Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2000 - VII ZR 320/99

published on 16/03/2000 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2000 - VII ZR 320/99
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 320/99 Verkündet am:
16. März 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Revision dagegen, daß seine Berufung als unzulässig verworfen worden ist.

II.

1. Durch Urteil vom 30. Juni 1998 hat das Landgericht Berlin die Schadensersatzklage des Klägers abgewiesen. Der Kläger hat gegen das Urteil, das ihm am 21. Juli 1998 zugestellt worden ist, am 21. August 1998 Berufung eingelegt. Nachdem das Gericht mit Verfügung vom 30. September 1998 den
Prozeßbevollmächtigten des Klägers auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hingewiesen hatte, hat er am 9. Oktober 1998 die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. 2. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat den Wiedereinsetzungsantrag im wesentlichen wie folgt begründet: Nach einer Besprechung am 7. September 1998 mit dem Kläger und den Drittwiderbeklagten über die Durchführung der Berufung habe er am 8. September 1998 einen Aktenvermerk mit Anweisungen an das Büropersonal gefertigt. Die Anweisungen würden vorsehen, daß ein Schreiben an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten über die Durchführung der Berufung gefertigt und ein Antrag beim Kammergericht auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gestellt werden solle. Mit der Bearbeitung sei die Bürovorsteherin J.M. am Morgen des 8. September 1998 beauftragt worden. Die Bürovorsteherin habe die erforderlichen Fristen im Fristenkalender und im PC-Kalender eintragen und die Akte zum Fristende zur Bearbeitung vorlegen sollen. Die Anweisungen habe die Bürovorsteherin bis auf das Schreiben an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht ausgeführt. Die Bürovorsteherin sei qualifiziert, erfahren und zuverlässig, ihr seien bisher keine Fehler unterlaufen, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung erfordert hätten.

III.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger die Wiedereinsetzung versagt und seine Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


I.

Die Revision des Klägers ist gemäß § 547 ZPO statthaft, sie ist jedoch unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Kläger die Berufungsbegründungsfrist versäumt hat und das Berufungsgericht seinem Antrag auf Wiedereinsetzung zu Recht nicht entsprochen hat.

II.

1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger die Wiedereinsetzung mit folgenden Erwägungen versagt:
a) Der Wiedereinsetzungsantrag sei schon deshalb unbegründet, weil der Prozeßbevollmächtigte des Klägers keine Angaben zu den erforderlichen Fristenkontrollen und zu seiner Organisation gemacht hat, durch die die Notierung der Fristen gewährleistet werde. Nach den Angaben des Prozeßbevoll-
mächtigten sei die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist nicht nach der Zustellung des landgerichtlichen Urteils notiert worden. Die Fristnotierung hätte ohne besondere Anweisung des Prozeßbevollmächtigten erfolgen müssen. Spätestens mit Eingang der Nachricht des Kammergerichts über das Datum des Eingangs der Berufung hätte die Berufungsbegründungsfrist notiert werden müssen.
b) Anläßlich der Besprechung am 7. September 1998 hätte dem Prozeßbevollmächtigten auffallen müssen, daß in der ihm vorgelegten Handakte keine Fristen notiert worden seien. Dieser Umstand hätte ihn dazu veranlassen müssen, die Fristnotierung in der Sache zu kontrollieren. Ihm hätte ferner auffallen müssen, daß ihm mit dem Schriftsatz an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt worden sei. 2. Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden:
a) Die Fristversäumung beruht auf einem Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten: (1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Rechtsanwalt einer zuverlässigen und erfahrenen Bürokraft die Notierung und Kontrolle von Fristen in eigener Verantwortung überlassen. Er muß allerdings durch organisatorische Maßnahmen gewährleisten, daß das mutmaßliche Ende der Berufungsbegründungsfrist bei oder alsbald nach Einreichung der Berufungsschrift vermerkt wird und der Vermerk dieser Frist nach der Eingangsbestätigung der Berufung überprüft und gegebenenfalls korrigiert wird (vgl. BGH, Beschluß vom 17. Dezember 1998 - VII ZB 19/98, NJW 1999, 1336 m.w.N.).
(2) Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat nicht vorgetragen, durch welche Maßnahmen er gewährleistet hat, daß in seinem Büro die Fristen entsprechend diesen Anforderungen notiert und kontrolliert werden.
b) Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat abgesehen von dem Organisationsverschulden durch sein späteres Verhalten schuldhaft gegen seine Überwachungspflichten verstoßen: (1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß ein Rechtsanwalt, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt werden, eigenverantwortlich den Fristenlauf überprüfen (BGH, Beschluß vom 20. August 1998 - VII ZB 4/98, BRAK-Mitt. 1998, 269 = in Juris dokumentiert; Beschluß vom 14. Januar 1997 - VI ZB 24/96, NJW 1997, 1311 m.w.N.). (2) Diese Prüfung hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers jedenfalls nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt. Hätte der Prozeßbevollmächtigte
des Klägers der ihm obliegenden Überprüfungspflicht genügt, hätte ihm auffallen müssen, daß die Fristen nicht notiert waren. Das schuldhafte Verhalten des Prozeßbevollmächtigten war auch mitursächlich für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Hätte er die Fristennotierung überprüft, wäre die Versäumnis der Berufungsbegründungsfrist vermieden worden.
Ullmann Thode Kuffer Kniffka Wendt
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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges
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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges
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published on 11/02/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 263/03 vom 11. Februar 2004 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt un
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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.