Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2009 - IV ZR 57/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Streitwert: 14.293 € Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- beklagte Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
- 2
- Kläger Der meint, die Neuregelung greife unzulässig in seinen rechtlich geschützten Besitzstand ein. Er ist am 12. September 1943 geboren und bezieht bereits seit dem 10. Mai 2000 eine Versorgungsrente von der Beklagten, die sich nach altem Satzungsrecht richtet und aufgrund der Übergangsregelung des § 75 Abs. 2 Satz 1 der Satzung (VBLS) als Besitzstandsrente weitergezahlt wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung kommt der Kläger einschließlich Vordienstzeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes auf eine versicherte Zeit von 504 Monaten. Er hat aber erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres eine bei der Beklagten zusatzversicherte Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufgenommen. Die Beklagte hat insoweit nur für 63 Monate (5 Jahre und 3 Monate) Umlagen von dem ihr angeschlossenen Arbeitgeber erhalten.
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- Beklagte Die hat gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa ihrer bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung (im Folgenden : VBLS a.F.) für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen Zeit, von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, die der gesetzlichen Rente zugrunde liegenden Monate, soweit sie über die Umlagemonate hinausgehen , nur zur Hälfte berücksichtigt (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Außerdem hat die Beklagte als Vomhundertsatz des gesamtversorgungsfähigen Entgelts für jedes Jahr der gesamtversorgungsfähigen Zeit nicht die allgemein vorgesehenen 2,294% zugrunde gelegt, sondern nur 1,957%. Diesen geringeren Nettoversorgungssatz schreibt § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. für die Fälle des § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. vor, nämlich wenn der Pflichtversicherte - wie hier - bei Eintritt des Versicherungsfalles das 50. Lebensjahr vollendet hat und die nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. gesamtversorgungsfähige Zeit, d.h. die Zeit der Umlagemonate , kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles.
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- Der Kläger hat in den Vorinstanzen mit dem Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 476 Monaten zu gewähren habe. Hilfsweise hat er beantragt, so gestellt zu werden, als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte, unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente und unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit.
- 5
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit die Berufung des Klägers gegen den Hilfsantrag zurückgewiesen wurde, eine Rente ab 10. Mai 2000 unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit zu gewähren. Mit der Revision beantragt der Kläger, nach seinen Schlussanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen.
Entscheidungsgründe:
- 6
- DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
- 7
- I. Soweit der Kläger abweichend von § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F. die volle Anrechnung seiner Vordienstzeiten oder die ausschließliche Berücksichtigung seiner Zeiten im öffentlichen Dienst ohne Halbanrechnung von Vordienstzeiten und ohne Berücksichtigung der darauf beruhenden Rentenanteile verlangt, stützt er sich vor allem auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (VersR 2000, 835). Danach ist die Anwendung des Halbanrechnungsgrundsatzes bei voller Anrechnung der gesetzlichen Rente im Rahmen der Gesamtversorgung allerdings noch bis zum Ende des Jahres 2000 hinzunehmen (dazu vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183 unter 2 c; vom 10. November 2004 - IV ZR 391/02 - VersR 2005, 210 unter 2 a). Da der Kläger die Zusatzrente der Beklagten hier schon seit 10. Mai 2000 bezieht, hält das Berufungsgericht die gegen den Halbanrechnungsgrundsatz vorgebrachten Einwendungen des Klägers für unbegründet.
- 8
- In dem geringeren Nettoversorgungssatz für Pflichtversicherte, bei denen die Zeit der Umlagemonate kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles, sieht das Berufungsgericht keine Diskriminierung wegen des Alters. Die Regelung hebe im Wortlaut nicht darauf ab, dass der Versicherte bei Beginn der Pflichtversicherung älter als 50 Jahre sei. Sie greife vielmehr auch ein, wenn die Versicherung bereits vorher begonnen habe, die Zahl der Umlagemonate aber gleichwohl hinter der Zahl der Kalendermonate von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles zurückbleibe. Jedenfalls sei die Regelung sachlich gerechtfertigt im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Zeit der Tätigkeit im öffentlichen Dienst und die dementsprechend geringeren Beitragsleistungen , die die Beklagte vom Arbeitgeber erhält. Außerdem steige mit zunehmendem Lebensalter das versicherte Risiko, das außer dem Erreichen der Altersgrenze auch Erwerbsunfähigkeit und Schwerbehinderung einschließe. Die Anknüpfung der Satzung an die Zeit ab Vollendung des 50. Lebensjahres als des maßgeblichen Stichtags sei sachlich vertretbar. Die Regelung für den Nettoversorgungssatz in § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. verstoße daher nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (AGG) oder gegen europäisches Recht.
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- Das Berufungsgericht hat deshalb auch das Begehren des Klägers in seinem Hilfsantrag zurückgewiesen, eine Rente ab 10. Mai 2000 unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit zu gewähren.
- 10
- II. Soweit die Revisionsanträge darüber hinausgehen, ist die Revision unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet.
- 11
- 1. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen, soweit der Kläger mit seinen Anträgen begehrt, ihm eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 476 Monaten zu gewähren oder ihn hilfsweise mindestens so zu stellen, als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte bzw. unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente. Insoweit hat das Berufungsgericht die Rechtsfragen als höchstrichterlich geklärt angesehen. Zugelassen hat es die Revision dagegen nur, soweit es um die Anwendung des geringeren Nettoversorgungssatzes gemäß § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. geht.
- 12
- Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es handelt sich um tatsächlich und rechtlich selbständige, abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs, die unabhängig voneinander Gegenstand von Teilurteilen sein könnten (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05 - VersR 2008, 1524 Tz. 7 m.w.N.). Zwar geht es beim Halbanrechnungsgrundsatz ebenso wie beim Nettoversorgungssatz um Faktoren innerhalb der Rentenberechnung. Sie beeinflussen deren Ergebnis, also die zu beanspruchende Rentenhöhe, jedoch unabhängig voneinander jeweils zu einem rechnerisch abgrenzbaren Teilbetrag. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klage auch bezüglich der Anträge, für die es die Revision nicht zugelassen hat, mit Recht abgewiesen (vgl. BGHZ 178, 101 Tz. 54 ff.).
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- 2. § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. benachteiligt den über 50 Jahre alten Versicherungsnehmer nicht unangemessen und ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
- 14
- a) Die Satzungsnormen sind Allgemeine Versicherungsbedingungen , die auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung finden, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmer mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen worden sind (st. Rspr. vgl. BGHZ 142, 103, 105 ff.; BVerfG VersR 2000, 835, 836). Die Satzungen der Beklagten bauen auf Tarifverträgen der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen auf. Ob und wieweit sie im Hinblick darauf überhaupt einer richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB unterliegen, kann offen bleiben, solange keine unangemessene Benachteiligung festzustellen ist (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 30 ff.). Bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen sind insbesondere die auch tarifrechtlich bedeutsamen Wertentscheidungen des Grundgesetzes, die Grundrechte sowie die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zu beachten (Artt. 3 Abs. 1, 9 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG).
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- b) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, bewirkt der geringere Nettoversorgungssatz von 1,957% pro Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit eine Benachteiligung derjenigen Versorgungsempfänger, die - wie der Kläger - bei Eintritt des Versicherungsfalls das 50. Lebensjahr vollendet haben und bei denen die gesamtversorgungsfähige Zeit nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls. Die Leistungspflicht der Beklagten ist für solche Fälle eingeschränkt worden, weil der Beklagten im Vergleich zu Pflichtversicherten, die schon wesentlich jünger bei der Beklagten pflichtversichert waren, nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit Umlagen zufließen und die sonst übliche Höhe der Rente daher zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Beklagten führen würde. Die Tarifvertragsparteien hatten deshalb erwogen, Arbeitnehmer, die erst nach dem 50. Lebensjahr in den öffentlichen Dienst eintreten, generell von der Versicherungspflicht auszunehmen. Um daraus entstehende Härtefälle zu vermeiden, entschloss man sich zu der in der Satzung vorgesehenen Beschränkung der Zusatzrente auf einen geringeren Prozentsatz (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst § 41 Anm. 6).
- 16
- c) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind Entgelte für die vom Arbeitnehmer geleistete Betriebstreue (BGHZ 169, 122 Tz. 17). Unter diesem Gesichtspunkt ist es sachlich gerechtfertigt, bei der Bemessung der Höhe der zu leistenden Rente danach zu differenzieren, ob der Arbeitnehmer eine umlagepflichtige Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Wesentlichen über die gesamte Dauer seines Erwerbslebens ausgeübt hat oder aber nur eine verhältnismäßig kurze Zeit von weniger als 15 Jahren. Hinzu kommt, dass nicht nur die Beendigung der Erwerbstätigkeit infolge des Erreichens der Altersgrenze versichert ist, sondern ohne Zuschlag auch das Risiko, schon vor Erreichen der Altersgrenze wegen Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung auf eine Versorgung angewiesen zu sein. Dieses Risiko wird nach der Lebenserfahrung größer , wenn es wie hier um die Zeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres geht. Die Anknüpfung an die Vollendung des 50. Lebensjahres und die Bewertung des Ausgleichs für zusätzliche Lasten, die die Beklagte bei einem Beginn der Pflichtversicherung erst nach dem 50. Lebensjahr zu tragen hat, mit einem Abschlag von dem sonst üblichen Nettoversorgungssatz von 2,294% um etwa 15% auf 1,957% erscheint nicht unan- gemessen. Diese Ansätze beruhen auf der für tatsächliche Gegebenheiten und betroffene Interessen maßgebenden Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien, auf deren Tarifverträgen die Satzungen der Beklagten aufbauen (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 34 ff.). Die der Regelung des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. zugrunde liegenden Gesichtspunkte tragen versicherungsmathematischen Erfordernissen Rechnung. Dass die Höhe der Zusatzrente aus anderen Gründen weiteren Einschränkungen unterliegen kann, wie sie sich etwa aus dem Halbanrechnungsgrundsatz ergeben, und der Arbeitnehmer deshalb letzten Endes nur die Mindestversorgungsrente nach §§ 44, 44a VBLS a.F. erhält wie der Kläger des vorliegenden Falles, macht die Vorschrift des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. auch nicht teilweise unwirksam. Vielmehr hält sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand und verstößt weder gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG).
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- Soweit d) aus § 7 AGG, aus Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (ABlEG Nr. L303, S. 16 ff.), aus Art. 141 EG/119 EGV sowie aus allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs C-144/04 [Mangold] Slg. 2005, I-9981-10042 Rdn. 75 f.) ein Verbot der Diskriminierung wegen Alters zu entnehmen ist, ist eine Ungleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie einem legitimen Ziel dient, solange dies nicht zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt (§ 10 AGG, Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG).
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- aa) Dass § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. faktisch auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts hinauslaufen könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr kommen ein Eintritt in eine pflichtversi- cherte Tätigkeit im öffentlichen Dienst erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres oder andere, unter die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. fallende Konstellationen nach der Lebenserfahrung für Frauen im Allgemeinen nicht signifikant häufiger in Betracht als für Männer. Zwar wird die Erwerbsbiographie von Frauen herkömmlich durch Kindererziehungszeiten unterbrochen und ihre berufliche Entwicklung dadurch verzögert; für die hier in Betracht kommende Altersgruppe von Frauen spielen diese Gründe aber keine ins Gewicht fallende Rolle mehr.
- 19
- bb) Vielmehr sind hier die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG erfüllt: Die Beklagte betreibt ein betriebliches System der sozialen Sicherheit (vgl. BGHZ 169, 122 Tz. 18; Senatsurteil vom 1. Juni 2005 - IV ZR 100/02 - VersR 2005, 1228 unter II 4). Wie oben unter II 2 c bereits dargelegt, dient die Festsetzung von Altersgrenzen in § 41 Abs. 2b Satz 5 i.V. mit § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. dem Zweck, unter versicherungsmathematischen Gesichtspunkten unterschiedliche Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten anhand von Altersgrenzen zu bilden. Dadurch soll eine im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit von Spätversicherten unangemessen hohe Versorgungslast der Beklagten vermieden werden (Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes § 41 Anm. 2; MünchKomm-BGB/Thüsing, 5. Aufl. § 10 AGG Rdn. 54).
- 20
- Darüber cc) hinaus ist die in § 41 Abs. 2b Satz 5 i.V. mit § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. getroffene Regelung auch nach § 10 Satz 1 und 2 AGG, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt. Wie oben unter II 2 c aufgezeigt, erscheint diese Regelung objektiv und angemes- sen. Dass sie kein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung verfolgt, wie die Revision geltend macht, ist nicht entscheidend. Es kommen auch andere legitime Ziele in Betracht, nämlich hier die Berücksichtigung versicherungsmathematisch erheblicher Gesichtspunkte wie der zeitlich auf weniger als 15 Jahre beschränkten Dauer der Pflichtversicherung und die Erhöhung des von der Beklagten zu tragenden Risikos bei über 50-jährigen Versicherten. Die dafür in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Mittel erscheinen erforderlich und auch angemessen insbesondere im Hinblick darauf, dass eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung von Arbeitnehmern, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres in den öffentlichen Dienst eintreten, ohne Reduzierung des Nettoversorgungssatzes im hier vorgesehenen Umfang von den Tarifvertragsparteien überhaupt nicht für möglich gehalten wurde (Gilbert/Hesse aaO).
- 21
- Zweifel dd) bei der Auslegung und Anwendung europäischen Rechts, die eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nahe legen könnten, ergeben sich danach nicht.
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.03.2006 - 6 O 389/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.03.2007 - 12 U 115/06 -
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Annotations
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.
(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.
(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.
Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:
- 1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen, - 2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile, - 3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand, - 4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen, - 5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt, - 6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.