Bundesgerichtshof Urteil, 13. Mai 2004 - VII ZR 424/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten beauftragten die Klägerin mit VOB-Vertrag zu einem Pauschalpreis mit Sanierungsarbeiten an einem Wohnhaus. Die geforderten Leistungen waren in einer "Grobbaubeschreibung“ aufgeführt, die später durch eine detaillierte Aufstellung ersetzt werden sollte. Dazu kam es nicht, weil sich die Parteien über deren Inhalt nicht einigen konnten. Die Klägerin begann mit den Arbeiten, führte sie aber nicht zu Ende, weil ihr die Beklagten den Auftrag entzogen und Hausverbot erteilten.Die Parteien nahmen daraufhin ein gemeinsames Aufmaß. Die Klägerin legte nacheinander drei Schlußrechnungen vor, mit denen sowohl Entgelte für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen auf der Grundlage der Pauschalpreisabrede als auch für nachträglich beauftragte Leistungen verlangt wurden. Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Prüfbarkeit der Rechnungen als derzeit unbegründet abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht auch die im zweiten Rechtszug vorgelegte dritte Schlußrechnung nicht als prüfbar angesehen hat. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).I.
Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Werklohn nicht für fällig , weil auch die letzte Schlußrechnung der Klägerin nicht prüfbar sei. Diese stelle die zu dem vereinbarten Pauschalpreis zu erbringende Gesamtleistung nicht vollständig dar, so daß das Verhältnis der erbrachten Teilleistung zu dem Wert der Gesamtleistung nicht ermittelt werden könne. Die Klägerin habe imGesamtleistungskatalog die Sanierung der Kellerwände nicht berücksichtigt, obwohl sie zu dieser entgegen ihrer Ansicht verpflichtet gewesen sei. Durch nachträgliche Einbeziehung der Sanierung des Kellermauerwerks in den Leistungsgegenstand und der darauf entfallenden Vergütung in den Pauschalpreis werde die bisherige Kalkulation sämtlicher anderer Einzelpreise im Verhältnis zum Pauschalpreis falsch. Die Beklagten könnten die richtige Vergütungshöhe auch nicht selbst ermitteln, weil sie nicht wüßten, welchen Preis die Klägerin für die Sanierung des Kellermauerwerks kalkuliert hätte. Auch ohne Berücksichtigung dieses Abrechnungsmangels sei die Schlußrechnung nicht prüfbar, weil Art und Menge der Leistungen sowie die Preisgestaltung nur für den erbrachten Teil der Arbeiten detailliert dargestellt seien. Die nicht erbrachten Leistungen seien in den Kostenverzeichnissen nicht erfaßt, sondern mit Menge und Vergütung Null bewertet. Das reiche auch unter Berücksichtigung der gesonderten Aufstellung zu Art, Menge und Einheitspreisen der nicht erbrachten Leistungen nicht aus, weil den Entgelten für die nicht erbrachten Leistungen keine Gewinn- oder Generalunternehmerzuschläge hinzugesetzt seien. Das wirke sich zu Lasten der Beklagten aus, weil damit der gesamte Gewinnanteil auf die erbrachten und zu vergütenden Leistungen entfalle.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Prüfbarkeit der Schlußrechnung scheitert nicht daran, daß die Klägerin den Wert der Kellerabdichtung nicht dargestellt hat (1.). Sie scheitert auch nicht daran, daß die Klägerin ihre Preise und Zuschläge fehlerhaft berechnet hat (2.)1. Zur Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages hat der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen vorzutragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muß auf der Grundlage des Vertrages erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 103/01, BauR 2003, 1588 = NZBau 2002, 614 = ZfBR 2002, 787; Urteil vom 25. Juli 2002 - VII ZR 263/01, BauR 2002, 1695 = NZBau 2002, 613 = ZfBR 2002, 789). Die Abrechnung der Klägerin genügt diesen Anforderungen.
a) Im Ansatz richtig geht das Berufungsgericht davon aus, daß die nachträgliche Aufgliederung des Pauschalpreises in Einzelleistungen und Preise in der Regel die Gesamtleistung erfassen muß (BGH, Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, BauR 2000, 1182 = ZfBR 2000, 472 = NZBau 2000, 375).
b) Etwas anderes gilt, wenn der Unternehmer einräumt, daß er eine bestimmte Leistung nicht einkalkuliert hat, weil er der Auffassung ist, daß sie nicht geschuldet war. Von dem Unternehmer kann nur verlangt werden, daß er auf der Grundlage seiner dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation abrechnet. Eine Nachkalkulation für den Fall, daß er eine Leistung irrtümlich nicht einkalkuliert hat, ist nicht Voraussetzung für eine prüfbare Schlußrechnung oder einen substantiierten Vortrag zur Vergütung.
2. Die Prüfbarkeit der Schlußrechnung scheitert auch nicht daran, daß die Rechnungspreise von der Kalkulation abweichen.
a) Die Klägerin hat nach der vorzeitigen Vertragsbeendigung eine Kalkulation vorgelegt, die den Pauschalpreis auf 16 Einzelgewerke und eine "Reser-
ve" von ca. 5 % verteilt. Die Einzelgewerke spiegeln sich überwiegend in den Anlagen der zuletzt vorgelegten Abrechnung wieder, die mit einer Gesamtforderung in Höhe des von der Klägerin zuletzt verlangten Betrages schließt. Dort fehlen allerdings die Gewerke Parkettsanierung und Außenanlagen. Das benachteiligt die Beklagten als Auftraggeber aber nicht, weil die Leistungen in der Kalkulation berücksichtigt sind und der Anteil anderer Gewerke an dem Pauschalpreis damit nicht unzulässig erhöht wird.
b) Richtig ist, daß die Klägerin die Abrechnung nicht nach dieser Kalkulation vornimmt, sondern davon abweichende Preise verlangt und die "Reserve" einseitig bei den erbrachten Leistungen verbraucht. Die Aufteilung dieser "Reserve" und der fehlende Ansatz von Zuschlägen bei den nicht erbrachten Leistungen ist willkürlich und entspricht ebenso wie die Preisabweichungen nicht der vertraglichen Grundlage. Dieser Abrechnungsfehler berührt die Prüfbarkeit der Schlußrechnung jedoch nicht. Die richtige Vergütung läßt sich aus der offen gelegten Kalkulation, unter Umständen durch eine zulässige Schätzung nach § 287 ZPO ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 62/0, BauR 2003, 880). Unklarheiten gehen insoweit zu Lasten der Klägerin.
III.
Der Rechtsstreit war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die notwendigen Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und zu etwaigen Gegenrechten der Beklagten treffen kann. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zur sachlichen Richtigkeit ihrer Rechnung erneut vorzutragen und diese gegebenenfalls zu korrigieren. Sie erhält auch Gelegenheit zur kalkulatorischen Bewertung der Kellerabdichtung. Insoweit trägt sie die Darlegungs - und Beweislast. Dressler Thode Hausmann Kuffer KniffkamoreResultsText
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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.