Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juli 2011 - V ZR 21/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte ist Eigentümerin einer Wohnung in einer von der Klägerin verwalteten Wohnungseigentumsanlage. Sie bat die Klägerin Ende Januar 2009 schriftlich um die Übergabe der Abrechnungsunterlagen für das Jahr 2006 mit dem Hinweis, sie werde die Unterlagen am 9. Februar 2009 zurückgeben. Daraufhin übergab ihr die Klägerin zwei Aktenordner mit den gewünschten Unterlagen. Die Rückgabe erfolgte trotz mehrfacher Mahnungen nicht. Die auf Herausgabe gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin mitgeteilt, dass die Beklagte die Ordner zurückgegeben hat. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 2
- Das Berufungsgericht meint, nicht der Verwalter, sondern nur die Wohnungseigentümergemeinschaft könne die Unterlagen herausverlangen. Der Verwaltervertrag begründe keine Ansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer. Ein Leihvertrag sei nicht zustande gekommen, weil nicht anzunehmen sei, dass die Beklagte bereit gewesen sei, eine eigenständige Verpflichtung gegenüber der Verwalterin einzugehen. Sie habe die Rückgabe der Unterlagen nur unverbindlich angekündigt.
II.
- 3
- Die Revision hat Erfolg. Der Feststellungsantrag ist begründet, weil die Klage bis zu der Herausgabe der Unterlagen zulässig und begründet war. Die Klägerin konnte die Rückgabe gemäß § 604 Abs. 1 BGB seit dem auf Vorschlag der Beklagten vereinbarten Termin am 9. Februar 2009 beanspruchen. Der Wohnungseigentümer hat einen gegen den Verwalter gerichteten Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen; der Verwalter ist aber nicht verpflichtet , die Einsicht außerhalb seiner Geschäftsräume zu ermöglichen (Senat, Urteil vom 11. Februar 2011 - V ZR 66/10, NJW 2011, 1137 Rn. 8 f.). Entspricht er gleichwohl einer dahingehenden Bitte eines Wohnungseigentümers, kommt stillschweigend ein Leihvertrag zustande, weil der Verwalter regelmäßig nicht nur aus Gefälligkeit handelt.
- 4
- 1. Ob eine Partei mit Rechtsbindungswillen handelt, ist danach zu beurteilen , ob die andere Partei nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Maßgeblich ist insbesondere die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141 Rn. 7 mwN). Gemessen daran musste die Beklagte ohne Zweifel davon ausgehen, dass ihr die Unterlagen nur unter Vereinbarung einer vertraglichen Rückgabepflicht überlassen wurden.
- 5
- a) Wie die Beklagte wusste, hatte die Klägerin als Verwalterin ihre Pflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfüllen. Sie war aufgrund des Verwaltervertrags nicht nur zur Aufbewahrung der Unterlagen für fünf Jahre verpflichtet, sondern musste neben der Erstellung von Abrechnungen auch die Einsichtnahme ermöglichen können. Kam sie diesen Pflichten nicht nach, war nicht nur mit einer Kündigung des Verwaltervertrags, sondern auch mit Schadensersatzansprüchen zu rechnen.
- 6
- b) Der Verwalter kann auch nicht - wie die Revisionserwiderung meint - darauf verwiesen werden, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu klagen. Dazu bedürfte er nämlich gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG einer Ermächtigung. Die Wohnungseigentümer haben aber kein vernünftiges Interesse daran , das entstehende Prozesskostenrisiko zu übernehmen, weil es aus ihrer Sicht Sache des Verwalters ist, das Einsichtsrecht einschließlich der Rücker- langung der von ihm selbst herausgegebenen Unterlagen abzuwickeln. Ebenso wenig kann der Verwalter auf eine gewillkürte Prozessstandschaft verwiesen werden. Abgesehen davon, dass das erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse nur noch in engen Grenzen in Betracht kommt (Senat, Urteil vom 28. Januar 2011 - V ZR 145/10, NJW 2011, 1361 Rn. 8 ff., vorgesehen zum Abdruck in BGHZ), bedürfte es auch insoweit einer Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft.
- 7
- c) Insgesamt gesehen liefe eine Übergabe ohne vertragliche Bindung damit einer praktikablen Abwicklung des Einsichtsrechts zuwider und wäre - wie das Berufungsgericht selbst erkannt hat - in hohem Maße unbefriedigend. Aus diesem Grund entspricht sie im Regelfall nicht dem Parteiwillen. Weil es sich bei der Annahme eines Leihvertrags um eine rechtliche Würdigung handelt, bedurfte es nicht - wie die Revisionserwiderung meint - entsprechenden Vortrags der Parteien.
- 8
- 2. Ist ein Leihvertrag zustande gekommen, kann der Entleiher dem Rückgabeverlangen nicht entgegenhalten, dass Eigentümer der Sache ein Dritter ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 604 Rn. 3).
III.
- 9
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert bemisst sich nach den bis zu der Erledigungserklärung entstandenen Kosten (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 366). Krüger Stresemann Roth Brückner Weinland
AG Köln, Entscheidung vom 04.02.2010 - 202 C 244/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 16.12.2010 - 29 S 48/10 -
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(1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.
(2) Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.
(3) Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.
(4) Überlässt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.
(5) Die Verjährung des Anspruchs auf Rückgabe der Sache beginnt mit der Beendigung der Leihe.
(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die
- 1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder - 2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.
(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.
(1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.
(2) Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.
(3) Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.
(4) Überlässt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.
(5) Die Verjährung des Anspruchs auf Rückgabe der Sache beginnt mit der Beendigung der Leihe.
(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die
- 1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder - 2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.
(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.