streitpatent mit drei Hilfsanträgen.
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- Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. C. , Direktor des Instituts für Getriebetechnik und Maschinendynamik der A. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist nur insoweit zulässig, als die Klägerin die Nichtig7 keitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit weiterverfolgt. Soweit sie mit dem Schriftsatz vom 21. März 2011 mangelnde Ausführbarkeit geltend macht, ist die Berufung hingegen unzulässig. Denn das Patentgericht hat diesen bereits in erster Instanz geltend gemachten Nichtigkeitsgrund verneint, und die Klägerin hat dies in der Berufungsbegründung nicht angegriffen. Ein Rückgriff auf den Nichtigkeitsgrund ist ihr damit verwehrt (Senatsurteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 4/07, GRUR 2010, 660 = BlPMZ 2010, 265 - Glasflaschenanalysesystem). II. Im zulässigen Umfang bleibt die Berufung in der Sache ohne Erfolg,
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- soweit das Streitpatent von der Beklagten mit dem Hauptantrag verteidigt wird. 1. Das Streitpatent betrifft eine Mehrgangnabe für Fahrräder. In der
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- Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass eine Mehrgangnabe aus der europäischen Patentanmeldung 803 430 (L 2) bekannt ist, die eine Steuereinrichtung zum Aussteuern von Klinken aufweist. Nachfolgend werden die Figuren 3 und 6 der europäischen Patentanmeldung wiedergegeben: In der Streitpatentschrift wird weiter erläutert, dass um die Nabenachse
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- 10 ein drehbar angeordneter Schaltring 32 angeordnet ist, der durch einen Koppelring 31 drehfest, aber axial verschiebbar mit dem Antreiber 25 verbunden ist und ein axial wirkendes Profil aufweist, das mit einem Schubklotz 100 zusammenwirke (vgl. L 2, Figur 3). Der Schubklotz 100 ist in einem Schlitz12 der Nabenachse 10 hin und her verschiebbar, um die einzelnen Gangstufen zu steuern. Der Schlitz 12 ist schräg oder schraubenförmig zur Nabenachse verlaufend , so dass der Schubklotz 100 bei seiner Bewegung in Achsrichtung eine zusätzliche Bewegungskomponente in Dreh- oder Umfangsrichtung ausführen muss. Der Schaltring 32 dient dazu, eine Klinke 55 auch unter Last auszuhe- ben, nach dem Aushebvorgang zu unterwandern, im ausgehobenen Zustand zu halten und wahlweise die Drehmomentübertragungsverbindung zwischen einem Antreiber einerseits und einem Planetenradträger bzw. einem Hohlrad andererseits umzusteuern (Streitpatentschrift, Rn. 3). Zum Schalten der Gangstufen durch Ausheben und Einkuppeln der Klin11 ke 55 muss der Schaltring 32 axial nach rechts verschoben werden. Dazu dient primär eine in die Axialbohrung der Achse eingesetzte Betätigungsstange 101. Wird diese axial in Richtung des Schaltrings 32 verschoben, drückt die erste Feder 15 den Schubklotz 100 zurück und nimmt über die zweite Feder 14 auch den Schaltring 32 mit (vgl. Streitpatentschrift, Rn. 4). Sind die Kräfte, die der Verstellung des Schaltrings 32 entgegenwirken,
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- jedoch zu groß, bedarf es zur Durchführung des Schaltvorgangs einer sog. „Servokraft“. Dafür nähert sich der Schubklotz 100 so weit axial dem Schaltring 32 an, dass er in einem schräge Führungsflächen 32c aufweisenden Profilbereich des Schaltrings 32 eintreten kann (vgl. L 2, Figur 6). Die schrägen Führungsflächen 32 c sind gegenüber der Nabenachse X in einem Winkel A geneigt. Demgegenüber sind die schrägen Führungsflächen 12a des Schlitzes 12 gegenüber der Nabenachse in einem Winkel B geneigt. Der Winkel B ist kleiner als der Winkel A. Beide Neigungswinkel sind derart abgestimmt, dass im Schaltungsfall der Schubklotz 100 an seiner jeweiligen Axialposition festgeklemmt und reibschlüssig gehalten ist, wenn die der Verstellung des Schaltrings entgegenwirkenden Kräfte kleiner sind als die Kraft der Feder 15, die durch die axiale Verschiebung der Betätigungsstange 101 nach rechts freigesetzt wird. Sind die entgegenwirkenden Kräfte jedoch größer, überwindet der Schubklotz 100 die ihn haltenden Klemm- und Reibkräfte und wird durch die schräge Führungsfläche 32c des Schaltrings 32 axial unter die Klinke 55 verschoben, so dass diese ausgehoben wird (vgl. Streitpatentschrift Rn. 3 f.).
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- Nach den weiteren Angaben in der Streitpatentschrift liegt der Erfindung zum einen das Problem („die Aufgabe“) zugrunde, ein definiertes Schaltverhal- ten auf Grundlage definierter Schaltwege mit vergleichsweise geringen Steuerkräften zu ermöglichen. Damit befasst sich der nicht angegriffene Patentanspruch 1. Ferner soll die von der Servokrafterzeugungseinrichtung bereitgestellte Servokraft durch einfache konstruktive Maßnahmen begrenzt werden. Dies soll nach Patentanspruch 22 durch eine Mehrgangnabe für Fahrrä14 der erreicht werden, die umfasst (Hinzufügungen in der zuletzt von der Beklag- ten verteidigten gegenüber der erteilten Fassung sind kursiv hervorgehoben):
b) eine Nabenachse (1),
c) ein Getriebe (2),
d) eine das Getriebe (2) umgreifende Nabenhülse,
e) einen Antreiber, der zum Antrieb der Nabenhülse antriebswirksam mit mindestens einem der Elemente des Getriebes (2) verbindbar ist,
f) eine Steuereinrichtung (6) zur Steuerung mehrerer Gangstufen , mit welcher mindestens eines der Elemente des Getriebes (2) wahlweise festgesetzt oder gelöst oder in seiner Lage im Getriebe verändert werden kann;
g) die Steuereinrichtung (6) weist eine Servokrafterzeugungseinrichtung (7) auf, g1) umfassend eine Eingangsseite, die einem um die Nabenachse drehbar angeordneten, auf Grundlage eines auf den Antreiber ausgeübten Benutzer-Antriebsmoments in eine Drehbewegung um die Nabenachse versetzbaren Antriebsteil (21) zugeordnet ist und mit diesem in Drehmomentübertragungsverbindung steht, und g2) umfassend eine Ausgangsseite, die einem Schaltelement (18) des Getriebes zugeordnet ist, g3) die dafür ausgeführt ist, aus der Drehbewegung des Antriebsteils (21) um die Nabenachse eine in der Höhe begrenzbare Servokraft (P) abzuleiten und an der Ausgangsseite zum Verstellen des Schaltelements (18) bereitzustellen ;
h) hierzu zusammenwirkend mit einer Reibeinrichtung (27), über die eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil (21) und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung (7) hergestellt ist, h1) derart, dass die an der Ausgangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung (7) bereitgestellte, auf das Schaltelement (18) ausgeübte Servokraft (P) im Falle einer nicht vorhandenen Schaltwilligkeit des Schaltelements (18) durch die Reibeinrichtung (27) eingangsseitig begrenzt wird, h2) welche (Reibeinrichtung 27) dafür ausgeführt ist, den Zustand der durch den Reibschluss begrenzten Servokraft (P) bis zur eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltelements (18) zu erhalten. Für den Fachmann, bei dem es sich um einen Ingenieur der Fachrich15 tung Maschinenbau mit mehrjähriger in der Praxis erworbener Berufserfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von Mehrgangnaben bei Fahrrädern handelt, ist demnach Patentanspruch 22 zunächst zu entnehmen, dass die unter Schutz gestellte Mehrgangnabe für Fahrräder - wie in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 der Streitpatentschrift beispielhaft veranschaulicht wird - über eine Nabenachse 1, ein Getriebe 2, eine das Getriebe umgreifende Nabenhülse, einen Antreiber (Antriebsteil 21) und eine Steuereinrichtung 6 verfügt.
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- Der Antreiber 21 ist antriebswirksam mit mindestens einem der Elemente des Getriebes 2 verbindbar, um die Nabenhülse antreiben zu können. Die Steuereinrichtung 6 ist geeignet, mehrere Gangstufen zu steuern, indem eines der Elemente des Getriebes 2 wahlweise festgesetzt oder gelöst oder in seiner Lage im Getriebe verändert werden kann. Im Ausführungsbeispiel kann die axiale Verschiebung des Schaltelements 18 durch den Fahrradfahrer über eine (nicht gezeigte) Schalteinheit eingeleitet werden, wodurch wiederum die Schaltstange 6 axial verschoben wird. Deren axiale Verschiebung wird dann über den Schubklotz 10, den Steuerschieber 7, die Speicherfeder 23 auf das Schaltelement 18 übertragen. Der Steuerschieber 7 ist zweiteilig ausgebildet, wobei bei einem Verschiebevorgang in Abhängigkeit von der axialen Richtung jeweils nur ein Teil wirksam wird. Da die einer Schaltung entgegen wirkenden Kräfte größer sein können als die Kräfte, die von dem Fahrradfahrer in die Schalteinheit eingeleitet werden, kann es einer Verstärkung bedürfen (vgl. Streitpatentschrift, Rn. 26; Gutachten, S. 7 ff.). Dafür sieht Patentanspruch 22 eine Servokrafterzeugungseinrichtung als Teil der Steuereinrichtung vor (Merkmal g). Diese Servokrafterzeugungseinrichtung umfasst eine Eingangs- und eine
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- Ausgangsseite. Die Eingangsseite ist einem Antriebsteil 21 zugeordnet, das um die Nabenachse 1 drehbar angeordnet ist und auf Grundlage eines auf den An- treiber ausgeübten Antriebsmoments des Fahrradfahrers in eine Drehbewegung um die Nabenachse versetzt werden kann (Merkmal g1). In dem in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel sind die beiden spiegelsymmetrisch zueinander aufgebauten Steuerschieber 7 mit dem Antriebsteil 21 drehfest verbunden, so dass sie gemeinsam mit dem Antriebsteil 21 um die Nabenachse gedreht werden , wenn der Fahrradfahrer durch seine Drehbewegungen ein Antriebsdrehmoment erzeugt. Ein Schubklotz 10 ist demgegenüber über eine (in Figur 7 gezeigte ) Ausnehmung 11 drehfest, aber axial verschiebbar mit der fest stehenden Nabenachse 1 verbunden. Jeder der beiden Steuerschieber 7 verfügt über eine Steuerbahn S, in die der Schubklotz 10 eintauchen kann, wie aus den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2, 3 und 4 des Streitpatents deutlich wird.
Wird der Schubklotz 10 von der Steuereinrichtung 6 mit einer axialen
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- Kraft beaufschlagt, kann er sich nur dann in Richtung der axialen Kraft verschieben , wenn der Steuerschieber 7 eine Winkellage einnimmt, bei der der Schubklotz 10 in das Tal 8 des Steuerschiebers eintauchen kann. Da sich der Steuerschieber 7 um die Nabenachse 1 dreht, erfolgt dies früher oder später (vgl. Streitpatentschrift, Rn. 31). Die Nabenachse weist in einer Ausnehmung 12 Rastmarken 13 mit einer bestimmten Vertiefung 29 auf, die voneinander in einem bestimmten Abstand 15 angeordnet sind. Der axial von der Schaltstange 7 beaufschlagte Schubklotz 10 wird um diesen Abstand 15 zur nächsten Rastmarke 13 weiterrücken, sobald die Winkellage des Steuerschiebers 7 dies zulässt. Erreicht dann die Steigfläche 9a oder 9b des Steuerschiebers 7 den Schubklotz 10, wirkt die in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 9 dargestellte und in der Beschreibung als „Servokraft“ bezeichnete Kraft P vom Steuerschieber 7 durch die Mitte M des Schubklotzes 10 gegen die Kante 26 der Rastmarke 13 der Nabenachse 1.
Da der Schubklotz 10, der sich mit seiner Kontur 24 in der Vertiefung 29
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- der Rastmarke 13 befindet, keine axiale Bewegung ausführen kann, zwingt die Einwirkung der Kraft P den Steuerschieber 7 dazu, sich solange in axialer Richtung zu bewegen, bis sich der Steuerschieber 7 wieder kraftlos um den Schubklotz 10 drehen kann (vgl. Streitpatentschrift, Rn. 29 ff.; Gutachten, S. 12 ff.). Der Fachmann erkennt, dass sich der Steuerschieber 7 erst dann axial bewegen wird, wenn die sich aus der Kraft P ableitende axiale Kraft größer ist als die Kraft, die der axialen Bewegung entgegenwirkt (Gutachten, S. 13). Patentanspruch 22 sieht weiter vor, dass die Servokrafterzeugungsein20 richtung dafür ausgeführt ist, aus der Drehbewegung des Antriebsteils (21) um die Nabenachse eine in der Höhe begrenzbare Servokraft (P) abzuleiten und an der Ausgangsseite zum Verstellen des Schaltelements bereitzustellen (Merkmal g2). Dabei soll die Servokraft nach der zuletzt von der Beklagten verteidigten Fassung des Patentanspruchs 22 mit einer Reibeinrichtung zusammenwirken, die über eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil (21) und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung hergestellt ist (Merkmal h). Die Reibeinrichtung soll mithin derart in die Erzeugung der begrenzbaren Servokraft einbezogen sein, dass die Ableitung der Servokraft über eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung erfolgt.
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- Eine solche Anordnung, bei der die Servokraft über eine durch eine Reibeinrichtung 27 hergestellte reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil 21 und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung abgeleitet wird, wird in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 10 des Streitpatents beispielhaft gezeigt: Die Reibeinrichtung kann („vorzugsweise“) eine Schlingfeder 28 sein, die
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- in der für die Schaltung erforderlichen Drehrichtung eine höhere Friktion zwischen dem Antriebsteil 21 und dem Steuerschieber 7 an der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung aufweist (Streitpatentschrift, Rn. 34). Die an der Ausgangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung 7 bereit23 gestellte, auf das Schaltelement 18 ausgeübte Servokraft P soll im Falle einer nicht vorhandenen Schaltwilligkeit des Schaltelements 18 durch die Reibeinrichtung 27 eingangsseitig begrenzt sein (Merkmal h1). Nicht vorhandene Schaltwilligkeit liegt vor, wenn die der Servokraft P axial entgegenwirkende Kraft beson- ders groß ist, weil sich die am Schaltvorgang beteiligten Teile des Getriebes, also etwa einer der Keile 17 oder eines der Sonnenräder 5a, 5b oder 5c in einer dafür ungünstigen Position befinden (vgl. Streitpatentschrift, Rn. 34). Für diesen Fall ist es erwünscht, die Servokraft zu begrenzen, damit übermäßige Materialbeanspruchungen vermieden werden.
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- Neben der Begrenzung kommt der Reibeinrichtung 27 die Funktion zu, den Zustand der durch den Reibschluss begrenzten Servokraft P bis zur eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltelements 18 zu erhalten (Merkmal h 2). Entgegen der Ansicht der Klägerin beschränkt sich die Funktion der
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- Reibeinrichtung somit nicht auf die Begrenzung der auf das Schaltelement ausgeübten Servokraft und deren Erhaltung bis zur eintretenden Schaltwilligkeit (Patentanspruch 22: „… derart, dass …“). Vielmehr ist dem Merkmal h in Verbindung mit dem Merkmal g3 zu entnehmen, dass die Reibeinrichtung bereits an der Ableitung der Servokraft dergestalt beteiligt ist, dass sie eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil 21 und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung herstellt, über welche die Servokraft abgeleitet wird, die dann - ebenfalls durch die Reibeinrichtung - in ihrer Höhe begrenzt und bis zur Schaltwilligkeit aufrechterhalten wird. 2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 22 in der erteilten Fassung
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- geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht hinaus (§ 22 Abs. 1 iVm § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
a) Das Patentgericht hat insoweit ausgeführt, dass eine Servokrafter27 zeugungseinrichtung in der Offenlegungsschrift zwar nicht ausdrücklich genannt sei. Da der ursprüngliche Anspruch 22 aber auf die Servokraft P Bezug nehme, sei damit auch implizit eine Einrichtung zur Erzeugung dieser Servokraft offenbart. Zudem müsse zur Ableitung einer Servokraft aus dem vom Fahrradfahrer auf den Antreiber aufgebrachten Antriebsdrehmoment ein Teil desselben die Servokrafterzeugungseinrichtung beaufschlagen. Die Stelle bilde die „Ein- gangsseite“ der Servokrafterzeugungseinrichtung und sei ursprünglich offenbart. In den Figuren 1 und 10 mit zugehöriger Beschreibung sei diese Stelle dem Antriebsteil 21 zugeordnet und stehe mit diesem über die Reibeinrichtung 27 in Verbindung. Dem Fachmann erschließe sich zudem aus der Beschreibung , dass das Antriebsteil dabei um die Nabenachse drehbar sei und durch ein Benutzer-Drehmoment in eine Drehbewegung um die Nabenachse versetzbar sei. Die Stelle der Übergabe der Servokraft an die nachgeordneten Stellelemente bilde eine dem Schaltelement zugeordnete „Ausgangsseite“ und sei durch die Kontaktzone zum Schaltelement 18 offenbart. Die Ableitung der Servokraft aus der Drehbewegung des Antriebsteils sei
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- ebenso aus der Beschreibung zu entnehmen wie die Begrenzbarkeit der Servokraft in ihrer Höhe, die sich überdies auch aus Anspruch 22 ergebe. Dabei sei das Auftreten der Servokraft nicht nur zwischen Steuerschieber 7 und Schubklotz 10 in Figur 9 offenbart, sondern für den Fachmann ohne weiteres erkennbar auch das Auftreten an der Ausgangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung. Denn anhand der in den Figuren 1, 9 und 10 dargestellten Konstruktion ergebe sich bei Anliegen der Servokraft am Steuerschieber zwangsläufig ein Kraftfluss vom Steuerschieber zum Schaltelement, wobei eine in Axialrichtung auf das Schaltelement wirkende Kraft entstehe. Diese weiche zwar nach Betrag und Richtung von der am Steuerschieber wirkenden Servokraft P ab, sei aber deren Bestandteil und unterstütze den Schaltvorgang. Die über die Reibeinrichtung 27 hergestellte reibschlüssige Drehmitnah29 meverbindung zwischen dem Antriebsteil 21 und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung sei in den ursprünglichen Ansprüchen 22 und 23 sowie in der Beschreibung und Figur 10 dargelegt. Hieraus ergebe sich auch die eingangsseitig durch die Reibeinrichtung bewirkte Begrenzung der Servokraft , die an der Ausgangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung im Falle einer nicht vorhandenen Schaltwilligkeit auf das Schaltelement 18 ausgeübt werde. Der Erhalt des Zustands der durch Reibschluss begrenzten Servokraft bis zum Eintritt der Schaltwilligkeit ergebe sich aus dem ursprünglichen Anspruch 22 und der Beschreibung. Das impliziere die Gestaltung der Reibeinrichtung in einer Art und Weise, dass sie in der Lage sei, den Zustand zu erhalten.
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- b) Die Ausführungen des Patentgerichts halten den Angriffen der Berufung stand. Der ursprünglichen Anmeldung (für deren Inhalt auf die Offenlegungs31 schrift zurückgegriffen werden kann) kann der Fachmann eine Mehrgangnabe für Fahrräder entnehmen, die neben einer Nabenachse, einem Getriebe, einer das Getriebe umgreifenden Nabenhülse, einem Antreiber auch eine Steuereinrichtung zur Steuerung mehrerer Gangstufen nach Maßgabe des Merkmals f des Patentanspruchs 22 in der erteilten Fassung aufweist. Das ergibt sich aus Patentanspruch 22 der ursprünglichen Anmeldung, wobei der Fachmann aufgrund seines Fachwissens ohne weiteres mitliest, dass das Element des Getriebes , das - wie in Patentanspruch 22 in der ursprünglichen Anmeldung erwähnt - wahlweise festgesetzt werden kann, auch - wie darüber hinaus in Patentanspruch 22 in der erteilten Fassung vorgesehen - wieder gelöst werden kann. Darüber hinaus erschließt es sich ihm aus der ursprünglichen Anmel32 dung, dass die Steuereinrichtung so ausgestaltet sein kann, dass sie nicht nur die Steuerung mehrerer Gangstufen „bewirkt“, sondern die Steuerung auch selbst vornimmt und folglich die dafür erforderlichen Bauteile als Einheit umfasst. Der gerichtliche Sachverständige hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass in Figur 10 in Verbindung mit der Beschreibung (Offenlegungsschrift, Sp. 5 Z. 14 ff.) der ursprünglichen Anmeldung (identisch mit der oben wiedergegebenen Figur 10 der Streitpatentschrift) ein auf den Steuerschieber 7 zeigender abgeknickter Pfeil als Steuereinrichtung 6 bezeichnet wird, was darauf hindeutet , dass die Steuereinrichtung auch so ausgestaltet sein kann, dass diese die Steuerung mehrerer Gangstufen nur bewirkt und die Steuerung selbst erst von den nachgelagerten Bauteilen (insbesondere dem Steuerschieber 7) ausgeführt wird (Gutachten, S. 27 f.). Zudem wird ein solches Verständnis auch von anderen Stellen in der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung gestützt (vgl. Offenlegungsschrift, Sp. 3 Z. 15 ff.; Sp. 4 Z. 13 ff.). Andererseits enthält die ursprüngliche Anmeldung aber auch mehrere Stellen, die dem Fachmann die Vorstellung vermitteln, dass die Steuereinrichtung auch die zur Steuerung mehrerer Gangstufen erforderlichen Komponenten als Einheit umfassen soll. Insoweit ist insbesondere auf Figur 1 der ursprünglichen Anmeldung (identisch mit der oben wiedergegebenen Figur 1 der Streitpatentschrift) zu verweisen, bei welcher die Bezugsnummer 6 - wie auch der gerichtliche Sachverständige zutreffend hervorhebt - die Steuereinrichtung meint, die etwa den Schubklotz 10, den Steuerschieber 7 und die Rastmarken 13 umfasst (Gutachten, S. 27). Dieser Ansatz wird durch Patentanspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung bestätigt , in dem es heißt, dass die Steuereinrichtung 6 mindestens einen um die Nabenachse 1 angeordneten Steuerschieber 7 aufweist. Auch weiteren Stellen in der Beschreibung ist ein entsprechender Anhalt zu entnehmen (vgl. Offenlegungsschrift , Sp. 1 Z. 1 f., 63; Sp. 2 Z. 14 f., 30 ff.). Dem Fachmann ist damit zumindest als eine von zwei alternativen Ausgestaltungen offenbart, dass die Steuereinrichtung als Einheit auch die Bauteile umfassen kann, die die Steuerung mehrerer Gangstufen realisieren. Entgegen der Ansicht der Klägerin lehrt die ursprüngliche Anmeldung
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- den Fachmann auch eine Servokrafterzeugungseinrichtung als Teil der Steuereinrichtung nach Maßgabe der Merkmalgruppe g bis g3. Die Klägerin hebt zwar zutreffend hervor, dass eine solche Servokrafterzeugungseinrichtung nicht ausdrücklich genannt ist. Das ist aber auch nicht erforderlich. Vielmehr ist es hin- reichend, wenn der Fachmann diese auch ohne ausdrückliche Nennung als zur Erfindung gehörend aus dem Offenbarungsgehalt der Anmeldung entnehmen kann (vgl. Senat, Urteil vom 21. April 2009 - X ZR 153/04, GRUR 2009, 933 - Druckmaschinen-Temperierungssystem II). Dass eine Einrichtung zur Erzeugung einer Servokraft P vorhanden sein muss, ergibt sich schlüssig aus der Erwähnung der Servokraft P in Patentanspruch 22 der ursprünglichen Anmeldung. Dass sich diese Einrichtung aus Komponenten der Steuereinrichtung zusammensetzt und damit ein Teil derselben ist, erschließt sich dem Fachmann aus der Beschreibung (vgl. Offenlegungsschrift, Sp. 3 Z. 55 ff.; Sp. 4 Z. 24 ff.; Sp. 5 Z. 4 ff.; Figur 9). Dort ist auch ein auf der Nabenachse 1 drehbar angeordnetes Antriebsteil 21 beschrieben, das einen zweigeteilten Steuerschieber 7 umfasst, der mit dem Antriebsteil 21 drehfest aber axial verschiebbar verbunden ist (Sp. 3 Z. 17 ff.; vgl. auch Sp. 4 Z. 67 ff.). Darin sieht der Fachmann die Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung, die einem auf der Nabenachse drehbar angeordneten, auf Grundlage eines auf den Antreiber ausgeübten Benutzer-Antriebsmomentes in eine Drehbewegung um die Nabenachse versetzbaren Antriebsteil 21 zugeordnet ist und die mit dem Antriebsteil 21 in Drehmomentübertragungsverbindung steht. Dem Fachmann erschließt es sich zudem, dass die Servokrafterzeugungseinrichtung die erzeugte Servokraft an die nachgeordneten Stellelemente des Getriebes weitergeben muss, damit sie als Servokraft dienen kann. Die Stelle der Übergabe der Servokraft an das Schaltelement 18 des Getriebes bildet damit die Ausgangsseite der Einrichtung und ist diesem entsprechend zugeordnet. Die Ableitung der Servokraft P aus der Drehbewegung desAntriebsteils
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- 21 und deren Bereitstellung zum Verstellen des Schaltelements 18 folgt aus der Beschreibung des in den Figuren 1 bis 9 gezeigten Ausführungsbeispiels in der ursprünglichen Anmeldung. Entgegen der Ansicht der Klägerin geht daraus für den Fachmann nicht nur hervor, dass zwischen dem Steuerschieber 7 und dem Schubklotz 10 eine durch die Mitte M des Schubklotzes 10 führende Servokraft P entsteht (vgl. Offenlegungsschrift, Sp. 3 Z. 65 ff.; Figur 9). Vielmehr folgt daraus für diesen zugleich, dass mit der Verschiebung des Schubklotzes 10 die Servokraft weiter an das Schaltelement 18 geleitet und damit zum Verstellen desselben bereitgestellt wird. Der Klägerin kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass in der ur35 sprünglichen Anmeldung nicht mehr offenbart sei als die in der Beschreibung erläuterte und in den Figuren 1 bis 10 gezeigte konkrete Konstruktion der Übersetzungsnabe. Insbesondere beschränkt sich der Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung nicht auf die Bereitstellung lediglich einer axial wirkenden Servokraft zum Verstellen des Schaltelements. Allein der Umstand, dass - wie hier - nur eine bestimmte Ausführungsform einer Vorrichtung ausführbar offenbart ist, besagt noch nichts darüber, ob ein Patentanspruch, der nicht auf eine solche Ausführungsform begrenzt ist, über den Inhalt der Ursprungsoffenbarung hinausgeht (Senat, Urteil vom 12. März 2009 - Xa ZR 158/04, Rn. 21, GRUR 2009, 835 - Crimpwerkzeug II; Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II). Für die Ermittlung der Gesamtoffenbarung der ursprünglichen Anmeldung kommt es daher nicht allein auf die konkrete Konstruktion der Ausführungsbeispiele an. Vielmehr sind auch die weiteren Teile der ursprünglichen Anmeldung und damit insbesondere auch die Patentansprüche zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sind die Ansprüche 22 und 23 der ursprünglichen Anmeldung allgemeiner formuliert als das in den Figuren 1 bis 10 gezeigte und in der Beschreibung erläuterte Ausführungsbeispiel einer Mehrgangnabe. Hinsichtlich der Servokraft (P) sieht Anspruch 22 lediglich vor, dass diese im Falle einer nicht schaltwilligen Stellung eines zu schaltenden Schaltelements 18 im Getriebe über eine zwischen dem Antriebsteil 21 und dem Schaltelement 18 wirkende Reibeinrichtung begrenzt wird. Das setzt aus Sicht des Fachmanns voraus, dass eine Servokraft (P) zum Verstellen des Schaltelements bereitgestellt wird. Hingegen wird nicht bestimmt, ob die Servokraft (P) - wie in dem in den Figuren 1 und 10 gezeigten Ausführungsbeispiel - axial oder etwa in Umfangsrichtung wirkt, so dass auch der Fachmann keinen Anlass hat, den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung entsprechend beschränkt zu verstehen. Dass eine Reibeinrichtung zwischen dem Antriebsteil 21 und dem
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- Schaltelement 18 wirkt, entnimmt der Fachmann Anspruch 22 der ursprünglichen Anmeldung. Dass über diese Reibeinrichtung eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil 21 und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung 7 hergestellt ist (Merkmal h), erschließt sich ihm aus dem in Figur 9 gezeigten und in der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung erläuterten Ausführungsbeispiel (vgl. Offenlegungsschrift Sp. 4 Z. 67 ff.). Während Patentanspruch 22 in der Fassung der ursprünglichen Anmeldung noch vorgesehen hat, dass „eine Servokraft (P) im Falle einer nicht schaltwilligen Stellung eines zu schaltenden Schaltelements 18 im Getriebe über eine zwischen dem Antriebsteil 21 und dem Schaltelement 18 wirkende Reibeinrichtung begrenzt wird“, präzisiert Merkmal h1 in der Fassung des Patentanspruchs 22 in seiner erteilten Fassung, dass die Servokraft (P) „an der Ausgangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung“ bereitgestellt und im Falle einer nicht vorhandenen Schaltwilligkeit des Schaltelements durch die Reibeinrichtung „eingangsseitig“ begrenzt wird. Diese Präzisierung kann der Fachmann dem in Figur 9 gezeigten und in der Beschreibung erläuterten Ausführungsbeispiel ebenfalls entnehmen (Offenlegungsschrift Sp. 4 Z. 67 ff.; vgl. auch Gutachten , S. 28). In der ursprünglichen Anmeldung offenbart ist schließlich auch das
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- Merkmal h2. Patentanspruch 22 in der Fassung der ursprünglichen Anmeldung sieht insoweit zwar vor, dass „der Zustand der Reibung bis zur eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltelements 18 erhalten bleibt“, während Merkmal h2 in der erteilten Fassung des Patentanspruchs 22 darauf abstellt, dass „die Reibeinrichtung 27 dafür ausgeführt ist, den Zustand der durch den Reibschluss begrenzten Servokraft (P) bis zur eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltele- ments 18 zu erhalten“. Wie der gerichtliche Sachverständige im Verhandlungs- termin überzeugend erläutert hat, enthält Merkmal h2 in der erteilten gegenüber der ursprünglichen Fassung die Konkretisierung, dass es letztlich nicht um den Erhalt des Zustands der Reibung als solcher geht, sondern um den Erhalt des Zustands der durch die Reibung begrenzten Servokraft, die sich entfalten soll, wenn das Schaltelement wieder schaltwillig ist. Dass der Erhalt des Zustands der Reibung kein Endzweck ist, sondern insoweit der Erhalt der durch die Reibung begrenzten Servokraft entscheidend ist, offenbart sich dem Fachmann aus dem voranstehenden Merkmal h1 der ursprünglichen Anmeldung, in dem vorgesehen ist, dass die Servokraft (P) im Falle einer nicht schaltwilligen Stellung eines zu schaltenden Schaltelements 18 im Getriebe über eine zwischen dem Antriebsteil 21 und dem Schaltelement 18 wirkende Reibeinrichtung begrenzt wird. Kommt es also auf die Begrenzung der Servokraft (P) bei Schaltunwilligkeit des Schaltelements an, kann es auch im zweiten Schritt nicht nur um die Erhaltung der Reibung bis zur wieder eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltelements gehen, sondern ist aus fachlicher Sicht die Erhaltung der durch die Reibung begrenzten Servokraft (P) entscheidend. Schließlich vermag auch der Umstand, dass die Beschreibung des
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- Streitpatents Passagen enthält, die nicht Inhalt der ursprünglichen Anmeldung gewesen sind, nicht für sich allein den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung zu begründen. Das käme nur dann in Betracht, wenn die Berücksichtigung dieser Passagen bei der Auslegung des Patentanspruchs des erteilten Patents zu einem veränderten Verständnis der darin verwendeten Begriffe oder des geschützten Gegenstands führen würde (vgl. Senat, Urteil vom 22. Dezem- ber 2009 - X ZR 28/06, GRUR 2010, 513 - Hubgliedertor II). Dass dies hier gegeben ist, ist weder von der Klägerin aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. 3. Der Gegenstand von Patentanspruch 22 geht auch in der von der
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- Beklagten verteidigten Fassung des Streitpatents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Wie dargelegt, versteht der Fachmann die Merkmale g3 und h in der von
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- der Beklagten verteidigten Fassung dahin, dass die Servokrafterzeugungseinrichtung und die Reibeinrichtung derart bei der Erzeugung der begrenzbaren Servokraft zusammenwirken, dass die Ableitung der Servokraft über eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung erfolgt. Eine solche Ausgestaltung konnte der Fachmann der in Figur 10 gezeigten und der Beschreibung der ursprünglichen Offenbarung erläuterten Ausführungsform entnehmen, welche wiederum auf der Mehrgangnabe aus Figur 1 aufbaut und diese nur insofern abändert, als die Koppelung des Antriebsteils mit dem Steuerschieber über eine Reibeinrichtung 27 erfolgt, wodurch die in Figur 1 gezeigte Speicherfeder 23 ersetzt wird (vgl. Offenlegungsschrift, Sp. 2 Z. 65 ff.; Sp. 4 Z. 67 ff.). Bei der demnach offenbarten Ausführungsform ist die vorzugsweise aus einer Schlingfeder 7 bestehende Reibeinrichtung 27 drehfest zwischen dem Antriebsteil 21 und dem Steuerschieber 7 angeordnet, so dass eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung entsteht. Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend
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- gemacht, dass die Lehre des Patentanspruchs 22 in der von der Beklagten verteidigten Fassung aufgrund der damit gegenüber der erteilten Fassung einhergehenden Ergänzungen nicht so deutlich und hinreichend offenbart ist, dass ein Fachmann diese Lehre ausführen kann.
- 42
- 4. Der Gegenstand von Patentanspruch 22 in der von der Beklagten verteidigten Fassung des Streitpatents ist patentfähig (§ 22 Abs. 1 PatG iVm § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG, § 1 Abs. 1 PatG).
a) Das Patentgericht hat Neuheit und erfinderische Tätigkeit hinsichtlich
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- des Patentanspruchs 22 in der erteilten Fassung bejaht. Die beanspruchte Mehrgangnabe sei neu gegenüber der Mehrgangnabe
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- SG-4 R35 (Anlagen L4 bis L16), deren Vorbenutzung das Patentgericht zugunsten der Klägerin unterstellt hat. Neben den unabdingbaren Komponenten einer Mehrgangnabe für Fahrräder nach den Merkmalen a bis f umfasse die vorbenutzte Nabe einen Mechanismus zur Gangwechselunterstützung, der der streitpatentgemäßen Servokrafterzeugungseinrichtung entspreche. Allerdings unterscheide sich die Nabe SG-4 R35 in zwei wesentlichen Merkmalen von der Lehre des Anspruchs 22: Die Drehmomentübertragungsverbindung zwischen dem Antriebsteil (Verzahnung gemäß Anlage L11, L12) und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung (Kupplungsklinken gemäß Anlage L11, L12) bestehe nicht ständig. Vielmehr kämen die Kupplungsklinken nur bei Schaltunwilligkeit mit der Verzahnung in Eingriff, so dass die erfindungsgemäß erforderliche permanente Verbindung zwischen Antriebsteil und Servokrafterzeugungseinrichtung nicht vorhanden sei. Des Weiteren bleibe selbst im Fall der bestehenden Verbindung der Zustand der bei Schaltunwilligkeit durch Reibschluss begrenzten Servokraft nicht erhalten. Durch das Gleiten der Klinken über unterschiedlich geneigte Bahnbereiche der Verzahnung ändere sich die Servokraft periodisch zwischen einem Minimal- und einem Maximalwert. Bei Aufgleiten der Klinke vom Zahnfuß zum Zahnkopf der Verzahnung des Antreibers (Einschwenken der Klinken) seien die Reibkraft und damit die Servokraft am höchsten, beim Abgleiten vom Zahnkopf zurück zum Zahnfuß entlang der langen Zahnflanke (Ausschwenken der Klinke) sei das übertragene Drehmoment klein. Selbst wenn die Bewegungsfrequenz der Kupplungsklinken schon bei normaler Trittfrequenz und Fahrgeschwindigkeit so hoch sei, dass ein „quasistationärer“ Zustand der Servokraft erzeugt werde, entspreche dies nicht der erfindungsgemäßen Lösung. Denn bei dieser liege im Falle der Servokraftbegrenzung nicht eine quasistationäre, sondern eine tatsächlich stationäre Kraft (ein gleich bleibender Betrag für die Dauer des Durchrutschens) vor. Denn beim Streitpatent werde das die Servokraft bestimmende Drehmoment durch die als Rutschkupplung ausgebildete Sicherheitskupplung auf einem konstanten Betrag gehalten.
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- Die japanische Offenlegungsschrift Hei 7-165151 (L17, deutsche Übersetzung L18) zeige eine Mehrgangnabe für Fahrräder, bei der eine Servokrafterzeugungseinrichtung zur Unterstützung des Gangwechsels eingesetzt werde. Allerdings sei in der Entgegenhaltung nicht erwähnt, dass es auf die Begrenzung der Servokraft überhaupt ankommen könne. Das Antriebsteil 1 und die Kupplungsklinke 36 seien nur dann in Eingriff, wenn der Schaltvorgang innerhalb der Nabe blockiert sei. Die Flanken der Verzahnung des Antriebselements wiesen unterschiedliche Steigungen auf, so dass sich die Servokraft, selbst wenn die von der Klägerin behauptete Begrenzung im Fall einer nicht vorhandenen Schaltwilligkeit gegeben wäre, periodisch veränderte. Zwar sei angegeben, dass alternativ eine Reibkupplung zwischen dem Antriebsteil 1 und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung 31 vorgesehen werden könne (L18, S. 22); dies bedeute jedoch nicht, dass die Reibkupplung für ein Durchrutschen bei Schaltunwilligkeit ausgelegt sei. Vielmehr werde die Reibkupplung ohne Angabe über besondere Eigenschaften lediglich als Alternative zur Klinkenkupplung erwähnt. Deren Funktion liege darin, den Schaltvorgang durch das Einbringen einer höheren Kraft zu unterstützen, indem die Kupplung zeitweilig automatisch in und außer Eingriff gebracht werde. Damit liege keine permanente Reibverbindung zwischen Antriebsteil und Servokrafterzeugungseinrichtung vor.
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- b) Die Begründung des Patentgerichts hält den Angriffen der Berufung jedenfalls auf der Grundlage des Patentanspruchs 22 in der verteidigten Fassung stand.
- 49
- (1) Er wird dem Fachmann durch die japanische Offenlegungsschrift Hei 7-165151 nicht offenbart. Wie sich aus den nachfolgend wiedergegebenen Figuren und der Beschreibung der Entgegenhaltung ergibt, lehrt die Entgegenhaltung eine Mehrgangnabe für Fahrräder, die über eine Nabenachse 3, ein Planetengetriebe 10 mit sieben Geschwindigkeitsstufen (vgl. Anlage L 18, Rn. 7), eine dieses umgreifende Nabenhülse 2, einen Antreiber (Kettenrad) 1a zum Antrieb der Nabenhülse, der mit einem der vier Sonneräder 21 bis 24 über schaltbare Sonnenklinken 21a bis 24 a verbindbar ist und einer Steuereinrichtung, die mit der Schalthülse 31 arbeitet. Die Schalthülse 31 ist verdrehbar auf der Nabenachse 3 angeordnet und wird durch ein Ziehen des Kabels 6, das wiederum von einer (nicht gezeigten) Schalthebelvorrichtung ausgeht, verdreht. Miteiner Verdrehung der Schalthülse 31 werden die Klinken 21a bis 24a geschaltet. Die Rückholfeder 32 bewirkt die Entriegelung der Klinken, wenn nur geringe Schaltwiderstände auftreten (vgl. L 18, Rn. 17; Gutachten, S. 29 f.).
- 50
- Dass die Steuereinrichtung auch eine Servokrafterzeugungseinrichtung nach Maßgabe des Merkmals g aufweist, entnimmt der Fachmann den nachfolgend gezeigten und durch die Beschreibung weiter erläuterten Figuren 2a und 2b der Entgegenhaltung.
Die Kupplungsklinke 36 wird über den mit dem Kabel 6 verbundenen
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- keilförmigen Bolzen (Kabelverbinder 38) von einer gelösten Stellung (Figur 1a) in eine Kontaktstellung mit dem Antriebsteil 1 (Figur 1b) überführt. In der Kon- taktstellung nimmt das (mit dem Kettenrad 1 fest verbundene) Antriebselement 1 den Bolzen 36 mit. Da der Bolzen im Steuerteil 31a geführt ist, bewirkt die Bolzenbewegung eine Drehung des Steuerteils 31a. Das Steuerteil 31a ist der Schaltring des Schalthebels 31, der die Klinken 21a bis 24a der Sonnenräder des Getriebes betätigt (L 18, Rn. 20; Gutachten, S. 30). Die Servokrafterzeugungseinrichtung ist mithin dafür ausgeführt, aus der Drehbewegung des Antriebselements 1 um die Nabenachse eine Servokraft (P) abzuleiten und an der Ausgangsseite zum Verstellen des Schalthebels 31 bereitzustellen. Dabei ist die Servokraft (P) bei hohen Belastungssituationen in der Höhe begrenzt, weil, wie sich dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens ohne weiteres aus der Darstellung in den Figuren 2a und 2b erschließt, die Feder 36a so ausgewählt ist, dass bei einer bestimmten höchsten Belastung zwischen der Kupplungsklinke 36 und der inneren Kante der Rippe 1c die Klinke 36 ausweicht und ausklinkt (vgl. Gutachten, S. 34). Der Fachmann erhält jedoch keine Belehrung dahin, eine Reibeinrich52 tung derart in die Erzeugung der begrenzbaren Servokraft (P) einzubeziehen, dass die Ableitung der Servokraft (P) über eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung erfolgt. Eine solche Anordnung ergibt sich zunächst nicht aus dem Hinweis in der japanischen Offenlegungsschrift, dass anstelle der Kupplungsklinke 36 eine Reibkupplung ausgewählt werden kann (L 18, Rn. 21). Denn indem die Reibkupplung die Kupplungsklinke 36 ersetzt, mit der die Servokraft (P) erzeugt werden soll, wird die Reibeinrichtung nicht in die Erzeugung der begrenzbaren Servokraft (P) durch die Servokrafterzeugungseinrichtung einbezogen, sondern tritt an deren Stelle, so dass sich die erfindungsgemäße Lehre insoweit nicht offenbart (Gutachten, S. 35). Aber auch die in den Figuren 2a und 2b gezeigte Klinkenverbindung
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- kann nicht als Reibeinrichtung angesehen werden, die derart in die Erzeugung der begrenzbaren Servokraft (P) einbezogen ist, dass die Ableitung der Servokraft (P) über die eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil 1 und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung erfolgt. Wie der gerichtliche Sachverständige in der Verhandlung zutreffend erläutert hat, handelt es sich bei dem Kupplungsmechanismus zwischen dem Antriebsteil 1 und der Kupplungsklinke 36 um eine Kombination von Formschluss und Haftreibung. Entscheidend für die Drehmitnahme der Kupplungsklinke 36 durch das Antriebsteil 1 ist die Anpresskraft der Druckfeder 36a, welche die Klinke 36 im Zustand der Schaltwilligkeit so gegen die Oberfläche 1b des Antriebsteils 1 drückt, dass ein Drehmitnahmeeingriff zwischen der steilen kurzen Schrägfläche 1c und dem Klinkenendabschnitt 36 entsteht. Die von der Rippenschrägfläche auf die Klinke 36 übertragene Drehmitnahmekraft weist eine Komponente in Verschieberichtung der Klinke 36 auf, die der Anpresskraft der Druckfeder 36 entgegenwirkt. Wird die Kraftkomponente in Verschieberichtung der Klinke 36 infolge einer Blockade der Getriebemechanik im Inneren der Nabe so groß, dass sie die Anpresskraft der Druckfeder übersteigt, also Schaltunwilligkeit besteht, gleitet die Klinke 36 aus ihrer Kontaktposition entlang der Schrägfläche der Rippe 1c heraus. Die Schrägfläche der Rippe 1c ist dafür entsprechend flach ausgeformt. Hat die Klinke 36 die höchste Erhebung der Rippe 1c überwunden, gleitet sie weiter entlang der Übertragungsschrägfläche 1b bis zum Kontakt mit der nächsten Rippe 1c weiter. Liegt weiterhin Schaltunwilligkeit vor, wiederholt sich dieser Vorgang. Übersteigt hingegen nunmehr die Anpresskraft der Druckfeder 36 die ihr entgegenwirkende Komponente der Drehmitnahmekraft des Antriebsteils, „rastet“ die Spitze der Kupplungsklinke 36 wieder an der Rippe 1c ein (vgl. L 18, Rn. 18). Die Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil 1 und der
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- Kupplungsklinke 36 wird demnach bei der Entgegenhaltung durch ein Formgehemme (vgl. dazu allgemein: Werner Krause, Konstruktionselemente der Fein- mechanik, 3. Auflage 2004, S. 447, 9.1.1) gebildet, bei dem zwar die Reibungsverhältnisse für den Vorgang des Ein- und Auskuppelns entscheidend sind, bei dem aber im eingekuppelten (eingerasteten) Zustand die Kraftübertragung im Wesentlichen durch Formschluss erfolgt. Daher kann in der in den Figuren 2a und 2b der japanischen Offenlegungsschrift offenbarten Klinkenkupplung keine Reibeinrichtung gesehen werden, bei der die Ableitung der Servokraft über eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung erfolgt, wie in den Merkmalen g3 und h vorgesehen.
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- (2) Die europäische Patentschrift 658 475 (L 19, deutscheÜbersetzung L 20) offenbart den Gegenstand des Patentanspruchs 22 in der von der Beklagten verteidigten Fassung gleichfalls nicht. In der Entgegenhaltung werden zwei Ausführungsbeispiele für Mehr56 gangnaben für Fahrräder mit einer Servokrafterzeugungseinrichtung beschrieben und gezeigt (L 19, Figur 7 und Figuren 8 bis 10). Das erste Ausführungsbeispiel entspricht dem nach der vorgenannten japanischen Offenlegungsschrift , so dass es insoweit keinen weiteren Ausführungen bedarf. Aber auch das zweite Ausführungsbeispiel der Vorveröffentlichung offenbart eine Klinkenverbindung , die nicht als Reibeinrichtung im Sinne der Merkmale g3 und h angesehen werden kann. Figur 10 der Vorveröffentlichung, die nachfolgend wiedergegeben ist,
- 57
- zeigt zwei Kupplungsklinken 180, die jeweils drehbar auf einem Drehzapfen 181 angeordnet sind und auf denen jeweils über eine Klinkenfeder 182 ein Drehmoment von dem Antriebsteil 1 entgegen dem Urzeigersinn in Richtung der Zähne 1Z wirkt.
- 58
- Geschaltet wird die Klinkenverbindung über die Klinkenpresser 162. Wenn die Klinken geschaltet sind, aber das Grenzdrehmoment noch nicht erreicht ist, wird die Klinke 180 durch die von der jeweiligen Klinkenfeder 182 ausgeübte Eindrückkraft in Richtung radial nach außen in ihrer Eingriffsposition an der Verzahnungsschrägfläche des Antriebteils 1 gehalten. Ist jedoch das Grenzdrehmoment erreicht und ist deshalb die an der kurzen Verzahnungsschrägfläche auf das jeweilige Klinkenende ausgeübte Abweisekraft in Richtung nach radial innen größer als die von der jeweiligen Klinkenfeder, wird die Klinke aus der Eingriffsposition an der Verzahnung des Antriebsteils gedrückt und damit entkoppelt. Bei der Kupplung handelt es sich also - wie bei dem ersten Ausführungsbeispiel der europäischen Patentschrift und dem Ausführungsbeispiel der genannten japanischen Offenlegungsschrift - um ein Formgehemme, so dass - entsprechend der Erläuterungen zu der japanischen Offenlegungsschrift - keine Reibeinrichtung im Sinne der Lehre aus Patentanspruch 22 des Streitpatents offenbart wird. (3) Die Nabe SG-4 R 35, die nach den von der Beklagten bestrittenen
- 59
- Behauptungen der Klägerin vor dem Anmeldetag des Streitpatents serienmäßig hergestellt und weltweit vertrieben worden sein soll (Anlagen L 5 bis L 16, Originalnabe , Anlage E 8), entspricht im Wesentlichen dem zweiten Ausführungsbeispiel des europäischen Patents 658 475 (vgl. Gutachten, S. 46 f.), so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann. bb) Der Gegenstand von Patentanspruch 22 in der erteilten Fassung
- 60
- ergibt sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG). Es ist von der Klägerin nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht er61 sichtlich, dass der Stand der Technik eine Anregung enthalten hat, die in den Entgegenhaltungen L 17 und L 19 sowie der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung durch die Nabe SG-4 R 35 realisierten Klinkenkupplungen mit einem Formgehemme durch eine Reibeinrichtung im Sinne der Merkmale g3 und h der erfindungsgemäßen Lehre zu ersetzen. Auch auf der Grundlage des europäischen Patents 803 430, das als
- 62
- Stand der Technik in der Beschreibung des Streitpatents berücksichtigt worden ist, konnte der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand von Patentanspruch 22 in der verteidigten Fassung gelangen. Die Entgegenhaltung offenbart dem Fachmann jedenfalls nicht, eine Reibeinrichtung vorzusehen, die derart in die Erzeugung der begrenzbaren Servokraft einbezogen ist, dass die Ableitung der Servokraft über eine reibschlüssige Drehmitnahmeverbindung zwischen dem Antriebsteil und der Eingangsseite der Servokrafterzeugungseinrichtung erfolgt. Zudem ergibt sich aus der Schrift nicht, dass der Zustand der begrenzten Servokraft bis zur eintretenden Schaltwilligkeit des Schaltelements erhalten bleiben soll. Entgegen der Ansicht der Klägerin haben den Fachmann auch nicht seine im Studium erworbenen Grundkenntnisse über Konstruktionselemente zu einer entsprechenden Lösung geführt. Zwar waren Schlingfederkupplungen zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents allgemein in Lehrbüchern beschrieben. Es fehlt aber jeder Anhalt dafür, dass der Fachmann dadurch dazu angeregt wurde, eine solche im Sinne der Lehre aus Patentanspruch 22 in der verteidigten Fassung einzusetzen. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. §§ 97
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.10.2007 - 1 Ni 17/07 -
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(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.
(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß
- 1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist, - 2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann, - 3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme), - 4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.
(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.
(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.
(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.
(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß
- 1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist, - 2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann, - 3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme), - 4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.
(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.
(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.
(1) Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
(2) Patente werden für Erfindungen im Sinne von Absatz 1 auch dann erteilt, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder wenn sie ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt oder bearbeitet wird oder bei dem es verwendet wird, zum Gegenstand haben. Biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, kann auch dann Gegenstand einer Erfindung sein, wenn es in der Natur schon vorhanden war.
(3) Als Erfindungen im Sinne des Absatzes 1 werden insbesondere nicht angesehen:
- 1.
Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; - 2.
ästhetische Formschöpfungen; - 3.
Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; - 4.
die Wiedergabe von Informationen.
(4) Absatz 3 steht der Patentfähigkeit nur insoweit entgegen, als für die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche Schutz begehrt wird.
(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
(2) Als Stand der Technik gilt auch der Inhalt folgender Patentanmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst an oder nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind:
- 1.
der nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung; - 2.
der europäischen Anmeldungen in der bei der zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird und die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 79 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens gezahlt ist und, wenn es sich um eine Euro-PCT-Anmeldung (Artikel 153 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens) handelt, die in Artikel 153 Abs. 5 des Europäischen Patentübereinkommens genannten Voraussetzungen erfüllt sind; - 3.
der internationalen Anmeldungen nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag in der beim Anmeldeamt ursprünglich eingereichten Fassung, wenn für die Anmeldung das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist.
(3) Gehören Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik, so wird ihre Patentfähigkeit durch die Absätze 1 und 2 nicht ausgeschlossen, sofern sie zur Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört.
(4) Ebenso wenig wird die Patentfähigkeit der in Absatz 3 genannten Stoffe oder Stoffgemische zur spezifischen Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren durch die Absätze 1 und 2 ausgeschlossen, wenn diese Anwendung nicht zum Stand der Technik gehört.
(5) Für die Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt eine Offenbarung der Erfindung außer Betracht, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und unmittelbar oder mittelbar zurückgeht
- 1.
auf einen offensichtlichen Mißbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers oder - 2.
auf die Tatsache, daß der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen im Sinne des am 22. November 1928 in Paris unterzeichneten Abkommens über internationale Ausstellungen zur Schau gestellt hat.
Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.
(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.
(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.