Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2008 - VIII ZR 30/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung der Kläger in W. . Der Formularmietvertrag vom 17. Januar 2005 lautet in § 2: "Es wird vereinbart, dass der Mieter auf sein ordentliches Kündigungsrecht ein Jahr lang, ab Mietbeginn, verzichtet und er in dieser Zeit demnach nur außerordentlich kündigen kann!"
- 2
- Mit Schreiben vom 11. Juli 2005, das am 18. Juli 2005 bei der Mietverwaltung der Kläger einging, kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 30. September 2005. Die Mietverwaltung der Kläger wies die Kündigung schriftlich unter Hinweis auf den vertraglichen Kündigungsausschluss zurück. Die Beklagte überwies für die Zeit ab Oktober keine Miete und keine Betriebskosten- vorauszahlungen mehr an die Kläger. Sie gab die Wohnung am 28. Oktober 2005 zurück.
- 3
- Die Kläger forderten von der Beklagten die Bezahlung der Betriebskosten für das Jahr 2005 und der Miete für die Monate Oktober 2005 bis einschließlich Februar 2006. Die Beklagte leistete keine Zahlung.
- 4
- Die Kläger haben die von ihnen beanspruchte Forderung von insgesamt 3.308,88 € nebst Zinsen gerichtlich geltend gemacht.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Bezahlung der Miete für Oktober 2005 (450 €) sowie von Betriebskosten in Höhe von 336,54 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Kläger, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Miete für die Monate November 2005 bis einschließlich Februar 2006 erreichen wollten, hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Forderung auf Zahlung der Miete für die Monate November bis einschließlich Februar 2006 weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
- 7
- Die den Klägern am 18. Juli 2005 zugegangene wirksame Kündigung der Beklagten habe das Mietverhältnis gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB zum 30. September 2005 (gemeint wohl: 31. Oktober 2005) beendet. Der formularmäßige Kündigungsausschluss zu Lasten der Mieterin scheitere zwar weder an § 573c Abs. 4 BGB noch an § 575 Abs. 4 BGB. Der einseitige Kündigungsausschluss zu Lasten der Beklagten sei jedoch nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Mieterin sei unangemessen benachteiligt, weil die Vermieter sich nicht in gleicher Weise gebunden hätten.
II.
- 8
- Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision der Kläger zurückzuweisen ist.
- 9
- 1. Zu Recht hat das Landgericht - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 30. Juni 2004 - VIII ZR 379/03, NJW 2004, 3117 unter II 1) - einen Verstoß gegen § 573c Abs. 4 BGB oder gegen § 575 Abs. 4 BGB verneint.
- 10
- 2. Durch den einseitigen, befristeten Kündigungsausschluss wurde indes die Beklagte - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unangemessen benachteiligt i.S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
- 11
- a) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein einseitiger Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters im Zusammenhang mit einer Staffelmietvereinbarung nach § 557a BGB wirksam vereinbart werden kann (Senat, Urteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NZM 2006, 256 ff., Tz. 21 f.). Die Kläger übersehen, dass in der genannten Entscheidung eine unangemessene Benachteiligung des Mieters deshalb verneint wurde, weil der den Mieter benachteiligende einseitige Kündigungsausschluss durch die Gewährung von Vorteilen ausgeglichen wurde , welche die Staffelmietvereinbarung (auch) für den Mieter bietet und in denen bereits der Gesetzgeber die sachliche Rechtfertigung für einen zeitlich begrenzten Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters gesehen hat. Im vor- liegenden Fall wurde kein Staffelmietvertrag vereinbart. Es fehlt auch sonst an der Gewährung eines ausgleichenden Vorteils für den Mieter, der den einseitigen Kündigungsverzicht rechtfertigen könnte.
- 12
- b) Vergeblich will die Revision aus §§ 544, 550 BGB die Wirksamkeit des einseitigen Kündigungsverzichts herleiten. Zwar ist richtig, wie die Revision unter Berufung auf § 550 BGB ausführt, dass bei einem Mietvertrag, der sich über ein Jahr hinaus erstrecken soll, der Mieter jedenfalls ein Jahr an den Vertrag gebunden ist, wenn der Vertrag nur mündlich geschlossen wurde. Die Kläger lassen dabei allerdings außer Acht, dass nach § 550 Satz 2 BGB beide Parteien frühestens zum Ablauf eines Jahres wirksam kündigen können. Vorliegend hingegen ist allein das Kündigungsrecht der Mieterin befristet ausgeschlossen.
- 13
- c) Auch der Hinweis der Kläger, der Mieterin sei es erlaubt, bei einem berechtigten Interesse an einer vorzeitigen Vertragsbeendigung einen Nachmieter zu stellen, vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Denn diese Möglichkeit beseitigt die nachteiligen Folgen der unangemessenen Benachteiligung nicht, weil es im Einzelfall durchaus fraglich ist, ob es der Mieterin gelingen würde, einen Nachmieter zeitgerecht zu finden. Durch die (unwirksame) Regelung im Mietvertrag der Parteien würde das grundsätzlich dem Vermieter obliegende Risiko, einen Nachmieter zu finden, auf den Mieter verlagert. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.
- 14
- d) Der Senat befindet sich mit seiner Ansicht im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem Schrifttum.
- 15
- Ein Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 22. Dezember 2003 (VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448) ist nicht ersichtlich. Dort wurde zwar die Wirksamkeit eines einseitigen Verzichts des Wohnraummieters auf sein gesetzliches Kündigungsrecht bejaht (aaO). Der vorliegende Fall unterscheidet sich allerdings von dem damaligen Rechtsstreit in einem wesentlichen Punkt: Im dortigen Verfahren war der Kündigungsverzicht individualrechtlich vereinbart. Damit war die hier einschlägige Vorschrift des § 307 BGB unanwendbar, der nur eine Regelung für Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält.
- 16
- Im Übrigen ist es in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und - soweit ersichtlich - auch im Schrifttum einhellige Auffassung, dass ein einseitiger , formularvertraglicher Kündigungsverzicht des Mieters außerhalb einer wirksamen Staffelmietvereinbarung oder eines wirksamen Zeitmietvertrages nicht vereinbart werden kann (LG Duisburg, NMZ 2003, 354; Staudinger/Rolfs, BGB (2006), § 573c Rdnr. 51; Börstinghaus, GE 2006, 898 f.; Häublein, ZMR 2004, 252, 254; Hinz, WuM 2004, 126, 127 f.; Kandelhard, WuM 2004, 129, 132; Wieck, WuM 2005, 369; Weitemeyer in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 557a Rdnr. 13; Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 573c Rdnr. 3; Wetekamp , Mietsachen, 4. Aufl., Kap. 8, Rdnr. 422). Ball Dr. Wolst Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles
AG Weißenfels, Entscheidung vom 25.01.2007 - 3 C 410/06 -
LG Halle, Entscheidung vom 11.12.2007 - 2 S 54/07 -
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(1) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate.
(2) Bei Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet worden ist, kann eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden.
(3) Bei Wohnraum nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 ist die Kündigung spätestens am 15. eines Monats zum Ablauf dieses Monats zulässig.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 oder 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Ein Mietverhältnis kann auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit
- 1.
die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will, - 2.
in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden, oder - 3.
die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten will
(2) Der Mieter kann vom Vermieter frühestens vier Monate vor Ablauf der Befristung verlangen, dass dieser ihm binnen eines Monats mitteilt, ob der Befristungsgrund noch besteht. Erfolgt die Mitteilung später, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um den Zeitraum der Verspätung verlangen.
(3) Tritt der Grund der Befristung erst später ein, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen. Entfällt der Grund, so kann der Mieter eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit verlangen. Die Beweislast für den Eintritt des Befristungsgrundes und die Dauer der Verzögerung trifft den Vermieter.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate.
(2) Bei Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet worden ist, kann eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden.
(3) Bei Wohnraum nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 ist die Kündigung spätestens am 15. eines Monats zum Ablauf dieses Monats zulässig.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 oder 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Ein Mietverhältnis kann auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit
- 1.
die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will, - 2.
in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden, oder - 3.
die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten will
(2) Der Mieter kann vom Vermieter frühestens vier Monate vor Ablauf der Befristung verlangen, dass dieser ihm binnen eines Monats mitteilt, ob der Befristungsgrund noch besteht. Erfolgt die Mitteilung später, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um den Zeitraum der Verspätung verlangen.
(3) Tritt der Grund der Befristung erst später ein, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen. Entfällt der Grund, so kann der Mieter eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit verlangen. Die Beweislast für den Eintritt des Befristungsgrundes und die Dauer der Verzögerung trifft den Vermieter.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die Miete kann für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden; in der Vereinbarung ist die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag auszuweisen (Staffelmiete).
(2) Die Miete muss jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Während der Laufzeit einer Staffelmiete ist eine Erhöhung nach den §§ 558 bis 559b ausgeschlossen.
(3) Das Kündigungsrecht des Mieters kann für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden. Die Kündigung ist frühestens zum Ablauf dieses Zeitraums zulässig.
(4) Die §§ 556d bis 556g sind auf jede Mietstaffel anzuwenden. Maßgeblich für die Berechnung der nach § 556d Absatz 1 zulässigen Höhe der zweiten und aller weiteren Mietstaffeln ist statt des Beginns des Mietverhältnisses der Zeitpunkt, zu dem die erste Miete der jeweiligen Mietstaffel fällig wird. Die in einer vorangegangenen Mietstaffel wirksam begründete Miethöhe bleibt erhalten.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen, so kann jede Vertragspartei nach Ablauf von 30 Jahren nach Überlassung der Mietsache das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Vermieters oder des Mieters geschlossen worden ist.
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.