Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2002 - V ZR 345/01

published on 12/07/2002 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2002 - V ZR 345/01
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 345/01 Verkündet am:
12. Juli 2002
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Februar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 9. Mai 1996 verkaufte der Kläger ein in G. /O. gelegenes Hotelgrundstück für 3,6 Mio. DM an die in L. ansässige S. AG, die das Grundstück übertragen erhielt und anstelle des Klägers in einen mit dem Land geschlossenen Nutzungsvertrag eintrat. Die vorvertraglichen Verhandlungen mit dem Kläger führte für die S. AG der Beklagte, ohne zunächst zu erkennen zu geben, daß die S. AG als Käuferin auftreten sollte. Erst in einem dem Kläger am 2. Mai
1996 übersandten Vertragsentwurf führte der Beklagte die S. AG als Käuferin auf.
Der Kaufpreis wurde nicht gezahlt. Der Beklagte stellte zwei Wechsel über insgesamt 750.000 DM aus, die er selbst akzeptierte. Sie wurden nur in Höhe eines Teilbetrages von 23.275,85 DM eingelöst.
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß der Kaufvertrag nicht durchgeführt wird. Der Kläger hat zunächst im Wechselprozeß ein Wechselvorbehaltsurteil über 326.724,15 DM (350.000 DM - 23.275,85 DM) zuzüglich Nebenleistungen erstritten. Im Nachverfahren hat das Landgericht die Klage , die der Kläger nunmehr hilfsweise auch auf Ansprüche aus dem Grundverhältnis gestützt hat, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluß stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, der insoweit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Die von dem Berufungsgericht abgewiesene Widerklage, mit der der Beklagte Herausgabe eines Wechsels über 400.000 DM verlangt hat, ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte hafte dem Kläger in Höhe der geltend gemachten Forderung nach den Grundsätzen der soge-
nannten Sachwalterhaftung auf Schadensersatz, da er beim Kläger in erheblichem Maûe persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe und es allein dadurch zum Abschluû des notariellen Kaufvertrages vom 9. Mai 1996 gekommen sei.

II.


Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
Das Urteil ist, was der Senat auch ohne Rüge von Amts wegen zu berücksichtigen hat, unter Verstoû gegen § 308 ZPO verfahrensfehlerhaft ergangen. Das Berufungsgericht durfte nicht offen lassen, ob der betroffene KlageWechsel vom 7. Januar 1997 dem Beklagten gestohlen worden ist. Denn der Kläger hat seine Klage im Nachverfahren des § 600 Abs. 1 ZPO in erster Linie auf den Begebungsvertrag und nur hilfsweise auf das Grundverhältnis gestützt. Darin liegt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine Hilfsbegründung , sondern eine eventuelle Klagehäufung (§ 260 ZPO). In diesen Fällen darf aus Gründen der Rechtskraft über den Hilfsanspruch nicht vor dem Hauptanspruch entschieden werden. Das angefochtene Urteil hat daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand. Die Sache ist vielmehr zur weiteren Aufklärung über den Hauptanspruch zurückzuverweisen.

III.


Sollte es im weiteren Verfahren auf den Hilfsanspruch noch ankommen, wäre die darin liegende Klageänderung als sachdienlich anzusehen. Auch wäre die Annahme einer Sachwalterhaftung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, daû nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Eigenhaftung des Vertreters oder Sachwalters unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens dann in Betracht kommt, wenn dieser über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus bei dem Vertragspartner den Eindruck erweckt, er selbst werde für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages die persönliche Gewähr übernehmen (BGHZ 88, 67, 69; BGH, Urt. v. 1. Juli 1991, II ZR 180/90, ZIP 1991, 1140, 1142; BGHZ 126, 181, 189; BGH Urt. v. 13. Juni 2002, VII ZR 30/01, zur Veröffentlichung bestimmt). Daû das Berufungsgericht in tatrichterlicher Wertung diese Voraussetzungen für gegeben erachtet, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger den Kaufvertrag trotz seiner Bedenken hinsichtlich der ihm bis dahin unbekannten "S. AG" mit Sitz in L. allein im Hinblick darauf abschloû, daû der Beklagte zuvor versichert hatte, die "S. AG" sei er, die Finanzierung sei gesichert und der Kläger müsse sich keine Sorgen machen, so ist die tatsächliche Würdigung dahingehend, darin
liege eine persönliche Gewährübernahme für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages und nicht bloû eine Versicherung, daû die Käuferin solvent sei, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Wird dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten, so bleibt der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig. (2) Soweit sich in diesem Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, gelten die Vorschriften des
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Wird dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten, so bleibt der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig. (2) Soweit sich in diesem Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, gelten die Vorschriften des
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 13/06/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 30/01 Verkündet am: 13. Juni 2002 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein § 276
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Wird dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten, so bleibt der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig.

(2) Soweit sich in diesem Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, gelten die Vorschriften des § 302 Abs. 4 Satz 2 bis 4.

(3) Erscheint in diesem Verfahren eine Partei nicht, so sind die Vorschriften über das Versäumnisurteil entsprechend anzuwenden.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.