Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2017 - IX ZR 71/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterinnen Möhring und Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Anwaltssozietät wegen Verletzung vertraglicher Pflichten aus einem Anwaltsvertrag auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte, die auf die Beratung geschädigter Anleger spezialisiert ist, vertrat den Kläger gegenüber der S. AG (fortan: Schuldnerin). DieSchuldnerin wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. August 2005 zur Zahlung von 23.576,90 € nebst Zinsen an den Kläger verurteilt.Am 23./27. De- zember 2005 schloss die Beklagte namens des Klägers und namens weiterer Anleger mit der Schuldnerin eine Verpfändungsvereinbarung, welche Aktien der Schuldnerin an der G. AG betraf. Die Aktien wurden am 30. Oktober 2006 verkauft. Der Erlös wurde auf ein Notaranderkonto gezahlt. Aufgrund eines Treuhandvertrages vom 30. Oktober 2006 war der Notar verpflichtet, gegen eine Pfandfreigabeerklärung den Betrag von 4.982.000 € an die Beklagte für die von ihr vertretenen Anleger zu zahlen. Am 31. Oktober 2006 überwies der Notar diesen Betrag an die Beklagte. Danach überwies die Beklagte an den Kläger dessen Anteil von 31.578,36 €.
- 2
- Am 7. April 2007 beantragte ein Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Das Verfahren wurde am 14. Juni 2007 eröffnet. Am 29. März 2010 focht der Insolvenzverwalter die Zahlung an den Kläger an. Der mittlerweile anderweitig anwaltlich vertretene Kläger zahlte nach Abschluss eines Vergleichs mit dem Verwalter insgesamt 18.921,87 € zur Masse zurück.
- 3
- Der Kläger wirft der Beklagten vor, seine Forderung nicht unverzüglich und anfechtungsfest im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben zu haben. Er verlangt Schadensersatz in Höhe des an die Masse gezahlten Betrages sowie der von ihm aufgewandten Anwaltskosten und der Kosten der Gegenseite, die er zu erstatten hatte, in Höhe von insgesamt 24.079,33 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 23.736,61 € nebst Zinsen verurteilt, Zug um Zug gegen Abtretung der auf seinen Anspruch gegen die Schuldnerin entfallenden Quote im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, und hat den Annahmeverzug der Beklagten hinsichtlich der Abtretung festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz gestellten Klageantrag vollumfänglich weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger habe nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass eine Vollstreckung aus dem Titel nicht zu einem sofortigen Insolvenzantrag der Schuldnerin geführt hätte. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sei die Schuldnerin bereits im Jahre 2005 insolvenzreif gewesen. Der Kläger habe sich insoweit auf ein Schreiben der Beklagten an einen anderen Anleger vom 1. August 2005 bezogen, nach welchem sie, die Beklagte , eine Kontenpfändung wegen der drohenden Insolvenz der Schuldnerin zurückgenommen habe. Viele Gläubiger hätten im August 2005 die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin betrieben. Ein Insolvenzantrag sei deshalb nur wegen des Absehens von der Zwangsvollstreckung aufgeschoben worden. Die Schuldnerin wäre gegebenenfalls ihrer strafbewehrten Antragspflicht innerhalb der Frist von drei Wochen nachgekommen. Gegenteiliges habe der Kläger nicht behauptet und nicht unter Beweis gestellt. Vollstreckungsmaßnahmen aus dem vorangegangenen Monat wären dann gemäß § 88 InsO unwirksam geworden, so dass der Schaden des Klägers auch in diesem Fall entstanden wäre.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 30. August 2005 hätte innerhalb von drei Wochen zu einem Eigenantrag der Schuldnerin geführt, widerspricht dem unstreitigen Sachverhalt sowie dem beweisbewehrten Vortrag des Klägers dazu, dass in den Jahren 2005 und 2006 andere Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin betrieben haben, ohne dass die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt hat.
- 7
- 1. Die Beklagte hat am 9. November 2006 für den Gläubiger W. sen. wegen einer Forderung von 147.653,67 € den Erlass eines Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der Forderung der Schuldnerin gegen den Drittschuldner Notar R. beantragt. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde antragsgemäß erlassen. Ebenfalls am 9. November 2006 hat die Beklagte für die Gläubigerin Eva D. wegen einer For- derung von 152.571,57 € den Erlass einesPfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der Forderung der Schuldnerin gegen den Drittschuldner Notar R. beantragt. Auch dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde antragsgemäß erlassen. Beide Beschlüsse wurden der Schuldnerin im Dezember 2006 zugestellt. Die Pfändungen hatten Erfolg und führten zu Zahlungseingängen von insgesamt 281.356,42 € bei der Beklagten. Der Kläger hat sich den entsprechenden Vortrag der Beklagten ausdrücklich zu eigen gemacht und darauf verwiesen, dass diese Maßnahmen - unstreitig - keinen Eigenantrag der Schuldnerin zur Folge hatten.
- 8
- 2. Der Kläger hat überdies weitere Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Schuldnerin seit 2005 behauptet, die weder zu einem Eigenantrag der Schuld- nerin noch zu einer Kündigung der Bankverbindungen der Schuldnerin geführt hätten, und sich zum Beweis auf das Zeugnis des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, auf das Zeugnis seines vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten sowie auf das Zeugnis eines weiteren Rechtsanwalts berufen. Zwangsvollstreckungen einer Vielzahl von Gläubigern gegen die Schuldnerin im August 2005 hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Unstreitig stellte die Schuldnerin gleichwohl keinen Insolvenzantrag. Warum dies anders gewesen wäre, wenn der Kläger seine verhältnismäßig niedrige Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt hätte, ist nicht nachzuvollziehen.
- 9
- 3. Im nachgelassenen Schriftsatz vom 22. Februar 2016 hat der Kläger schließlich zum Beweise dessen, dass die zwangsweise Beitreibung seiner Forderung von 23.567,90 € nicht zur sofortigen Insolvenz der Schuldnerin ge- führt hätte, die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Mit diesem Beweisangebot hat sich das Berufungsgericht ebenso wenig befasst wie mit den erfolgreichen Pfändungen im Jahre 2006 sowie mit den Beweisantritten hinsichtlich der Vollstreckungsmaßnahmen weiterer Gläubiger (Art. 103 Abs. 1 GG).
III.
- 10
- Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung fehlt es nicht bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Das Berufungsgericht hat die Frage einer Pflichtverletzung offen gelassen. Revisionsrechtlich ist damit insoweit vom Vorbringen des Klägers auszugehen. Der Kläger hat die Beklagte mit der Durch- setzung einer Forderung gegen die Schuldnerin beauftragt. Er wirft ihr vor, diese Forderung trotz der absehbaren Insolvenz der Schuldnerin und des daraus folgenden Anfechtungsrisikos nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt zu haben. Damit ist eine anwaltliche Pflichtverletzung schlüssig dargelegt.
- 11
- a) Ein Rechtsanwalt hat seinen Auftrag so zu erledigen, dass Nachteile für den Mandanten möglichst vermieden werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. März 2016 - IX ZR 142/14, WM 2016, 2091 Rn. 9). Ein Rechtsanwalt, der mit der zwangsweisen Durchsetzung einer Forderung beauftragt worden ist und einen Titel gegen einen Schuldner des Mandanten erwirkt hat, hat zügig die Zwangsvollstreckung zu betreiben (Vill in G. Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 258; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. März 2016 - IX ZR 119/15, WM 2016, 617 Rn. 23). Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenz des Schuldners des Mandanten bevorsteht, muss der Anwalt den Mandanten über das Risiko der fehlenden Insolvenzfestigkeit der im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherheit gem. § 88 InsO (Vill, aaO) ebenso hinweisen wie auf die Anfechtbarkeit erhaltener Sicherheiten und Zahlungen gemäß §§ 130, 131 InsO (Vill, aaO Rn. 265; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - IX ZR 30/03, WM 2004, 481, 482). Die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen des Schuldners einerseits (§§ 130, 131, 133 InsO), und von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung andererseits (§ 133 Abs. 1 InsO; vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff; zur Abgrenzung von Rechtshandlungen und Maßnahmen der Zwangsvollstreckung vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 - IX ZR 48/15, WM 2017, 1315 Rn. 14 ff; vom 1. Juni 2017 - IX ZR 114/16, WM 2017, 1348 Rn. 6 ff) hat der Anwalt zu kennen. Er muss seine Beratung hieran ausrichten. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein drohendes oder sogar bereits be- antragtes Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners Anlass sein kann, jegliche Kosten verursachende Maßnahmen zu unterlassen und den Mandanten darauf zu verweisen, dass er seine Forderung im Insolvenzverfahren zur Tabelle anmelden könne (BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - IX ZR 30/03, WM 2004, 481, 482 f; vgl. auch Fahrendorf in Fahrendorf/Mennemeyer /Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Aufl. Rn. 2101). Zwar kann der Anwalt seinem Mandanten das mit der Insolvenz des Schuldners verbundene Risiko der Uneinbringlichkeit der Forderung nicht abnehmen. Für Entwicklungen , die nicht vorhersehbar waren, haftet er auch nicht. Jedoch muss er den Mandanten so weit belehren, dass dieser - wie auch in anderen Fällen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 1. März 2007 - IX ZR 261/03, BGHZ 171, 261 Rn. 9 ff; vom 15. Januar 2009 - IX ZR 166/07, WM 2009, 571 Rn. 10; vom 9. Juli 2009 - IX ZR 88/08, WM 2009, 1722 Rn. 9) - in Kenntnis der absehbaren Chancen und Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann.
- 12
- b) Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers hielt die Beklagte bereits im Jahre 2005 für möglich, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet werden würde. Der Kläger hat dazu ein Schreiben der Beklagten vom 1. August 2005 an einen anderen Gläubiger der Schuldnerin vorgelegt, in welchem es heißt, eine Kontopfändung sei wegen der drohenden Insolvenz der Schuldnerin zurückgenommen worden. Sie hat außerdem entsprechenden Prozessvortrag der Beklagten aus einem Parallelverfahren (LG Gera 2 O 1213/13) zitiert. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass eine Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin außerhalb des kritischen Zeitraumes von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 130, 131 InsO) insolvenzrechtlich Bestand hat, während Rechtshandlungen des Schuld- ners gegebenenfalls bis zu zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag angefochten werden konnten (§ 133 Abs. 1 InsO aF). Ob und wann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt werden und ob der Antrag zur Eröffnung führen würde, konnte die Beklagte zwar nicht wissen, weil es sich bei dem Insolvenzantrag und dem Eröffnungsbeschluss um ein in der Zukunft liegendes und damit ungewisses Ereignis handelte. Zur vollständigen Aufklärung des Mandanten gehörte jedoch die Unterrichtung über die mit einem Vergleichsschluss und einer freiwilligen Zahlung verbundenen zusätzlichen insolvenzrechtlichen Risiken. Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Vortrag des Klägers hat keine entsprechende Beratung und Aufklärung stattgefunden. Die Beklagte hat vielmehr eigenmächtig mit der Schuldnerin verhandelt und keine Weisungen des Klägers hinsichtlich des weiteren Vorgehens eingeholt.
- 13
- c) Eine unterlassene Zwangsvollstreckung ist nur dann pflichtwidrig, wenn pfändbares Vermögen vorhanden war und entweder bekannt war oder mit den Möglichkeiten, welche die Zivilprozessordnung bietet, ermittelt werden konnte. Anders als in den bereits entschiedenen Fällen des Forderungsverlustes durch Verjährung oder Ablauf einer Ausschlussfrist (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2004 - IX ZR 255/00, WM 2004, 2217, 2219; vom 1. März 2007 - IX ZR 261/03, BGHZ 171, 261 Rn. 35; Beschluss vom 8. November 2007 - IX ZR 221/06, nv, Rn. 2; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 164/11, NJW-RR 2014, 172 Rn. 8) geht es hier nicht um einen durch die Pflichtverletzung adäquat verursachten Schaden; die Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast des § 287 ZPO gilt nicht. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat der Kläger jedoch ausreichend zu verwertbarem Vermögen der Schuldnerin vorgetragen. Er hat auf die Forderung der Schuldnerin gegen die Käuferin der G. -Aktien sowie darauf verwiesen, dass eine Pfändung von Konten der Schuldnerin möglich gewesen wäre. Eine tatrichterliche Würdigung dieses Vorbringens ist bislang unterblieben. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung brauchte der Kläger keine das Gericht bindende Reihenfolge der möglichen Gegenstände der Zwangsvollstreckung zu bilden. Sein Vortrag ging dahin, dass sowohl die Zwangsvollstreckung in die Kaufpreisforderung als auch eine Kontenpfändung Erfolg gehabt hätten. Das reicht im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung aus (zum Umfang der Beweislast bei alternativer Klagebegründung vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, WM 2015, 1622 Rn. 27).
IV.
- 14
- Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es wird aufgehoben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Insolvenzverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
- 15
- 1. Das Berufungsgericht wird zunächst den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrages zu klären haben.
- 16
- a) Die Beklagte hat sich gegenüber dem Vorwurf des pflichtwidrigen Unterlassens von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen damit verteidigt, dass sie gegebenenfalls nicht nur für den Kläger, sondern auch für die anderen mehr als zweihundert von ihm vertretenen Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Schuldnerin hätte einleiten müssen. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in dieser Größenordnung hätten die sofortige Insolvenz der Schuldnerin zur Folge gehabt. Der Weg über die Verpfändung der Aktien und die Treuhand- vereinbarung hinsichtlich des auf ein Notaranderkonto zu zahlenden Kaufpreises sei daher der bessere und sicherere Weg gewesen. Ihrer Ansicht nach war sie allen Mandanten in gleicher Weise verpflichtet. Maßnahmen, die - wie die Zwangsvollstreckung in die Kaufpreisforderung oder in Konten der Schuldnerin - dem Kläger nützen, anderen Mandanten der Beklagten aber schaden konnten, kamen daher nicht in Betracht. Der Kläger hat demgegenüber die Ansicht vertreten, die Beklagte sei vertraglich verpflichtet gewesen, ausschließlich seine, des Klägers, Interessen zu vertreten. Er hat behauptet, von den Titeln anderer Mandanten des Klägers nichts gewusst zu haben.
- 17
- b) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechtsanwalt voraus (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - IX ZR 5/06, BGHZ 174, 186 Rn. 12; BVerfG, NJW 2003, 2520, 2521). Wie der Senat bereits entschieden hat, darf der Mandant, welcher dem Anwalt die Schließung eines Anwaltsvertrages anträgt, von diesem Leitbild eines Rechtsanwalts ausgehen (BGH, Urteil vom 8. November 2007, aaO). Nimmt der Anwalt das Mandat an, erklärt er damit seine Bereitschaft , fortan die Interessen des Mandanten ohne Rücksicht auf die Interessen Dritter umfassend zu vertreten. Für konkurrierende Interessen Dritter gilt insoweit nichts anderes als für die gegenläufigen Interessen des Gegners des Mandanten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 8. November 2007, aaO; vom 19. September 2013 - IX ZR 322/12, WM 2014, 87 Rn. 11). Will der Anwalt nur eingeschränkt für den Mandanten tätig werden, hat er dies vor Abschluss des Vertrages klarzustellen. Der Mandant kann dann selbst entscheiden, ob er dies - etwa in der Erwartung besonderer Kompetenz des Anwalts oder einer besseren Verhandlungsposition gegenüber dem Gegner - hinnehmen oder ob er einen ande- ren, ausschließlich seinen - des Mandanten - eigenen Interessen verpflichteten Anwalt beauftragen will. Gleiches gilt, wenn sich nachträglich Interessenkonflikte abzeichnen, die nur ein eingeschränktes Tätigwerden des Anwalts erlauben. Weder der Kläger noch die Beklagte haben bisher Tatsachen vorgetragen, aus welchen sich ein vom Regelfall abweichender Inhalt des Anwaltsvertrages ergeben könnte. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, ihr diesbezügliches Vorbringen zu ergänzen.
- 18
- 2. Je nach dem Ergebnis, zu welchem das Berufungsgericht kommen wird, könnte sich die Frage der Wirksamkeit dieses Vertrages stellen. Gemäß § 43a Abs. 4 BRAO ist es einem Rechtsanwalt verboten, widerstreitende Interessen zu vertreten. Ein Verstoß gegen das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO führt zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 241/14, WM 2017, 537 Rn. 7). Widerstreitende Interessen liegen allerdings nicht schon dann vor, wenn der Rechtsanwalt sich gegenüber mehreren Mandanten verpflichtet, Forderungen gegen ein und denselben Schuldner durchzusetzen und insbesondere die Zwangsvollstreckung gegen diesen zu betreiben. In einem solchen Fall kann zwar der Erfolg des einen Mandanten den Misserfolg des anderen Mandanten, der nicht mehr zum Zuge gekommen ist, bedeuten. Das wäre aber nicht anders, wenn die Mandanten von unterschiedlichen Rechtsanwälten vertreten würden. Die Mandatsverträge verpflichten den Anwalt nur, für jeden einzelnen Mandanten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Bevorzugt der Anwalt den einen vor dem anderen Mandanten, indem er Anträge bevorzugt oder nachrangig stellt, liegen Pflichtverletzungenim Rahmen des jeweiligen Mandatsverhältnisses vor. An den grundsätzlich miteinander zu vereinbarenden Pflichten aus den einzelnen Verträgen ändert sich durch eine solche Pflichtverletzung hingegen nichts.
Möhring Krüger
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 21.04.2015 - 4 O 1139/13 -
OLG Jena, Entscheidung vom 16.03.2016 - 7 U 345/15 -
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Annotations
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.
(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.
(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.
(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.
(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.
(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.
(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.
(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.
(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.
(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.
(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.
(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.