Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - VII ZR 470/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Parteien schlossen am 16./28. Februar 1996 einen Kaufvertrag über eine noch zu errichtende Eigentumswohnung im Wohnpark B. in V.-S. Der Vertrag enthält keinen bestimmten Termin für die Fertigstellung. In den Allgemeinen Verkaufbestimmungen (künftig: AVB) der Beklagten, die Vertragsgegenstand sind, ist in § 2 Abs. 1 bestimmt, daß der Verkäufer sich verpflichtet, das Bauvorhaben unverzüglich zu erstellen. In einem dem Kläger vor Vertrags-schluß von der mit dem Vertrieb beauftragten C.-GmbH übergebenen Prospekt war als geplanter Fertigstellungstermin der 31. Dezember 1996 genannt. Anfang November 1996 teilte die den Kaufpreis finanzierende Bank dem Kläger mit, daß sie die erste Rate, die nach Beginn der Erdarbeiten fällig war, der Beklagten überwiesen habe. Nach Fertigstellung des Rohbaus zahlte sie Anfang März 1996 die zweite Rate. Am 3. April 1997 setzte der Kläger der Beklagten zur Fertigstellung der Wohnung eine "Nachfrist" bis zum 23. April 1997 mit Ablehnungsandrohung. Auf das Schreiben der Beklagten vom 14. April 1997, mit dem sie die voraussichtliche Fertigstellung des Gebäudes zum 1. Juli 1997 ankündigte und für den Fall eines dringenden Bedarfs um Mitteilung bat, um die Wohnung möglicherweise vorher fertigzustellen, forderte der Kläger im Mai 1997 Schadensersatz. Der Kläger hat von der Beklagten Zahlung von 6.510,68 DM sowie Freistellung von einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 143.221 DM begehrt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage abgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.I.
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß §§ 636, 326 BGB mit der Begründung, die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Nachfristsetzung nicht im Verzug gewesen. Der Kläger hätte vortragen müssen, die Beklagte habe die Herstellung gemäß § 2 Abs. 1 AVB schuldhaft verzögert. Daran fehle es. Der Kläger habe vielmehr die Überweisungen seiner Bank vom 6. November 1996 und vom 11. März 1997 ohne Beanstandung zur Kenntnis genommen. Wäre er tatsächlich von einer Verpflichtung der Beklagten zur Fertigstellung Ende Dezember 1996 ausgegangen, hätte er bei Beginn der Erdarbeiten um den 6. November 1996 sofort remonstrieren und die entsprechenden Maßnahmen treffen müssen. Dies belege, daß auch der Kläger nicht von einem verbindlichen Fertigstellungstermin ausgegangen sei.II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Leistung der Beklagten war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts spätestens Ende Februar 1997 fällig. Die Frage, ob die Beklagte im Zeitpunkt der Nachfristsetzung bereits im Verzug gewesen war, ist rechtlich ohne Bedeutung. 1. Stellt ein Unternehmer ein vertraglich geschuldetes Werk nicht rechtzeitig her, so kann der Besteller im Falle des Verzugs des Unternehmers die Rechte aus § 326 Abs. 1 BGB geltend machen. An einer rechtzeitigen Herstellung fehlt es, wenn die für die Ablieferung bestimmte Frist überschritten und damit Fälligkeit eingetreten ist. Diese Frist kann sich aus der Parteivereinbarung oder aus den Umständen ergeben (§ 271 Abs. 1 BGB). Dazu sind derWortlaut des Vertrages und die Umstände des Einzelfalls, namentlich die der Gegenseite erkennbare wirtschaftliche Bedeutung an der Einhaltung einer Frist, zu würdigen (Staudinger/Peters, BGB, 13. Bearb. (2000) § 636 Rdn. 4). Im Zweifel hat der Unternehmer nach Vertragsschluß mit der Herstellung alsbald zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen (BGB-RGRK/Glanzmann, 12. Aufl. § 636 Rdn. 1). Dabei ist die für die Herstellung notwendige Zeit in Rechnung zu stellen. Mit Ablauf der angemessenen Fertigstellungsfrist tritt Fälligkeit ein. Alsdann kann eine mit der Ablehnungsandrohung verbundene Nachfristsetzung zugleich mit der Mahnung ausgesprochen werden (BGH, Urteile vom 10. Januar 1990 - VIII ZR 337/88, NJW-RR 1990, 442, 444; Urteil vom 17. Dezember 1996 - X ZR 74/95, NJW-RR 97, 622, 624). 2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
a) Die Parteien haben im Vertrag vom 16./28. Februar 1996 keine ausdrückliche Frist für die Fertigstellung der Wohnung vereinbart. Die Beklagte hat sich jedoch in § 2 Abs. 1 AVB zur unverzüglichen Herstellung verpflichtet. Danach hatte die Beklagte alsbald nach Vertragsschluß ohne schuldhaftes Zögern mit dem Bau zu beginnen und ihn in angemessener Zeit zügig fertigzustellen. Für dieses Verständnis sprechen auch die ihr erkennbaren Umstände. Die Wohnungen sollten als Kapitalanlage errichtet werden. Die potentiellen Erwerber waren spätestens bei Vertragsschluß auf die Vorgabe eines möglichst konkreten Zeitrahmens für die Fertigstellung angewiesen, um ihre Finanzierung danach ausrichten zu können. Nach dem bei Vertragsschluß gültigen Prospekt war zudem ein Fertigstellungstermin zum 31. Dezember 1996 in Aussicht genommen. Diesen Termin hätte die Beklagte, die für den Bau der Woh-
nung etwa acht Monate (Anfang November 1996 bis Anfang Juli 1997) benötigte , nach Vertragsschluß bei zügiger Ausführung unschwer einhalten können. Ob der Beklagten nach den Umständen noch eine weitere Frist bis Ende Februar 1997 zur Verfügung stand, wie das Landgericht meint, kann offenbleiben, da die Wohnung auch zu diesem Zeitpunkt nicht fertiggestellt war.
b) Zu Unrecht legt das Berufungsgericht dem Kläger die Darlegungslast für eine schuldhafte Verzögerung seitens der Beklagten auf (§ 285 BGB; BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 73/98, BauR 1999, 645, 647 = ZfBR 1999, 188). Daß der Kläger die Zahlung der ersten und der zweiten Rate seiner Bank ohne Beanstandung zur Kenntnis genommen hat, ist, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, unerheblich. Dieser Umstand läßt weder auf ein fehlendes Verschulden der Beklagten an dem verzögerten Baubeginn schließen noch die spätere Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung als treuwidrig erscheinen. Ein Einverständnis des Klägers mit dem verspäteten Baubeginn stellt das Berufungsgericht nicht fest; hierfür ist auch nichts ersichtlich.
c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger die Erfüllung des Vertrages nach dem 23. April 1997 abgelehnt. Er war aus Rechtsgründen nicht gehindert, in seinem Schreiben vom 3. April 1997 die Mahnung mit der Nachfristsetzung und der Ablehnungsandrohung zu verbinden.
III.
Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehenbleiben; es ist aufzuheben. Nach Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht der Beklagten zunächst Gelegenheit geben müssen, zu den Gründen des verzögerten Baubeginns vorzutragen und sie unter Beweis zu stellen, sofern sie sich damit entlasten kann.Ullmann Hausmann Wiebel Kniffka Wendt
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(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
Außer in den Fällen der § 281 Abs. 2 und 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 verweigert oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.
(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.
(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.
(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.
(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.