Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2002 - VII ZR 272/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt Werklohn für Arbeiten am Bauvorhaben der Beklagten.Die Beklagten schlossen 1997 mit der T. GmbH einen "Werkvertrag über die Herstellung, Lieferung und Errichtung eines ÖKOTON-Massivhauses" zum Gesamtpreis von 365.000 DM. Gegenstand der Bau- und Leistungsbeschreibung über die schlüsselfertige Erstellung des Hauses waren u.a. auch Fliesenbeläge. Der Vertrag enthielt unter der Rubrik "Zusatzvereinbarung" die vorgedruckte Klausel: "Der Bauherr beauftragt und bevollmächtigt die Fa. T., in seinem Namen alle Handwerker zu beauftragen, die zur Fertigstellung des Bauwerkes gemäß dieses Vertrages erforderlich sind." Die T. GmbH beauftragte die Klägerin im Namen der Beklagten mit der Lieferung und Verlegung von Fliesen. Für diese und andere Arbeiten hat die Klägerin nach erfolgloser Inanspruchnahme der T. GmbH Werklohn von 31.302,68 DM von den Beklagten verlangt. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 27.000 DM für die Fliesenverlegearbeiten verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Die Beklagten haben nach Einspruch Widerklage auf Zahlung von 33.001 DM für den Fall erhoben, daß die Berufung zurückgewiesen werde. Zur Begründung haben sie ausgeführt, für den Fall, daß die Klägerin Ansprüche gegen die Beklagten aus dem Vertrag über die Fliesenverlegearbeiten habe, bestünde wegen weiterer Leistungen und Zahlungen ein Abrechnungsverhältnis, aus dem ein Teilbetrag von 33.001 DM zurückverlangt werde. Das Berufungsgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Widerklage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollständigen Abweisung der Klage. Das maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB, § 26 Nr. 7 EGZPO).I.
Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, die im Vertrag zwischen den Beklagten und der T. GmbH erteilte Vollmacht sei wirksam. Bei diesem Vertrag handele es sich um einen Baubetreuungsvertrag im engeren Sinne. Dieser sei gerichtet auf die schlüsselfertige Herstellung, Lieferung und Errichtung eines Hauses. Nach der Bau- und Leistungsbeschreibung zum Vertrag sei die T. GmbH verpflichtet, die Architekturleistungen und die Statik zu erbringen, den Bauantrag zu stellen, die Bauleitung durchzuführen sowie die Bodenplatte zu erstellen. Zudem ergebe sich aus dem Vertrag selbst die Verpflichtung zur Herstellung, Lieferung und Errichtung des Hauses, wobei die Leistungsbestandteile wiederum in der Bau- und Leistungsbeschreibung nach einzelnen Gewerken aufgeschlüsselt worden seien. Bei einem Baubetreuungsvertrag sei die Wirksamkeit einer Vollmachtsklausel , wie sie hier erteilt worden sei, anerkannt. Der Werklohn sei fällig. Die Klägerin habe prüffähig abgerechnet. Die Widerklage sei unzulässig. Die Klägerin habe nicht eingewilligt. Sachdienlich sei die Widerklage nicht, weil sie nicht entscheidungsreif sei und deshalb der gesamte Rechtsstreit verzögert würde. Ein Teilurteil sei nicht mög-lich. Im übrigen sei die Widerklage unbegründet. Es sei nicht ersichtlich, daû zwischen den Parteien noch etwas abzurechnen wäre. Daû noch weitere Aufträge erteilt worden wären, die noch abzurechnen seien, hätten die Beklagten nicht dargetan.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.A. Zur Klage Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin noch Werklohn in Höhe von 27.000 DM nebst Zinsen verlangt. 1. Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung des Werklohns. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten ist nicht zustande gekommen. Die Beauftragung der Klägerin durch die T. GmbH war unwirksam. Die T. GmbH hatte keine Vollmacht, die Beklagten zu vertreten. Die Zusatzvereinbarung in dem Vertrag mit der T. GmbH, nach der eine Vollmacht für die Beauftragung der Handwerker im Namen der Beklagten erteilt wird, ist unwirksam.
a) Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die Klausel über die Zusatzvereinbarung für wirksam, weil die Beklagten und die T. GmbH einen Baubetreuungsvertrag geschlossen hätten und in einem Baubetreuungsvertrag gegen eine derartige Bevollmächtigung keine Bedenken bestünden.
Die T. GmbH und die Beklagten haben keinen Baubetreuungsvertrag, sondern einen Generalübernehmervertrag über die Errichtung eines Hauses geschlossen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und den in Bezug genommenen Unterlagen haben die Parteien einen Werkvertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Hauses vereinbart. Die T. GmbH hat ein Angebot über das schlüsselfertige Erstellen des Objektes der Beklagten "Eisdiele und Kleinwohnung" zum Festpreis von 365.638 DM abgegeben. Dieses Angebot lag dem Werkvertrag über die Herstellung, Lieferung und Errichtung eines ÖKOTON-Massivhauses zu einem Gesamtpreis von 365.000 DM zugrunde. In ihrer Bau- und Leistungsbeschreibung sichert die T. GmbH zu, das Haus bauen zu können. Die Bau- und Leistungsbeschreibung weist die geschuldeten Leistungen für die schlüsselfertige Herstellung im einzelnen aus. Die T. GmbH übernahm nicht nur die Architekturleistung, die Statik, den Bauantrag, die Bauleitung und die Erstellung der Bodenplatte, sondern auch den Roh- und Ausbau nach Maûgabe der Punkte I. bis III. der Leistungsbeschreibung. Die T. GmbH verpflichtete sich danach nicht nur zu Betreuungsleistungen, sondern als Generalübernehmerin zu allen Leistungen, die für die schlüsselfertige Herstellung des Hauses erforderlich waren.
b) Die in der Zusatzvereinbarung enthaltene Klausel ist gemäû § 3 AGBG unwirksam. aa) Diese Klausel ist ihrem ersten Anschein nach eine von der T. GmbH gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238). Die Klägerin hat sich dagegen nicht gewandt.
bb) Nach § 3 AGBG werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , die nach den Umständen, insbesondere nach dem äuûeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, daû der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Bestandteil des Vertrages. Die Ungewöhnlichkeit einer Klausel bestimmt sich nach den Umständen des Vertragsabschlusses, dem Gesamtbild des Vertrages sowie den Erwartungen , die der redliche Verkehr typischerweise an den Vertragsinhalt knüpft. Eine Klausel wird nicht Vertragsbestandteil, wenn sie von diesen Erwartungen deutlich abweicht und der Vertragspartner mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, NJW 2000, 1179, 1181; Urteil vom 14. Oktober 2000 - XII ZR 44/98, NJW-RR 2001, 439, 440). bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die Klausel sei unbedenklich. Hierbei orientiert es sich an den Entscheidungen des Senats ( Urteile vom 18.11.1976 – VII ZR 150/75, BGHZ 67, 334 = BauR 1977, 58 = NJW 1977, 294 und vom 17.1.1980 – VII ZR 42/78, BauR 1980, 262 = NJW 1980, 992). Diesen Entscheidungen lagen Sachverhalte zugrunde, nach denen die Parteien ausschlieûlich Betreuungspflichten und keine Bauerrichtungsverpflichtungen vereinbart hatten. Der Vertragspartner eines Generalübernehmers, mit dem er einen Vertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Hauses zu einem Festpreis geschlossen hat, hat Anspruch auf die Herstellung des Hauses zum vereinbarten , an den Generalübernehmer zu entrichtenden Werklohn. Typischerweise läût der Generalübernehmer Leistungen durch Nachunternehmer erbringen , die er in eigenem Namen beauftragt. Der Auftraggeber muû vernünftigerweise nicht damit rechnen, daû der Generalübernehmer sich eine Vollmacht erteilen läût, nach der er die von ihm geschuldete Leistung im Namen seines Auftraggebers vergibt. Eine derartige Vergabe würde eine zusätzliche Verpflichtung des Auftraggebers schaffen, dem beauftragten Handwerker den Wer-
klohn für diejenigen Leistungen zu zahlen, die der Generalübernehmer als eigene Leistungen übernommen hat und für die der Auftraggeber den Werklohn bereits schuldet. Diese zusätzliche Verpflichtung widerspricht eklatant dem Wesen des Generalübernehmervertrages, nach dessen Inhalt der Auftraggeber sich nur einem Vertragspartner gegenübersieht und keinem zusätzlichen Preisrisiko ausgesetzt sein will (vgl. OLG Nürnberg, NJW 1982, 2326). 2. Die Klägerin hat auch keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung. Eine Leistung der Klägerin lag nicht im Interesse der Beklagten und entsprach nicht deren mutmaûlichen Willen. Denn sie hatten ein Vertragsverhältnis mit der T. GmbH, das auch die Fliesenverlegearbeiten zum Gegenstand hatte. Ein Bereicherungsanspruch scheidet schon deshalb aus, weil sich die Leistung der Klägerin nach dem für die Beurteilung maûgeblichen Horizont der Beklagten als vertragliche Leistung der T. GmbH darstellt. Für sie war die Klägerin eine Subunternehmerin der T. GmbH.
B. Zur Widerklage Die Abweisung der Widerklage hat keinen Bestand, weil diese unter Behauptung eines wirklichen Eventualverhältnisses in zulässiger Weise nur für den Fall erhoben worden ist, daû die Berufung zurückgewiesen wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 - IV ZR 30/56, BGHZ 21, 13, 14). Eine Entscheidung des Senats über die Widerklage ist nach Abweisung der Klage nicht mehr veranlaût.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 344 ZPO.Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.