Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 29. Juli 1998 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 83 % der Kosten des ersten Rechtszugs, 78 % der Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt. Die Beklagte trägt 17 % der Kosten des ersten Rechtszugs und 22 % der Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 28. November 1996 verkaufte die Klägerin der Beklagten verschiedene Grundstücke sowie eine unvermessene Grundstücksteilfläche zu einem Gesamtkaufpreis von 4.199.999,60 DM. Eines dieser Grundstücke stand noch nicht im Eigentum der Klägerin. Sie hatte dieses zuvor von der Fa. V. GmbH (V. ) gekauft, welche es ihrerseits von der Fa. A. -GmbH (A. ) gekauft hatte, und diese von der Stadt S. .
- 2
- Der von der Beklagten bar zu entrichtende Kaufpreis sollte 14 Tage nach Zugang einer Fälligkeitsbescheinigung des Notars gezahlt werden, die u. a. zur Voraussetzung hatte, dass der Eigentumsverschaffungsanspruch der Beklagten - ausgenommen die unvermessene Teilfläche - durch Eintragung von Vormerkungen gesichert war.
- 3
- Hinsichtlich des der Klägerin bereits gehörenden Grundbesitzes wurde die Vormerkung am 26. Februar 1997 eingetragen. In das Grundbuch des Grundstücks, das die Klägerin gekauft hatte, das aber noch nicht in deren Eigentum stand, wurde am selben Tage die Abtretung einer Vormerkung seitens der A. eingetragen, deren Eigentumsverschaffungsanspruch gegen die Stadt S. entsprechend gesichert worden war.
- 4
- Der Notar stellte eine Fälligkeitsbescheinigung aus. Die Beklagte zahlte den Kaufpreis nicht innerhalb von 14 Tagen, sondern erst nach weiteren 15 Tagen.
- 5
- Die Klägerin verlangt - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - vertraglich bestimmte Verzugszinsen in Höhe von zuletzt 18.200 DM auf den bar zu entrichtenden Kaufpreis sowie die Erstattung von Anwaltsgebühren wegen eines Mahnschreibens vom 4. April 1997 in Höhe von 24.614,42 DM.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin ist in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwaltlich nicht vertreten gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht meint, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch wegen verspäteter Zahlung des Nettokaufpreises zustehe.
- 8
- Die Fälligkeitsmitteilung des Notars sei inhaltlich richtig gewesen. Der Beklagten sei von einem nicht eingetragenen Käufer eine Auflassungsvormerkung abgetreten worden, die auch in das Grundbuch eingetragen worden sei. Damit habe sich die Beklagte in einer Situation befunden, die der eines Grundstückskäufers, zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen sei, vergleichbar gewesen sei. Die Beklagte sei durch diese Abtretung sogar insoweit besser gestellt gewesen, weil sie diese wie die Erstkäuferin, d.h. mit einer früheren "Sperrwirkung", erworben habe.
- 9
- Die Klägerin könne auch die durch die Anforderung des Kaufpreises durch ihren Rechtsanwalt entstandenen Kosten als Verzugsschaden nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. beanspruchen, da sich die Beklagte bei der Einschaltung des Anwalts am 4. April 1997 in Verzug befunden habe.
II.
- 10
- Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 11
- Die Klägerin ist zwar auf Grund der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters berechtigt, den Rechtsstreit fortzuführen und die Ansprüche weiter zu verfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 21. April 2005, IX ZR 281/03, NJW 2005, 2015, 2016). Ihr stehen indes die von dem Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche wegen verspäteter Zahlung des Kaufpreises nicht zu.
- 12
- 1. Der Kaufpreis ist nach den Bestimmungen in § 4 Abs. 1 des Kaufvertrages nicht fällig geworden.
- 13
- a) Die vertragliche Vereinbarung hat das Berufungsgericht dahin ausgelegt , dass die Fälligkeit des Kaufpreises nicht allein auf Grund der Mitteilung des Notars, sondern nur dann eintreten sollte, wenn auch die im Kaufvertrag dafür benannten Voraussetzungen tatsächlich vorlagen. Diese tatrichterliche Auslegung, die von der Revision - weil für ihre Auffassung günstig - nicht angegriffen wird, ist für den Senat bindend. Die vertragliche Absprache der Parteien dahin, dass die Fälligkeit des Kaufpreises nach notarieller Mitteilung über den Eintritt der dafür vereinbarten Voraussetzungen eingetreten sei, kann eine solche Erklärungsbedeutung haben (dazu BGH, Urt. v. 14. Mai 1985, IX ZR 64/84, WM 1985, 1109, 1111). Für Verstöße gegen Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze, auf die die Überprüfung der tatrichterlichen Auslegung auch einer vertraglichen Regelung über den Eintritt der Fälligkeit nach Mitteilung des Notars beschränkt ist (Senat, Urt. v. 26. November 2004, V ZR 119/04, MittBayNot 2005, 395), ist nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen.
- 14
- b) Die in § 4 Abs. 1 Buchstabe b des Kaufvertrages vereinbarte Voraussetzung der Kaufpreisfälligkeit ist nicht eingetreten, da eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Beklagten aus dem Kaufvertrag auf Verschaffung des Eigentums nicht eingetragen worden war. Die Eintragung der Vormerkung war an dem Grundstück noch nicht möglich. Es fehlte an der dafür erforderlichen Identität des Schuldners (Verkäufers) mit dem Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts (Senat, BGHZ 12, 115, 120; 134, 182, 188).
- 15
- 2. Die Kaufpreisfälligkeit ist auch nicht dadurch eingetreten, dass der Beklagten stattdessen der durch eine Vormerkung gesicherte Anspruch der A. aus deren Kaufvertrag mit der Stadt abgetreten wurde.
- 16
- a) Soweit die Revision Einwendungen gegen die von dem Berufungsgericht bejahte Wirksamkeit der Zession erhebt, sind diese allerdings unbegründet. Die Erklärung der Abtretung der Vormerkung durch die Erstkäuferin ist im Zweifel als Abtretung des vorgemerkten Anspruchs auszulegen, bei der das dingliche Sicherungsrecht nach § 401 BGB kraft Gesetzes auf den Zessionar übergeht (vgl. Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883, Rdn. 319). Damit brachte die Beklagte als Empfängerin der Abtretungserklärung nach außen auch den Willen zum Erwerb des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs zum Ausdruck, der für eine Annahme nach § 151 BGB erforderlich ist (vgl. BGHZ 74, 352, 356; 111, 97, 101). Mit der Eintragung der Übertragung erwarb die Beklagte die dingliche Sicherung aus der Vormerkung (Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947, 2948).
- 17
- b) Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Beklagte mit der "zedierten" Vormerkung ein gleichwertiges, in Bezug auf die Rangwirkung der Vormerkung (dazu: Senat, BGHZ 143, 175, 180; Weirich/Ivo, Grundstücksrecht, 3. Aufl., Rdn. 917) sogar besseres Sicherungsrecht als mit der Eintragung einer "originären" Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übereignung aus dem mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag erlangt habe. Davon kann nicht ausgegangen werden.
- 18
- Zu Recht beanstandet die Revision diese Gleichsetzung der Sicherheit aus abgetretener und originärer Vormerkung. Sie besteht schon deshalb nicht, weil der Bestand des abgetretenen Anspruchs dem Einfluss des nachfolgenden Käufers entzogen und die Vormerkung zu diesem Anspruch akzessorisch ist. Besteht er nicht, ist auch die Vormerkung wirkungslos (vgl. BGHZ 150, 138, 142 sowie zur fehlenden Gleichwertigkeit vgl. Staudinger/Pfeifer, BGB [2004], § 925, Rdn. 147 sowie das Gutachten des Deutschen Notarinstituts, DNotI-Report 1998, 213, 214). Ob eine Gleichwertigkeit der Sicherheit unter der Voraussetzung bejaht werden kann, dass der abgetretene Übereignungsanspruch "rechtsbeständig" geworden ist, weil gesetzliche oder vertragliche Rücktrittsrechte aus den vorangegangenen Grundstücksgeschäften nicht mehr bestehen, (KG, KG-Report 1997, 271, 274; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883, Rdn. 44), kann dahinstehen, da hierzu weder etwas festgestellt noch vorgetragen worden ist.
- 19
- 3. Da der Kaufpreis bis zur Zahlung nicht fällig geworden ist, stehen der Klägerin auch keine Ansprüche auf die im Kaufvertrag für den Fall verspäteter Zahlung vereinbarten Verzugszinsen und auf Ersatz der durch die Anforderung des Kaufpreises entstandenen Anwaltskosten zu.
- 20
- 4. Nach allem ist das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.
III.
- 21
- Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 97 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 29.07.1998 - 6 O 158/98 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 06.09.2005 - 6 U 242/98 -
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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.
(2) Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Insolvenzverfahrens verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger geltend machen.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.