Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2002 - V ZR 3/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger undJ. R. verkauften als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein ihnen gehörendes Grundstück in B. - S. mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. Juli 1998 an den Beklagten. Das Grundstück war in Abteilung III des Grundbuchs zugunsten der Bayerischen Handelsbank AG mit einer Grundschuld über 1.950.000 DM belastet. Der Kaufpreis in Höhe von 1.300.000 DM sollte vollständig durch Übernahme der der Grundschuld zugrunde liegenden Verbindlichkeit beglichen werden. Im Fall eines Scheiterns der Schuldübernahme und der dann nach Maûgabe von § 2 Abs. 4 des Kaufvertrages vereinbarten Fälligkeit des Kaufpreises sollte der Beklagte die Verkäufer gegenüber der Bayerischen Handels-
bank AG hinsichtlich etwaiger Ansprüche auf Vorfälligkeitsentschädigung - bezogen auf den Valutenstand bei Vertragsabschluû - freistellen, sofern die Bank die Schuldübernahme aus Gründen ablehnt, die in der Person des Käufers liegen. Die Bank lehnte eine Schuldübernahme durch den Beklagten ab und berechnete die Vorfälligkeitsentschädigung für einen Betrag von 1.300.000 DM mit 83.634,83 DM. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. Mai 1999 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 11. Juli 1999 zur Zahlung dieses Betrages auf. Der Beklagte lehnte dies ab, weil die Berechnung nicht prüffähig sei.
Mit der Behauptung, die Bayerische Handelsbank AG habe die Übernahme des Darlehens aufgrund der erfolgten Bonitätsprüfung abgelehnt, worauf er an sie zur Ablösung 83.634,38 DM gezahlt habe, hat der Kläger auch aus abgetretenem Recht des Mitgesellschafters R. beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 83.634,38 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, es könne dahinstehen, ob dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der Vorfälligkeitszinsen zustehe. Jedenfalls habe er einen solchen Anspruch nicht schlüssig dargetan. Der Beklagte sei nach § 11 Abs. 2 des Vertrages nur verpflichtet, den Kläger von begründeten Ansprüchen der Bank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung
freizustellen. Den geltend gemachten Betrag in Höhe von 83.634,38 DM habe der Kläger indes nicht nachvollziehbar dargetan. Die Bezugnahme auf die Aufstellung der Bank vom 16. April 1999 sei dafür unzureichend. Aus ihr ergebe sich die Berechnungsweise nicht und die Berechnung könne aufgrund der angegebenen Zinsen, Abzinsungstage und Abzinsungssätze auch nicht nachvollzogen werden. Dies ergebe sich auch daraus, daû die von der Bank vorgenommene Berechnung sich auf den 20. Dezember 1998 beziehe, während der Beklagte nach dem Vertrag eine auf den 24. Juli bezogene Vorfälligkeitsentschädigung schulde.
II.
Die Revision hat Erfolg.
1. Das Berufungsgericht läût offen, ob dem Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung von an die Bank gezahlten Vorfälligkeitszinsen zusteht. Es unterstellt damit, daû die Bank die Genehmigung zur befreienden Schuldübernahme aus Gründen verweigert hat, die in der Person des Beklagten liegen, und daû der Kläger die geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank gezahlt hat. Hiervon ist demnach bei der revisionsgerichtlichen Prüfung auszugehen.
2. Fehlerfrei legt das Berufungsgericht § 11 des Kaufvertrages auûerdem dahin aus, daû von der Freistellungsverpflichtung nur begründete Ansprüche der Bank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung erfaût werden.
3. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht dagegen darin, daû bei einem möglichen Schadensersatzanspruch die Darlegungslast dafür, daû der von der Bank geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigungsanspruch der Höhe nach begründet ist, bei dem Kläger liege. Denn eine Verletzung der Freistellungsverpflichtung führt nicht dazu, daû der Freizustellende auf seine Gefahr zu prüfen hat, ob die Ansprüche des Drittgläubigers zu Recht bestehen. Der Gefahr, entweder eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit Klage überziehen zu lassen, soll der Freizustellende nach dem Sinn der Freistellung gerade enthoben sein. Verweigert der Freistellungsschuldner daher die Freistellung und stellt der Freistellungsgläubiger den Dritten deswegen selbst frei, so kann der Freistellungsschuldner gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Freistellungsgläubigers nicht mehr einwenden, daû dieser die Forderung des Dritten zu Unrecht befriedigt habe (BGH, Urt. v. 24. Juni 1970, VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594, 1596). Dies setzt allerdings voraus, daû dem Freistellungsschuldner Gelegenheit gegeben wurde, seiner Freistellungsverpflichtung durch Verhandlungen mit dem Drittgläubiger nachzukommen. Denn für den Freistellungsanspruch ist es gerade typisch, daû der gegen den Freistellungsgläubiger erhobene Anspruch abgewehrt werden soll. Die Nichterfüllung der Abwehrpflicht hat daher grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Verzugs oder der positiven Forderungsverletzung einen Schadensersatzanspruch zur Folge (BGH, Urt. v. 19. Januar 1983, IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Wenn der Kläger dem Beklagten aber keine Gelegenheit eingeräumt hat, ihn von dem Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gemäû der Berechnung der Bank freizustellen, der Kläger den ihm von der Bank berechneten Betrag vielmehr selbst an diese gezahlt und den Beklagten mit Schreiben vom 26. Mai 1999 auf
Erstattung dieses Betrages in Anspruch genommen hat, kommt als Anspruchsgrundlage nicht ein Schadensersatzanspruch, sondern nur ein Aufwendungsersatz - oder Bereicherungsanspruch wegen berechtigter oder unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht (§§ 683, 667 oder 684, 812 BGB). Für einen solchen Anspruch verbleibt es dann allerdings bei der von dem Berufungsgericht angenommenen Darlegungslast des Klägers. Er muû also darlegen , daû ein Vorfälligkeitsentschädigungsanspruch in der geltend gemachten Höhe entstanden ist, weil nur insoweit dessen Tilgung dem mutmaûlichen Willen des Beklagten entsprach oder dieser hierdurch bereichert ist. Das hat er durch Bezugnahme auf die KAPO - Berechnung der Bank vom 16. April 1999 ausreichend getan. Daû das Berufungsgericht diese Berechnung nicht nachvollziehen kann, läût sie noch nicht hinreichend als unschlüssig erscheinen. Etwas anderes hätte nur dann zu gelten, wenn sich auch mit sachverständiger Hilfe nicht hätte klären lassen, ob und inwieweit das für die Berechnung grundsätzlich geeignete KAPO – Programm (BGH Urt. v. 7. November 2000, XI ZR 27/00, WM 2001, 20, 24) richtig angewendet wurde. Das hat das Berufungsgericht aber nicht dargelegt. Daû sich die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht auf den Valutenstand zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses (20. Juli 1998), sondern auf den 20. Dezember 1998 bezieht, reicht nicht aus, um die Berechnung als unschlüssig erscheinen zu lassen. Denn insoweit hätte das Berufungsgericht von der ihm durch § 287 Abs. 2 ZPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen können, wenn es nicht einen entsprechenden Hinweis an den Kläger für erforderlich hielt.
Da das angefochtene Urteil nach alledem mit der gegebenen Begründung keinen Bestand hat, ist es aufzuheben und die Sache zwecks weiterer Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke
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Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der in § 683 bestimmte Anspruch zu.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.