Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2006 - VI ZR 78/04

published on 20/06/2006 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2006 - VI ZR 78/04
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Landgericht Berlin, 9 O 15/01, 16/07/2002
Kammergericht, 20 U 206/02, 12/02/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 78/04
Verkündet am:
20. Juni 2006
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist ein Krankenhaus der Volkspolizei als Verwaltungsvermögen der DDR gemäß
Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag Vermögen der Bundesrepublik
Deutschland geworden, die das Krankenhaus als Bundeswehrkrankenhaus
weiter betreibt, sind als Passiva auch Verbindlichkeiten aus fehlerhafter medizinischer
Behandlung mit übergegangen.
BGH, Urteil vom 20. Juni 2006 - VI ZR 78/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juni 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. Februar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die seit ihrer Geburt schwerstbehinderte Klägerin nimmt die beklagte Bundesrepublik Deutschland (BRD) als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auf Schadensersatz wegen behaupteter Behandlungsfehler im Zusammenhang mit ihrer Geburt am 2. November 1986 in einem Krankenhaus der Volkspolizei der DDR in Berlin (Ost) in Anspruch, das nach dem 3. Oktober 1990 von der Beklagten als Bundeswehrkrankenhaus weiter genutzt wird.
2
Auf Antrag des Vaters der Klägerin erklärte die staatliche Versicherung der DDR mit Schreiben vom 7. Juli 1987, dass unmittelbar nach der Geburt bei der Betreuung der Klägerin nicht alle erforderlichen Maßnahmen erfolgt seien und wegen Vorliegens eines Mangels an Sorgfalt die Haftung nach §§ 330 ff.
Zivilgesetzbuch für die daraus resultierende Gesundheitsschädigung anzuerkennen sei. Bis zum 30. Juni 1990 erhielt die Klägerin daraufhin Leistungen von der staatlichen Versicherung der DDR, danach von der Deutschen Versicherungs -AG, später Allianz Versicherungs-AG.
3
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin unter Anrechnung bereits erhaltener Leistungen von der Beklagten weiteren Schadensersatz für Pflege und sachlichen Mehraufwand in Höhe von insgesamt 789.892,16 € sowie - über die bislang gezahlte Rente hinaus - eine weitere monatliche Schadensersatzrente von 8.975,28 € und die Zahlung eines weiteren angemessenen Schmerzensgeldes. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz sämtlicher künftiger materieller Schäden verpflichtet sei.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren im Revisionsverfahren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in KG Report 2004, 384 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, es könne offen bleiben, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche gegenüber der DDR gemäß Art. 232 § 1 EGBGB in Verbindung mit §§ 82 ff. ZGB-DDR und §§ 330 ff. ZGB-DDR zugestanden hätten, denn solche Ansprüche seien jedenfalls nicht gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) auf die beklagte BRD übergegangen.
6
Der Haftungsübergang scheitere allerdings nicht schon daran, dass die polizeilichen Aufgaben von den Ländern wahrgenommen würden. Der charakteristische Schwerpunkt des von der DDR geführten Krankenhauses habe nicht in polizeilicher Tätigkeit gelegen, sondern in der Gesundheitsvorsorge, die nicht nur von den Ländern, sondern auch von der Beklagten u.a. durch - nicht nur Bundeswehrangehörigen zugängliche - Bundeswehrkrankenhäuser betrieben werde. Die Beklagte könne sich nicht darauf zurückziehen, dass es sich um polizeiliche Aufgaben gehandelt habe. Welche polizeiliche Aufgaben dort seinerzeit wahrgenommen worden seien, sei nicht dargelegt und auch im Übrigen nicht ansatzweise ersichtlich. Jedenfalls sei der Betrieb des ursprünglichen Krankenhauses nicht auf das Land Berlin, sondern auf die Beklagte übergegangen.
7
Eine Haftung der beklagten BRD komme jedoch nicht in Betracht, weil eine - unterstellte - Verbindlichkeit der DDR aus dem Behandlungsverhältnis im Zusammenhang mit der Geburt der Klägerin nicht auf die Beklagte übergegangen sei. Eine entsprechende Verbindlichkeit habe nicht übergehen können, da sie nicht - wie Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV voraussetze - in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang mit dem auf die Beklagte übergegangenen Vermögen , dem Krankenhausbetrieb, gestanden habe. Der hier zu beurteilende Behandlungsvertrag und die hieraus abgeleitete Haftung seien mit dem übergegangenen Vermögen nicht unmittelbar verbunden, sondern nur mittelbare Folge der ausgeübten Verwaltungsaufgabe. Es handele sich nicht um Betriebsmittel, da Behandlungsverhältnisse nicht erforderlich gewesen seien, um den Krankenhausbetrieb als solchen zu ermöglichen und aufrecht zu erhalten.

II.

8
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
9
Das Berufungsgericht durfte nicht offen lassen, ob der Klägerin gegen die DDR gemäß Art. 232 § 1 EGBGB in Verbindung mit §§ 82 ff. ZGB-DDR und §§ 330 ff. ZGB-DDR vertragliche und außervertragliche Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter medizinischer Behandlung bei und nach ihrer Geburt im Krankenhaus der Volkspolizei zustanden. Denn solche Ansprüche wären - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV zusammen mit dem übernommenen Vermögen auf die beklagte Bundesrepublik übergegangen.
10
1. Nach dieser Bestimmung wird das Vermögen der DDR, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Verwaltungsvermögen), Bundesvermögen , sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach dem Grundgesetz von Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind. Nach den vom Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen war im Streitfall das Krankenhaus der Volkspolizei Vermögen der DDR, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben, nämlich der Gesundheitsfürsorge, diente. Aus der Tatsache , dass das Krankenhaus nicht von dem Land Berlin, sondern von der beklagten Bundesrepublik übernommen und als Bundeswehrkrankenhaus weiter betrieben wurde, durfte das Berufungsgericht schließen, dass das Krankenhaus Bundesvermögen geworden ist. Die Revisionserwiderung zeigt keinen konkreten , vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag der Beklagten auf, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte.
11
2. Das Berufungsgericht geht weiterhin im Ansatz zutreffend davon aus, dass nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung zum übergegangenen Verwaltungsvermögen grundsätzlich auch Passiva gehören, sofern sie mit dem übernommenen Aktivvermögen in einem engen unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. BGHZ 128, 393, 399; 137, 145, 148; 145, 148; 164, 361; BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 - III ZR 248/03 - VIZ 2004, 492, 493; BVerwGE 96, 231, 236).
12
a) Dem Berufungsgericht kann jedoch aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden, soweit es den erforderlichen engen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem übernommenen Aktivvermögen und den Haftungsverbindlichkeiten mit der Begründung verneint, Behandlungsverhältnisse und deren Haftungsrisiken seien lediglich mittelbare Folgen der Aufgabenwahrnehmung und nicht - wie Betriebsmittel - erforderlich, um den Krankenhausbetrieb als solchen zu ermöglichen und aufrecht zu erhalten.
13
Diese Einschränkung des Berufungsgerichts findet in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Stütze. Abgesehen davon, dass der Betrieb eines Krankenhauses ohne Behandlungsverhältnisse schwerlich denkbar ist, fordert die Rechtsprechung für den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang lediglich, dass die Verbindlichkeit aus einem Vertrag resultiert, der sich auf den Erwerb, die Erstellung oder "die Nutzung" eines konkreten, einer bestimmten Verwaltungsaufgabe dienenden Vermögensgegenstandes richtete (vgl. BGHZ 128, 393, 399 f.; 137, 350, 363; 164, 361 ff. und BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 - VII ZR 21/96 - WM 1997, 792, 793). Nach diesen Grundsätzen kann der erforderliche Zusammenhang im Streitfall nicht verneint werden.
14
b) Vielmehr steht der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch ersichtlich in engem und unmittelbarem Zusammenhang mit der Nutzung des später von der Beklagten übernommenen Vermögens als Krankenhaus der Volkspolizei. Während es sich in den bisher vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen um Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Übergang eines einzelnen Vermögensgegenstandes handelte (etwa Ansprüche für Erdbaumaßnahmen auf einem Grundstück für einen kommunalen Sportplatz: BGHZ 128, 393, 398 ff.; aus der Erstellung eines für eine Stadt auf einem Grundstück errichteten Wohnblocks: BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 - VII ZR 21/96 - VIZ 1997, 232, 233; aus einem Gerüstbauvertrag: BGH, Urteil vom 24. Januar 2001 - XII ZR 270/98 - VIZ 2001, 572, 573; aus einem Vertrag zur Herstellung von Militärbooten für die Volksmarine: BGHZ 137, 350, 362 ff.; Kaufpreisansprüche für eine gelieferte Computertechnik: BGH, Urteil vom 22. November 1995 - VIII ZR 165/94 - DtZ 1996, 179, 180 oder Ansprüche auf eine "steckengebliebene" Enteignungsentschädigung für ein Grundstück: BGHZ 145, 148), geht es im vorliegenden Fall um Haftungsverbindlichkeiten aus fehlerhafter medizinischer Behandlung im Zusammenhang mit dem Vermögensübergang eines Krankenhaushauses als Wirtschaftseinheit.
15
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 96, 231, 236) hat für den Fall der Restitution eines Waldgrundstücks, das nach seiner Überführung in Volkseigentum einem staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb als Rechtsträger unterstellt war, zutreffend zwischen betriebsbezogenen und grundstücksbezogenen Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnissen unterschieden: Wird lediglich ein Grundstück als Teil einer ehemals rechtlich selbständigen Wirtschaftseinheit zurückübertragen, hat der Restitutionsberechtigte allein die grundstücksbezogenen , nicht aber zugleich die betriebsbezogenen Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse - und zwar auch nicht anteilig - zu übernehmen. Daraus lässt sich ohne weiteres der Umkehrschluss ziehen, dass für den - hier vorlie- genden - Fall des Vermögensübergangs einer Wirtschaftseinheit - der in solchen Fällen typischen Interessenlage entsprechend - auch betriebsbezogene Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse als Passiva mit übergehen, soweit der Bundesgesetzgeber nicht von seiner durch Art. 4 Nr. 4 EV in das Grundgesetz als Art. 135 a GG eingefügten Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, um den Übergang solcher Verbindlichkeiten zu beschränken.
16
c) Bei den Schadensersatzansprüchen der Klägerin handelt es sich um solche betriebsbezogenen Verbindlichkeiten, denn sie stammen aus einem Vertrag , der die bestimmungsgemäße Nutzung des fraglichen Krankenhauses der Volkspolizei zur Behandlung von Patienten betrifft.
17
Dabei kann die Frage offen bleiben, ob und inwieweit zu betriebsbezogenen Verbindlichkeiten auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung gehören können. Es spricht allerdings viel für die Richtigkeit der Auffassung des Berufungsgerichts , das die Frage nicht generell verneint, sondern sich wegen der Vielgestaltigkeit derartiger Haftungsverhältnisse für eine differenzierende Betrachtungsweisung ausgesprochen hat. Auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 128, 140, 146), in der es um Schadensersatzansprüche wegen Belegungsschäden durch sowjetische Streitkräfte aus der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 an einem Grundstück ging, wird die Passivlegitimation der BRD nicht allein mit der Begründung verneint, dass bei Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung generell ein enger unmittelbarer Zusammenhang mit dem übergegangenem Vermögen fehle, sondern dass die Beklagte nicht Inhaberin von Vermögen geworden sei, auf dem eine Haftungsverbindlichkeit in Bezug auf die Ansprüche der dortigen Klägerin laste.
18
Jedenfalls unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, in dem Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen fehlerhafter medizinischer Behandlung nicht nur auf unerlaubte Handlung, sondern gemäß §§ 82, 92 Abs. 1, 93, 331, 336, 337, 338 ZGB-DDR auch auf eine Verletzung des Behandlungsvertrages - und zwar auch hinsichtlich eines immateriellen Schadens (vgl. § 338 Abs. 3 ZGB-DDR) - gestützt werden können, bestehen keine rechtlichen Bedenken, einen engen unmittelbaren Zusammenhang der Verbindlichkeit mit der Nutzung des auf die Beklagte übergegangenen Krankenhauses anzunehmen.
19
3. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche scheitern auch nicht an der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede.
20
Bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 richtete sich die Verjährung der Ansprüche gemäß Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach dem Zivilgesetzbuch der DDR. Nach § 476 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZGB-DDR ließ das Schreiben der staatlichen Versicherung der DDR vom 7. Juli 1987, in welchem der Anspruch der Klägerin - auch mit Wirkung für die DDR (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2005 - VI ZR 101/04 - VersR 2005, 699, 701) - dem Grunde nach anerkannt worden ist, die vierjährige Verjährungsfrist des § 474 Abs. 1 Nr. 3 ZGB-DDR von neuem beginnen. Diese zunächst bis zum 7. Juli 1991 laufende Verjährungsfrist wurde sowohl nach dem Recht der DDR gemäß § 476 Abs. 1 Nr. 3 ZGB-DDR als auch für die Zeit nach dem 3. Oktober 1990 bis zum 31.12.2001 gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Verbindung mit § 208 BGB a.F. durch die regelmäßigen vorbehaltlosen Zahlungen durch die staatliche Versicherung der DDR, die Deutsche Versicherungs-AG - später Allianz Versicherungs-AG -, bezüglich des Stammrechts immer wieder von neuem unterbrochen (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1970 - VI ZR 148/68 - VersR 1970, 549 f.; vom 29. Oktober 1985 - VI ZR 56/84 - VersR 1986, 96, 97; BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 - IX ZR 482/00 - VersR 2004, 1278). Eine solche Unterbrechung muss sich der Neuschuldner des streitgegenständlichen Schadensersatzanspruchs zurechnen lassen. Da Art. 21, 22 EV auch einen Übergang der Aktiva vorsehen, sind auch die Deckungsansprüche aus dem mit der staatlichen Versicherung der DDR begründeten Versicherungsverhältnis gemäß § 1 a Abs. 1 Satz 2 VZOG mit auf den neuen Eigentümer des Krankenhauses übergegangen, der als neuer Schuldner die in den Versicherungsbedingungen vorgesehenen Vertretungswirkungen für die Regulierung von Schadensersatzansprüchen gegen sich gelten lassen muss (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 2003 - VI ZR 392/02 - aaO). Selbst wenn man in dem von den vorgenannten Versicherern zunächst bis zum 31. Dezember 1997 und schließlich bis zum 31. Dezember 2000 erklärten Verzicht auf die Einrede der Verjährung einen konkludenten Vorbehalt sehen wollte, würde sich im Ergebnis nichts ändern , denn die Klägerin hat ihre am 19. Januar 2001 "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. zugestellte Klage am 29. Dezember 2000, also rechtzeitig vor dem 31. Dezember 2000 bei Gericht eingereicht.
21
Vor Ablauf der Verjährungsfrist war im Hinblick auf den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden § 225 Satz 1 BGB a.F. ein wirksamer Verzicht auf die Einrede der Verjährung zwar nicht möglich (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96 - VersR 1998, 124, 125 m.w.N.). Gleichwohl stellt die Einrede der Verjährung einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB, zu dessen Anwendung auf ehemalige DDR-Schuldverhältnisse : BGHZ 120, 10, 22 f.; 121, 378, 391) und damit eine unzulässige Rechtsausübung dar, solange der Schuldner mit dem Einredeverzicht bei dem Gläubiger den Eindruck erweckte und aufrecht erhielt, dessen Ansprüche befriedigen oder doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu wollen, und dadurch den Gläubiger von der rechtzeitigen Erhebung einer Klage abhielt (vgl. Senatsurteile vom 26. März 1974 - VI ZR 217/72 - VersR 1974, 862, 863; vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96 - aaO, S. 125 f. m.w.N. und vom 7. Oktober 2003 - VI ZR 392/02 - VersR 2003, 1547, 1549).

III.

22
Das Berufungsgericht wird mithin die Prüfung der Frage nachzuholen haben, ob der Klägerin die geltend gemachten Schadensersatzansprüche zustehen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 16.07.2002 - 9 O 15/01 -
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Annotations

(1) Das Vermögen der Deutschen Demokratischen Republik, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Verwaltungsvermögen), wird Bundesvermögen, sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach dem Grundgesetz von Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind. Soweit Verwaltungsvermögen überwiegend für Aufgaben des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/des Amtes für Nationale Sicherheit genutzt wurde, steht es der Treuhandanstalt zu, es sei denn, daß es nach dem genannten Zeitpunkt bereits neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken zugeführt worden ist.

(2) Soweit Verwaltungsvermögen nicht Bundesvermögen gemäß Absatz 1 wird, steht es mit Wirksamwerden des Beitritts demjenigen Träger öffentlicher Verwaltung zu, der nach dem Grundgesetz für die Verwaltungsaufgabe zuständig ist.

(3) Vermögenswerte, die dem Zentralstaat oder den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) von einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, werden an diese Körperschaft oder ihre Rechtsnachfolgerin unentgeltlich zurückübertragen; früheres Reichsvermögen wird Bundesvermögen.

(4) Soweit nach den Absätzen 1 bis 3 oder aufgrund eines Bundesgesetzes Verwaltungsvermögen Bundesvermögen wird, ist es für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in dem in Artikel 3 genannten Gebiet zu verwenden. Dies gilt auch für die Verwendung der Erlöse aus Veräußerungen von Vermögenswerten.

Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.

Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.