Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - VII ZR 290/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
I.
Die Klägerin, eine Architektin, verlangt von den Beklagten Zahlung von Architektenhonorar. Die Parteien streiten vorrangig darüber, wer von ihnen das Risiko der fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Planung zu tragen hat.II.
Die Beklagten, die einen Gewerbebetrieb betreiben, beabsichtigten im Jahre 1997 eine Erweiterung der Betriebs- und Produktionsräume sowie die Herstellung von Wohnmöglichkeiten für sich und die Familien ihrer beiden Kinder. Ende November 1997 schlossen sie mit der Klägerin einen schriftlichen Einheitsarchitektenvertrag über die Leistungsphasen 1-9. Sie wurde mit folgenden Aufgaben beauftragt: Neubau einer Mehrfamilienhausanlage für drei Familien und von Betriebsgebäuden sowie die Erstellung der dazugehörigen Freianlagen. Umbau eines Wohnhauses (sog. Fehnhaus), die Tragwerksplanung, die technische Gebäudeausrüstung, die thermische Bauphysik und die Bauakustik. Das Grundstück der Beklagten liegt im unbeplanten Außenbereich der Gemeinde U.-S.. Mit dem Vorhaben- und Erschließungsplan gemäß § 12 BauGB beauftragten die Beklagten das Planungsbüro M.. Die Klägerin erbrachte für die Mehrfamilienhausanlage, die Betriebsgebäude und für den Umbau des Fehnhauses unterschiedliche Planungsleistungen. Den Bauantrag für den Umbau des Fehnhauses reichte die Klägerin im Dezember 1997 und die Bauanträge für die Mehrfamilienhausanlage und die Betriebsgebäude im März 1998 ein. Die Umbaumaßnahme des Fehnhauses wurde am 16. Februar 1998 genehmigt.Mit Rechnung vom 18. August 1998 forderte die Klägerin von den Be- klagten eine Abschlagszahlung in Höhe von insgesamt 472.573,17 DM. In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten. Die Beklagten zahlten die geforderte Abschlagszahlung nicht. Am 13. Oktober 1998 fand ein Gespräch mit den Parteien und den Vertretern der Gemeinde und des zuständigen Landkreises statt. Nach dem Vortrag der Beklagten sei anläßlich des Gesprächs festgestellt worden, daß die Planung der Klägerin nicht genehmigungsfähig sei. Seit August 2000 liegt ein vorhabenbezogener Bebauungsplan der Gemeinde vor. Den für die Genehmigung erforderlichen Durchführungsvertrag haben die Gemeinde und die Beklagten am 19. Juli 1999 unterschrieben. Über die Genehmigung der nicht genehmigten Teile des Bauvorhabens ist bisher nicht entschieden worden.
III.
Das Landgericht hat der Klage auf Abschlagszahlung in Höhe von 311.560,86 DM stattgegeben. Während des Berufungsverfahrens haben die Beklagten den Architektenvertrag mit Schreiben vom 25. April 2001 vorsorglich aus wichtigem Grund gekündigt. Die Klägerin macht nunmehr ihre Schlußforderung geltend. Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil blieb erfolglos. Mit ihrer Revision erstreben sie die Abweisung der Klage.Entscheidungsgründe:
I.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).II.
1. Das Berufungsgericht hat den Einwand der Beklagten, die Planung der Klägerin hinsichtlich der Wohngebäude sei nicht genehmigungsfähig, mit folgenden Erwägungen als nicht erheblich angesehen:a) Der Architekt schulde grundsätzlich Genehmigungsfähigkeit der Planung , die hinsichtlich der Wohngebäude fehlen könnte.
b) Die möglicherweise fehlende Genehmigungsfähigkeit der Planung stehe der Honorarforderung der Klägerin nicht entgegen, weil die Klägerin die fehlende Genehmigungsfähigkeit nicht zu vertreten habe. Falls Bestimmungen des Vorhaben- und Erschließungsplanes lediglich eine deutlich geringere Wohnfläche erlaubten, wäre die Klägerin verpflichtet und berechtigt, die Planung des Wohngebäudes den Festsetzungen im Vorhaben - und Erschließungsplan anzupassen. Folglich liege keine mangelhafte Planung vor.
c) Außerdem entspreche die Planung der Klägerin für die Wohnbebauung und insbesondere die Nutzfläche von 900 m² "ausdrücklich den Vorstellungen der Beklagten". Diese konkrete Bauabsicht sei notwendige Voraussetzung für die Durchführung eines Vorhaben- und Erschließungsplanverfahrens.
d) Die Beklagten hätten damit das Risiko der Genehmigungsfähigkeit der auf ihren Vorstellungen beruhenden Planung der Wohnbebauung übernommen. Falls die Planung aufgrund der vorhabenbezogenen Bauplanung in der vorliegenden Form nicht genehmigungsfähig sei, würde die Klägerin ein Nachbesserungsrecht haben. Falls die Beklagten ihr Bauvorhaben aufgeben würden, so hätten sie, weil sie das Risiko der Genehmigungsfähigkeit übernommen hätten, die Leistung der Klägerin zu honorieren. Damit entfalle das Argument der Beklagten, die Planung für Wohn- und für Betriebsgebäude sowie der Umbau des Fehnhauses sei für sie nur als "Paket" sinnvoll. 2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand:
a) Die fehlende Genehmigungsfähigkeit der Planung hinsichtlich der Wohngebäude ist in der Revision zugunsten der Beklagten zu unterstellen, weil das Berufungsgericht diese Frage offengelassen hat.
b) Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 397/97, BauR 1999, 1195 = ZfBR 1999, 315 m.w.N.). Die Parteien eines Architektenvertrages können im Rahmen der Privatautonomie vereinbaren, daß und in welchen
Punkten der Auftraggeber das Risiko übernimmt, daß die vom Architekten zu erstellende Planung nicht genehmigungsfähig ist.
c) Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen keine rechtsgeschäftliche Risikoübernahme. Der von den Vertragsparteien verwendete Einheitsarchitektenvertrag enthält keine Regelung, die vorsieht , daß das Genehmigungsrisiko auf die Beklagten verlagert werden sollte. Der Umstand, daß den Beklagten das Genehmigungsrisiko bekannt war, reicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 397/97, BauR 1999, 1195 = ZfBR 1999, 315). Die Kenntnis des Genehmigungsrisikos bietet keine hinreichende Grundlage für die Annahme, daß die Parteien abweichend von dem schriftlichen Vertrag vereinbart haben, daß die Beklagten das Genehmigungsrisiko hätten tragen sollen.
d) Ist die Planung des Architekten nicht dauerhaft genehmigungsfähig, ist das Architektenwerk mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB, unabhängig davon, ob er den Mangel zu vertreten hat. Soweit die Genehmigungsfähigkeit der Planung durch Nachbesserung erreicht werden kann, steht dem Architekten das Recht zu, seine Planung nachzubessern. Eine Nachbesserung kommt in Betracht, wenn die nicht genehmigungsfähige Planung nicht der vertraglich vereinbarten Planung entspricht und die Nachbesserung dazu führt, daß die Genehmigungsplanung der vereinbarten Planung entspricht und dauerhaft genehmigungsfähig ist. Der Auftraggeber eines Architektenvertrages ist nicht verpflichtet, die vereinbarte Planung nachträglich in der Weise zu ändern, daß die geänderte Planung dauerhaft genehmigungsfähig ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 1998 - VII ZR 236/96, BauR 1998, 579 = ZfBR 1998, 186; Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 17/99, BauR 2001, 785 = ZfBR 2001, 310 = NZBau 2001, 261).
e) Nach dem für die Revisionsinstanz maßgeblichen Vortrag der Beklagten ist die Planung hinsichtlich des Wohngebäudes nicht genehmigungsfähig und damit mangelhaft, weil die vereinbarte Grundfläche von 900 m² die zulässige Grundfläche von 400 m² übersteigt.
III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht erhält Gelegenheit zu klären, ob die Beklagten das Risiko , daß die Planung nicht genehmigungsfähig ist, durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung übernommen haben. Sollte dies nicht der Fall sein, wird das Berufungsgericht klären müssen, ob die vereinbarte Planung dauerhaft genehmigungsfähig ist. Sollte diese Voraussetzung nicht gegeben sein, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Klägerin Anspruch auf Vergütung der für den Vorhaben- und Erschließungsplan notwendigen und erbrachten Leistungen hat. Dressler Thode Hausmann Kuffer KniffkamoreResultsText
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(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
- 1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst - 2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.
(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.
(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.
(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.
(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.
(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.
(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.
(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.
(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.
(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
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wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst - 2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.